| Titel: | Ueber quantitative Analyse durch physikalische Beobachtungen. Von Professor Dr. Steinheil in München. | 
| Fundstelle: | Band 88, Jahrgang 1843, Nr. LXXIII., S. 286 | 
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                        LXXIII.
                        Ueber quantitative Analyse durch physikalische
                           Beobachtungen. Von Professor Dr. Steinheil in Muͤnchen.Der Hr. Verfasser hatte die Gefälligkeit der Redaction einen besonderen Abdruk
                                 dieser in den Denkschriften der k. bayer. Akademie der Wissenschaften
                                    enthaltenen Abhandlung mitzutheilen. A. d. R.
                           
                        Steinheil, über quantitative Analyse durch physikalische
                           Beobachtungen.
                        
                     
                        
                           Wenn verschiedenartige Dinge mit einander verglichen werden sollen, so muß das Maaß
                              der Vergleichung allen zukommen, aber in verschiedenem Grade. Die Vergleichung
                              beruht dann darauf, das Mehr und Weniger nach der gemeinsamen Eigenschaft zu
                              ermitteln
                           Wir vergleichen die Körper nach ihrer absoluten Schwere. Dabei wird irgend eine
                              Wirkung der Schwerkraft als Einheit angenommen und ermittelt, wie viele solcher
                              Einheiten jedem der zu vergleichenden Körper zukommen. Wir vergleichen sie nach
                              specifischer Schwere. Hier sezt man für alle gleich große Raumerfüllung voraus, und
                              bestimmt für diese die entsprechenden Einheiten der Schwerkraft. Nimmt man aber
                              gleich viele Einheiten der Schwerkraft für alle an, so sind die Räume, welche sie
                              erfüllen, nicht mehr für alle gleich und die Beobachtung oder Vergleichung bestimmt
                              dann diese. – Aber so wie wir hier die Ausdehnungen und die relativen Einwirkungen der Schwere
                              zu Vergleichungseinheiten gewählt haben, weil sie allen Körpern zukommen, aber bei
                              jedem numerisch verschieden vom andern, eben so können wir auch andere
                              Eigenschaften, die mehreren Körpern zugleich zukommen, als Maaß derselben
                              wählen.
                           Wir vermögen also jeden Körper zu bezeichnen und von dem andern dadurch zu
                              unterscheiden, daß wir angeben, wie viel Einheiten einer
                              gewissen Eigenschaft ihm zukommen, wobei aber immer die Einheiten ganz willkürlich
                              bleiben und durchaus nicht mit einander verglichen werden können, weil sie auf
                              Ungleichartigem beruhen.
                           Wenn indessen, wie wir eben sahen, die Körper einzeln bestimmt sind durch das Wieviel
                              einer gewissen Eigenschaft, sollte nicht auch in einer Verbindung von zwei oder
                              mehreren Körpern sich umgekehrt aus dem Wieviel verschiedener Eigenschaften das
                              Wieviel einer gewissen Eigenschaft bestimmen lassen? Aber wir nennen quantitative
                              Bestimmung das Wieviel der Schwere. – Unsere
                              Vorstellung hat sich an diese Maaßeinheit ganz gewöhnt. Quantitative Analyse glauben
                              wir Müsse in Gewichtseinheiten gegeben seyn, obschon im Grunde nur die Sicherheit
                              ihrer Messungsmittel dafür spricht. – Bleiben wir also bei der Schwere, so
                              stellt sich die Frage, ob durch das Wieviel anderer Eigenschaften das Wieviel jedes
                              Körpers in einem Gemenge bestimmt werden könne.
                           Gewiß nur in solchen Fällen, wo durch die Verbindung der zwei Körper (wenn wir uns
                              vorläufig auf diese Zahl beschränken) die gemeinsame Eigenschaft nicht verschwindet, sondern entweder ungeändert übergeht
                              auf die Verbindung oder aber nur Modificationen erleidet, welche nach dieser
                              Eigenschaft noch commensurabel bleiben.
                           Dieser Weg der quantitativen Bestimmung kann folglich nie
                                 allgemein anwendbar werden. Indessen kann er sich mit Vortheil auf sehr
                              viele Verbindungen ausdehnen lassen. Betrachten wir vorerst Auflösungen und Gemenge
                              von Flüssigkeiten.
                           Sey ein Gemenge von zweierlei Flüssigkeiten gegeben. Was ist zur Bestimmung der
                              relativen Quantität von jeder durch physikalische Beobachtungen erforderlich?
                           Die Aufgabe ist: man soll bestimmen die Gewichtsprocente α der einen Substanz. Wir verlangen also Vergleichung der beiden
                              Stoffe nach Einheiten der Gravitationswirkung und zwar für den speciellen Fall, wo
                              die Summe für beide Stoffe = 100, eine schon gegebene Größe ist. Dadurch sind aber
                              die Gewichtsprocente β der andern Substanz auch gegeben,
                              wie man α kennt, weil α + β = 100 seyn soll, folglich
                              β = 100 – α wird, was zur Elimination von β ausreicht.
                           In diesem Falle ist also nur noch Eine unbekannte Größe zu bestimmen. Nehmen wir nun
                              an, zu ihrer Bestimmung diene die Beobachtung A irgend
                              einer physikalischen Eigenschaft, wo wir unter A den
                              Zahlenwerth verstehen, der das Mehr oder Weniger dieser Eigenschaft an dem zur
                              Messung derselben bestimmten Instrumente ausdrükt. Dann ist klar, daß, wenn die
                              Eigenschaft auch in der Verbindung des Körpers mit einem andern noch besteht, eine
                              Relation stattfinden müsse zwischen dem Procentgehalt α und der Beobachtung A. Welcher Art
                              aber auch immer dieser wechselseitige Zusammenhang zwischen A und α seyn mag, so wissen wir, daß
                              sich A darstellen läßt durch eine Reihe, die nach den
                              Potenzen von α fortschreitet; daß man also
                              hat:
                           A = M + Nα + Oα² + Pα +
                              ...]    (I)
                           wo M, N, O, n, s. W. Constante
                              bedeuten, die sich nach der Natur des gelösten Stoffes und nach der Natur des
                              Lösungsmittels richten.
                           Dieser Ausdruk bildet die Grundlage unserer bisherigen Areometrie. Denn gesezt, man
                              beobachte so vielerlei, nach bekannten Verhältnissen zusammengesezte Gemenge, als
                              nöthig sind, um M, N, O u.s.f. zu bestimmen, so ergibt
                              sich die numerische Relation zwischen A und α für jeden Werth von α. Ist diese Relation aber einmal etwa tabellarisch hergestellt,
                              dann dient die bloße Beobachtung von A, um aus dieser
                              Tabelle das entsprechende α zu finden. So sind
                              die Verbindungen von Weingeist und Wasser, von Zuker und Wasser, von Säuren und
                              Wasser, von Alkalien und Wasser bearbeitet und so könnten noch viele Verbindungen
                              von zweierlei Stoffen folgereich behandelt werden.
                           Dabei ist es nicht nöthig, sich unter A die Beobachtung
                              der specifischen Schwere – etwa die Angabe des Areometers zu denken; denn A kann jede physikalische Eigenschaft seyn, durch welche
                              sich die zwei gemengten Körper quantitativ unterscheiden und die sich genau
                              beobachten oder überhaupt so bestimmen läßt, wie es der speciellen Anforderung
                              gerade am besten entspricht.
                           In meiner optischen Gehaltsprobe ist A gegeben durch die
                              Größe des Unterschiedes der Brechbarkeit des Lichtes, und je nachdem man nun andere
                              Scalen für die Werthe der A entwirft, sind die Angaben
                              nach Gewichtsprocenten, nach Volumen oder nach irgend einer gewählten Einheit. – Eben
                              so würden sich noch viele physikalische Eigenschaften behandeln und meßbar machen
                              lassen; aber so lange es nur darauf ankömmt, zwei Körper in einem Gemenge
                              quantitativ zu ermitteln, ist dieß unnöthig, da schon Eine Eigenschaft – etwa
                              die Schwere – oder die Brechbarkeit – wie wir oben gezeigt haben, zu
                              dieser Bestimmung ausreicht.
                           Betrachten wir nun aber den Fall etwas näher, wo drei Körper eine Auflösung bilden,
                              und die Procentgehalte von jedem derselben auf ähnlichem Wege ermittelt werden
                              sollen:
                           Hier hängt die Beobachtung A nicht mehr wie in (I) nur ab
                              von Constanten und Potenzen von α, sondern, wenn
                              wir den Procentgehalt des dritten Stoffes durch β
                              bezeichnen, auch von β und seinen Potenzen; man
                              müßte also sezen
                           
                              
                                 
                                    A
                                    
                                    
                                 = M  + Nα  + Oα² + ...
                                    + M' + N'β +
                                    O'β² + ...
                                 
                                    
                                    
                                 (II)
                                 
                              
                           Aber zur Bestimmung von α und β reicht Eine Gleichung nicht hin. Wir müssen
                              also noch eine andere, von α und β abhängige, aber von ersterer wesentlich
                              verschiedene Relation herstellen, wenn beide getrennt werden sollen. Eine solche
                              Relation geht hervor aus der Beobachtung einer zweiten physikalischen Eigenschaft an
                              dem Gemenge. Denn sey B, analog mit A, die numerische Angabe der zweiten Eigenschaft, so hat
                              man eben so wie oben
                           
                              
                                 
                                    B
                                    
                                    
                                 = m  + nα + oα² + ...+ m' + n'β + o'β + ...
                                 
                                    
                                    
                                 (III)
                                 
                              
                           In der Gleichung (II) ist A eine Function von α und β, in
                              (III) B eine Function von α und β; daher muß auch α eine Function von A
                              und B, und β eine
                              Function von A und B seyn.
                              Entwikelt man diese wieder nach Potenzen mit unbestimmten Coefficienten, so wird
                           
                              
                                 α = P
                                    
                                    
                                    β = p
                                    
                                    
                                 + QA  + RA²  + SA³ + ...+ Q'B + R'B² + S'B³ + ...+ qA   + rA²  +  sA³ + ...+  q'B + r'B² +
                                    s'B³ + ...
                                 
                                    
                                    
                                 (III')
                                 
                              
                           Denken wir uns nun, daß man wieder den Procenten nach bekannte Gemenge aus den
                              dreierlei Stoffen gebildet habe, und zwar in ausreichender Anzahl, um alle
                              vorkommenden Coeficienten zu bestimmen, daß die numerischen Relationen wieder in
                              tabellarische Abhängigkeit gebracht wären u.s.w., so würden jezt die zwei
                              physikalischen Beobachtungen A und B durch die Tabelle die verlangten Werthe von α und β durch
                              Addition von Columnenwerthen geben. Allein es dürfte, je nach der Natur der
                              Verbindungen, die Durchführung dieser Arbeit sehr mühsam werden, wenn die höhern
                              Potenzen von A und B noch
                              von merklichem Einfluß auf α und β blieben.
                           Ueberlegen wir daher, unter welchen Bedingungen der Einfluß der zweiten und höhern
                              Potenzen von α und β in (II) und (III) vermindert und unmerklich werde. Dieß erfolgt,
                              wenn sie selbst kleine Größen sind im Verhältniß zur Summe (α + β + γ); α und β sind aber die Procentgehalte der aufgelösten Stoffe. Wenn diese
                              also wenig sind im Verhältniß zu dem Auflösungsmittel γ dann können obige Ausdrüke als lineare Functionen betrachtet
                              werden, und dann fällt alle Complication der Aufgabe hinweg. Aber eine doppelte
                              Beschränkung tritt statt obiger Schwierigkeit ein. Denn α und β werden cet. p. um so genauer bestimmt, je größer sie sind; hier
                              sollen sie aber nur kleine Größen seyn – und kleine Procentgehalte umfassen
                              für den zweiten Fall nicht alle möglichen Verbindungen zwischen den betreffenden
                              Stoffen.
                           Für beide Hindernisse lassen sich die geeigneten Gegenmittel angeben. Denn das erste
                              verschwindet, wie man die Sensibilität der Messungsmittel dem Maximalumfange der
                              Procentgehalte anpaßt, und das zweite, wenn zu untersuchende, reichhaltigere
                              Verbindungen durch ein gemessenes Quantum des Auflösungsmittels so weit verdünnt
                              werden, daß die Procentgehalte nun innerhalb der Proportionalität liegen.
                           Im Grunde bietet weder die eine Methode, wo zweite und höhere Potenzen berüksichtigt
                              werden müssen, noch die andere, wo lineare Functionen vorausgesezt werden, wesentliche Schwierigkeiten, nur ist leztere in der
                              Durchführung weit einfacher, daher wir sie hier geben wollen.
                           Unter der Voraussezung linearer Functionen gibt die Beobachtung einer Auflösung von
                              drei Stoffen, zusammengesezt nach bekannten Gewichtsprocenten, nach der Einen
                              physikalischen Eigenschaft
                           
                              
                                 
                                    α
                                    
                                    β
                                    
                                 = AM  + BN  + O und= AM' + BN' + O'
                                    
                                 
                                    
                                    
                                 (IV)
                                 
                              
                           lezte Gleichung nach einer andern physikalischen
                              Eigenschaft.
                           Hier sind A, B, α und β bekannte Größen, und es sollen zur Bildung einer Tabelle, welche
                              für jeden Werth von A und B
                              dann die entsprechenden α und β gibt, die Coëfficienten MNO M'N'O' bestimmt werden. Ihre Zahl ist 6. Wir
                              benöthigen folglich 6 Gleichungen, die man erhält durch Bildung und Beobachtung von dreierlei Gemengen
                              nur nach den Procentgehalten verschieden. Die Beobachtung des zweiten Gemenges gibt
                              also an denselben physikalischen Eigenschaften:
                           
                              
                                 
                                    α'
                                    
                                    β'
                                    
                                 = A'M  + B'N  + O
                                    = A'M' + B'N' +
                                    O'
                                    
                                 
                                    
                                    
                                 (V)
                                 
                              
                           Endlich gibt das dritte Gemenge
                           
                              
                                 
                                    α''
                                    
                                    β''
                                    
                                 = A''M  + B''N  + O
                                    = A''M' + B''N'
                                    + O'
                                    
                                 
                                    
                                    
                                 (VI)
                                 
                              
                           Werden in den Gleichungen (IV) (V) (VI) die numerischen Werthe der Beobachtungen A,B, A',B', A'',B'' und eben so die Zahlenwerthe der
                              Procentgehalte α,β, α',β',
                                 α'',β'' substituirt, so ergeben sich aus obigen sechs
                              Gleichungen die sechs unbekannten MNO, M'N'O'.
                           Diese in die Gleichungen (IV) gesezt, geben dann die numerische Bestimmung von α und β irgend
                              eines Gemenges, was bestimmt werden soll, wie die entsprechenden A und B beobachtet sind.
                           Die obigen Constanten werden jedoch abhängig seyn von der Temperatur, bei welcher die
                              Beobachtungen der Gemenge angestellt sind. Denn die Constanten hängen von der Natur
                              der gemengten Substanzen ab, diese aber ändert mit der Temperatur. Man wird daher
                              ihre Bestimmung an denselben Gemengen bei einer zweiten möglichst verschiedenen
                              Temperatur wiederholen.
                           Waren die Coëfficienten bei der Temperatur
                           
                              
                                 T ...
                                 MNOM'N'O' und bei der Temperatur
                                 
                              
                                 T ...
                                 
                                    mno
                                    m'n'o',
                                    
                                 
                              
                           so erhält man für irgend eine Temperatur t + τ
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 88, S. 290
                              
                           woraus die Procentgehalte α
                              und β für jede Temperatur folgen, wie A, B und τ beobachtet
                              sind.
                           Hatte man bei Ableitung der Coëfficienten mehr Gemenge gebildet und
                              beobachtet, als zu ihrer Bestimmung nothwendig waren, was immer räthlich seyn wird,
                              um zu sehen, ob man sich nicht von der Proportionalität entfernt, so können die
                              Verbesserungen dieser Coëfficienten nach der Methode der kleinsten Quadrate
                              abgeleitet werden. Ergäbe sich bei diesen ein Fortschreiten der Unterschiede von den Beobachtungen
                              von gleichem Zeichen, so ist die Erscheinung nicht durch die angenommene lineäre
                              Function darzustellen. Man müßte also dann den Procentgehalten noch engere Gränzen
                              geben.
                           Um jedoch der Berechnung für jede einzelne Benüzung dieser Methode zu überheben, ist
                              es erforderlich, die Gleichungen (VII) in zwei Tafeln zu bringen.
                           Sey in der ersten Tafel A, oder die Zahlenwerthe der
                              Beobachtung der einen physikalischen Eigenschaft, das Argument. Man gebe A successive fortschreitende Werthe innerhalb der
                              Gränzen, welche die frühern Betrachtungen festgestellt haben. Diese Werthe schreibe
                              man in einer Verticalcolumne A. Für diese verschiedenen
                              Werthe von A rechne man:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 88, S. 291
                              in Columne II; in Columne I
                              
                           welche auf gleiche Horizontale mit dem entsprechenden Werthe
                              von A gesezt werden.
                           In der zweiten Tafel bilde die Beobachtung B der andern
                              physikalischen Eigenschaft das Argument. Man gebe B
                              wieder successive nach gleichen Intervallen für das Instrument fortschreitende
                              Werthe unter Beachtung derselben Gränzen und trage sie in Columne C. Dann rechne man wieder für die verschiedenen Werthe
                              von B die Glieder:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 88, S. 291
                              in Columne IV; in Columne III
                              
                           welche eben so auf dieselbe Linie mit entsprechenden Werthen
                              von B zu stehen kommen.
                           Neben die Columnen I, II, III, IV seze man diejenigen Aenderungen der Columnenwerthe,
                              welche aus einem Temperaturunterschied von 10° hervorgehen. Dann findet man
                              durch Interpolation für jede Temperatur die Procentgehalte:
                           
                              
                                 α
                                    =
                                 II + IV
                                 
                              
                                 β
                                    =
                                  I + III
                                 
                              
                           Für Fälle nun, wo die zu bestimmenden Gemenge in den Procentgehalten α und β
                              reicher sind, als daß sie sich in der Tafel fänden, mische man mit Einem von diesem
                              Gemenge abgewogenen Gewichtstheile das m fache Gewicht
                              von dem Auflösungsmittel so, daß immer die Gehalte innerhalb der Tafel liegen. Diese
                              gebe die Zahlenwerthe
                              α und β,
                              woraus die Procentgehalte des ursprünglichen Gemenges α' und β' aus der einfachen
                              Relation hervorgehen:
                           
                              
                                 α' =
                                    β' =
                                 (m + 1) α
                                    (m + 1) β
                                    
                                 
                                    
                                    
                                 (VIII)
                                 
                              
                           So weit die Vorschriften im Allgemeinen. Nun wollen wir diesen gemäß ein Beispiel
                              durchführen.
                           Es sey zur Untersuchung der Verbindungen von Zuker, Alkohol und Wasser die nach
                              obiger Methode erforderliche Tafel zu entwerfen.
                           
                        
                           Wir wählen dieses Beispiel wegen der in technischer Beziehung wichtigen Ermittelung
                              des Zuker- und Alkoholgehaltes der Biere und der süßen weinigen
                              Flüssigkeiten. Wir stellen überdieß die Bedingungen, daß die Beobachtungen nicht so
                              fast den möglichsten Grad der Genauigkeit haben sollen, als vielmehr leicht und
                              selbst von Ungeübten rasch und hinreichend sicher anzustellen seyn sollen. Dadurch
                              ist die Wahl der Messungsmittel limitirt. Wären die beabsichtigten Zweke andere, so
                              könnten in Bezug auf Genauigkeit zwekmäßigere Mittel ergriffen werden. Aber da
                              unsere Methode überhaupt nur in speciellen Fällen Anwendung finden wird, möge sie an
                              diesem Beispiel zeigen, was für solche von ihr zu erwarten steht.
                           Wir benöthigen die Beobachtung von zwei physikalischen Eigenschaften. Diese sollen
                              überdieß für die zwei zu trennenden Stoffe, hier Zuker und Alkohol, quantitativ
                              möglichst verschiedene Werthe geben. Aber das specifische Gewicht ist für Zuker und
                              Alkohol sehr Verschieden und Zuker bricht überdieß das Licht 2 1/4 mal stärker als
                              Alkohol, wenn gleiche Gewichtsmengen verglichen werden. Specifische Schwere und
                              Lichtbrechung sind also für diesen Fall geeignet. Die weitern Bedingungen, welche
                              wir stellten, nöthigen die specifische Schwere mit der Senkspindel, die
                              Strahlenbrechung mit meiner optischen Gehaltsprobe zu beobachten.
                           Sey die Scala der Senkspindel nach Gewichtsprocenten krystallwasserfreien Zukers bei
                              14° R. = A. Die Angabe der optischen Gehaltsprobe
                              nach Maaßen Normalbier im Eimer bei + 14° = B.
                           Aus der Gleichung (IV) ersieht man, daß die sechs Coëfficienten MNO M'N'O' zu bestimmen sind. Dazu werden sechs
                              Gleichungen benöthiget, welche sich ergeben aus der Beobachtung von drei, nach
                              bekannten Gewichtsprocenten zusammengesezten Gemengen. Da jedoch auch die
                              Beobachtung des reinen Wassers, wo der Gehalt = 0 ist, zwei Gleichungen liefert,
                              bedürfen wir nur noch zwei Gemenge, die wir aus abzuwägenden Quantitäten von Zuker, Alkohol und
                              Wasser zu bilden haben.
                           Um jedoch sicherlich nicht von der vorausgesezten Proportionalität merklich
                              abzuweichen, enthalte die Flüssigkeit I nur
                           
                              
                                 2 Procent
                                 Alkohol
                                 = α
                                    
                                 
                              
                                 7    –
                                 Zuker
                                 = β
                                    
                                 
                              
                           die Flüssigkeit II aber
                           
                              
                                 6 Procent
                                 Alkohol
                                 = α'
                                    
                                 
                              
                                 2    –
                                 Zuker
                                 = β'
                                    
                                 
                              
                           Bei Abwägung ist das gebundene Krystallisationswasser des Zukers, was nach Berzelius
                              5,3 Procente beträgt, und der Wassergehalt des verwendeten Alkohols berüksichtigt
                              worden. Diese Gemenge und destillirtes Wasser, beobachtet bei zweierlei
                              verschiedenen Temperaturen, ergaben:
                           
                              
                                 
                                 
                                 bei + 5° R. = t
                                 
                                 
                              
                                    Aräometer
                                 A  
                                    =    6,225
                                 optische Probe
                                 B   =
                                    75,0
                                 
                              
                                 
                                 A'  =
                                    – 0,4375
                                 
                                 B'  =
                                    43,3
                                 
                              
                                 
                                 A''
                                    =    0,24
                                 
                                 B'' =  
                                    0,0
                                 
                              
                                 
                                 
                                 bei + 16°,5 R. = T.
                                 
                                 
                              
                                 
                                 A  
                                    =    5,75
                                 
                                 B   =
                                    72,5
                                 
                              
                                 
                                 A'  =
                                    – 0,70
                                 
                                 B'  =
                                    41,4
                                 
                              
                                 
                                 A'' = – 0,25
                                 
                                 B'' =  
                                    0,0
                                 
                              
                                 ferner ist nach dem Obengesagten
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 α  
                                    =    2
                                 
                                 β    =   7
                                 
                              
                                 
                                 α'  =    6
                                 
                                 β'  
                                    =   2
                                 
                              
                                 
                                 α''
                                    =    0
                                 
                                 β''  =   0
                                 
                              
                           Diese Werthe substituirt in die Gleichungen (IV) (V) (VI) geben
                           
                              
                                 
                                   bei + 16°,5
                                 
                                 
                              
                                 M  = – 1,25667
                                   N  = 0,13159
                                   O  = – 0,31416
                                 
                              
                                 M'
                                    =    0,51387
                                   N' =
                                    0,054025
                                   O'
                                       =    0'12847
                                 
                              
                                 
                                   bei + 5°,0
                                 
                                 
                              
                                 m  = – 1,17240
                                   n  = 0,12024
                                   o  = + 0,28138
                                 
                              
                                 m'
                                    =    0,49394
                                   n' =
                                    0,05392
                                   o' =
                                    – 0,11855
                                 
                              
                           Diese 12 Coëfficienten in die Gleichungen (VII) gesezt, ergeben endlich den
                              Werth von α und β irgend eines Gemenges durch AB
                              und τ für die Temperatur von 5° + τ Grad
                           
                           
                              
                                 
                                                                   
                                    für (5 + τ)°
                                 
                                 
                                 
                              
                                 α
                                    =β =
                                 – A ((1,17240) + τ (0,00733)) + B ((0,12024) + τ
                                    (0,00099))– τ (0,05179) +
                                    0,28138   A ((0,49394) + τ (0,00173)) + B ((0,05392) + τ
                                    (0,00001))+ τ (0,02148) –
                                    0,11855
                                 
                                    
                                    
                                 (VII)
                                 
                              
                           Sezt man τ = + 9 Grad, so ergibt sich für die
                              Temperatur von
                           
                              
                                 
                                 
                                 + 14°
                                 
                              
                                 α
                                    =
                                 – A (1,23842)
                                 + B (0,12912) –
                                    0,18469
                                 
                              
                                 β
                                    =
                                    A
                                    (0,50954)
                                 + B (0,05400) –
                                    0,07477
                                 
                              
                           Entwikelt man diese Ausdrüke nach der früher gegebenen Vorschrift in zwei Tafeln, wo
                              A successive von 1/8 zu 1/8 Procent, B aber von 1 zu 1 Procenttheil fortschreitet, so erhält
                              man:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 88, S. 294
                              
                           
                           für die Temperatur 14° + τ ist
                           β = I + (Δ I) τ/10 + III + (Δ III) τ/10
                           α = II + (Δ II) τ/10 + IV + (Δ IV) τ/10
                           Wir haben hier den Tafeln nur diejenige Ausdehnung gegeben, welche die Bestimmung des
                              Gehaltes der in München gebrauten Biersorten erfordert. Diese wollen wir als
                              Beispiel der Anwendung nun sämmtlich untersuchen. Wir werden überdieß die
                              Beobachtungen bei zwei möglichst verschiedenen Temperaturen anstellen, um aus den
                              Abweichungen in den Bestimmungen den Mittlern Fehler kennen zu lernen. Dieser lehrt
                              bann, ob es geeignet ist, bei größerer Ausdehnung der Tafel, zur leichtern Rechnung,
                              die Hunderttheile der Procentgehalte wegzulassen.
                           Es muß bemerkt werden, daß bei der Bestimmung des 0-Punktes der optischen
                              Probe sich an dem benüzten Instrumente eine kleine Veränderlichkeit zeigte, der
                              zufolge der mittlere Fehler hier größer ausfallen muß, als bei später ausgeführten
                              Gehaltsmessern, wo diesem Mangel begegnet ist. Uebrigens ist dieß von geringem
                              Belang.
                           Ich habe nach der Reduction die Brauereien nach dem Malzgehalte der Biere geordnet.
                              Bedenkt man nämlich, daß bei der Gährung ein Theil des Zukerstoffes zur Hälfte in
                              Alkohol, zur Hälfte in Kohlensäure (die dann größtentheils entweicht) umgestaltet
                              wird, so muß die Würze der Biere außer dem Zukergehalte, den die Untersuchung
                              nachweiset, auch noch denjenigen Zuker enthalten haben, aus welchem der Alkohol
                              gebildet wurde. Dieß ist aber das doppelte Gewicht des gebildeten Alkohols. Man
                              findet daher den Malzgehalt der Biere, wenn man zu ihrem Zukergehalt das doppelte
                              Gewicht des Alkohols beifügt. Die Columne Malzgehalt umfaßt diese Zahlen, welche
                              ebenfalls in Gewichtsprocenten zu verstehen sind.
                           
                        
                           
                           Bestimmung des Zuker- und Alkoholgehaltes aller in
                              München gebrauten Winterbiere, wie sie am 24. Januar 1843 in den Bräuhäusern
                              abgegeben wurden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 88, S. 296-297
                              Beobachtungen; Procentgehalt an;
                                 Gehalt im Mittel; Optische Probe; Pc. Aräometer; Alkohol aus Beobachtung; Zuker
                                 aus Beobachtung; Alkohol; Abw. v. Mittel hundertel Prc.; Zuker; Walzgehalt in
                                 Gewichtsprocenten; bei; Utzschneider-Bräuerei; Gilgenrainerbräu;
                                 Prüglbräu; Bacherbräu; Lodererbräu; Zacherl, Vorstadt Au; Hallerbräu;
                                 Hallmeyrbräu; Hascherbräu; Löwenbräu; Ober-Ottlbräu; Singelspielerbräu;
                                 G. Pschorr, Neuhausergasse; M. Pschorr, Sendlingergasse; Löwenbräu, Buttler;
                                 Probstbräu; K. Hofbräuhaus, Weißbier; Ober-Spatenbräu; Faberbräu;
                                 Zengerbräu; Augustinerbräu; Wagnerbräu; Kapplerbräu; Eberlbräu; K. Hofbräuhaus,
                                 Doppelbier; Thorbräu; Leistbräu; Kreutzbräu; Gebhardtbräu; Stubenvollbräu;
                                 Sterneckerbräu; Dürnbräu; Oberkandlerbräu; Metzgerbräu; Hirschbräu; Menterbräu;
                                 Büchlbräu; Högerbräu; Maderbräu; Schleibingerbräu; Schützbräu; Unterkandlerbräu;
                                 Mittel aus 42 Sorten
                              
                           
                           Diese Zusammenstellung gibt manchen interessanten Aufschluß:
                           1) Die optische Probe gibt bei einem Gehalte von 70, wenn die Temperatur um
                              11°,5 R. steigt, 2,3 weniger, d. i. 1/31. Doch
                              liegt hier noch die kleine Unsicherheit über den 0 = Punkt, welcher es zuzuschreiben
                              ist, daß die Mittel aus beiden Beobachtungsreihen nicht genau dasselbe geben.
                           2) Das Procentaräometer gibt für 11°,5 Temperaturerhöhung um 0,41 Procent
                              weniger, d. i. 1/11.
                           3) Aus der Vergleichung der Zahlenwerthe der Columne Malzgehalt mit den directen
                              Angaben beider Messungsmittel ist ersichtlich, daß keines für
                                 sich allein im Stande ist ein richtiges Urtheil über die Quantität des zur
                              Bereitung des Bieres verwendeten Malzes zu begründen. Ich führe als schlagendes
                              Beispiel No. 3 an. Hier gibt die optische Probe 72, die
                              Senkspindel 5 6/8. Dennoch ist der Malzgehalt nur 11,0.
                           Dagegen gibt No. 26 optisch nur 66,5, Senkspindel 4 1/8,
                              während der Malzgehalt 12,4 beträgt, d. i. nahe 1 1/2 Procent mehr ist. Dieß ist
                              leicht zu begreifen, wenn man bedenkt, daß Alkohol in gleichem Gewicht gegen Zuker 2
                              1/4mal weniger den Lichtstrahl ablenkt und überdies auch die Flüssigkeit specifisch
                              um so leichter erscheint, je mehr Alkohol darin enthalten ist. Aber zur Bildung des
                              Alkohol war sein doppeltes Gewicht Malzzuker erforderlich. Daher kann nur die
                              Berüksichtigung der Columne Malzgehalt ein Urtheil über
                              die zu einem Biere verwendete Quantität Malz feststellen. Es ist kaum nöthig, hier
                              zu bemerken, daß dieß keineswegs im Widerspruche stehe mit dem, was ich a. O. über
                              die Messungen durch die optische Probe für sich allein angeführt habe. Hier bekömmt
                              der Alkohol doppeltes Stimmrecht gegen Zuker; in der optischen Probe allein 2 1/4mal
                              kleineres Stimmrecht als Zuker. Die Scala muß also natürlich eine andere werden, je
                              nachdem man die eine oder die andere Voraussezung zur Grundlage macht. Beide Scalen
                              sind richtig, aber in verschiedenen Einheiten ausgedrükt. – Bei der optischen
                              hat der Alkohol einen kleinen Werth; in dieser Scala einen 4 1/2mal größern.
                           4) Die Zahlen Malzgehalt sind für jede Biersorte eine unveränderliche Größe. Ob man die Würze oder die
                              ausgegohrene Flüssigkeit beobachtet, immer wird diese Zahl dieselbe bleiben. Denn es
                              findet nur Umgestaltung statt, wobei so viel Verlust durch Kohlensäure angenommen
                              ist, als Alkohol gebildet wird. Aus demselben Malzgehalte könnten daher die
                              verschiedensten Biere erzeugt werden, je nachdem man mehr oder weniger des
                              Zukergehaltes in Alkohol verwandelt. Sey der Malzgehalt M:
                                 α der Alkoholgehalt, β der
                              Zukergehalt, so wird
                           
                           M = β + 2α
                              
                           Es verhalte sich aber nun α
                              : β = 1 : V, wo V also das in der lezten Columne gegebene Verhältniß von
                              Alkohol zu Zuker ausdrükt, so hat man bei ein und demselben Malzgehalte
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 88, S. 299
                              
                           folglich so vielerlei verschiedene Biere, als man V verschiedene Werthe gibt.
                           Dieses Verhältniß von Alkohol zum Zuker in der ausgegohrenen Flüssigkeit ist aber vom
                              entschiedensten Einfluß auf den Wohlgeschmak des Bieres. Biere, welche wenig
                              Weingeist gebildet haben, sind, selbst bei sehr starkem Zukergehalte, nie so
                              angenehm, als die an Alkohol, folglich auch an entwikelter Kohlensäure
                              reichhaltigeren Sorten.
                           5) Daher ist es sehr interessant, das Verhältniß von Alkohol zum Zukergehalt im
                              Mittel aus allen Münchner – also anerkannt guten – Vieren kennen zu
                              lernen. Man sieht, daß etwas mehr als die Hälfte des ursprünglichen Malzgehaltes zur
                              Bildung von Alkohol und Kohlensäure verwendet ist. Indessen scheint die Kunst des
                              Brauens darauf hinaus zu gehen, durch möglichst langsame Gährung möglichst viel
                              Alkohol zu bilden. No. 10 und 18 liefern den Beweis, da
                              es sehr beliebte Biere sind, aber beide verhältnißmäßig mehr Alkohol enthalten, als
                              das Mittel aus allen hiesigen Bieren. Diesem Mittel entspricht sowohl in Quantität
                              des Malzes, als im Verhältniß von Alkohol zu Zuker No.
                              25, das Doppelbier des königlichen Hofbräuhauses.
                           6) Das Mittel der Abweichungen der Bestimmungen lehrt im Mittlern Fehler den Grad der
                              Sicherheit der Bestimmungen mit den angewendeten Hülfsmitteln kennen. Der mittlere
                              Fehler einer Bestimmung des Procentgehaltes
                           
                              
                                 an Alkohol beträgt
                                 0,042   = 1/67
                                 
                              
                                 an Zuker
                                 0,0225 = 1/271
                                 
                              
                           Wenn daher die Tafel nur 0,1 Procent gibt, so ist durch ihre Benüzung ein Theil der
                              Genauigkeit der Beobachtung geopfert.
                           Die Berechnung des Malzzukergehaltes der Bierwürze aus dem gebildeten und im Biere
                              bestimmten Alkohol, welche darauf beruht, daß 100 Theile Zuker durch die Gährung
                              übergehen in 51,23 Alkohol und 48,77 Kohlensäure, soll, streng genommen nach dem
                              Ausdruk geschehen
                           M = β + 1,952 α.
                           
                           Dieser Gehalt M kömmt aber nicht 100 Gewichtstheilen
                              Würze, sondern (100 + 0,952 α) Gewichtstheilen
                              zu. Diese circa 103 Gewichtstheile Würze geben aber wieder 100 Gewichtstheile Bier.
                              Man kann daher M betrachten als Gewichtsprocente
                              Malzzuker, welche zur Bildung des Bieres erforderlich waren.
                           Dieß macht es möglich, aus dem Gehalt eines Bieres zurükzuschließen auf die Quantität
                              Malz, welche verwendet wurde zu seiner Bildung. Dazu ist erforderlich zu wissen, wie
                              viel Malzzuker sich aus einer gegebenen Quantität Malz von durchschnittlicher
                              Beschaffenheit bildet. Prechtel macht diese Angabe in
                              seiner technologischen Encyklopädie, Artikel Bierbrauerei S. 113, wornach 1 Wiener
                              Mezen Malz durchschnittlich 18 Wiener Pfund Zuker und Gummi gibt. Reducirt man diese
                              Angaben auf bayerische Maaße nach den Angaben in Gehlers
                              physikalischem Wörterbuche, Artikel Maaße, durch die neufranzösischen, wornach sich
                              findet
                           
                              
                                 
                                 Bayerisch
                                 Oesterreichisch
                                 
                              
                                 1 Eimer
                                   68,43
                                     
                                    56,601       Liter
                                 
                              
                                 1 Mezen
                                   37,066
                                     
                                    61,4994     Liter
                                 
                              
                                 1 Pfund
                                     0,56
                                       0,560012 Kilogramm
                                 
                              
                           und beachtet, daß 1 Liter 1 Decimeter kubirt ist; also bei
                              destillirtem Wasser 1 Kilogramm wiegt, so findet sich:
                           1 bayerischer Schäffel Malz liefert 120,1 bayerische Pfund oder 67,29 Kilogramme
                              Malzzuker. Sey nun
                           
                              E = Gewicht von 1 bayerischen Eimer Wasser bei 15° R. = 68,43
                                 Kilogramm.
                              A = Gewicht Malzzuker von 1 bayerischen Schäffel Malz mittlerer Bonität =
                                 67,29 Kilogramme.
                              M = Gewichtsprocente Malzzuker in dem Biere.
                              S = Specifische Gewicht bei 15° der Würze vom Malzzukergehalte M.
                                 
                              x Anzahl der Eimer Bier, welche aus 1 Schäffel Malz gewonnen werden, so
                                 ergibt sich:
                              
                           x = (100. A)/(E. M. S.)
                           Bringen wir diesen Ausdruk in eine Tafel, so ergibt sich für M = 8. 9. 10 ... 16.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 88, S. 301
                              Würze; Scheinbar Spec. Gewicht bei
                                 15°. = S; Procent Malzzuker = M; 1 Schäffel Malz liefert Eimer Bier = x
                                 Δx.
                              
                           Diese Tafel liefert die Zahl der Eimer Bier auf circa 1/60 richtig, was bei
                              technischen Zweken ausreichend erscheint. Sie sezt jedoch voraus, daß der Gehalt M aus dem analysirten Viere gebildet werde nach der
                              Regel
                           M = β + 2α.
                           Für Würze ist α = 0 und der Gehalt unmittelbar
                              gegeben durch ein Procent-Aräometer für Zuker.
                           Hiedurch ist man im Stande nachzuweisen, inwiefern die Biere der allerhöchsten
                              Verordnung vom 11. Mai 1811 gemäß gebraut sind. Denn die Verordnung bestimmt, daß
                              vom Schäffel Malz 7 Eimer Winterbier und 6 Eimer Sommerbier gebraut werden
                              sollen.
                           Die Winterbiere sollen also 13,3 Malzgehalt haben, d.h. ihr Zukergehalt + dem
                              doppelten Alkoholgehalt soll 13,3 seyn, wenn anzunehmen ist, daß das Malz und das
                              Malzen ein Durchschnittliches war. Diese Unsicherheit aus der Qualität des Malzes
                              und aus der mehr oder minder vollkommenen Extraction der zukerbildenden Theile wird
                              es nöthig machen, hier durch Experimente die Gränze für das Minimum zu
                              bestimmen.
                           Die Sommerbiere sollen ebenso 15,5 Malzgehalt bekommen, wobei wieder der von der
                              Untersuchung gegebene Zukergehalt und der doppelte Alkoholgehalt zusammen diesen
                              Malzgehalt bilden.
                           Sehr wichtig und interessant erscheint es, daß die Untersuchung der Biere jezt gar
                              nicht auf ein bestimmtes Alter derselben limitirt bleibt, sondern eben so sicher bei
                              der Würze als bei altem Biere vorgenommen werden kann. Denn alle Veränderungen, welche vorkommen,
                              bis sauere Gährung eintritt, sind Umgestaltung von Zuker nach dem hier gegebenen
                              Geseze, wo also die ursprüngliche Menge Malzzuker immer wieder sicher gefunden
                              wird.
                           Tritt die sauere Gährung ein, so vermindert sich der Alkoholgehalt. Wenn also nicht
                              schon der Geschmak solche Aenderungen sicher erkennen ließe, so würde die Probe
                              diese Biere als zu geringhaltig bezeichnen, da der Alkohol doppelten Einfluß auf die
                              Malzgehaltsbestimmung hat.
                           Die Vergleichung der Malzgehalte der Münchner Biere mit diesen BestimmungenIch wiederhole hier ausdrüklich, daß diese Bestimmung auf der Prechtel'schen Angabe über ein mittleres Quantum
                                    Malzzuker vom Mezen Malz beruht. Hier ist angenommen, daß der Zukergehalt
                                    per Schäffel Malz 120 Pfund betrage. Dieß findet in Wirklichkeit gewiß nicht
                                    immer statt, weil dabei sehr viel auf die Qualität der Gerste und auf die
                                    Vollkommenheit der Maischmethode ankömmt. Man könnte also eben so gut auch
                                    annehmen, daß alle hiesigen Bräuer 7 Eimer per
                                    Schäffel Malz gebraut haben und dann die Qualität
                                    von Malz und Maischmethode bestimmen. Dieß würde aber genau auf dasselbe
                                    Resultat führen. Da es nun aber vorläufig bloß auf die Vergleichung
                                    untereinander ankommt, so scheint es am einfachsten, mit einem
                                    durchschnittlichen Malze zu vergleichen, was eben geschehen ist, bis directe
                                    Beobachtungen das hier noch Mangelnde ergänzen. Ich verwahre mich daher vor
                                    jeder Mißdeutung des Gesagten. zeigt, daß nur 1/4 der Bräuhäuser in Malzgehalt über der Verordnung ist, daß die schwächsten aber 2/7 mehr Bier vom
                              Schäffel Malz brauen, als nach der Verordnung bestimmt ist; oder aber sehr geringe
                              Malzsorten und sehr unvollkommene Maischungsmethoden haben müßten. – Das
                              Nachbier ist hiebei nicht berüksichtiget.
                           
                              
                                 
                                 Opt.
                                   Ar.
                                 Extr.
                                 Alk.
                                   Eimer p.Sch. Malz
                                 
                              
                                 Ungegohrnes Nachbier von Windmaissinger
                                    zeigt
                                   80
                                 8 1/2
                                  8,5
                                 0,0
                                      11
                                 
                              
                                 Gegohrnes vom Augustinerbräu
                                  40
                                 2 3/4
                                  3,6
                                 1,7
                                      14
                                 
                              
                           Das Nachbier hat also etwas mehr als den halben Gehalt der Biere. Indessen kann es in
                              keinem Falle abgezogen werden von dem Gehalt des Malzes, weil es bei spätem Suden
                              immer wieder statt Wasser zum Maischen verwendet wird.
                           Das hier durchgeführte Beispiel wird den Vortheil anschaulich machen, welcher in
                              speciellen Fällen aus der Anwendung dieser Methode hervorgeht. Es war unsere
                              Absicht, die Bestimmung von Zuker- und Alkoholgehalt in wässeriger Auflösung
                              jedem möglich zu machen, der eine Zahl ablesen und zwei Zahlen addiren kann. Dieß
                              ist erreicht. Die Operation fordert nur wenige Minuten Zeit und gibt eine mehr als
                              ausreichende Genauigkeit für diesen technischen Zwek. Durch die Gleichungen (VII)' ist die ganze
                              Classe von Gemengen aus Zuker, Alkohol und Wasser quantitativ ermittelt, sobald A, B und τ beobachtet
                              werden.
                           Für Fälle, wo größere als die erlangte Genauigkeit erforderlich ist, wird man sich
                              anderer Messungsmittel-Theodolit-Gewichtswaage – bedienen
                              müssen, und die entsprechenden Ausdrüke, analog den gegebenen, entwikeln. –
                              Durch Beobachtung derselben physikalischen Eigenschaften werden sich auch noch
                              andere ternäre Verbindungen in ähnliche Ausdrüke bringen lassen und so ihre
                              quantitativen Untersuchungen auf bequemere Form zurükgeführt werden.
                           Man wird aber auch Verbindungen von vier und mehr Körpern durch Zuziehung einer
                              dritten und weiterer physikalischer Eigenschaften ähnlich behandeln können. Dabei
                              bleibt nur stets zu berüksichtigen, daß solche physikalische Eigenschaften gewählt
                              werden müssen, welche für die zu trennenden Stoffe möglichst verschieden sind.
                           Das Auflösungsmittel war in obigem Beispiele Wasser; Säuern und Alkalien, dem Grade
                              ihrer Verdünnung nach genau bekannt, könnten eben so benuzt werden. Durch diese
                              Methode wird man in vielen Fällen der jezt gebräuchlichen analytischen Bestimmung,
                              die viel zeitraubender ist, enthoben seyn. Ob sie jedoch nicht wesentlichere
                              Vortheile, namentlich in der organischen Chemie, zu bringen vermag, wird die Zukunft
                              lehren.
                           Für jezt begnüge ich mich, den Weg solcher Untersuchungen im Allgemeinen bezeichnet
                              und für Verbindungen von Zuker, Alkohol und Wasser durchgeführt zu haben.
                           Das Nächste, was für die weitere Förderung dieser Methode nun geschehen muß, ist,
                              durch geeignete genaue Messungsmittel auch andere physikalische Eigenschaften
                              anwendbar zu machen, um auch quaternäre Verbindungen ähnlich behandeln zu
                              können.
                           Möge vorläufig dieser erste Schritt zu einer allgemeineren Aräometrie als die
                              bisherige, von der gelehrten Welt nicht ungünstig aufgenommen werden.