| Titel: | Ueber Bereitung künstlichen Eises; von P. H. Boutigny. | 
| Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. LXXXI., S. 309 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXXXI.
                        Ueber Bereitung kuͤnstlichen Eises; von
                           									P. H.
                              								Boutigny.
                        Aus dem Recueil de la société polytechnique, Dec. 1843. S.
                              									177.
                        Boutigny, über Bereitung künstlichen Eises.
                        
                     
                        
                           Man findet zwar in allen Lehrbüchern der Chemie die Walker'schen Eismischungen angegeben, hat sich aber mit der Anwendung
                              									derselben zu häuslichem oder medicinischem Gebrauch noch wenig beschäftigt.
                           Im Jahr 1825 übergab Hr. v. Courdemanche der medicinischen
                              									Akademie eine Abhandlung, in welcher er die vorzüglichsten Walker'schen Kältemischungen anführte und als das wohlfeilste und
                              									zwekmäßigste Kälte erzeugende Bad, um Wasser zum Gefrieren zu bringen, folgendes
                              									vorschlug:
                           Glaubersalz 5 Pfund,
                           Schwefelsäure von 36° Baumé 4 Pfund.
                           Dieses Bad wurde in ein Fäßchen oder in ein hölzernes Küfchen gebracht und eine
                              									luftfreies Wasser enthaltende weißblecherne Röhre oder Büchse hineingestekt. Drei
                              									solche Mischungen waren hinreichend um 3 Pfd Wasser zum Gefrieren zu bringen und man
                              									bedurfte deren nur 5, um zwei Eisbrode, jedes von 3 Pfd., zu erhalten, wenn  man die ersten
                              									Mischungen zum Erkälten des für die zweite Operation bestimmten Wassers benuzte.
                           Im Jahr 1827 brauchten Hr. Meilet und ich Eis und wir
                              									bereiteten es nicht ohne einige Schwierigkeiten auf obige Weise. Doch kam ich durch
                              									Versuche auf ein Verfahren, welches mir nie mißlang.
                           Mein Apparat besteht 1) aus einer eichenen Kufe von 13″ 6′″
                              									Länge, 3″ Breite und 6″ Höhe, alles im Lichten; 2) zwei weißblechernen
                              									Büchsen von gleicher Form, nämlich jede von 12″ Länge, 7′″
                              									Breite und 6″ 6′″ Höhe. In die Kufe kommt die Kältemischung, in
                              									die Büchsen das in Eis zu verwandelnde Wasser.
                           Zur Kältemischung nimmt man 3 Pfd. Schwefelsäure mit Wasser aus 41° Baumé
                              									verdünnt. In Ermangelung eines Aräometers erreicht man denselben Zwek durch
                              									Vermischen von 7 Gewichtstheilen concentrirter Schwefelsäure (von 66° Baumé)
                              									mit 5 Gewichtstheilen Wasser. Die Vermischung darf nicht auf einmal, sondern muß,
                              									wegen der dabei stattfindenden Erhizung allmählich und vorsichtig, und zwar in einem
                              									Gefäße von Steinzeug vorgenommen werden. Nachdem die Mischung wieder erkaltet ist,
                              									schüttet man 3 Pfd. derselben in die hölzerne Kufe und sezt sogleich 4 Pfd. fein
                              									gepulvertes Glaubersalz hinzu, rührt mit einem Stabe einen Augenblik um und stekt
                              									sodann die beiden mit WasserDasselbe muß, um die Luft auszutreiben, vorher gekocht worden
                                    										seyn. gefüllten Blechbüchsen so hinein, daß zwischen ihnen und den
                              									inneren Wänden des hölzernen Kastens ein kleiner Zwischenraum bleibt, damit das
                              									Gemisch von Säure und Salz frei um die Blechbüchsen circuliren kann.
                           Die Wirkung ist so schnell, daß der Thermometer beinahe augenbliklich um 13°
                              									C. und darüber fällt; nach 10 Minuten trübt sich das Wasser in den Büchsen und es
                              									bilden sich Eisschollen an den innern Wänden; 15 Minuten darauf haben das Wasser und
                              									die Kältemischung gleiche Temperatur, wo dann leztere zur Fortsezung des Processes
                              									untauglich ist. Man ersezt sie daher durch eine frische Mischung und stekt die
                              									Blechbüchsen dann wieder hinein. Die Eisschollen nehmen zu, hängen den innern Wänden
                              									an und müssen sorgfältig davon losgemacht werden, was man leicht dadurch erreicht,
                              									daß man die die großen Seiten der Büchsen bildenden Bleche mehrmals zwischen den
                              									Fingern zusammendrükt; dadurch wird das noch nicht zu Eis gewordene Wasser direct
                              									mit den Wänden des Blechs in Berührung gebracht und erfährt sofort die Wirkung der
                              									Kältemischung. Dieser Handgriff ist sehr wichtig und von ihm hängt beinahe der ganze
                              									Erfolg der Operation ab.Man kann die großen Seiten der Blechbuͤchsen auch mittelst einer
                                    											Eisendrahtfeder in Form einer Brille aneinanderdruͤken, und zwar so
                                    											lange, als die Wirkung des Frostbads dauert; man braucht dann nur in dem
                                    											Augenblik, wo man die Buͤchsen in das zweite Bad stekt, die Feder
                                    											wegzunehmen, damit das Eis sich dann mitten im Wasser befindet, wonach man
                                    											immer streben muß, weil das Eis ein sehr schlechter Waͤrmeleiter
                                    											ist.
                           
                           In der Regel ist das Wasser nach 40–50 Minuten gänzlich in Eis umgewandelt.
                              									Sollte dieß, gegen alle Erwartung, doch nicht vollkommen der Fall seyn, so müßte man
                              									zu einer dritten Mischung seine Zuflucht nehmen und wie oben verfahren.
                           In jeder der beiden Büchsen bildet sich eine sehr reine und feste Eistafel von
                              									1½ Pfd. Gewicht.
                           Zu bemerken ist noch, daß es im Sommer sehr rathsam ist, diese Mischungen in einem
                              									Keller von constanter Temperatur (+ 10° C. oder 8° R.) vorzunehmen und
                              									das Wasser, die Säure und das Salz schon vor dem Gebrauch hinunter zu bringen.
                              									Ferner soll das Glaubersalz mit einiger Sorgfalt ausgewählt und kein verwittertes
                              									genommen werden, widrigenfalls die Operation mißlingen kann.
                           Auf diese Weise habe ich die Bereitung des Eises sehr abgekürzt und wohlfeiler
                              									gemacht.
                           Der Preis dieses Eises stellt sich bei der Wohlfeilheit der Ingredienzien sehr
                              									niedrig, um so mehr als nach dem Gebrauch die Schwefelsäure mit Soda oder mit Kreide
                              									gesättigt werden kann, wo im ersten Fall durch bloßes Abdampfen und Krystallisiren,
                              									im leztern durch Abfiltriren und Auslaugen des entstehenden Niederschlags und
                              									nachherige Krystallisirung Glaubersalz gewonnen wird. Schüttet man statt dessen die
                              									Rükstände auf Kochsalz, welches zur Sodabereitung bestimmt ist, so kostet das Eis
                              									vollends bloß den Arbeitslohn.
                           Nach Guibourt sollten statt der Weißblechbüchsen kupferne
                              									Büchsen angewandt werden, weil jene von der Schwefelsäure sehr schnell verdorben
                              									werden; dieß ist jedoch nur bei sehr verdünnter Säure der Fall; bei obiger
                              									Vorschrift aber erhalten sich die Formen sehr gut, denn ich habe schon über 500 Pfd.
                              									Eis in denselben bereitet und sie sind noch vollkommen brauchbar. Ueberdieß ist
                              									sowohl hinsichtlich der Gesundheit als des Preises das Weißblech dem Kupfer bei
                              									weitem vorzuziehen.