| Titel: | Ueber Flugmaschinen. Von John Bishop. | 
| Fundstelle: | Band 88, Jahrgang 1843, Nr. CVII., S. 439 | 
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                        CVII.
                        Ueber Flugmaschinen. Von John Bishop.
                        Aus dem Mechanics Magazine. April 1843, S.
                              338.
                        Bishop, über Flugmaschinen.
                        
                     
                        
                           Es fehlt uns nicht an Daten zur approximativen Beurtheilung der Kraftentwikelung,
                              welche nöthig ist, um einen mehr oder minder schweren Körper freischwebend in der
                              Luft zu erhalten oder ihn in derselben in Bewegung zu sezen. Wir sind daher im
                              Stande, hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit des Erfolges von Henson's Flugmaschine einige Vermuthungen aufzustellen. Der Franzose M.
                              Chabrier hat über diesen Gegenstand eine ausführliche
                              Abhandlung geschrieben, welche eine gründliche mathematische Untersuchung über die
                              zur Bewegung von Maschinen in der Luft nöthigen Bedingungen enthält. Dr. Todd's
                              Cyclopaedia of Anatomy and Physiology, Theil 23, Art.
                              motion enthält von mir einen Beitrag, worin ich das
                              Gewicht verschiedener Insecten, Fledermäuse und Vögel und ihre Oberflächen angegeben
                              habe. Ich habe ferner berechnet, wie viel Flügelschlage in der Secunde die Krähe und
                              die Taube während des Fluges machen. Das mittlere Gewicht der Taube beträgt 4347,344
                              Gran, das der Krähe 4170,25 Gr. und das des Kanarienvogels 229 Gr., während die
                              Flächeninhalte ihrer Flügel beziehungsweise 0,6198, 1,11 und 0,054 Quadratfuß
                              beiragen. Hieraus können wir abnehmen, daß sich die Flächeninhalte der Schwingen
                              nicht im Verhältnisse des Gewichtes der Vögel ändern, und daß bei der Krähe ungefähr
                              1/2 Pfd., bei der Taube 1 Pfd. auf den Quadratfuß kommt, während die erstere 2, die
                              leztere 3 Flügelschläge in einer Secunde thut. Das Gewicht der Krähe ist daher in
                              Verhältniß zu der dem Winde dargebotenen Oberfläche größer, dasjenige der Taube
                              kleiner, als bei Henson's Maschine.
                           Es ist indessen wohl zu bemerken, daß bei Henson's
                              Maschine die der Luft dargebotene Fläche nicht wie die Schwingen der Vögel beweglich
                              ist, und daß die Maschine nicht die Fähigkeit besizt, senkrecht in die Höhe zu
                              steigen. Bei Vögeln dagegen verhält sich nach Borelli
                              „de motu animalium“ die
                              Muskelkraft, welche die Flügel in Bewegung sezt, zu ihrem Gewichte, mehr wie 10,000
                              : 1. Wir sind mit Chabrier einverstanden, daß der zur
                              Fortbewegung in der Luft erforderliche Kraftaufwand wegen der Dünnheit der lezteren
                              so enorm ist, daß ein Mann unmöglich durch seine Muskelanstrengung allein sich in
                              der Luft erhalten könnte, auf welche Weise er auch seine Kraft in Wirksamkeit treten
                              ließe. Man weiß, daß ein Mann bei 8stündiger Tagesarbeit in 1 Secunde 13,25 Pfd. avoirdupois
                               3,25 Fuß hoch heben
                              kann. In 8 Stunden ist er daher im Stande, 381600 Pfd. 3,25 oder 47700 Pfd. 26 Fuß
                              hoch zu heben. Dieses ist nach Chabrier die Höhe, auf
                              welche sich die Schwalbe in 1 Secunde vermittelst der Kraft erheben würde, welche
                              sie ausüben muß, um sich in der Luft zu erhalten. Nehmen wir nun an, die zum Fliegen
                              nöthigen Bedingungen seyen beim Menschen dieselben, wie bei den Vögeln, und ein
                              Mann, dessen Gewicht 150 Pfd. beträgt, könnte die Muskelanstrengung einer
                              Tagesarbeit in einem so kurzen Zeiträume concentriren, wie ihn die Erreichung des in
                              Rede stehenden Zwekes erfordert, so finden wir die Feit, während welcher er im
                              Stande seyn würde, sich in der Luft zu erhalten
                           
                              
                                 150
                                 t =
                                 47700, woraus
                                 
                              
                                 
                                 t =
                                 318'' oder ungefähr 5 Minuten.
                                 
                              
                           Die Oberfläche der ausgebreiteten Flügel erhält die Krähe oder
                              Taube nicht in der Luft, wenn sie die Flügel nicht rasch bewegen, vielmehr sinkt die
                              Krähe bei bewegungslos ausgebreiteten Flügeln vermöge ihrer eigenen Schwere mit
                              beträchtlicher Geschwindigkeit herab, und da sie in Verhältniß zu ihrem Gewichte
                              eine größere Oberfläche als Henson's Maschine besizt, so
                              folgt, daß die leztere mit noch größerer Geschwindigkeit zur Erde herabstürzen
                              würde, wenn der Treibapparat in Unordnung kommen sollte.
                           Aus Chabrier's analytischen Untersuchungen geht hervor,
                              daß sich bei Körpern von verschiedenem Gewichte die Kraftaufwände, welche
                              erforderlich sind, um dieselben unbeweglich in der Luft zu erhalten, direct wie die
                              Quadratwurzeln aus den dritten Potenzen der Gewichte und umgekehrt wie die
                              Quadratwurzeln aus der Dichtigkeit der Luft verhalten.