| Titel: | Beschreibung einer Presse zum Verfertigen von Röhren aus Blei und Zinn; von Hrn. Kehr aus Kreuznach. | 
| Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. LXXII., S. 275 | 
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                        LXXII.
                        Beschreibung einer Presse zum Verfertigen von
                           								Roͤhren aus Blei und Zinn; von Hrn. Kehr aus Kreuznach.
                        Aus den Verhandlungen des Vereins fuͤr Befoͤrderung
                                 										des Gewerbfleißes in Preußen, 1843, S. 164.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									IV.
                        Kehr's Presse zum Verfertigen von Röhre aus Blei und
                           								Zinn.
                        
                     
                        
                           Zur Leitung des Gases und Wassers bedient man sich sehr viel der gezogenen Röhren.
                              									Diese haben aber bei ihrer Verwendung das Unangenehme, daß man sie, bei der geringen
                              									Länge von höchstens 12 Fuß, bis zu welcher man sie ziehen kann, für größere und
                              									insbesondere sehr beträchtliche Längen löthen muß; daß sie in den Wanddiken nicht
                              									gleichförmig sind, und daher bei starkem Druke Ausweitungen, ja wohl Risse erhalten.
                              									Um nun diese eben bemerkten Mängel zu beseitigen, hat der Verf. eine Presse
                              									construirt, welche Zinn- und Bleiröhren von 200 und mehr Fuß Länge fertigen
                              									kann. Bei einem Druke von 300000 Kilogr. (641421 preuß. Pfd.) liefert die Presse
                              									Röhren von gleicher Wanddike, ohne Fehler und innerhalb sehr glatt, was in hohem
                              									Grade die Circulation von Flüssigkeiten und Gasen erleichtert. Im Vergleich zu den
                              									diken Wänden der gewöhnlichen gezogenen Röhren geben die gepreßten eine große
                              									Ersparniß an Material, ohne der Dauerhaftigkeit Eintrag zu thun; denn bei dem
                              									Pressen wird das Metall so fest und erreicht einen solchen Grad von Dichtigkeit, daß
                              									ein Fehler, wodurch der Zutritt oder Ausgang der Luft gestattet werden könnte, fast
                              									unmöglich wird.
                           Der Verf. war der Erste, welchem es gelang, Röhren aus reinem Zinn zu fertigen. Diese
                              									sind Destillateuren mehr als verzinnte Kupferröhren zu empfehlen.
                           Die hier mitgetheilte Presse unterscheidet sich wesentlich von denjenigen, welche der
                              									Verf. früher in Köln, so wie später in Paris aufgestellt hat. Der große Preßbalken,
                              									der die neue Maschine so vereinfacht, macht nicht nur den Krahn und das Gegengewicht
                              									der ältern unnüz, sondern erlaubt bei seiner Anordnung auch, ihn mit Leichtigkeit in
                              									zwei Theile zu zerlegen, ohne jedesmal die Muttern zu lösen; es ist daher die
                              									Gefahr, welcher die Arbeiter früher bei den ältern Pressen ausgesezt waren,
                              									beseitigt. Außerdem gewährt diese Anordnung auch eine sehr erhebliche Zeitersparniß.
                              									Sie erfordert zwar zu ihrer Aufstellung ein Local in zwei Etagen, verrichtet aber
                              									ihre Arbeiten in einem kleinen Raume des Erdgeschoßes.
                           Drei Arbeiter können mit Leichtigkeit 1000 Kilogr. (2138 preuß. Pfund) Röhren in
                              									einem Tage ohne große Anstrengung liefern; der  Werth des Brennmaterials beträgt in dieser Zeit etwa 6
                              									Fr. Die Angaben haben sich in der Ausführung bewährt, und es sind mit dieser
                              									Maschine bereits an 600000 Kilogr. Röhren von nachstehend bemerkten Abmessungen
                              									gefertigt worden.
                           Die Länge der Röhren hängt vom Inhalte des Cylinders ab; wenn man bei der Maschine
                              									einen Cylinder von 120 Kilogr. Inhalt verwendet (statt 80 Kilogr. als Norm zu
                              									nehmen, wie in der nachstehenden Tabelle geschehen ist), so wird die Länge der Röhre
                              									um die Hälfte größer.
                           
                              
                                 Nr.
                                 Innerer Durchmesser in Linien.
                                 Wanddike in Linien.
                                 Laͤnge in
                                    											Fußen.
                                 Laͤnge in
                                    											Meter.
                                 Gewicht in Kilogr.
                                 
                              
                                 1
                                 6
                                 1
                                 200 
                                 61,5
                                 80
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 1
                                 150 
                                 46 
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 2
                                 100 
                                 30,5
                                 —
                                 
                              
                                 2
                                 9
                                 1
                                 137 
                                 42 
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 1½
                                 102 
                                 31,5
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 2
                                 68½
                                 21 
                                 —
                                 
                              
                                 3
                                 12
                                 1
                                 91½
                                 28 
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 1½
                                 68½
                                 21 
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 2
                                 45¾
                                 14 
                                 —
                                 
                              
                                 4
                                 15
                                 1
                                 80½
                                 25 
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 1½
                                 60¼
                                 18,5
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 2
                                 40¼
                                 12 
                                 —
                                 
                              
                                 5
                                 18
                                 1
                                 72 
                                 22 
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 1½
                                 54 
                                 16,5
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 2
                                 36 
                                 11 
                                 —
                                 
                              
                                 6
                                 21
                                 1
                                 50 
                                 15 
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 1½
                                 37½
                                 11,5
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 2
                                 15 
                                 7,5
                                 —
                                 
                              
                                 7
                                 24
                                 1
                                 30 
                                 9 
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 1½
                                 22½
                                 7 
                                 —
                                 
                              
                                 —
                                 —
                                 2
                                 15 
                                 4,5
                                 —
                                 
                              
                           Die Maschine fertigt außerdem Röhren von jeder Wanddike und jedem verlangten
                              									Kaliber.
                           Fig. 33 ist
                              									ein Aufriß und theilweiser Durchschnitt der Presse; Fig. 34 ein neuer Dorn;
                              									die Figuren
                                 										35–40 geben die Details der Presse.
                           A, A, Fig. 33, ist der
                              									Cylinder, welcher das Metall, aus dem man die Röhren fertigen will, enthält. B Kolben, aus einem Stüke Stahl gefertigt, der in den
                              									Cylinder reicht. C stählerner Dorn. D Verstärkung oder Ausbauchung des Dorns, die es
                              									gestattet, denselben nach beendigter Operation aus dem Rohre zurükzuziehen. E, E runde Scheibe, in
                              									welche der Dorn eingesezt wird. F Träger  oder Führer des Dorns, der ihn
                              									genau in der Mitte erhält. Das Stük hat eine konisch vertiefte Rinne, in welcher
                              									sich der durch die Scheibe E, E etwa entweichende Stoff ansammeln kann. G,
                              										Fig. 38,
                              									Directions- oder Stellschraube des Dorns, welche denselben genau in der Mitte
                              									des Cylinders hält, bis das Metall wieder dikflüssiger wird. Sie hat zwei
                              									trichterförmige Behälter a, a, die dazu dienen, das geschmolzene Metall in den Cylinder zu leiten. H das Schließblech, läßt für den Austritt des Metalls am
                              									Anfange des Dorns eine ringförmige Oeffnung; die Breite derselben bestimmt die
                              									Wanddike. I, Fig. 33, Dekel oder Hut,
                              									in den das Schließblech eingelassen ist. K hydraulische
                              									Presse. L Kolben derselben. M gußeiserne Platte, oder Bank, die den Cylinder A, A unterstüzt. N, N Schrauben, welche mittelst Muttern den
                              									Cylinder auf der Bank M befestigen. O, O Schraubenbolzen, die
                              									durch die Bank M gehen. P,
                              										P gußeiserne Säulen, welche die Bolzen O, O umgeben; sie tragen
                              									zugleich die ganze Presse. Q, Q Muttern, um die Schrauben O, O anzuziehen. R Preßbalken,
                              									fest angezogen durch die Muttern Q, Q. Er widersteht dem ganzen durch die hydraulische
                              									Presse ausgeübten Druke. Er zerfällt in zwei Theile (vergl. Fig. 35), die sich durch
                              									ihre Schrauben O, O öffnen,
                              									wenn man, vor dem Einbringen einer neuen Ladung, den Cylinder reinigen will.
                           Bisher hatte man es bei den zur Fabrication gepreßter Röhren bestimmten Maschinen für
                              									durchaus nöthig erachtet, den Dorn und dessen Grundplatte, um ihnen genug Stärke und
                              									Dauerhaftigkeit zu geben, aus Einem Stük zu machen. Die Erfahrung hat diese Annahme
                              									nicht bestätigt. Die durch solche Dorne herbeigeführten Nachtheile erschweren die
                              									Röhrenfabrication. Dorne von 6 Millim. (2,75 preuß. Linien) erforderten Grundplatten
                              									von einem Durchmesser, gleich dem innern des Cylinders, mußten aus demselben
                              									Eisenstüke, welches die Grundplatte liefert, genommen und auf der Drehbank abgedreht
                              									werden, wobei die dünnen Theile, häufig von dem sie fertigenden Arbeiter noch
                              									geschwächt, dem Druke nicht mehr widerstehen konnten; es zerbrachen solche Dorne
                              									oftmals ohne gebraucht zu seyn.
                           Die neuen Dorne C, D, Fig. 34, haben
                              									zwei Stärken, von denen C den innern Röhrendurchmesser
                              									zur Dike, die größere D eine konische Gestalt hat. Diese
                              									Abänderung ist von großem Einfluß, da bisher nach beendetem Druk das Röhrenende fest
                              									am Dorne sizen blieb, so daß man genöthigt war, leztern durch Hammerschläge
                              									(hölzerne Schlägel) herauszutreiben, was unausbleiblich die schwächern Theile des
                              									Dorns angriff und in Folge dessen Röhren von ungleich starken Wänden gebildet
                              									wurden. — Die Ausbauchung D verstärkt den Dorn
                              									und leistet größern Widerstand während des Druks; so  wie der Dorn am Ende der
                              									Operation in das Schließblech M, M tritt, erzeugt er durch seine Basis ein erweitertes Rohr, so lang als
                              									der Dorn selbst ist. Hiedurch fällt das Röhrenende, welches weiter als der Dorn ist,
                              									von selbst ab, und der unverbogene Dorn kann, ohne vorher wieder gerichtet worden zu
                              									seyn, augenbliklich wieder in Thätigkeit gesezt werden.
                           Der Preßbalken R, Fig. 33, 35, kann durch Lösung der
                              									Muttern Q geöffnet werden; er ist von Gußeisen und wiegt
                              									mehr als 500 Kilogr. (nahe 10 preuß. Centner). Man öffnet ihn nach jeder Operation,
                              									um vor dem Einführen einer neuen Ladung die Reinigung der Stüke zu bewerkstelligen.
                              									Bei den bisher versuchten Systemen mußte man den Preßbalken mittelst Krahn und
                              									Gegengewicht aufheben und ihn so in der Luft schwebend erhalten, was bedeutenden
                              									Zeitverlust und selbst Gefahr veranlaßte. Bei dieser Presse wird der Preßbalken
                              									durch die Schraubenmuttern gehalten und macht Krahn und Gegengewicht unnüz. Man
                              									öffnet ihn leicht nach jeder Operation und schließt ihn vor dem Beginn einer neuen.
                              									In Fig. 35
                              									ist er offen dargestellt.
                           Es wäre unnüz, hier die Zeichnung einer Injectionspumpe hinzuzufügen, da sich jeder
                              									Mechaniker dabei seiner eigenen Modelle bedient. Die Bemerkung ist hinreichend, daß
                              									die Kolbendike für die Injectionspumpe von doppelter Wirkung nicht unter 8 Linien
                              									stark seyn darf, um, ohne zu brechen, diesem starken Druke widerstehen zu
                              									können.
                           Hergang der Arbeit. Zur Verminderung der Reibung des
                              									Metalls während der Pressung beginnt man das Tagewerk mit der Erhizung des Cylinders
                              									bis auf 180° R. (225° C.). Dann stellt man jedes an seinen Ort, 1) den
                              									Kolben B, 2) den Träger oder Führer des Dorns, 3) den
                              									Dorn C, D selbst und dessen
                              									Grundplatte E, E.
                           Nun wählt man je nach dem Kaliber des Dorns die Directionsscheibe G, stellt dieselbe auf den Cylinder A, A, befestigt in der Mitte
                              									desselben den Dorn, gießt das Metall in die Trichter a,
                              										a läßt es gestehen, nimmt die Directionsscheibe G weg (denn der Dorn wird sofort durch das Metall selbst
                              									in der Cylindermitte erhalten), bringt das Schließblech H auf, bedekt es mit dem Hute I, vereinigt
                              									beide Theile des Preßbalkens R und zieht die Muttern Q, Q stark an. Sezt man jezt
                              									die Pumpen der hydraulischen Presse in Thätigkeit, so sieht man binnen 30 Minuten
                              									200 Fuß vollkommen fertiges Rohr hervorgehen.
                           Ist sämmtliches Metall verbraucht, so schneidet man mittelst einer Säge das Rohr über
                              									dem Dorn ab, lüftet ein wenig die Muttern,  öffnet den Preßbalken, nimmt den Hut I ab und stößt den Kolben so, daß der Führer des Dorns
                              									aus dem Cylinder geworfen wird. Nachdem man den Dorn herausgenommen, stellt man alle
                              									Stüke in oben beschriebener Reihenfolge wieder in Ordnung und schreitet zur zweiten
                              									Operation.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
