| Titel: | Ueber den Gebrauch der Chausseewalze; von Ch. H. Schattenmann, Bergwerksdirector zu Buxwiller. | 
| Fundstelle: | Band 88, Jahrgang 1843, Nr. XXVIII., S. 117 | 
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                        XXVIII.
                        Ueber den Gebrauch der Chausseewalze; von
                           Ch. H.
                              Schattenmann, Bergwerksdirector zu Buxwiller.
                        Aus dem Technologiste Bd. IV, durch das polyt.
                              Centralblatt 1843, Heft 5, S. 201.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Schattenmann, über den Gebrauch der Chausseewalze.
                        
                     
                        
                           Früher construirte man die Chausseen so, daß der Grund für die Straßenoberfläche
                              zwischen zwei Reihen starker Steine durch gewölbartig eingespannte Steine gebildet
                              wurde; man schlug die vorstehenden Spizen dieses Steingewölbes ab und belegte
                              dasselbe mit einer starken Schicht geschlagener Steine. Man brauchte sehr viel
                              Steine dazu und die Abnuzung war desto starker, je mehr sich der Grund als eine Art
                              Amboß betrachten ließ. Die Chausseen waren sehr hart, und wenn die Beschüttung
                              durchgefahren war, erschienen an der Oberfläche die vorstehenden Kanten des Grundes,
                              welche zu vielen Stößen Veranlassung gaben.
                           Nach dem Mac Adam'schen Systeme, welches seit etwa 20
                              Jahren in Frankreich eingeführt wurde, ist der Untergrund weniger hart; er besteht
                              aus einer 15–25 Centim. hohen Schicht von Steinen, die in Stüke von
                              4–8 Cent. geschlagen sind, und bietet der Beschüttung eine regelmäßigere
                              Oberfläche dar. Für solche Straßen erkannte man den Kalkstein als besseres Material,
                              als Kieselstein, Granit und Porphyr, da er zwar weicher als die lezteren ist, aber
                              doch besser bindet und eine zusammenhängendere und mehr undurchdringliche Schicht
                              bildet. Die Feuchtigkeit schadet den Straßen theils dadurch, daß sie dieselben
                              weicher macht und dadurch bewirkt, daß sie der zerstörenden Einwirkung der Räder
                              leichter nachgeben, theils und vorzüglich dadurch, daß sie in das Innere der
                              Steinschichten dringt und beim Ausfrieren den Zusammenhang derselben aufhebt. Es ist
                              daher vorzugsweise darauf zu sehen, die Feuchtigkeit vom Eindringen in den Grund der
                              Straße abzuhalten. Dahin gehören die Auswahl passender Stoffe zum Straßenbau, daß
                              eine möglichst bindende Schicht entsteht; die Anwendung fein geschlagener
                              Beschüttung auf der obersten Schicht des Grundes, und besonders sorgfältige Wartung
                              der Straße und Verhütung des Bildens tiefer Geleise. Bei neuen Straßen namentlich
                              ist es nochwendig, die Geleise mehrmals zuzuwerfen, bevor der Grund unter denselben so stark
                              zusammengedrükt wird, um den nöthigen Widerstand gegen ferneres Eindringen zu
                              leisten. Der Steinschlag fängt nur erst dann an sich gehörig gleich zu legen und
                              innig zu verbinden, wenn die Räder einen großen Theil davon zerbrochen haben. Auf
                              einer neuen Straße können daher schwer beladene Wagen nur kurze Streken durchlaufen,
                              ohne die Zugthiere zu bedeutender Ermüdung zu bringen oder Beschädigungen am
                              Geschirr zu veranlassen. Bei neuen Aufschüttungen zieht man daher auch vor,
                              dieselben nur stellenweise vorzunehmen. Durch das ungleichförmige Eindrillen neuer
                              Straßen und die tiefen Geleise werden eine Menge Reparaturarbeiten hervorgerufen,
                              welche doch zu keinem völlig befriedigenden Resultate führen; denn untersucht man
                              eine Straße, so findet sich nur der obere Theil der Straßenbeschüttung bis auf
                              einige Centimeter Tiefe dicht und compact; tiefer befinden sich die Steine in
                              demselben losen, unverbundenen Zustande, wie unmittelbar nach der Aufschüttung. Es
                              ist daher auch gar nicht zu verwundern, daß man bei nasser Witterung tiefe Geleise
                              entstehen sieht.
                           Es ist hienach bei Herstellung guter Straßen ein großes Problem zu lösen, nämlich die
                              neuen Steinschüttungen und die Reparaturaufschüttungen gehörig zu befestigen und
                              miteinander zu verbinden; ein Problem, welches theoretisch und praktisch seine
                              Auflösung in der Anwendung der Chausseewalze findet, welche den ganzen Steinschlag
                              in eine compacte Masse mit horizontaler Oberfläche verwandelt. Die preußische
                              Chausseewalze, welche im polytechn. Journal Bd.
                                 LXXIX. S. 179 beschrieben und abgebildet ist, wurde für zu complicirt
                              gehalten und von Schattenmann zur Herstellung einer
                              einfacheren und wohlfeileren geschritten, bei welcher auf die Achse der Walze ein
                              Gewichtskasten drükt; dieser führt zwar den Nachtheil mit sich, eine starke
                              Zapfenreibung hervorzubringen, hat aber auch den großen Vortheil, mit großer
                              Leichtigkeit be- oder entlastet zu werden.
                           Die Chausseewalze von Schattenmann besteht in einem hohlen
                              gußeisernen Cylinder (Fig. 77, Taf. II) von 1,3
                              Meter Durchmesser und 1,3 Meter Breite; dieser Cylinder ist an beiden Enden mit
                              einem rechtwinkeligen Armkreuze aus Gußeisen verschraubt, durch dessen Mittelpunkt
                              die Achse geschoben ist. Auf der Achse ruhen zu beiden Seiten gußeiserne Lager,
                              welche unten an dem Rahmen befestigt sind, der den Steinkasten von 1,95 Meter Länge,
                              1,75 Meter Breite und 0,6 Meter Höhe trägt; in diesen Kasten können Steine bis zu
                              3000 Kilogr. Gewicht eingelegt werden. An dem Rahmen befinden sich zwei Abstreicher
                              für die Walze aus breiten Eisenplatten, zwei Streichballen, die durch Schrauben an
                              die Walze gepreßt werden können und dann als Bremse wirken, und vier Hakenringe,
                              durch welche Hebel von 3
                              Meter Länge geschoben werden können, um die Walze auf geneigtem Terrain oder zu
                              weichem Boden am Umschlagen verhindern zu können. Ferner ist eine Schmierbüchse und
                              ein Schraubenschlüssel am Rahmen befestigt. Auf jeder Seite des Rahmens, sowohl nach
                              Vorn als nach Hinten, ist eine Deichsel mit einer darunter befindlichen Laufrolle
                              angebracht, damit man bei entgegengesezter Bewegung nicht nöthig habe die Walze
                              umzuwenden. Die rükwärts gehende Deichsel dient übrigens als Steuer bei einer
                              vorzunehmenden Richtungsveränderung im Laufe der Walze. Der gußeiserne Cylinder mit
                              Armen und Achse wiegt ungefähr 2000 Kil., Zimmerung und Kasten etwa 1000 Kil.
                              Unbelastet ist daher schon ein Gewicht von 3000 Kilogr. vorhanden, welches durch die
                              Belastung auf 6000 Kilogr. gesteigert werden kann.
                           Fig. 75 (Taf.
                              II) ist die Endansicht, Fig. 76 die Seitenansicht
                              der Walze, Fig.
                                 77 ein Durchschnitt durch die Walze. A ist der
                              gußeiserne Cylinder, B der gezimmerte Rahmen, C der Kasten, D die
                              Streichbalken, E die Stellschrauben für dieselben, F die Abstreichschienen, G
                              die Laufrollen, H die abgebrochen gezeichnete Deichsel,
                              I der gewölbte Boden des Kastens, J die Schiene, welche denselben in der Mitte unterstüzt
                              und bei i verschraubt ist; K,
                                 K die Ringe zum Einschieben der Hebel.
                           Aus längeren mit dieser Chausseewalze angestellten Versuchen ergibt sich, daß
                              dieselbe durch ein Gespann von sechs Pferden mit Leichtigkeit vorwärts bewegt werden
                              kann; man kann dann in einem Tage 2500 Quadratmeter Chausseefläche bearbeiten. Es
                              ist nicht nüzlich, das Gesammtgewicht größer als 6000 Kil. zu machen; denn sonst muß
                              man statt sechs Pferden acht wählen und es ist für die Thiere selbst die Arbeit noch
                              sehr anstrengend, so daß sie durch die Hufe die Steinoberfläche zu sehr beschädigen.
                              Erfahrungsgemäß ist es vortheilhafter, die Wirkung durch mehrmaliges Ueberwalzen bei
                              6000 Kil., als durch Vermehrung des Gewichtes etwa bis auf 8000 Kilogr. zu stärken.
                              Beim Walzen (franz. cylindrage) ist es vortheilhaft, die
                              Walze erst ein- oder zweimal unbelastet anzuwenden, um eine vorläufige
                              Bearbeitung zu erreichen, durch welche die nachfolgende Arbeit bedeutend erleichtert
                              wird. Hierauf legt man 2000 Kilogr. Steinlast ein, macht ebenfalls eine oder zwei
                              Touren und fügt endlich noch 1000 Kilogr. Belastung hinzu, worauf die Walze noch
                              sechsmal über die festzulegende Beschüttung geht. Nachdem die untere Steinlage so
                              genügend fest zusammengedrükt ist, wird eine dünne Schicht Sand oder klarer
                              Kalkstein mit der Schaufel ausgebreitet, etwa 2–3 Kubikmeter auf 100
                              Quadratmeter Straßenoberfläche; von dieser Schicht soll möglichst wenig und nur so
                              viel in die feste Steinunterlage eindringen, als erforderlich ist, aus der obersten
                              Lage eine ganz dichte Deke zu bilden. Diese Beschüttung wird nun wieder festgewalzt
                              und dabei Sorge getragen, da auszubessern, wo dieselbe nach dem ersten Walzen u.s.w.
                              Zwischenräume bildet. Eine zu starke Beschüttung würde die Wirkung der Walze
                              schwächen.
                           Die Walze bewegt sowohl vor als nach der Aufschüttung von Sand die Steinlage auf ihre
                              ganze Höhe, was sich aus den deutlich zu fühlenden Wellenbewegungen derselben
                              während des Walzens ergibt; nach und nach werden diese Bewegungen schwächer, und
                              wenn die Walze viermal über die Sandlage weggegangen ist, sind sie gewöhnlich für
                              genügend gering zu erachten. Um die Straße desto fester zu machen, ist es
                              vortheilhaft, die obere einzuwalzende Steinschicht aus kleineren Steinen bestehen zu
                              lassen, als die tiefer unten liegenden.
                           Feuchtigkeit ist eine nicht zu entbehrende Bedingung für das gute Gelingen des
                              Walzens. Um daher nicht genöthigt zu seyn die erforderliche nasse Witterung abwarten
                              zu müssen, wurden für den Gebrauch der Chausseewalze drei Wassertonnen hergestellt,
                              bei deren Anwendung sich mehrmals zeigte, daß zwei Pferde hinreichen, um das
                              erforderliche Wasser zuzuführen, wenn dasselbe nicht gar zu weit herzuschaffen ist.
                              Es ist vortheilhaft, das Zuführen des Wassers vor dem Walzen vorzunehmen; während
                              des Walzens der steinernen Grundschicht kann es wohl noch fortgesezt werden, aber
                              nicht während der Zeit, wo der Sand festgewalzt werden soll, da sich derselbe sonst
                              an die Walze anlegt.
                           Das Walzen muß so viel als möglich ohne Unterbrechung fortgesezt werden, weßhalb es
                              gut ist, keine größere Fläche als 2500 Quadratmeter auf einmal vorzunehmen. Während
                              des Regens kann das Walzen der bloßen Steinunterlage zwar fortgesezt werden,
                              keineswegs aber das der aufgebreiteten Sandschicht, aus dem oben angegebenen Grunde;
                              ja es ist sogar nöthig, den Sand, welcher etwa durch durch das von einem Pferde
                              gelassene Wasser angefeuchtet ist, wegzunehmen und durch trokenen zu ersezen. Sand
                              ist übrigens eine ganz gute Deke, wenn die Straße während feuchter Jahreszeit
                              überwalzt wird; während trokener ist klein geschlagener Kalkstein vorzuziehen; man
                              erhält dann leichter einen dichten Ueberzug über den aus Steinen aufgeschütteten
                              Grund.
                           Beim Walzen von 2500 Quadratmeter Straßenfläche ist folgender Aufwand
                              erforderlich:
                           
                           
                              
                                 Fuͤr sechs Pferde nebst zwei
                                    Knechten waͤhrend eines Tages
                                 30 Fr.
                                  –  Cent.
                                 
                              
                                 Zwei Arbeiter zum Dirigiren der Walze
                                    u.s.w. taͤglich
                                   2 –
                                 40   –
                                 
                              
                                 Arbeitslohn fuͤr das Aufwerfen von
                                    Sand
                                   6 –
                                  –
                                       –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 38 Fr.
                                 40 Cent.
                                 
                              
                                 Beim Naͤssen kommen dazu:
                                    fuͤr zwei Pferde taͤglich
                                 12 –
                                  –
                                       –
                                 
                              
                                 Fuͤr fuͤnf Arbeiter zum
                                    Fuͤllen der Tonnen
                                   6 –
                                  –
                                       –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 56 Fr.
                                 40 Cent.
                                 
                              
                           Hienach kostet 1 Quadratmeter zu walzen 0,0154 Fr., wenn nicht genäßt wird und 0,0226
                              Fr. wenn genäßt wird; 1 lauf. Meter Länge der Chaussee bei 5 Met. Breite, daher im
                              leztern Falle 0,113 Fr.
                           
                              
                                 Die Anschaffungskosten der Chausseewalze
                                    aber betragen
                                 1700 Fr.
                                 
                              
                                 Drei Tonnen à 600 Liter Inhalt mit Hahn und Rohr
                                   190 –
                                 
                              
                                 Drei Karren dazu
                                   608 –
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 zusammen
                                 2500 Fr.
                                 
                              
                           Nachdem die mit der Chausseewalze bearbeiteten Straßen die Probe eines starken
                              Winters und einer starken Frequenz bestanden haben, läßt sich das begründete Urtheil
                              über dieselben abgeben, daß sie für vollkommen befriedigend zu halten sind. Die
                              Vereinigung der ganzen Steinmasse durch ein wenig Sand war so gut, daß sich Blöke
                              von 0,6 Meter im Quadrat loslösen ließen, welche in festem Zusammenhange waren. Die
                              Vorzüge einer gewalzten Straße vor einer nicht gewalzten konnte man sehr deutlich an
                              einer Stelle sehen, wo beide aneinander stießen und gleicher Frequenz unterlegen
                              hatten; während auf der gewalzten keine Spur des Geleises vorhanden war, hatte die
                              ungewalzte bald tiefe Geleise und mußte in kurzen Fristen mehrmals reparirt werden.
                              Daß gewalzte Straßen dem Fuhrwerke weit weniger Widerstand darbieten als ungewalzte,
                              bedarf eben so wenig weiterer Auseinandersezung, als die Bemerkung, daß das Walzen
                              theilweise, jedoch nur unvollkommen durch Anwendung breiter Radfelgen ersezt werden
                              kann. Da sich gewalzte Straßen viel besser halten, so kann man etwas weniger gutes
                              Material zu denselben verwenden, ja es dürften sich sogar dieselben, wenn sie
                              gehörig unterhalten werden, ganz gut zur Anlage in Städten statt der gepflasterten
                              Straßen eignen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
