| Titel: | Ueber Stabeisenfabrication und Eisenpreise in Belgien; von Fr. Heeren. | 
| Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. LX., S. 227 | 
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                        LX.
                        Ueber Stabeisenfabrication und Eisenpreise in
                           								Belgien; von Fr.
                              								Heeren.
                        Aus dem Bergwerksfreund, Bd. IV. S. 17.
                        Heeren, über Stabeisenfabrication etc.
                        
                     
                        
                           Indem die allgemeine Einrichtung der Puddlingsöfen und des Puddlingsprocesses als
                              									bekannt vorausgesezt wird, entnehmen wir dem Berichte des Verfassers die historische
                              									Aufzählung der von ihm in Belgien beobachteten Operationen beim Ausarbeiten des
                              									Eisens.
                           Es werden bei jedesmaliger Operation vier Luppen, jede von etwa 50–75 Pfd.
                              									formirt, Nachdem sie schon im Ofen mittelst der Brechstange möglichst
                              									zusammengedrükt sind, ausgezogen, schnell nach dem schweren, ganz gußeisernen
                              									Stirnhammer geschleift und hier erst durch einen Schlag, wobei die Schlake überall
                              									wie aus einem Schwamm hervorquillt, plattgedrükt, dann auf andere Seiten gewendet
                              									und so zu einem etwa 2 Fuß langen vierseitigen Prisma ausgeschmiedet, dieses nun
                              									sofort in das Walzwerk gebracht und etwa viermal nach einander durchgelassen, wobei
                              									es zu einer flachen Schiene von etwa 5 Zoll Breite und ¾ Zoll Dike ausgewalzt
                              									wird (Mill-bars).
                           Eine ganz neue Einrichtung zum Zängen hat Heeren in
                              									Couillet gesehen. Es ist dieß eine Art Hammer, der aber nicht durch sein Gewicht
                              									stoßweise wirkt, sondern mittelst einer Kurbel gehoben und herabgedrükt, einen nicht
                              									sowohl stoßweisen, als vielmehr sanften, aber zugleich sehr kräftigen Druk ausübt.
                              									Eine Erfindung, die vielleicht den neueren Tuchwalken nachgebildet ist.
                           Das so erhaltene Eisen zeigt schon ein ganz sehniges Gefüge, ermangelt aber noch des
                              									nöthigen vollständigen Zusammenhaltes der Theile, wie man schon an dem äußeren
                              									Ansehen dieser Mill-bars erkennt, welche häufig
                              									mehr einem Aggregat grober Schilfern, als einer homogenen Masse gleichen. Sie werden
                              									nun mittelst einer großen Schere, deren sich gewöhnlich mehrere auf dem Werke
                              									befinden, und welche durch die Dampfmaschine des Walzwerkes getrieben, stets, auch
                              									wenn nichts geschnitten wird, sich auf- und zubewegen, in kurze, etwa zwei
                              									Fuß lange Stüke zerschnitten, solcher Stüke mehrere, etwa fünf, auf einander gelegt,
                              									zusammengebunden, in Glühofen in Schweißhize versezt und durch das Walzwerk
                              									ausgewalzt. Geringere Stabeisensorten sind hiermit fertig; zu besserem Eisen wird
                              									die Operation des Raffinirens noch ein oder selbst mehreremal wiederholt.
                           Die Walzen werden überall auf den Eisenwerken selbst gegossen  und abgedreht. Man gießt sie
                              									der leichteren Bearbeitung wegen aus grauem Eisen; nur die Blechwalzen werden in
                              									eisernen Formen gegossen, um eine bedeutende Härte auf der Oberfläche zu erlangen,
                              									behalten aber doch noch einen gewissen Grad von Weichheit, in Folge dessen sie sich
                              									noch, wiewohl schwierig, abdrehen lassen, was mittelst eines etwa 1½ Zoll
                              									breiten, natürlich in einem sehr massiven Support eingespannten Stahles
                              									geschieht.
                           Wenn vorzüglich gutes Eisen verlangt wird, so läßt man es nach dem lezten Auswalzen
                              									noch einmal unter einem leichteren Hammer ausschmieden — eine Procedur, die
                              									H. auf dem Eisenwerke zu Monceau-sur-Sambre gesehen hat.
                           Mit großem Interesse hat H. die Anfertigung der Eisenbahnschienen gesehen, welche auf
                              									zwei Werken der Cockerill'schen Maschinenfabrik in
                              									Seraing und dem Eisenwerke in Monceau-sur-Sambre in vollem Gange
                              									war.
                           Um eine Schiene anzufertigen, werden mehrere, gewöhnlich 5 oder 6 etwa 5 Zoll breite,
                              									¾ Zoll dike und 4 Fuß lange Eisenstüke auf einander gelegt, durch
                              									umgewundenes dünnes Schneideisen befestigt, und im Glühofen zur Schweißhize
                              									gebracht, um demnächst im Walzwerk geschweißt und zu der nöthigen Form ausgearbeitet
                              									zu werden. Mitunter wird das eine der äußeren Stüke, welches die obere Seite der
                              									Schiene bilden soll, aus solchem Eisen genommen, welches bereits einmal umgeschweißt
                              									worden, während zu den übrigen Stüken rohe Mill-bars angewendet werden. Da nun bei Anfertigung der Schiene das
                              									Eisen umgeschweißt und ausgewalzt wird, so ersieht man, daß die obere Bahn der fertigen Schiene aus zweimal, der übrige Theil derselben
                              									aus einmal raffinirtem Eisen besteht. Hiermit soll aber nicht die Behauptung
                              									aufgestellt werden, daß es auf allen Eisenwerken so sey; vielmehr gehen die besseren
                              									Werke mit mehr Sorgfalt zu Werke. Zum Schweißen und Auswalzen dient ein besonderes
                              									Walzwerk, in welchem das schweißwarme Bündel zuerst auf gewöhnliche Art zu einer
                              									diken vierekigen Stange ausgewalzt und diese dann durch besondere, nach der Form der
                              									Schienen gebildete Cannelirungen hindurchgelassen wird, bis die richtige Gestalt
                              									hervorgekommen ist. Die Cannelirungen sind von solcher Gestaltung, daß die zuerst
                              									quadratische, kurze und sehr dike Stange in den ersten Cannelirungen ohne Aenderung
                              									des quadratischen Querschnitts nur verdünnt und ausgerekt, in den folgenden
                              									Cannelirungen aber an jener Seite, welche den unteren schmalen Körper der Schiene
                              									bilden soll, mehr und mehr abgeplattet und zugleich in der Breite ausgerekt wird,
                              									während die obere Bahn ihre Dike behält, an den Kanten aber die nöthige Abrundung
                              									bekommt. Bei dieser Bearbeitung liegt  die Schiene auf der Seite. Zulezt läßt man sie noch durch
                              									eine Cannelirung gehen, bei welcher sie aufrecht, oder auf der hohen Kante
                              									hindurchpassirend die vollständige Abgleichung und Abrundung der oberen Bahn erhält.
                              									Die fertig ausgewalzte Schiene kommt gewöhnlich ganz krumm aus den Walzen hervor;
                              									sie wird nun in noch glühendem Zustande auf eine große, flache eiserne Tafel gelegt,
                              									hier vorläufig gerade gerichtet, und nunmehr an beiden Enden genau in der richtigen
                              									Länge abgeschnitten. Diese nicht unwichtige Operation, insofern genau gleiche Länge
                              									sämmtlicher Schienen nothwendig ist, geschieht auf den genannten Eisenwerken
                              									mittelst zwei sehr starker Kreissägen, deren Blätter aus mehreren Segmenten
                              									zusammengesezt, übrigens aber ganz von der Construction der gewöhnlichen Kreissägen
                              									sind. Der Durchmesser mag etwa 3–3½ Fuß betragen. Zwei solcher Sägen
                              									sind genau parallel und zwar so, daß ihre Achsen in einer und derselben geraden
                              									Linie liegen, in der Entfernung einer Schienenlänge von einander angebracht, und
                              									werden von der Dampfmaschine des Walzwerkes getrieben. Vor den Sägen befindet sich
                              									eine Art Tisch oder Gerüst, auf welches die noch stark rothglühende Schiene
                              									aufgelegt, und während die Dampfmaschine, so stark wie möglich angelassen, die Sägen
                              									mit der äußersten Geschwindigkeit umtreibt, durch mehrere Arbeiter zugleich gegen
                              									beide Sägen angedrükt wird. In Zeit von etwa einer Secunde werden so beide Schnitte
                              									zugleich vollführt, worauf man die fertige Schiene zum Abkühlen bei Seite legt. Das
                              									Schweißen, Auswalzen, Geraderichten und Absägen geht mit solcher Schnelligkeit von
                              									statten, daß eine einzige Hize hinreicht, um aus dem rohen Bündel zusammengebundener
                              									Eisenstüke eine fertige Schiene darzustellen.
                           Es folgt nun die Bearbeitung der beiden Schienenenden, welche nach der neueren
                              									Einrichtung, mit Ausnahme natürlich der oberen Bahn, unter einem stumpfen Winkel
                              									seitwärts gebogen werden müssen, um mit diesen Biegungen neben einander gelegt in
                              									den Schienenstühlen verkeilt zu werden. Um diese Biegungen hervorzubringen, wird das
                              									betreffende Ende in einer gewöhnlichen Schmiedeesse heiß gemacht, und nun in eine
                              									Maschine, eine Art Prägwerk, gestekt, welche mit einem Druke die nöthige Gestaltung
                              									aus dem Rohen erzeugt worauf dann noch durch Behämmern aus freier Hand die genauere
                              									Ausbildung der Flächen vorgenommen wird. Zulezt werden die Schienen im kalten
                              									Zustande noch nachgesehen und vollends gerade gerichtet, was in der Cockerill'schen Fabrik mittelst einer Schraube geschieht.
                              									Mehrere Arbeiter bringen die Schiene auf der hohen Kante liegend auf zwei, in
                              									geringer Entfernung neben einander befindliche Unterlagen, so daß der zwischen
                              									denselben befindliche 
                              									Theil hohl liegt. Eine verticale, über diesem Zwischenraum befindliche
                              									Schraubenspindel drükt nun, indem sie angezogen wird, auf den hohlliegenden Theil
                              									der Schiene und bewirkt so den zum Geraderichten nöthigen Druk. Alles hängt hierbei
                              									von dem richtigen Augenmaaße des Arbeiters ab, welcher, indem er über die Schienen
                              									hinblikt, die etwaigen Bukel oder Vertiefungen erkennt und die fehlerhafte Stelle
                              									unter die Schraube bringt. Auf dem anderen Werke in Monceau-sur-Sambre
                              									ist keine Schraube vorhanden, sondern statt ihrer Anwendung wird mit einem schweren
                              									Hammer aus freier Hand darauf geschlagen.
                           Das belgische Stabeisen, und zwar das mit Kohks erblasene und durch den Puddelproceß
                              									gefrischte, ist im allgemeinen von ziemlich guter Beschaffenheit. Fast alles Eisen
                              									war sehr sehnig und zäh, daneben auch weich, und daher für die meisten Anwendungen
                              									im Großen, so namentlich für Eisenbahnschienen, für Maschinentheile und für
                              									Nageleisen, bei welchen ein hoher Grad von Zähigkeit wichtiger ist als Härte, sehr
                              									geeignet. Im allgemeinen steht doch das belgische Eisen hinter den bessern deutschen
                              									Stabeisensorten zurük, und wo es auf besondere Güte ankommt, wird in Belgien
                              									deutsches, auch wohl schwedisches Eisen verwendet.
                           Die Stabeisenproduction Belgiens ist sehr bedeutend, und man darf annehmen, daß über
                              									die Hälfte des producirten Roheisens auf Stabeisen verarbeitet wird.
                           Die Preise der belgischen Eisen, nämlich der mit Steinkohlen producirten, sind auf
                              									dem Cockerill'schen Etablissement wie folgt:
                           Die geringste Sorte Stabeisen führt die Bezeichnung Nr. 1,
                              									eine Bezeichnung, die sich auf die einmalige Umarbeitung
                              									der Millbars bezieht. Man nennt dieses Eisen fer mitis, und verwendet es nur zu ganz ordinären
                              									Arbeiten. Preis 25 Frcs. die 100 Ko.
                           Die nächste bessere und zu den gewöhnlicheren Arbeiten im gemeinen Leben am meisten
                              									gangbare Sorte ist die Nr. 2 (zweimal umgeschweißt und gerekt). Aus dieser Sorte
                              									bestehen die Eisenbahnschienen in Seraing. Preis 26 Frcs. die 100 Ko.
                           Die darauf folgende Sorte wird Nr. 3 benannt. (Dreimal umgearbeitet.) Preis 28
                              									Frcs.
                           Die allerlezte Sorte Nr. 4, welche nicht nur viermal umgearbeitet, sondern auf deren
                              									Anfertigung hinsichtlich der Erze die größte Sorgfalt verwendet wird und die nur in
                              									besonderen Fällen Anwendung findet, kostet 40 Frcs. die 100 Ko.
                           Alle diese Preise sind inzwischen für Stabeisen in den gewöhnlichen Dimensionen, als
                              									Quadrat-, Rund- und Oblong-Eisen zu verstehen. Anders
                              									gestaltete Eisensorten, so z. B. das zu Fenstersprossen  bestimmte, ebenso Bleche, sind
                              									bedeutend theurer und kosten von Nr. 2 40 Frcs.
                           
                              
                                 
                                    Roheisen
                                    
                                 zur
                                 Gießerei
                                 1.
                                 Qualit.
                                 kostet
                                 13
                                 Frcs.
                                 —
                                 Ctm.
                                 
                              
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                                 zum
                                 Affiniren
                                 1.
                                 —
                                 —
                                 11
                                 —
                                 —
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 —
                                 2.
                                 —
                                 —
                                 9
                                 —
                                 50
                                 —
                                 
                              
                           Auf dem Eisenwerke zu Couillet bei Charleroi sind die folgenden Preise notirt:
                           
                              
                                 1. Qualität
                                 von
                                 28
                                 bis
                                 36
                                 Frcs.
                                 gewöhnlich
                                 33
                                 Frcs.
                                 
                              
                                 2. —
                                 —
                                 26
                                 —
                                 31
                                 —
                                 —
                                 30
                                 —
                                 
                              
                                 Fenstereisen 1. Qualität
                                 38
                                 —
                                 
                              
                                 Roheisen zur Gießerei,
                                 1. Qualität
                                 14
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 —
                                 2. —
                                 13
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 zum Affiniren, sowohl halbirtes (truité)
                                 
                                 
                                 
                              
                                 —
                                 wie auch weißes
                                 11
                                 —
                                 
                              
                           Nicht uninteressant wird es seyn, die jezigen Preise des hannöver'schen Eisens hier
                              									herzusezen, um eine Vergleichung zu erleichtern.
                           Der Centner kostet auf den Hütten
                           
                              
                                 1)
                                 Stabeisen.
                                 1.
                                 Gattung
                                 4
                                 Thlr.
                                 12
                                 gGr.
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 2.
                                 —
                                 4
                                 —
                                 22
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 3.
                                 —
                                 6
                                 —
                                 16
                                 —
                                 
                              
                                 2)
                                 Kraus- und Schneideisen.
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 1.
                                 Gattung
                                 5
                                 —
                                 6
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 2.
                                 —
                                 5
                                 —
                                 12
                                 —
                                 
                              
                                 3)
                                 Gußwaaren.
                                 1.
                                 —
                                 3
                                 —
                                 —
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 2.
                                 —
                                 3
                                 —
                                 6
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 3.
                                 —
                                 3
                                 —
                                 22
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 4.
                                 —
                                 4
                                 —
                                 4
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 5.
                                 —
                                 4
                                 —
                                 16
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 6.
                                 —
                                 5
                                 —
                                 4
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 7.
                                 —
                                 5
                                 —
                                 14
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 8.
                                 —
                                 6
                                 —
                                 12
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 9.
                                 —
                                 7
                                 —
                                 12
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 —
                                 10.
                                 —
                                 9
                                 —
                                 8
                                 —
                                 
                              
                                 und nach Umständen höher.