| Titel: | Ueber die rothen Pilze auf dem Brode, die Aufbewahrung des Getreides und Bereitung des Brodes; Bericht einer Commission an den französischen Kriegsminister. | 
| Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. LIV., S. 200 | 
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                        LIV.
                        Ueber die rothen Pilze auf dem Brode, die
                           								Aufbewahrung des Getreides und Bereitung des Brodes; Bericht einer CommissionDiese Commission war zusammengesezt aus den HHrn. Unterintendanten Joinville, Moizin und Brault, Mitgliedern des Sanitaͤtsraths der
                                 										Armee, Benier, Oberofficier und
                                 										Victualiencommissaͤr von Paris, Chartier,
                                 										Syndicus der Baͤker in Paris und den Chemikern Dumas, Pelouze und Payen; lezterer verfaßte den Bericht. an den
                           								franzoͤsischen Kriegsminister.
                        Aus dem Journal de Chimie médicale. Okt. 1843 S.
                              									586.
                        Ueber die rothen Pilze auf dem Brode und die Aufbewahrung des
                           								Getreides.
                        
                     
                        
                           Die hohe Wichtigkeit der in diesem Berichte behandelten Fragen, welche die
                              									menschliche Nahrung, das öffentliche Wohl, die Getreidevorräthe, die Bereitung des
                              									Mehls und des Brods betreffen, bestimmen uns zur Mittheilung eines alles Wesentliche
                              									enthaltenden Auszugs aus demselben.
                           Auf eine starke und außergewöhnliche Veränderung, welche das in der jüngsten heißen
                              									Sommerzeit an die Soldaten der Pariser Garnison verabreichte Brod erlitten hatte,
                              									wurde zuerst von dem Sanitätsrath der Armee aufmerksam gemacht; eine
                              									Specialcommission erhielt den Auftrag, die Natur dieser Veränderung, ihre
                              									vorzüglichsten Ursachen und die ihr plözliches Eintreten veranlassenden Umstände,
                              									endlich die Mittel ihrer Verhütung für die Zukunft zu erforschen.
                           Die Commission beschäftigte sich zuvörderst mit der Natur der eingetretenen
                              									Veränderung des Brods. Die Wissenschaft hatte hier schon vorgearbeitet. Die HHrn.
                              										Leveillé, Montagne und Decaisne suchten die Species der im Commißbrod
                              									entwikelten kryptogamischen Vegetation zu bestimmen. Die HHrn. Mirbel und Payen untersuchten dieselbe
                              									mikroskopisch und chemisch. Während der Arbeiten der Commission verlangte auch der
                              									Polizeipräfect von dem Gesundheitsrath zu Paris wegen einiger selten vorkommenden
                              									Fälle rother Schimmelbildung auf von Pariser Bäkern aus Mehl zweiter Qualität
                              									bereitetem Brode einen Bericht; Hr. Leroy Desbarres hatte
                              									einige Bemerkungen über diese Vegetationen eingesandt.
                           Viele von dem gelehrten Naturforscher Marchand, dem
                              									Armeechirurg Duvivier, mehreren Veterinärärzten und
                              									Mitgliedern des Gesundheitsraths berichtete Thatsachen beweisen die schädliche
                              									Wirkung der Brodpilze auf eine Zeit lang damit gefütterte Thiere; bei Menschen
                              									konnten glüklicherweise noch keine derartigen Beobachtungen angestellt werden, weil
                              									das Aussehen dieses Brodes, sein unangenehmer Geruch, der röthliche und
                              									übelriechende Staub, welchen davon  abgebrochene Stüke von sich geben, schon Widerwillen
                              									dagegen erregen.
                           Die Berichte der Militärärzte sprechen sich alle dahin aus, daß die Keimkörner in
                              									sehr geringer Quantität, vor der Entwiklung der Pilze, auf die Gesundheit der
                              									Soldaten keinen merklichen Einfluß hatten.Nichtsdestoweniger stuͤzt sich die allgemeine Ansicht von der
                                    											Gefaͤhrlichkeit des Schimmels aus zu positive Thatsachen, als daß die
                                    											Gegenwart desselben in Nahrungsmitteln unberuͤksichtigt bleiben
                                    											koͤnnte; wir muͤssen auch, obwohl diese Keimkoͤrner
                                    											keine Unfaͤlle nach sich zogen, aus folgenden Gruͤnden den
                                    											Schimmel in der Regel als nachtheilig betrachten:1) Mehrere nicht unbedeutende Uebel, die wegen ihrer langsamen Entwiklung
                                    											manchmal unbeachtet bleiben, haben ihren Ursprung in auf den thierischen
                                    											Geweben sich festsezenden, kryptogamischen Gewaͤchsen;2) die große Familie der Pilze enthaͤlt sehr viele giftige
                                    											Species;3) alt gewordene und geschimmelte Nahrungsmittel haben schon oft Vergiftungen
                                    											oder schwere Unfaͤlle herbeigefuͤhrt;4) die Raͤume, wo die die Entwiklung dieser Pflanzen bedingenden
                                    											Umstaͤnde vorhanden, sind in der Regel ungesund; man moͤchte
                                    											sich versucht fuͤhlen, diese Erscheinung mit den Beobachtungen
                                    											uͤber die endemischen Krankheiten in Zusammenhang zu bringen, welche
                                    											an Stellene, die unter Wasser standen, ploͤzlich ausbrechen, sobald
                                    											der frei gelegte Boden sich in einem der Erzeugung dieser Gewaͤchse
                                    											guͤnstigen feuchten Zustand befindet.
                           Vom Beginn dieser Veränderung an wurden von Amtswegen mehrere nüzliche Maßregeln
                              									ergriffen und auch von der Commission einige vorgeschlagen, die sogleich in
                              									Ausführung kamen, nämlich: 1) ein allmählich bis auf 50 Proc. gesteigerter Zusaz von
                              									gutem Mehl vom Jahr 1842 zu dem verdächtigen vom J. 1841; 2) eine beträchtliche
                              									Verminderung der dem Brode bei der Bereitung zugesezten zu großen Portion Wassers;
                              									3) eine Vermehrung der zu kleinen Portion zugesezten Salzes von 1½ auf 3
                              									Tausendtheile.
                           Diese Maßregeln hatten eine sogleich eintretende und andauernde Verbesserung des
                              									Brodes zur Folge.
                           
                        
                           Natur der rothen Substanz.
                           Die Beschaffenheit und mikroskopische Betrachtung derselben konnten keinen Zweifel
                              									übrig lassen, daß sie ein kryptogamisches Gewächs sey. Hr. Leveillé erkannte es, in Uebereinstimmung mit den HHrn. Mirbel und Payen, als der
                              									Gattung Oïdium angehörig, und benannte es, als neue
                              									Species derselben, O. aurantiacum.
                           Eine andere, beinahe immer zugleich vorhandene, ähnliche Schimmelart besteht aus
                              									röhrigen, weißlichen, längern, weniger gedrängt stehenden Fäden, mit rosenrothen,
                              									ins Violette übergehenden Keimkörnern am obern Ende; zuweilen kommen noch andere,
                              									gemeine Schimmelarten, vorzüglich Penicilium glaucum,
                              									dabei vor.
                           
                        
                           
                           Umstände, welche die Entwiklung der
                                 										Brodpilze begünstigen.
                           Am schnellsten und reichlichsten erzeugten sich die rothen Pilze unter folgenden
                              									vereinigten Umständen: 1) Feuchtigkeit des Brods (46 Proc. Wasser, welche in der
                              									Krume 51 Proc. entsprechen) und der Lust (90° am Hygrometer); eine Temperatur
                              									von 30–40° C., zu welcher Höhe sie im vorigen Sommer in den Baraken
                              									auf den Feldern unterhalb Paris mehrmals stieg; 2) wenn der untern Kruste viel
                              									Grieskleie anhängt; 3) endlich Lichtzutritt.
                           Der Einfluß des Lichtes ist um so merkwürdiger, da man glauben sollte, daß es bis an
                              									diese Gewächse gar nicht dringen kann; wir führen ein paar Beispiele hievon an: zwei
                              									noch warme Brode wurden übereinandergelegt, in Fließpapier gewikelt und nach sechs
                              									Tagen untersucht; das Brett, auf welchem dieses Paket lag, war nun in einem
                              									concentrischen kreisförmigen Raum unterhalb des ersten Brods mit rothen Floken
                              									bedekt, wovon ein dem Papier anhängender Theil den auf der untern Kruste aufsizenden
                              									Pilzen entsprach, deren Fäserchen und Keimkörner durch das Papier gedrungen waren.
                              									Auf der untern Seite des zweiten Brodes hatten sich ebenfalls viele rothe Pilze
                              									entwikelt; auch fanden sich solche zahlreich in den Höhlungen der Krume beider
                              									Brode, vorzüglich in jenen, welche mit Höhlungen unmittelbar unter der Kruste
                              									communicirten.
                           Diese Beobachtung wird durch zahlreiche ähnliche Versuche bestätigt und zeigt das
                              									Streben dieser Vegetation, sich an jenen Stellen zu entwikeln, wo der Dampf sich
                              									verdichtet, vorzüglich aber von der Unterseite auszugehen, welche sich von der
                              									übrigen Kruste durch die behufs des Einschießens angestreute Grieskleie
                              									unterscheidet.
                           Um zu sehen, ob die Färbung vom, wenn auch äußerst schwachen Lichte herrühre,
                              									versuchte man die völlige Ausschließung desselben, indem man ein Stük Brod in eine
                              									Glasflasche brachte, welche 10 Gramme Wasser enthielt, mit schwarzem Papier
                              									umwikelt, und selbst wieder in einem ½ Zoll diken und mit einer Metallscheibe
                              									bedekten Bronzegefäß eingeschlossen war. Die Pilze entwikelten sich etwas weniger
                              									zahlreich als auf einem, unter übrigens gleichen Umständen, dem Lichte ausgesezten
                              									Stük desselben Brodes. Ueber acht Tage blieben erstere auch vollkommen weiß, während
                              									sich die andern mit ihren rothen Keimkörnern bedekten; merkwürdig ist, daß auf den
                              									weißen Pilzen, nachdem sie 1½ Stunden dem Lichte ausgesezt worden waren, die
                              									Färbung sichtbar wurde.
                           
                        
                           
                           Mikroskopische Analyse der rothen
                                 										Pilze.
                           Man beobachtete mittelst des Mikroskops nicht nur die Gestalt dieser Kryptogamen,
                              									sondern auch durch geeignete Reactionen ihre näheren Bestandtheile, namentlich die
                              									stikstoffhaltige und öhlartige Substanz im Innern der Fäserchen und Keimkörner und
                              									die concentrischen Hüllen, wovon eine unter dem Einfluß von Jod und Schwefelsäure
                              									die die Holzfasersubstanz charakterisirende, violettblaue Färbung gibt.
                           
                        
                           Chemische Beschaffenheit der Brodpilze
                                 										und von der Thätigkeit ihrer Vegetation bedingte Erscheinungen.
                           Behufs der genauen Erforschung dieses Products nahmen die HHrn. Payen und v. Mirbel chemische Reactionen unter
                              									dem Mikroskop vor und überzeugten sich, daß die zweigartigen Fasern, Glieder und
                              									Keimkörner aus einer doppelten Hülle bestehen, welche in ihrer Dike zum Theil die
                              									charakteristischen Merkmale der Holzfasersubstanz darbietet, während die in den
                              									röhrenförmigen und sphäroidischen Höhlungen reichlich vorhandene Substanz die
                              									Eigenschaften der stikstoffhaltigen Körper zeigt und ein im Innern ihrer Masse
                              									zerstreutes Oehl wahrnehmen läßt.
                           Die nähere und Elementaranalyse rechtfertigten diese Schlüsse, indem von diesen
                              									Pilzen 0,018 Oehl und 0,068 Stikstoff erhalten wurde; außer den organischen
                              									Substanzen enthalten sie, ausgetroknet, noch 0,05 mineralische Substanz,
                              									hauptsächlich aus phosphorsaurem Kalk bestehend.
                           Keine dieser Beobachtungen war zur Lösung der vorliegenden Aufgabe unnüz; vielmehr
                              									diente jede derselben dazu, die zur Ernährung der Pilze verwendbaren Bestandtheile
                              									des Korns kennen zu lernen.
                           Schöpfen nun diese Pflanzen ihre Nahrung wirklich im Brod als dessen Parasyten? Aus
                              									folgenden zwei Versuchen stellt sich dieß klar heraus.
                           
                        
                           Aus dem Brod geschöpfte und zur
                                 										kryptogamischen Vegetation unter Wärmeerzeugung verzehrte Stoffe.
                           Ein Brod wurde aus der Commißbäkerei noch warm auf das Conservatoire royal des arts et métiers gebracht, senkrecht in zehn Stüke
                              									zerschnitten und auf allen Schnittflächen die Krume mit Keimkörnern und Pilzen von
                              									schon inficirtem Brode bestreut. Nun stekte man einen Thermometer mitten in
                              									dieselben, band alle Stüke mit einer Schnur recht fest zusammen, wikelte den so
                              									zusammengehaltenen Laib 
                              									in mehrere Papiere ein, legte ihn in eine etwas Wasser enthaltende Schale und
                              									bedekte ihn dann noch mit zwei Wollentüchern.
                           Die Temperatur am Thermometer betrug + 33° C., sie fiel zuerst innerhalb 8
                              									Stunden auf + 25° herab (bei 17,5° äußerer Luftwärme); dann aber stieg
                              									sie schnell und erreichte in 12 Stunden 48½° worauf sie sich 11
                              									Stunden lang erhielt, und sank dann sehr langsam (in 24 Stunden) auf 20°.
                           Die Vegetation ging am stärksten vor sich, so lange sich die Temperatur auf +
                              									48½° erhielt. Es war zu vermuthen, daß nur durch Consumtion einer
                              									bedeutenden Menge Brodsubstanz eine so große Menge Wärme entwikelt werden konnte; in
                              									der That ging aus vergleichenden Wägungen und Austroknungen hervor, daß 0,2 vom
                              									Gewichte des Brodes verloren gegangen waren, den in Pilze, welche alle Höhlungen
                              									durchzogen, umgewandelten Antheil nicht mit eingerechnet.
                           Demnach schöpfen die Pilze im Brode selbst ihre Nahrung; ihre innere Zusammensezung
                              									zeigt, daß vorzüglich die stikstoffhaltige Substanz, eine fette Substanz und der
                              									phosphorsaure Kalk zu ihrer Entwikelung beitragen müssen.
                           Es mußte nun untersucht werden, ob diese Körper einerseits im Griesmehl und im Mehl
                              									erster Sorte, von welchen man in der Regel ein von Pilzen frei bleibendes Brod
                              									erhielt, und andrerseits in dem Mehl der Commißbäkereien, welches in den meisten
                              									Garnisonspläzen die erwähnten Fälle herbeiführte, in verschiedenen Verhältnissen
                              									vorhanden sind. In dieser Beziehung gaben die früher bei einer Arbeit über die
                              									Concretionen und Secretionen der Pflanzen angestellten mikroskopischen Beobachtungen
                              									und vergleichenden Analysen einige nüzliche Andeutungen.
                           
                        
                           Organische Zusammensezung der
                                 										Getreidekörner.
                           Untersucht man eine Querschnitte eines Getreidekorns unter dem Mikroskop, so sieht
                              									man 1) eine trokene Hülle von einem festen Gewebe, die
                              									Samenhaut (Epispermium); 2) unmittelbar darunter, die
                              									Oberfläche des Eiweißkörpers (Perispermium) bildend,
                              									befindet sich eine Reihe mit stikstoffhaltiger, eiweißartiger oder käsestoffartiger
                              									Substanz angefüllter Zellen, in welchen ein großer Theil der Fettsubstanz des
                              									Getreides eingeschlossen ist; 3) unter dieser Schicht sind dünnwändige Zellen, die
                              									beinahe ganz mit Kleber (Gluten) und Stärkmehl angefüllt sind; 4) unter dieser
                              									wieder die ganze Masse des Eiweißkörpers, welche das gewöhnliche weiße Mehl
                              									ausmacht, größere Stärkmehlkörner enthält und dessen weißerer und mittlerer Theil in
                              										 jedem Samenlappen
                              									durch eine besondere Mahlung, die der sogenannten weißen
                                 										Grüze (Gries), erhalten werden kann.
                           Die drei obern Schichten machen die Kleie und Grieskleie aus. Die mikroskopische
                              									Beobachtung zeigt, daß sie reich seyn müssen an Stikstoffsubstanz, Fettstoff und
                              									mineralischen Secretionen, was durch die chemische Analyse bestätigt wird. Mit dem
                              									Mehl verglichen, enthält dieser Rindentheil wenigstens um zweimal mehr von diesen
                              									drei Substanzen, deren leztere vorzüglich an phosphorsaurem Kalk reich ist.
                           Aus diesen Beobachtungen gehen mehrere wichtige Resultate hervor. Erstens ersieht
                              									man, daß gegen die Peripherie des Samenkorns hin sich die Stoffe befinden, welche
                              									sich zur Entwikelung der Pilze ganz besonders eignen; daß andrerseits dieselben
                              									Stoffe, die trokene Haut ausgenommen, zur Ernährung des
                              									Menschen tauglich sind und namentlich derjenigen Individuen, welche am meisten des
                              									Fleisches und fetter Körper als Nahrung entbehren.
                           Ohne Zweifel wird man in diesen Analysen die Erklärung mehrerer Beobachtungen der
                              									Physiologen über die Ernährungsfähigkeit des Brods aus gänzlich zermahlenem Korn im
                              									Vergleich mit jenem aus weißer Grüze finden; rechtfertigen sie aber nicht auch einen
                              									Gebrauch, den man auf den ersten Anblik zu tadeln geneigt wäre und doch in mehreren
                              									Ländern wieder findet, wo das Brod für die Soldaten ohne alle Absonderung der Kleie
                              									bereitet wird? Es geht dieß aus folgenden officiellen Documenten hervor.
                           In Frankreich wird das Brod aus purem Weizen bereitet; zu
                              									Paris, Versailles und Saint-Germain werden 15 Proc. abgebeutelt; in den
                              									andern Orten nur 10 Proc.; die tägliche Ration für den Mann beträgt 750 Gramme.
                           In Algier werden die harten Getreidearten (blés durs) zu
                              									3 bis 5 Proc. abgebeutelt oder ohne Absonderung vermahlen und verbaken. Die zarten
                              									Getreidearten (blés tendres) werden zu 15 bis 18 Proc.
                              									gebeutelt.
                           In Belgien wird das Brod aus purem Weizen bereitet und
                              									keine Kleie abgesondert. Die Ration beträgt 775 Gramme.
                           In Sardinien wird das Brod aus purem Weizen bereitet,
                              									nachdem 6 Proc. Kleie abgesondert wurden. Die Ration beträgt 737 Gramme.
                           In Bayern wird das Brod aus 1/6 Weizen, 4/6 Roggen und 1/6
                              									Gerste bereitet; die Absonderung der Kleie beträgt 10 Proc. Die Ration beträgt 900
                              									Gramme.
                           In Preußen wird das Brod aus purem Roggen ohne alle
                              									Absonderung von Kleie bereitet. Die Ration beträgt 1 Kilogramm.
                           
                           In Rußland wird das Brod gerade so wie in Preußen
                              									bereitet.
                           In Spanien wird das Brod aus purem Weizen bereitet und die
                              									abgesonderte Kleie beträgt 10 Proc. Die Ration 670 Gramme.
                           Der Rindentheil des Getreides enthält demnach Substanzen, welche zur Ernährung des
                              									Menschen benüzt werden; er kann aber der Siz der Entwikelung mikroskopischer
                              									Gewächse werden, welchen er die ihnen erforderliche Nahrung gibt. Da dieser Theil
                              									die Außenseite der Getreidekörner ausmacht, so muß er von den pulverigen
                              									Keimkörnern, welche sich später beim Mahlen ablösen und unter das Mehl kommen, auch
                              									besonders inficirt werden.
                           Wollte man daher auch alle Kleie absondern, so müßte doch jederzeit das Getreide
                              									selbst gegen alle eine freiwillige Veränderung veranlassenden Umstände geschüzt
                              									werden.
                           Um diesen Zwek zu erreichen, macht die Commission auf drei als Hauptresultate aus dem
                              									Vorhergehenden sich ergebende Punkte aufmerksam.
                           1) Die Keimkörner der Pilze haben ihren Siz vorzüglich auf dem Rindentheil des
                              									Getreidekorns, mit welchem sie natürlich in Berührung kommen und der ihnen am besten
                              									zur Nahrung taugt.
                           2) Sondert man diese äußern Theile ab, so darf man sie nicht wieder auf die
                              									Oberfläche des Brodes bringen, wie dieß bisher bei der Commißbrodbäkerei
                              									geschah.
                           3) In allen Fällen muß man bei der Aufbewahrung des Getreides vorzüglich auf die
                              									nachtheiligen Veränderungen achten, deren Siz die Rindentheile sind, und wenn das
                              									ganze Getreide zu Brod verbaken wird, die Vorsicht verdoppeln.
                           Es handelte sich also darum, den zu diesem Zweke dienlichen Mitteln nachzuforschen,
                              									um sie der Kriegsadministration an die Hand geben zu können.
                           In unsern feuchten Klimaten mit veränderlicher Temperatur sind die gewöhnlich
                              									geernteten zarten oder halbharten Getreidearten so dem Verderben unterworfen, daß
                              									unter allen Verfahren ihrer Erhaltung ein einziges, das der Umschaufelung auf den
                              									Speichern, von der Erfahrung sanctionirt wurde. Man kann sagen, daß diese Maßregel
                              									beinahe in allen Fällen auch genügte, wenn sie nur oft genug wiederholt würde. Die
                              									durch sie erreichte Lufterneuerung hemmt durch Erniedrigung der Temperatur die
                              									Gährung und befördert die Verdunstung oder gleichmäßige Vertheilung der in einigen
                              									Stellen der Haufen übermäßig angehäuften Feuchtigkeit; sie unterstüzt die
                              									Keimungsfähigkeit, was beweist, daß der Keim (Embryo) eine Lebenskraft behält, die
                              									ihn gegen gewisse freiwillig eintretende Veränderungen zu  schüzen vermag; endlich stört
                              									die Bewegung der Körner selbst durch das Schaufeln die Paarung der Kornwürmer, macht
                              									daß sie aus den Haufen hervorkommen und verhindert auf diese Weise ihre Vermehrung
                              									und Verheerungen. Leider aber sind diese Wirkungen von kurzer Dauer; die Kornwürmer
                              									stellen sich bald wieder ein und vermehren sich, wenn man ihnen Ruhe läßt, stärker
                              									als zuvor. Jedes Ei erzeugt eine Larve, welche den Eiweißkörper aushöhlt, indem sie
                              									die Mehlsubstanz verzehrt und auf diese Weise die den äußern Einwirkungen
                              									ausgesezten Oberflächen vermehrt, welche so leicht von den Pilzkeimkörnern
                              									heimgesucht werden. Zu allen diesen Nachtheilen gesellen sich noch die Producte der
                              									Fäulniß der Trümmer und Rükstände der Insecten.
                           Allerdings kann das Getreide sodann mittelst Siebe und Ventilatoren gereinigt werden
                              									und erscheint, gut ausgetroknet, noch glatt (coulant)
                              									und gesund; füllt man aber eine Literflasche zu zwei Dritteln damit an und sezt zwei
                              									Deciliter heißen Wassers (von 70 bis 80° C.) hinzu, so entwikelt sich aus der
                              									ein paar Augenblike lang verstopften und umgeschüttelten Flasche ein übler und
                              									widerlicher Geruch, welcher das Vorhandenseyn verdorbener Stoffe kund thut, die nach
                              									dem Verlust eines Theils der nährenden Substanz zurükbleiben; bringt man solches
                              									Getreide in eine größere Menge Wassers, so schwimmt eine große Anzahl durch
                              									Kornwurm-Larven ausgehöhlter Körner oben auf; das daraus gemahlene Mehl
                              									endlich gibt kein gehörig beschaffenes, gesundes und angenehmes Nahrungsmittel;
                              									warmes, feuchtes Wetter reicht dann hin, um Keimkörner zu entwikeln und das Brod mit
                              									Pilzen zu überziehen.
                           In Jahrgängen wie 1841, wo das Getreide feucht geerntet und eingeführt wurde, waren
                              									diese Erscheinungen von sehr auffallender Intensität und man ergriff alle möglichen
                              									Maßregeln, bis es dieses Ansehen verloren hatte; sicherlich aber wirken diese
                              									Nebenursachen alle Jahre, wenn auch in geringerm Grade, und veranlassen allgemeine,
                              									der Gesundheit der Menschen schädliche Folgen. Nicht nur im Interesse der Armee
                              									allein also, sondern im allgemeinen Interesse muß das Korn gegen alle diese
                              									schädlichen Einflüsse geschüzt werden.
                           Wir haben gesehen, daß in feuchten Klimaten häufiges Umschaufeln das einzige sichere
                              									Mittel zur Erhaltung des Getreides ist, daß jedoch diese Maßregel bisher sehr
                              									unvollkommen und zugleich sehr kostspielig geblieben war. Der seinem Princip nach
                              									einfach construirte Valery'sche SpeicherPolytechn. Journal Bd. LXXV. S, 184.
                              									realisirt aber die Idee einer unausgesezten Umschaufelung und Austreibung des
                              									meisten Staubes der 
                              									Pilzkeimkörner und der Kornwürmer ohne ihre Wiederkehr. Diese Vorrichtung wurde im
                              									Jahr 1837 von der französischen Akademie geprüft und auf den Antrag des
                              									Berichterstatters, Hrn. Seguier, gutgeheißen. Es wurde
                              									dargethan, daß selbst sehr feuchtes Getreide in diesem Apparat vollkommen lufttroken
                              									gemacht werden kann, so daß die Keimkraft desselben darunter gar nicht leidet. Es
                              									bleibt auf diese Weise vor allen Nagethieren und aller Beimengung fremdartiger
                              									Körper geschüzt und es braucht dieser Art Speicher nur in mehr oder weniger langen
                              									Zeitabständen eine rotirende Bewegung gegeben zu werden. Vorzuglich eignet sich
                              									diese Vorrichtung für Magazine und Vorräthe.
                           In der Commißbäkerei am Quai de Billy functioniren auf ministerielle Bewilligung zur
                              									Probe drei solche Apparate. Der größte derselben ist mit Getreide vom vorigen Jahr
                              									angefüllt; der zweite enthält verdorbenes Getreide vom Jahr 1841 und der dritte eben
                              									solches, nach dem Maupeau'schen Verfahren gewaschenes und
                              									getroknetes. Alles dieses Getreide ist in Zeit von einem Monat vollkommen rein
                              									geworden und bleibt so.
                           Den Kostenpunkt anbelangend hat die Commission zwar noch nicht hinlängliche eigene
                              									Erfahrung gemacht, glaubt aber in folgenden Zahlen der Wahrheit sehr nahe zu kommen,
                              									deren Bestätigung sie durch genaue Versuche von Seite der Behörden erwartet.
                           Berechnung der Erhaltungskosten für
                              									1000 Hektoliter.
                           
                              
                                 
                                    Fuͤrein Jahr
                                    
                                 In gewoͤhnlichen Speichern durch
                                    											Umschaufeln.
                                 In einem beweglichen Speicher.
                                 
                              
                                 1) Zinsen von dem Capital zu 5 Proc.
                                  400 Fr.
                                 500 Fr.
                                 
                              
                                 2) Arbeitslohn, Einspeichern, Umschaufeln und Herausschaffung
                                 1125 —
                                 75 —
                                 
                              
                                 3) Wirklicher Abgang durch Insecten
                                    											Gaͤhrung und Schimmel
                                  300 —
                                 — —
                                 
                              
                                 
                                 1825 Fr.
                                 575 Fr.
                                 
                              
                                 Die Erhaltungskosten fuͤr 1 Hektoliter belaufen sich daher
                                    											jaͤhrlich auf
                                 1 Fr. 82 Cent
                                 57 Cent
                                 
                              
                           Die Hauptursache des im Jahr 1842 beobachteten Verderbens des Brodes liegt also in
                              									der schlechten Qualität des im Jahr 1841 feucht eingethanen Getreides, welcher
                              									Zustand auch seiner Aufbewahrung so ungünstig ist.
                           
                           Da das Weißbrodmehl der städtischen Bäker durch die vollkommene Absonderung der Kleie
                              									von den äußern Theilen, auf welchen sich die Keimkörner der rothen Pilze am liebsten
                              									ansezen, befreit wird, so war das davon bereitete Brod natürlich nicht so stark von
                              									Pilzen inficirt.
                           Da man sich gezwungen sah, aus nassem Getreide große Quantitäten Mehls auf einmal zu
                              									bereiten und viele Brode in Vorrath zu baken, um den großen Bedarf zu sichern, so
                              									mußte dieß den nachtheiligen Zustand des Nahrungsmittels noch vermehren. Endlich
                              									trug die große Hize in den Monaten Julius und August besonders in den Feldbaraken,
                              									und die große innere Feuchtigkeit der Brodlaibe sehr viel zu dieser enormen
                              									krytogamischen Vegetation bei, zu welcher schon so viel Prädisposition vorhanden
                              									war.
                           Zur Verhütung des Wiedereintretens solcher Nachtheile und überhaupt zur wesentlichen
                              									Verbesserung der Verköstigung der Truppen empfiehlt die Commission folgende
                              									Maßregeln:
                           1) Conservation des Getreides in guter Beschaffenheit durch Anwendung beweglicher,
                              									ventilirter Speicher;
                           2) Vervollkommnete Reinigung des Korns durch zweimalige Behandlung mit Corrège'schen Ventilatoren (tarares) vor dem Mahlen;
                           3) Erniedrigung der Temperatur des Mehls auf 15–16° C. sogleich nach
                              									dem Mahlen des Getreides durch Circulation von Wasser unter einem doppelten Boden,
                              									wo das Wasser eine Spirallinie vom Umkreis zur Mitte beschreibt, während das auf den
                              									obern Boden in die Mitte fallende Mehl seine Richtung spiralförmig nach der
                              									Peripherie nimmt und sich in den Mühlbeutel begibt.
                           4) Basirung der Ergiebigkeit des Mehls auf die Quantität der darin enthaltenen
                              									wirklichen und troknen Substanz;
                           5) Ermittelung des Gewichts des Products an Brod im Verhältnisse zur troknen
                              									Substanz.
                           6) Bereitung des Teigs mit weniger Wasser, so daß das Brod statt 45–46 nur 41
                              									Gewichtsprocente Wasser enthält, wodurch die Vertheilung, statt 24–36 Stunden
                              									warten zu müssen, 8 Stunden nach dem Baken des Brodes schon vorgenommen werden
                              									kann.
                           7) Unterlassung des Einstäubens mit Grieskleien beim Einschießen, wodurch die untere
                              									Brodkruste beschmuzt und dem Verderben ausgesezt wird;
                           
                           8) Weglassung des Brennmaterials auf dem Herde des Bakofens und Construction
                              									besonderer Feuerräume.wie bei dem Bakofen von Jametel und Lemare (polytechn. Journal Bd. LXVI S.
                                       												208).
                           9) Gehöriges und regelmäßiges Ausbaken.