| Titel: | Betrachtungen über die Kraft und chemische Natur des Schießpulvers. | 
| Fundstelle: | Band 93, Jahrgang 1844, Nr. XCIII., S. 342 | 
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                        XCIII.
                        Betrachtungen uͤber die Kraft und
                           chemische Natur des Schießpulvers.
                        Von
                        L. v. Breithaupt,
                        Oberst-Lieutenant und
                           Bataillons-Commandant in der königl. württemberg'schen Artillerie, Mitglied der
                           königl. schwedischen Akademie der Kriegswissenschaften Ritter des königl. würt.
                           Militär-Verdienstordens etc.
                        v. Breithaupt, Betrachtungen über die Kraft und chemische Natur des
                           Schießpulvers.
                        
                     
                        
                           Vielfältige Beobachtungen, sowohl bei dem Gebrauch der Geschüze im Kriege, als auch
                              bei dem Zielschießen mit Geschüzen verschiedener Art im Frieden, nach welchen die
                              Schuß- und Wurfweiten bei sehr feuchter und sehr heißer Atmosphäre, in sehr
                              verschiedenen Verhältnissen, in der Regel aber sich immer verkürzten, und daß bei
                              mittlerer Temperatur die Schuß- und Wurfweiten die geringsten Differenzen
                              zeigten, gaben Veranlassung zu den folgenden Betrachtungen, welche ich deßhalb den
                              Artilleristen und den Gelehrten mittheile, um weitere Versuche über die
                              Kraftäußerung des Pulvers und wissenschaftlichere Prüfungen hierüber zu
                              veranlassen.
                           Im Allgemeinen habe ich zu bemerken, daß bei den im Folgenden erwähnten Versuchen mit
                              dem Probir-Mörser vom Monat Junius 1829 die Richtung der Wurflinie von Osten
                              nach Westen war; bei den Versuchen mit dem Probir-Mörser vom Monat September
                              und Oktober 1829, so wie bei den Resultaten des Werfens mit dem 30pfündner Mörser
                              machte die Wurflinie mit der Mittagslinie einen Winkel von 40 Graden.
                           
                           Hinsichtlich der Beurtheilung des Schießpulvers ist zu berüksichtigen, ob man nicht
                              in neuerer Zeit bei Bestimmung der Kraft des Schießpulvers mehr die Kräftenlehre,
                              als die Grundstofflehre beachtet hat.
                           Das System der Kräftenlehre hat mit Recht die oft spielenden Erklärungen der
                              Grundstofflehre in das Reich der Phantasie verwiesen; in neuerer Zeit scheint man
                              auch wirklich in gleichen Verhältnissen bei Bestimmung der Kraft des Pulvers sich
                              mehr mit entgegengesezten Kräften, als früher mit den Eigenschaften der Grundstoffe
                              und deren Atome zu beschäftigen. Beide Systeme sind bei Aufsuchung
                              mathematisch-physikalischer Geseze gleich zulässig. Insofern beide Systeme
                              auf dem Wege der Erfahrung sich bildeten, will ich es auch versuchen, auf die
                              Erfahrung und auf die chemische Natur des Schießpulvers gegründet, die Kraft
                              desselben zu ermitteln.
                           Unter der Kraft des Pulvers ist die Wirkung zu verstehen, welche durch die Entzündung
                              und durch die aus der damit verbundenen Zersezung desselben entstehenden Gasarten
                              und Dämpfe hervorgebracht wird.
                           Die Kraft des Pulvers wird aber durch die bei der Verbrennung und Zersezung desselben
                              freiwerdende Wärme wesentlich vermehrt, weil durch dieselbe nicht nur in einem
                              Moment eine große Menge Pulver in Gasarten und Dämpfe verflüchtigt wird, sondern
                              auch weil die entbundenen Gasarten und Dämpfe in demselben Moment durch die
                              freigewordene Wärme außerordentlich ausgedehnt werden. Die durch die Verbrennung des
                              Pulvers frei werdenden Gasarten sind nach Ingenhoußen's
                              und Rumford's Versuchen hinreichend bekannt, nicht aber
                              der Siz der Wärmequelle, aus welcher selbst durch das kleinste Fünkchen plözlich die
                              ungeheure Menge von Wärme hervorbricht, welche fast in einem Augenblik eine große
                              Menge Pulver in Dämpfe und Gasarten auch dann zu verflüchtigen vermag, wenn das
                              Pulver unter Wasser. in verschlossenen Gefäßen entzündet wird.
                           Bevor man also die Kraft des Pulvers ermitteln kann, hat man den Siz der Wärmequelle
                              im Schießpulver zu suchen, welche bei den bewundernswürdigen Wirkungen des
                              Schießpulvers eine so große, aber bis jezt noch nicht hinreichend bekannte Rolle
                              spielt.
                           Um den Siz dieser Wärmequelle im Schießpulver zu ermitteln, ist es nothwendig, die
                              chemische Natur desselben zu untersuchen, hauptsächlich in Beziehung auf seine
                              elektrischen Eigenschaften; weil nach Berzelius der
                              Verbrennungsproceß überhaupt, und somit auch der Detonationsproceß des
                              Schießpulvers, Wirkung der rege gewordenen entgegengesezten Elektricitätsarten des Sauerstoffs
                              einerseits und des verbrennbaren Körpers andererseits ist.
                           Nach der allgemein angenommenen Theorie der Elektricität besizen die Naturkörper
                              verschiedene Arten von Elektricität, entweder positive oder negative; und Körper,
                              die gleiche Art von Elektricität besizen, stoßen einander zurük, dagegen äußern
                              Körper, welche entgegengesezte Art von Elektricität besizen, gegenseitige Anziehung.
                              Da nun nach Berzelius die chemische Anziehung mit der
                              elektrischen Anziehung identisch (ähnlich) ist, und nach Gmelin eine chemische Elektricität anerkannt wird, so müssen auch Körper,
                              welche entgegengesezte Art von Elektricität besizen, wenn sie miteinander in
                              Berührung gebracht werden, durch das Bestreben des elektrischen Fluidums sich stets
                              ins Gleichgewicht zu sezen, einander nicht nur elektrisch, sondern auch chemisch
                              anziehen oder verbinden, sobald die Elektricität der Körper durch eine mechanische
                              Kraft, hauptsächlich durch Reibung erregt wird, wie es bei der Verfertigung des
                              Pulvers der Fall ist; was sich dadurch bestätigt, daß das Schießpulver, obgleich der
                              darin enthaltene Schwefel ein Nichtleiter der Elektricität ist, dennoch von dem
                              durch Reiben elektrisch gemachten Schwefel und Siegellak, im gepulverten und
                              gekörnten Zustande nicht nur angezogen, sondern auch gegen Regen und Wind geschüzt,
                              unter dem Wechsel der Temperatur stets fest gehalten wird.
                           Auf diese Theorie scheint auch die Verfertigung des Schießpulvers nach Congreve dem Sohne (man sehe mein technisches Handbuch
                              1ste Abtheilung des 2ten Theils Seite 110) gegründet zu seyn, indem nach dessen
                              Verfahrungsart die Pulvermasse ohne Zusaz von Wasser Consistenz erhält und gekörnt
                              wird. Hier ist unverkennbar nur allein die elektrochemische Affinität der
                              Bestandtheile des Pulvers, welche durch die Reibung und Compression in Thätigkeit
                              versezt wird, das Bindungsmittel; daher kann auch die Entzündung des Pulversazes
                              während der Verfertigung des Pulvers mehr der durch Reibung zu sehr erregten
                              Elektricität als andern Ursachen zugeschrieben werden.
                           Bei der Bereitung des Schießpulvers findet also Neutralisirung der entgegengesezten
                              Elektricitäten statt. Berüksichtigt man nun noch, daß die Bestandtheile des
                              Schießpulvers paarweise gegen einander gestellt, chemische Affinität gegen einander
                              äußern, und zwar der Schwefel zur Kohle und zum Kali des Salpeters, zum Stikstoff
                              und zum Sauerstoff der Salpetersäure des Salpeters, so erscheint das Schießpulver um
                              so mehr nach obigen elektrischen Erscheinungen und der entwikelten chemischen
                              Affinität der Bestandtheile desselben, als eine durch elektrische und chemische
                              Affinität gebundene homogene Masse.
                           
                           Will man auch annehmen, daß chemische Verbindungen nur zwischen den Atomen der Stoffe
                              vor sich gehen, und daß starre Körper selbst bei der größten Sorgfalt, sie in Staub
                              zu verwandeln, nie bis zur Trennung ihrer Atome zu zertheilen sind: so wird doch
                              eine Bedingung zur chemischen Verbindung mehrerer Stoffe, bei der Bereitung des
                              Schießpulvers in den bestehenden Stampf- und Walzwerken, durch die mit dieser
                              Bereitungsart verbundenen Anfeuchtungen des Pulversazes und dadurch entstehende
                              theilweise Lösung des Salpeters erfüllt.
                           Daß das Schießpulver eine durch Affinität gebundene homogene Masse ist, beweisen auch
                              die Versuche von Munke in seiner Abhandlung über das
                              Schießpulver, Marburg 1817, nach welchen das Schießpulver in einer luftleeren
                              Barometerröhre durch schnelle Erhizung ohne alle Explosion in seine Bestandtheile
                              zerlegt wird.
                           Dieser Erfolg ist auf die Erfahrung gegründet, daß alle Körper im leeren Raume durch
                              Erhizung nicht-elektrisch gemacht werden können; hier wird also aus dem
                              Schießpulver die Elektricität absentirt, ohne von einer entgegengesezten
                              Elektricität angezogen zu werden; somit äußert denn auch die Luft, obgleich
                              Nichtleiter der Elektricität, auf die elektrische Flüssigkeit der Körper einen
                              wesentlichen Einfluß.
                           Wäre das Schießpulver keine durch Affinität gebundene homogene Masse, sondern, wie
                              zur Zeit allgemein angenommen, ein mechanisches, nur allein durch Adhäsion
                              verbundenes Gemeng, so müßte, wenn solches so fein gekleint würde, als die
                              Bestandtheile desselben vor ihrer Vermengung einzeln gekleint waren, der Salpeter
                              durch die Auflösung und der Schwefel und die Kohle durch die Verschiedenheit ihres
                              specifischen Gewichts geschieden werden; dieses ist aber nicht der Fall, weil die
                              Kohle mit dem Schwefel, wenn das Schießpulver in Wasser gebracht wird, zu Boden
                              fällt; angenommen, daß hier die Kohle, als ein sehr poröser Körper, in diesen sehr
                              kleinen Theilen den Haarröhrchen ähnlich Wasser aufnimmt und so zu Boden gezogen
                              wird, so sollte die Kohle doch nach der Auflösung des Salpeters, durch Schlämmen,
                              von dem Schwefel wenigstens zum Theil geschieden werden können; allein dieses ist
                              mir nicht gelungen; hierauf ließ ich gleiche Theile möglichst fein gekleinte Kohle
                              und Schwefel auf einem Brett einige Stunden durch Reiben im trokenen Zustande
                              möglichst gut mengen und dann dieses Gemenge durch das feinste Haarsieb 3 Schuh hoch
                              in ein mit destillirtem Wasser gefülltes Gefäß unter starkem Luftzug fallen. In
                              dieser Fallhöhe und in diesem Luftzuge hätten sich die Schwefeltheile von den
                              Kohlentheilen wegen der größern specifischen Schwere des Schwefels nothwendig
                              trennen sollen, was aber nicht erfolgte. Das Resultat dieses Versuchs beweist also,
                              daß die so erzeugte
                              Masse kein Gemeng, sondern eine homogene, durch elektrische Affinität gebundene
                              Masse ist, was noch mehr daraus hervorgeht, daß auch diese Masse ein Leiter der
                              Elektricität ist, indem solche von Schwefel und Siegellak, durch Reiben elektrisch
                              gemacht, nicht nur angezogen, sondern auch, gegen Regen und Wind gesichert, unter
                              dem Wechsel der Temperatur festgehalten wird. Auffallend aber ist die Erscheinung,
                              daß der möglichst fein gekleinte Schwefel durch seine Adhäsion, die er gegen alle
                              Körper äußert, im reinen Zustande, so wie in obiger Masse, aus gleichen Theilen
                              Schwefel und Kohle bestehend, auch vom Wasser getragen wird; aus diesen
                              Erscheinungen könnte gefolgert werden, daß obige Masse, aus Kohle und Schwefel
                              bestehend, nur durch Adhäsion gebunden sey, weil die Adhäsionskraft der Körper mit
                              der vergrößerten Berührungsfläche zunimmt, und daher die Trennung sehr
                              verkleinerter, nach der größtmöglichen Oberfläche sich berührender Körper aus ihrer
                              Mengung schwer hält und das Recht der specifischen Schwere für sie geltend zu machen
                              eben so schwierig ist, als bei den Flüssigkeiten in den Capillargefäßen.
                           Da nun aber das Schießpulver, in ein mit Wasser gefülltes Gefäß gebracht, im
                              gekörnten so wie im gepulverten Zustande zu Boden fällt, so wird im Schießpulver
                              durch den Zutritt des Salpeters die Adhäsionskraft des Schwefels und der Kohle zum
                              Wasser aufgehoben, ohne eine Aenderung in der elektrischen Eigenschaft der Kohle in
                              Vereinigung mit dem Schwefel hervorzubringen; somit wird wiederholt bestätigt, daß
                              das Schießpulver eine durch elektrische Affinität gebundene homogene Masse ist, und
                              es sollte denn auch der Salpeter in irgend einer elektrischen Anziehung zu den
                              übrigen Bestandtheilen des Schießpulvers stehen.
                           Die Ursache, daß sich nach einer allgemeinen Aussage der Pulverfabrikanten der
                              Pulversaz während der Verfertigung des Pulvers bei feuchter Atmosphäre nicht so
                              leicht ballen läßt, oder nicht so leicht Consistenz annehmen will, wie bei einer
                              trokenen Atmosphäre, ist daher in der wenigeren Thätigkeit, welche das elektrische
                              Fluidum in feuchter als in trokener Atmosphäre äußert, hauptsächlich gegründet. Aus
                              diesen Gründen wird denn auch dasjenige Pulver, welches bei einer feuchten Luft
                              verfertigt wurde, weniger haltbar seyn, und einer geringeren Wirkung, als dasjenige
                              von gleichem Mischungsverhältnisse und gleicher Qualität der Bestandtheile, welches
                              bei trokener Luft verfertigt wurde, entsprechen.
                           Wenn das Schießpulver im leeren Raume durch Erhizung in seine Bestandtheile zerlegt,
                              durch die Verbrennung in der Atmosphäre aber zersezt wird, so kann wohl daraus
                              gefolgert werden, daß im leeren Raume die im Schießpulver enthaltene Elektricität
                              durch die Erhizung, ohne
                              von einer entgegengesezten Elektricität entbunden zu werden, absentirt wird, wodurch
                              die Affinität der Bestandtheile des Schießpulvers aufgehoben wird und solche zerlegt
                              werden.
                           Da aber in einem eingeschlossenen Raume, unter Zutritt der Atmosphäre die im
                              Schießpulver enthaltene Elektricität durch die Entzündung desselben in Thätigkeit
                              versezt, unter Donner ähnlichem Knall die Bestandtheile des Pulvers zersezt und in
                              Gasarten und Dämpfe verflüchtigt, dadurch strahlende Wärme erzeugt, welche von der
                              polirten Wand der Geschüzbohrung zurükgeworfen, den großen Grad der Intensität der
                              Hize hervorbringt, durch welchen in einem Moment eine große Menge Pulver in Dämpfe
                              und Gasarten verflüchtigt wird: so ist auch anzunehmen, daß die Kraft des Pulvers in
                              dem Verhältniß zunimmt, als der Druk der Atmosphäre sich vermehrt und die Dichtheit
                              derselben sich vermindert, oder auch, daß die Kraft des Pulvers unter gleichem Druk
                              der Atmosphäre in dem Verhältniß zunimmt, als die Dichtheit derselben abnimmt; oder
                              auch, daß die Kraft des Pulvers bei gleicher Dichtheit der Atmosphäre und Vermehrung
                              des Druks derselben zunimmt. Dieses Gesez dürfte die hier folgenden Resultate von
                              Versuchen bestätigen, welche dießfalls im Kleinen mit einer gezahnten
                              Stangenmaschine angestellt wurden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 347
                              Stand des; Barometers; Thermometers; Hygrometers;
                                 Dichtheit der Luft; Druk der Luft auf 1 franz. Quadratzoll Grundfläche in
                                 Pariser Pfund; Hat auf der Stangen-Maschine geschlagen: Grade;
                                 Mittelzahlen von 10 Schuß
                              
                           Das Pulver zu diesen Versuchen war immer in gleichem Locale aufbewahrt: die Ladung
                              à 54,3 Gran wurde jedesmal genau gewogen.
                           Wenn von den hier aufgezeichneten Resultaten der Versuche einige dem auf den
                              entwikelten Einfluß der Atmosphäre auf die Kraft des Pulvers gegründeten Gesez nicht
                              vollkommen entsprechen, so ist dabei zu berüksichtigen, daß zur Zeit kein auf
                              mathematische Calculationen gegründetes Gesez, ohne Abweichungen zu gestatten, besteht; und deßhalb von
                              einem Gesez, welches nur allein durch physikalische Versuche bestätigt werden kann,
                              um so mehr Abweichungen zulässig sind.
                           Die bewiesene elektrische Affinität des Schwefels zur Kohle, so wie, daß die in der
                              Atmosphäre enthaltene Elektricität einen wesentlichen Einfluß auf den zu
                              verbrennenden Körper, mithin auch auf die Verbrennung und Wirkung des Pulvers
                              äußert, dürfte hinreichend seyn, eine wissenschaftlichere Ansicht von der
                              Zusammensezung und Verfertigung des Schießpulvers, so wie von der Verbrennung und
                              Wirkung desselben, als die bisherige Theorie desselben zu begründen.
                           Daß aus dem Schießpulver durch den Zutritt des Feuers und der Atmosphäre strahlende
                              Wärme erzeugt wird, geht daraus hervor, daß Pulverkörner vereinzelt gelegt, durch
                              die Entzündung eines einzigen Korns entzündet werden.
                           Daß in dem Moment der Entzündung einer Geschüzladung die freigewordene Wärme von der
                              Wand der Geschüzbohrung zurükgeworfen, die Intensität der Hize des aus dem
                              Schießpulver entwikelten Fluidums vermehrt wird, geht daraus hervor, daß eine
                              gleiche Menge Pulver in nicht eingeschlossenem Raum nicht nur nicht vollkommen,
                              sondern auch mit einer viel geringern Kraft explodirt, als in einem geschlossenen
                              Raum dieses der Fall ist; und daß in dem Verhältniß eine Geschüzladung vollkommener
                              explodirt und eine größere Wirkung äußert, als die die Ladung einschließende Materie
                              ein geringerer Wärme- und Elektricitätsleiter ist.
                           Die hier folgenden Resultate der Schießübungen der württembergischen Artillerie und
                              dießfalls angestellter Versuche bestätigen dieses hinreichend.
                           In dieser Artillerie wurde bei den Uebungen mit Mörsern die Ladung zum Theil in
                              Hülsen von Papier und zum Theil lose in die Kammer des Mörsers gebracht.
                           Ein 10pfündiger Mörser von Bronze mit cylindrischer Kammer und Borkenstein'schem Bombenlager gab in den Monaten September und Oktober
                              1825, 1826 und 1827 folgende Resultate, welche die Mittelzahlen von 5 bis 10 Würfen
                              enthalten.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 349
                              Ladung Lothe; Elevation
                                 Grade; Die Ladung lose in die Kammer 1825. Wurfweite in Schritten; Ladung in
                                 Papierhülfen in die Kammer; 1826; 1827; Wurfweite in Schritten; Das Pulver warf
                                 aus dem Probirmörser die 60pfündige massive Kugel mit 8 Loth Ladung
                                 württembergische Fuß
                              
                           Versuche, welche in dieser Beziehung am 19. und 20. Oktober 1829 auf dem
                              Artillerie-Schießplaz bei Gmünd mit einer bronzenen, 18 Kaliber langen
                              6pfündner Kanone angestellt wurden, gaben folgendes Resultat und haben also auch bei
                              quantitativ-stärkern Ladungen den Einfluß bestätigt, welchen die Umhüllung
                              der Ladung auf die Kraftäußerung des Schießpulvers hat. Der Kernwinkel des Rohrs ist
                              58,13''.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 349
                              Witterung; Ladung; Höhenrichtung; Relative Dichtheit der Luft; Mittlerer Drukt
                                 der Atmosphäre auf 1 Quadrzoll. Par. Maaß Grundfläche in franz. Pfd; Mittlere
                                 Schußweite von 8 Schuß in Fuß; Heiter und leichter Südwind; Die Kanone war mit 1
                                 1/2 Pfund losem Pulver mittelst einer Ladschaufel geladen; auf das Pulver und
                                 auf die Kugel wurde je ein Strohvorschlag gelegt; Anfangs; Die Ladung befand
                                 sich in einem Beutel von Patronenzeug; auf dieselbe und auf die Kugel kam je ein
                                 Strohvorschlag
                              
                           
                           Ein Versuch mit einem 10pfündigen Mörser von Bronze, den 3. September 1828
                              Nachmittags, bei heiterer, windstiller Witterung, gab das hier folgende
                              Resultat:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 350
                              Ladung. Lothe; Elevation. Grade;
                                 Ladung lose in die Kammer; Nr. des Wurfs; Wurfweite in Schritt; Mittelzahl;
                                 Ladung in Papierhülsen in die Kammer; Nr. des Wurfs; Wurfweite in Schritt;
                                 Mittelzahl
                              
                           Um zu erforschen, ob dieser Einfluß der Wärmeleitungsfähigkeit der Bronze auf die
                              Kraftäußerung des Pulvers auch bei dem Eisen sich bemerkbar zeige, das nach Becquerel's Versuchen ein um 75 geringerer Wärme-
                              und Elektricitätsleiter als das Kupfer ist, wenn die
                              Elektricitäts-Leitungsfähigkeit des Kupfers durch 100 ausgedrükt wird, wurde
                              der hier folgende Versuch mit der Stangenmaschine und dazu gehörigen eisernen
                              Mörserchen angestellt; die Ladung á 1 Quent
                              Pulver wurde jedesmal gewogen.
                           Ohne Papierhülse schlug das Pulver im Mittel von 6 Schuß 74, in Papierhülse 78 Grad;
                              ohne Papierhülsen zeigte sich in dem Mörser nach jedem Schuß ein Pulverrükstand.
                           In den Papierhülsen zeigte sich kein Rükstand, der Boden derselben blieb ganz, die
                              Seitenwand der Hülse wurde zerrissen.
                           Obgleich das Eisen, wie angezeigt, ein viel geringerer Wärme- und
                              Elektricitätsleiter als die Bronze ist, so hat doch auch dieser Versuch den aus der
                              Wärme- und Elektricitäts-Leitungsfähigkeit der Metalle hergeleiteten
                              Einfluß der Wärmeabsorption auf die Kraftäußerung des Schießpulvers bestätigt.
                           Zu einer weitern Prüfung dieser Theorie wurde den 17. Junius 1829 ein Versuch mit
                              einem Probirmörser von Bronze mit 8 Loth Ladung, 45° Elevation und einer 64
                              Pfd. 19 Loth schweren massiven bronzenen Kugel, bei einer Dichtheit der Atmosphäre
                              von = 0,001172 und unter einem Druk derselben von = 15,04613 angestellt; ohne
                              Papierhülse erhielt man mit Musketenpulver eine mittlere Wurfweite aus 4 Wurf von
                              1235,75 Schuh – mit Kanonenpulver von 1273 Schuh – und in der
                              Papierhülse mit Musketenpulver aus 4 Wurf mittlere Weite von 1317,75 Schuh.
                           Da das Resultat dieses Versuchs das Resultat der Schießübungen bestätigt, und nach
                              dem Resultat der lezten Versuche die Form und Lage der Oberfläche, so wie die veränderte Form der Ladung
                              durch Umhüllung auf die Kraftäußerung derselben keinen Einfluß äußert, so geht auch
                              aus der Wärmeleitungsfähigkeit der Metalle ein Gesez hervor, nach welchem eine
                              Geschüzladung bei mittlerer Temperatur in dem Verhältniß eine geringere Kraft
                              äußert, als das Metall des Geschüzrohrs mehr Wärmeleitungsfähigkeit besizt.
                           Bei den Resultaten von Versuchen S. 349 und 350 nahm durch das Einschütten des
                              Pulvers in die Kammer des Mörsers die Oberfläche der Ladung, welche gegen das
                              Projectil zu liegt, eine elliptische Form an; dagegen lag die Oberfläche der in
                              einer Papierhülse befindlichen Ladung, da sie auch mit Papier bedekt war, senkrecht
                              auf der Achse des Mörsers; demzufolge wurden zur Untersuchung: welchen Einfluß diese
                              und die kreisförmige Figur der Oberfläche der Ladung auf die Wirkung des Pulvers
                              habe, folgende Versuche angestellt:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 351
                              Monat und Tag; Witterung; Die
                                 Ladung befand sich; Dichtheit; Druk; der Atmosphäre; Mittlere Wurfweite aus 4
                                 Wurf in Fuß; 8. Septbr; ziemlich starker Regen; lose in der Kammer des Mörsers
                                 und war mit einer runden Scheibe u. Zinnfolie bedekt, die senkrecht auf der
                                 Achse des Mörsers stand; 10. Septbr; etwas wolkicht, abwechselnd Sonnenschein,
                                 leichter Wind; lose in der Kammer des Mörsers, die vordere Fläche der Ladung
                                 schief auf die Seelenachse, machte mit derselben in Form einer Ellipse einen
                                 Winkel von 60–65°; auf dieselbe wurde eine Scheibe von Zinnfolie
                                 gelegt
                              
                           Elevation des Moͤrsers 45°
                           Um nun zu erforschen, ob nicht in der Umhüllung der Ladung mit Papier oder wollenem
                              Patronenzeug und der damit verbundenen veränderten Form der Ladung die größere
                              Wirkung des Pulvers ihren Grund habe, wurde den 30. September 1829 die Ladung mit
                              Zinnfolie umgeben, und zwar so, daß die Hülse von Zinnfolie wie die Hülse von Papier
                              genau in die Kammer des Mörsers paßte, und man erhielt eine mittlere Wurfweite aus 4
                              Wurf
                           
                           
                              
                                 mit Kanonenpulver
                                 1235 Fuß.
                                 
                              
                                 bei einer Dichtheit der Atmosphäre
                                 0,001177
                                 
                              
                                 bei einem Druk derselben
                                 15,0274
                                 
                              
                                 der Hygrometer zeigte
                                 55 Grade.
                                 
                              
                           Bei Vergleichung der Wirkung des Schießpulvers mit dem Probirmörser bei gleicher
                              Dichtheit und unter gleichem Druk der Atmosphäre findet man, daß die Wurfweiten
                              nicht, wie es der Theorie nach seyn sollte, gleich, sondern vielmehr oft verschieden
                              von einander sind.
                           So war am 17. Junius 1829 bei einem Versuch mit dem Probirmörser die Wurfweite 1273
                              Fuß; die Dichtheit der Luft war 0,001175; der Druk derselben 15,04613, und der
                              Hygrometer zeigte 60° bei windstiller Witterung; bei einem weitern Versuch am
                              30. Jun. Vormittags desselben Jahres erhielt man bei einer Dichtheit der Atmosphäre
                              von 0,001173, einem Druk derselben von 15,01843 und einem Hygrometerstand von
                              44° nur eine Wurfweite von 1226 Fuß bei leichtem Westwind.
                           Bei den weitern Versuchen den 30. Junius 1829 Nachmittags bei einer:
                           
                              
                                 Dichtheit der Luft.
                                 Druk derselben.
                                 Hygrometerstand.
                                 Wurfweite von
                                 
                              
                                     
                                    0,001160
                                     14,98947
                                       
                                    37,75°
                                     1224 Fuß
                                 
                              
                                     
                                    0,001162
                                     14,99327
                                       
                                    38°
                                     1220  
                                    –
                                 
                              
                                     
                                    0,001160
                                     14,99102
                                       
                                    37,75°
                                     1212  
                                    –
                                 
                              
                           bei windstiller Witterung.
                           Wenn nun hier die geringere Wurfweite bei dem Versuch am 30. Junius gegen die am 17.
                              Jun. 1829 dem bei dem Versuch am 30. Jun. stattgehabten leichtern Westwinde, so wie
                              dem Hygrometerstand zugeschrieben werden wollte, so zeigten sich doch bei den
                              weitern Versuchen am 30. Jun. 1829 Nachmittags unter scheinbar gleichen Umständen
                              immer noch Differenzen in den Wurfweiten, die unbestreitbar noch andern, als den
                              angeführten Umständen zugeschrieben werden könnten, wenn sie nicht bei den einzelnen
                              Würfen, welche unter gleichen Umständen geschahen, größere Differenzen in den
                              Wurfweiten gezeigt hätten, was das beigelegte über die Versuche geführte Protokoll
                              mehrfältig bestätigt. Obgleich solche Differenzen der Wurfweiten einzelner Würfe,
                              die unter scheinbar gleichen Umständen geschahen, in der Zündungsart der Ladung, die
                              mit Stoppinen einmal mehr, das anderemal weniger momentan erfolgte, ihren Grund
                              haben können, so müssen dennoch nach allen Resultaten der angeführten Versuche, noch
                              andere als diese bekannten Umstände vorhanden seyn, welche auf die Kraftäußerung des
                              Pulvers Einfluß haben; worin aber dieselben bestehen und wie sie sich äußern, ist
                              eine Aufgabe, die nicht leicht zu lösen seyn wird. Ohne Zweifel wird die Elektricität der Atmosphäre keine
                              geringe Rolle dabei spielen; denn es ist bei dem beständigen Wechsel der Art und
                              Intensität der Luftelektricität nicht wohl anzunehmen, daß sie bei verschiedener Art
                              und Stärke bei Verbrennung der Pulverladung und der Gasbildung immer eine und
                              dieselbe Wirkung hervorbringe. Weitere Versuche mit Hülfe des Bohnenberg'schen Elektrometers und Beobachtung der angeführten Umstände
                              werden auch hierüber belehrende Auskunft geben.
                           Obgleich die dem Schießpulver beigemischte Kohle hygroskopische Eigenschaft besizt,
                              so ist solche doch zu unbedeutend, um auf das Pulver, in welchem die Kohle in einem
                              geringen Verhältniß enthalten ist, einen bemerkbaren Einfluß äußern zu können, wie
                              aus den hier folgenden Resultaten von Versuchen hervorgeht, welche in Beziehung auf
                              die Feuchtigkeitsanziehung der Kohle durch hannover'sche Hüttenbeamte angestellt
                              wurden, nach welchen:
                           
                              
                                 die Birkenkohle,eingewogen den
                                     die
                                    Fichtenbaumkohle,
                                           die
                                    Stuͤkenkohle,
                                 
                              
                                 1. Okt.  1818,
                                 100    Pfd.
                                 21. April 1819,
                                 75    Pfd.
                                 16. Jul. 1818,
                                 105    Pfd.
                                 
                              
                                 5. Maͤrz  
                                    –
                                 102 1/2 –
                                 14. Sept.   –
                                 80 1/2 –
                                 4. Aug.    –
                                 105      –
                                 
                              
                                 28. Jan. 1819,
                                 104      –
                                 1. Oktbr.   –
                                 80 1/2 –
                                 11. Sept.  –
                                 105      –
                                 
                              
                                 12. Maͤrz –
                                 104      –
                                 4. Febr. 1820,
                                 81 1/2 –
                                 1. Oktbr.  –
                                 105      –
                                 
                              
                                 21. April   –
                                 104      –
                                 
                                 
                                 21. April 1819,
                                 105      –
                                 
                              
                                 14. Sept.  –
                                 105      –
                                 
                                 
                                 1. Oktbr.  –
                                 110      –
                                 
                              
                                 1.
                                    Okt.     –
                                 105      –
                                 
                                 
                                 4. Febr. 1820,
                                 112 1/2 –
                                 
                              
                                 4. Feb. 1820,
                                 106      –
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 im Ganzen vonder
                                    AtmosphaͤreFeuchtigkeit anzog
                                 6 Pfd.
                                 
                                 6 1/2 Pfd.
                                 
                                 7 1/2 Pfd.
                                 
                              
                           In Betracht nun, daß die hygroskopische Eigenschaft der Körper auf die Theorie der
                              Haarröhrchen gegründet ist und die Porosität der Kohle im Schießpulver durch die
                              gegenseitige Anziehung der Bestandtheile desselben zum Theil aufgehoben wird, so
                              kann auch die Feuchtigkeit der Atmosphäre auf die in einem geschlossenen Wagen, so
                              wie in einem Magazin in Kisten gepakt aufbewahrte laborirte Munition, auf die
                              Kraftäußerung der Ladung keinen bemerkbaren Einfluß äußern, wohl aber wird das
                              Pulver sowohl in einem Magazin als im Freien der Einwirkung der Atmosphäre
                              ausgesezt, in dem Verhältnis Feuchtigkeit aufnehmen, als die Atmosphäre Feuchtigkeit
                              enthält; was auch aus dem hier folgenden Resultate eines dießfalls angestellten
                              Versuchs hervorgeht. Zu diesem Versuche wurden den 23. Jun. 1828 je 875 Gran
                              möglichst über Kohlenfeuer getroknetes Pulver in eine papierne Schachtel, deren
                              Grundfläche ein Quadrat von 4 Zoll Seite bildete, geschüttet, und diese in
                              verschiedene Aufbewahrungsorte gebracht Von diesem Pulver wurde in jeder Schachtel eine Fläche von
                              16 Quadratzoll mit der Luft in Berührung gebracht.
                           Den 26. Junius 1829 wurde das Pulver wieder zurükgenommen und gewogen, das Resultat
                              folgt hier:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 354
                              Benennung des Locals der
                                 Aufbewahrung; Gewicht des Pulvers, nachdem es 3 Tage in dem betreffenden Locale
                                 war; Gewicht der absorbirten Feuchtigkeit in Gran; Hat, 875 Gran zur Einheit
                                 angenommen, Feuchtigkeit angezogen; Hygrometerstand; Muskt.; Kanon.; Gran;
                                 Kanonen; Grade; Laboratorium; Magazin Nr. 1; Altes Pulvermagaz.;
                                 Arsenalkeller
                              
                           Um nun zu erforschen, welchen Einfluß diese absorbirte Feuchtigkeit auf die
                              Kraftäußerung des Pulvers ausübe, geschahen mit dem Kanonenpulver aus jedem Locale 4
                              Würfe mit dem Probirmörser, und man erhielt folgende Resultate:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 354
                              Pulversorte; Hatte seines Gewichts Feuchtigkeit
                                 absorbirt; Atmosphäre; Dichtheit; Druk; Der Hygrometer zeigte; Mittlere
                                 Wurfweite von 4 Würfen, in Fuß; Aus dem Keller; Alten Magazin; Magazin Nr. 1;
                                 Aus dem Laboratorium
                              
                           Hieraus geht hervor, daß selbst laborirte Munition sowohl im Magazin als im Wagen und
                              in der Patrontasche des Infanteristen nur gegen den Zutritt der Atmosphäre möglichst
                              geschüzt gut erhalten werden kann, weil das wollene Patronenzeug so wie das Papier
                              hygrometrische Eigenschaft besizt.
                           Nach Resultaten dießfallsiger Versuche des königl. bayerischen Geheimen Hofraths v.
                              Nau mit dem zu den außerordentlichen
                              Artillerie-Versuchen bei Mainz 1828 gebrauchten, und dem königl. preußischen
                              Pulver, ergab sich, daß das Stükpulver der Festung Mainz in 3 Tagen, das preußische
                              hingegen in 8 Tagen seine höchste Gewichtszunahme im Keller erhalten hatte, und
                              zwar:
                           
                              
                                 das Kilogramm Mainzer
                                    Stuͤkpulver
                                 38 3/4 Gran
                                 
                              
                                 
                                    –          –            
                                    –       Feinpulver
                                 31 1/2   –
                                 
                              
                                 
                                    –          –    preußische
                                    Grobpulver
                                 39 1/2   –
                                 
                              
                                 
                                    –          –            –        Feinpulver
                                 31 1/2   –
                                 
                              
                           zugenommen hatte.
                           Dieselben Versuche haben auch gezeigt, daß das Pulver in freier Luft von der
                              Feuchtigkeit derselben schneller als im Keller angegriffen wird.
                           Dieser geringe Grad von Absorbirung der Feuchtigkeit des mit der Atmosphäre in
                              Berührung gesezten Pulvers wird hinreichend zur Ueberzeugung führen, daß eine in
                              gewöhnlichem Patronenzeug befindliche Geschüzladung, welche überdieß mit Werg
                              umgeben, in einem gegen das Eindringen von Wasser gesicherten Wagen gepakt, von der
                              Atmosphäre keine Feuchtigkeit aufnehmen wird. Wenn das Pulver also in feuchter
                              Atmosphäre einer geringeren Wirkung als in trokener entspricht, so liegt die Ursache
                              nicht darin, daß das Pulver die Feuchtigkeit der Atmosphäre angezogen hat, sondern
                              darin, daß der Druk der Atmosphäre sich vermindert und die Dichtheit der Atmosphäre
                              sich vermehrt hat, oder auch entgegengesezt; ferner auch darin, daß die Verbrennung
                              der Ladung dadurch successiver erfolgt, daß in feuchter Atmosphäre das elektrische
                              Fluidum weniger befördernd auf den Verbrennungsproceß wirksam ist, wie aus der
                              Zusammenstellung der hier folgenden in dieser Beziehung mit dem Probirmörser
                              angestellten Versuche hervorgeht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 355
                              Monat und Tag; Witterung; Dichtheit der Atmosphäre; Druk der
                                 Atmosphäre; Mittlere Wurfweite von 4 Würfen in Scuh; 7. Jul.; Anfänglich
                                 wolkicht, mit abwechselndem Westwind und dann heiter und troken; 27. Jan.; Sehr
                                 heiter und troken, es wehte schwach Südwestwind; 17. Jun.; Abwechselnd starken
                                 Regen und Westwind; 8. Sept. Windstill, etwas wolkicht, abwechseln
                                 Sonnenschein
                              
                           
                           Zu diesen Versuchen verwendete man von dem den 9. Jun. 1829 eingelieferten
                              Kanonenpulver aus dem Magazin Nr. 1. Die Ladung wog 8 Loth.
                           Das Resultat dieser Versuche bestätigt sehr näherungsweise das früher entwikelte
                              Gesez, nach welchem die Kraft des Pulvers in dem Verhältniß zunimmt, als der Druk
                              der Atmosphäre zunimmt und die Dichtheit derselben abnimmt, oder daß die Kraft des
                              Pulvers unter gleichem Druk der Atmosphäre in dem Verhältniß zunimmt, als die
                              Dichtheit derselben abnimmt; so hat z.B. bei dem Versuch den 17. Jun. die Dichtheit
                              der Atmosphäre abgenommen und der Druk derselben zugenommen, daher die größere
                              Wurfweite den 17. Jun. Bei dem Versuch den 27. Jun. hingegen war die Dichtheit der
                              Atmosphäre bemerkbar geringer als bei dem Versuch den 7. Jul.; der Druk der
                              Atmosphäre aber bei dem Versuch den 27. Jun. und 7. Jul. nicht sehr bemerkbar
                              verschieden, daher die größere Wurfweite bei dem Versuch den 27. Jun.
                           Eine noch weitere Bestätigung für dieses Gesez liefert das Resultat eines mittelst
                              einer Stangenmaschine mit Musketenpulver den 11. und 12. Jun. und 5 Jul. im Freien
                              und im Keller angestellten Versuchs.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 356
                              Monat und Tag; Witterung;
                                 Atmosphäre; Hat geschlagen im Mittel von 8 bis 10 Schüssen, Gr; Im Keller;
                                 Hygrometer-Grad; Im Freien; Hygrometer-Grad; Dichtheit; Druk; Die
                                 Ladung à 54 1/2 Gr lose in das Mörserchen
                                 gebracht; Die Ladung à 54 1/2 Gr. in einer
                                 Papierhülse; 12. Jun; 5. Jul; 11. Jun; Feucht; Heiter und troken
                              
                           Das Resultat des Versuchs vom 12. Jun. im Keller, verglichen mit dem vom 5. Jul. im
                              Keller, bestätigt, daß unter beinahe gleichem Druk der Atmosphäre mit Verminderung
                              der Dichtheit der Atmosphäre die Kraft des Pulvers zunimmt; das Resultat des
                              Versuchs vom 5. Jul. im Freien, verglichen mit dem vom 11. Jun. im Freien,
                              bestätigt, daß die Kraft des Pulvers, bei gleicher Dichtheit der Atmosphäre, mit
                              Vermehrung des Druks derselben zunimmt. Eine weitere Bestätigung dieses Gesezes
                              fordert unausgesezte Versuche, mit jedesmaliger Berüksichtigung des
                              Barometer-, Thermometer-, Hygrometer-, Elektrometer-,
                              Manometer- und Anemometerstandes.
                           Wenn nach Becquerel's Versuchen über die
                              Elektricitäts-Leitungsfähigkeit der Metalle das Eisen ein um 5/6 geringerer
                              Elektricitätsleiter als das Kupfer ist, und das Kupfer nach bekannten Erfahrungen in
                              einem um 5/6 geringeren Hizgrad als das Eisen schmilzt, so ist auch anzunehmen, daß
                              die Metalle in dem Verhältniß ihrer Schmelzbarkeit und Wärmeleitungsfähigkeit auch
                              Elektricitätsleiter sind; daher wird denn auch in einem eisernen Geschüzrohr dem
                              durch die Entzündung der Ladung freigewordenen Fluidum weniger Hize und
                              Elektricität, als in einem bronzenen Geschüzrohr entzogen, die Verbrennung einer
                              Pulverladung erfolgt also auch vollkommener in einem eisernen als in einem bronzenen
                              Geschüzrohr; daher denn auch der geringere Pulverrükstand in einem eisernen als in
                              einem bronzenen Geschüzrohr.
                           Bei einem Versuch, wo Schießpulver in gleicher Masse, von gleicher Qualität und
                              Oberfläche auf Platten von Messing, Eisen, Papier und wollenem Patronenzeug verpufft
                              wurde, zeigte sich, daß der Rükstand auf der Messingplatte am stärksten war, bei den
                              andern in der Ordnung: Eisen, Papier und Wollenzeug abnahm, und bei lezterm ganz
                              unbedeutend war.
                           Daraus erklärt sich auch einigermaßen die größere Gewißheit des Treffens mit eisernen
                              gegen bronzene Geschüze; vorausgesezt, daß die eisernen Geschüze nicht mit einem
                              schwarzen Oehlfirniß überzogen sind, oder, wenn solche nach dem Guß nicht abgedreht
                              werden sollen, nicht in einer mit Graphit ausgestrichenen Form gegossen sind, weil
                              die schwarze Farbe bekanntlich die Wärme in einem hohen Grab anzieht, und in
                              demselben Grad der nächsten Umgebung mittheilt, mithin auch bei dem Gebrauch
                              eiserner geschwärzter Geschüzröhre mit einer hohen Temperatur verkürzte Schußweiten
                              verbunden seyn müssen, weil das Pulvergas in dem Verhältniß weniger ausgedehnt wird,
                              als ihm Wärme durch das Metall des Geschüzrohrs entzogen wird.
                           Das hier folgende Resultat der Schießübungen der württembergischen Fußartillerie bei
                              mittlerer Temperatur im Jahr 1828 mit zwei Stük 6pfündner Kanonen für den Felddienst
                              von gleicher Schwere, wo das Rohr der einen Kanone von Bronze und das der andern von
                              Eisen gegossen ist, bestätigt wenigstens theilweise den Einfluß, welchen der Grad
                              der Wärmeleitungsfähigkeit der Metalle auf die Kraftäußerung des Pulvers ausübt.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 358
                              Eisernes Rohr Nr. 1; Bronzenes Rohr
                                 Nr. 27; Zahl der Schüsse; Entfernung in Schritten; Elevation Zoll über Visir und
                                 Korn; Reine Treffer in einer Kreisfläche von; Fuß Durchmesser
                              
                           Resultate vom Jahr 1829 mit 6pfündner Kanonen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 358
                              Eisernes Rohr Nr. 1; Bronzenes Rohr
                                 Nr. 49; Zahl der Schüsse; Entfernung in Schritten; Elevation in Zollen; Reine
                                 Treffer in einer Kreisfläche von; Fuß Durchmesser; über Metall
                              
                           
                           Dieser Erfolg bestätigt um so mehr das Seite 357 abgeleitete Gesez, nach welchem eine
                              Ladung in dem Verhältniß vollkommener explodirt und eine größere Kraft äußert, als
                              die Umhüllung derselben ein geringerer Wärme- und Elektricitätsleiter ist;
                              weil die nicht beröhrte Zündröhre des eisernen 6pfündner Rohrs um das Doppelte des
                              Raums seiner normalmäßigen Grundfläche sich erweitert hat, während die mit Kupfer
                              beröhrte Zündröhre des bronzenen 6pfündner Rohrs nach Beendigung der Uebung nur um
                              das Halbfache seiner normalmäßigen Grundfläche erweitert war.
                           Da nach den Resultaten der mitgetheilten Versuche das Pulver, in der Hülse von Papier
                              verbrannt, nicht nur keinen Rükstand hinterließ, sondern auch eine größere Kraft,
                              als das in Bronze oder Eisen verbrannte zeigte, so ist auch der Pulverrükstand in
                              den Geschüzen keine Folge davon, daß das Pulver durch die Verbrennung nicht
                              vollkommen zersezt werde, sondern daß das die Ladung umgebende Metall, in dem
                              Verhältniß aus dem Pulvergas Pulver sublimirt oder präcipitirt, als solches
                              Wärme- und Elektricitäts-Leitungs-Fähigkeit besizt.
                           In Betracht, daß die Metalle in dem Verhältniß mehr Wärme absorbiren und Elektricität
                              ableiten, als der Grad ihrer Erhizung zunimmt, wird es denn auch begreiflich, warum
                              die Schuß- und Wurfweiten in trokener, sehr heißer Atmosphäre, besonders wenn
                              das Geschüz der Einwirkung der Sonne ausgesezt ist, statt nach der entwikelten
                              Theorie unter vermehrtem Druk und verdünnter Atmosphäre zuzunehmen, abnahmen. Die
                              Resultate der hier folgenden, dießfalls mit dem Probirmörser angestellten Versuche
                              vom 7. Jul. 1829, bestätigen diesen Einfluß der Wärmeleitungsfähigkeit der Metalle
                              auf die Kraftäußerung des Pulvers.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 360
                              Kanonenpulver aus dem Magazin Nr. 1. Ladung 8 Loth;
                                 Nummer des Versuchs; Mittlere Weite von 4 Würfen in Schuh; Mittlerer Stand des;
                                 Barometers; Thermometers; Hygrometers; Atmosphäre; Dichtheit; Druk; Erwärmung
                                 des Metalls; Bei dem gebrauchten Mörser welcher von Außen mit Papier bekleidet
                                 war; Beim nicht gebrauchten Mörser ohne Verkleidung; Außen; Innen
                              
                           
                           Eben so bestätigte ein im Monat Oktober 1829 dießfalls mit einer 18 Kaliber langen,
                              bronzenen, 6pfündner Kanone angestellter Versuch, das dießfalls aus der Theorie
                              entwikelte Gesez.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 361
                              Datum; Witterung; Ladung;
                                 Höhenrichtung; Relative Dichtheit der Luft; Mittlerer Druk der Luft auf 1
                                 Pariser Zoll Grundfläche; Mittlere Schußweite von 8 Schüssen in Fuß; Temperatur
                                 des Mettals; Den 19 Oktbr; Den 20. Oktbr; Heiter, leichter Südwestwind; Die
                                 Kanone war mit 1 1/2 Pfd. losem Pulver geladen, auf dasselbe und auf die Kugel
                                 kam ein Strohvorschlag; 3/4 Zoll Aufs; Den 19. Oktbr; Den 20. Oktbr; Die Ladung
                                 befand sich in einem Patronensäkchen; auf dasselbe und auf die Kugel kam ein
                                 Strohvorschlag
                              
                           Aus dem Resultat dieses Versuchs geht die Bedingung hervor, daß man in stehenden
                              Gefechten je nach der Temperatur der Atmosphäre oder des der Einwirkung der
                              Sonnenstrahlen ausgesezten Geschüzrohrs, so wie nach 8–10 Schüssen den bei
                              mittlerer Temperatur ermittelten Normalaufsaz vergrößern oder verkleinern muß.
                           Von dem ersten bis dritten Versuch (vom 7. Jul. 1829) nehmen die Wurfweiten ab, wie
                              die Temperatur des Mörsers zunimmt, die je nach dem vierten Wurf beobachtet wurde.
                              Bei dem vierten Versuch, wo der Mörser durch Abkühlung wieder auf die
                              Normaltemperatur zurükgebracht wurde, nimmt die Wurfweite wieder zu, und nun von dem
                              fünften bis siebenten Versuch, mit Zunahme der Temperatur des Mörsers wieder ab.
                           Ein weiterer Versuch, welcher mit dem Probirmörser am 10. und 11. Sept. 1829
                              angestellt wurde, um zu erforschen, ob bei Erwärmung des Rohrs die Ursache der
                              verringerten Wirkung des Pulvers darin liege, daß bei höherer Temperatur des Metalls
                              dem Pulvergas mehr Wärme entzogen wird, oder ob sie in der durch die Ausdehnung des
                              Metalls hervorgebrachten Vergrößerung des Spielraums zu suchen sey: bestätigt
                              wiederholt, daß die Kraft einer Pulverladung in dem Verhältniß vermindert wird, als
                              das die Ladung umgebende Metall von dem Pulvergas mehr Wärme absorbirt, und daß die
                              mit Zunahme der Erwärmung eines Geschüzrohrs verbunden seyn sollende Vergrößerung
                              des Spielraums keine Verkürzung der Schuß- oder Wurfweiten zur Folge hat.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 362
                              Monat und Tag; Witterung; Die
                                 Ladung befand sich; Temperatur nach R; des Mörsers; der Kugel; Atmosphäre;
                                 Dichtheit; Druk; Mittlere Wurfweite von 3 Würfen in Fuß; 11. Sept; Regen; lose
                                 in der Kammer des Mörsers; 23 Sept; Wolkicht
                              
                           Elevation des Moͤrsers 45°
                           Würde nur allein die Luft, oder der in derselben enthaltene Sauerstoff, auf die
                              Verbrennung und Kraftäußerung des Pulvers Einfluß haben, so müßte eine Pulverladung
                              in dem Verhältniß eine geringere Kraft äußern, als die leeren Räume zwischen den
                              Pulverkörnern sich vermindern; allein dieses ist nach einem in meinem technischen
                              Handbuch für angehende Artilleristen, 2. Thl. erste Abtheil., S. 6 u. 7,
                              mitgetheilten Resultat dießfalls angestellter Versuche nicht der Fall.
                           Eine weitere Bestätigung, daß die leeren Räume zwischen den Pulverkörnern auf die
                              Kraftäußerung des Pulvers keinen Einfluß haben, liefert das Resultat des hier
                              folgenden Versuchs:
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 363
                              Tag und Monat; Witterung; Die
                                 Ladung befand sich; Atmosphäre; Dichtheit; Druk; Nr. des Wurfs; Wurfweite in
                                 Fuß; Mittlere Wurfweite in Fuß; 8. Sept.; Ziemlich starker Regen; lose in einem
                                 Patronensäkchen v. Wollenzeug, die Oberfläche mit gleichem Zeug bedekt, lag
                                 senkrecht auf der Achse des Mörsers; die Kammer war voll; 29. Sept.; Bedekter
                                 Himmel; in einem Patronensäkchen von Wollenzeug, die Ladung stark gebeutelt; die
                                 Oberfläche mit gleichem Zeug bedekt, lag senkrecht auf der Achse des Mörsers;
                                 der leere Raum in d. Kammer betrug 4 Linien
                              
                           Das Resultat dieser Versuche, verglichen mit dem vorher mitgetheilten Resultat eines
                              dießfalls angestellten Versuchs, bestätigt das S. 357 entwikelte Gesez, nach welchem
                              eine Ladung in dem Verhältniß vollkommener explodirt und eine größere Wirkung
                              äußert, als die Umhüllung der Ladung ein geringerer Wärme- und
                              Elektricitätsleiter ist. Bekanntlich ist die Wolle ein geringerer Wärme- und
                              Elektricitätsleiter als das Papier. Die um 36 Fuß geringere Wurfweite mit
                              gebeutelter Ladung, gegen die, wo das Pulver lose in dem Patronensäkchen sich
                              befand, vermindert sich, wenn beim ersten Versuch der von den übrigen zu sehr
                              abweichende Wurf Nr. 2 und bei dem folgenden Versuch aus gleichem Grunde der Wurf
                              Nr. 1 gestrichen wird; der noch bleibende Unterschied liegt theils in der vermehrten
                              Dichtheit der Atmosphäre, weil der Druk derselben sich nicht in gleichem
                              Verhältnisse vermehrte, und theils in dem leeren Raum, welcher durch das Beuteln der
                              Ladung in der Kammer entstand. Daß der mehr oder minder leere Raum zwischen der
                              Ladung und dem Projectil einen Einfluß auf die Wirkung der Ladung äußert, geht aus
                              den nun folgenden Resultaten von dießfalls angestellten Versuchen hervor.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 93, S. 364
                              Tag und Monat; Witterung; Die
                                 Ladung befand sich; Atmosphäre; Dichtheit; Druk; Mittlere Wurfweite von
                                 3–4 Würfen in Fuß; 10. Sept.; Heiter; in einer Papierhülse, die vordere
                                 Fläche senkrecht auf die Achse des Mörsers mit einer Scheibe v. starkem Papier
                                 bedekt; der leere Raum betrug 2 Linien; 11. Sept.; Anfänglich Sonnenschein spät.
                                 wolklicht; in einer Papierhülse, welche oben mit einer Scheibe von Pappendekel
                                 bedekt war; der leere Raum oberhalb betrug 1 Linie; 11. Sept.; Wolkicht; in
                                 einer Papierhülse vornen mit einer Scheibe von Pappendekel bedekt; an das Ende
                                 der Kammer wurden 2 Scheiben von Pappendekel gebracht, so daß die Kammer ganz
                                 angefüllt war
                              
                           Die außerordentliche und plözlich schnelle Ausdehnung der aus einer entzündeten
                              Geschüzladung entwikelten Gasarten beruht also hauptsächlich auf den bei der
                              Entzündung des Pulvers rege gewordenen entgegengesezten Elektricitätsarten des
                              Sauerstoffs der Atmosphäre einerseits und des Pulvers andererseits.
                           Wenn nach Resultaten von Versuchen, welche die französische Artillerie in Beziehung
                              auf das Mischungsverhältniß der Bestandtheile des Schießpulvers angestellt hat, ein
                              Schießpulver, nur aus Salpeter und Kohle verfertigt, in dem Verhältniß an Kraft
                              abnahm, als Kohle zugesezt wurde, unter allen Umständen aber eine geringere Kraft
                              äußerte, als ein Pulver aus Salpeter, Schwefel und Kohle verfertigt: so geht aus
                              diesen Versuchen unverkennbar hervor, daß die außerordentliche Wirkung des
                              Schießpulvers nicht allein in der durch den Zusaz von Schwefel entwikelten weitern
                              Gasart, des schwefligsauren Gases, sondern hauptsächlich in der durch den Zusaz von
                              Schwefel im Schießpulver mehr angehäuften Elektricität ihren Grund hat.
                           Nach dem Resultat dießfallsiger Versuche (man sehe S. 5 und 6 der 1sten Abthl. des
                              2ten Thls. meines technischen Handbuchs) ist dasjenige Pulver das stärkere, welches
                              den meisten Schwefel enthält.
                           Aus der bewiesenen elektrischen Eigenschaft des Schießpulvers und darauf beruhenden
                              Einwirkung der Atmosphäre und der Metalle in Rüksicht ihrer Wärme- und
                              Elektricitäts-Leitungsfähigkeit auf die Kraftäußerung des Pulvers, geht unverkennbar
                              hervor: daß die Wärmequelle, welche bei den bewundernswürdigen Wirkungen des
                              Schießpulvers eine so große bis jezt nicht bekannte Rolle spielt, nur allein in der
                              in dem Schießpulver angehäuften Elektricität ihren Siz hat.
                           Aus der hier entwikelten chemischen Natur des Schießpulvers und bewiesenen
                              elektrischen Eigenschaft desselben, geht nicht nur die Unvollkommenheit der zur
                              Prüfung des Schießpulvers seither gebrauchten Instrumente und der Verfahrungsart bei
                              dem Gebrauche derselben, sondern auch die verschiedene Kraftäußerung des
                              Schießpulvers bei verschiedenartiger Zusammensezung desselben und unter
                              verschiedenem Zustand der Atmosphäre unverkennbar hervor.
                           Aus dem bewiesenen Einfluß, welchen die eine Pulverladung einschließende Materie, so
                              wie die Atmosphäre auf die Kraftäußerung derselben ausübt, geht unverkennbar hervor
                              daß, um die Kraft des Pulvers zu ermitteln,
                           1) zu bestimmen ist:
                           a) wie viel Gas dem Volumen nach, und mit welchem Grad
                              von Wärme, aus einer Quantität Pulver in einem bestimmten Raum eingeschlossen,
                              entwikelt wird;
                           b) ob mit Veränderung des Raums, in welchem dieselbe
                              Quantität Pulver eingeschlossen ist, mehr oder weniger Gas und Wärme entwikelt
                              wird;
                           c) ob in dem Verhältniß, als die Pulverladung
                              quantitativ zunimmt, auch ein größeres Volumen Gas und ein höherer Hizgrad entwikelt
                              wird;
                           d) in welchem Verhältniß das Pulvergas comprimirt werden
                              kann;
                           2) daß ein dazu erforderliches Instrument
                           a) weder Wärme- noch
                              Elektricitäts-Leitungsfähigkeit besizen darf;
                           b) von dem durch die Entzündung des Pulvers frei
                              gewordenen Fluidum nichts verflüchtigt werden darf, ohne auf die der entwikelten
                              Pulverkraft zur Ueberwindung entgegengestellte ruhende Masse gewirkt zu haben;
                           c) eine dem Gebrauch der Geschüze entsprechende Menge
                              Pulver aufnehmen muß;
                           3) daß folgende mechanische und physikalische Einwirkungen dabei zu beobachten
                              sind:
                           a) daß sich die der Pulverkraft zur Ueberwindung
                              entgegengestellte Masse mit der mindesten Reibung bewegt;
                           b) daß die Kraft des Pulvers immer unter gleichem Druk
                              und unter gleicher Dichtheit der Atmosphäre entwikelt, oder daß ein Gesez ermittelt wird, in
                              welchem Verhältniß. die Kraft des Pulvers, unter verschiedenem Druk und Dichtheit
                              der Atmosphäre, sich vermehrt oder vermindert;
                           c) daß durch das Zündungsmittel immer ein gleicher
                              Feuerstrahl, eine gleiche Menge Gas und gleicher Hizgrad erzeugt wird.
                           Das Volumen der Gase und der Grad von Wärme, welche aus dem Schießpulver durch die
                              Verbrennung desselben frei werden – worauf allein die Kraftäußerung des
                              Pulvers gegründet ist – sind bisher verschiedenartig ermittelt worden.
                           Nach einigen Autoren wurde das Volumen der Gasarten, welche bei der Verbrennung des
                              Pulvers frei werden, aus dem Gewicht der Gasarten der Elemente des Schießpulvers
                              berechnet; auf diese Weise erhält man nach Meinecke aus
                              100 Gran oder 2,2 Kubikzoll Schießpulver 105,7488 Kubikzoll gasförmige Stoffe; hier
                              fehlt aber die Angabe des Wärmegrads, welcher bei der Verbrennung des Schießpulvers
                              entwikelt wird, und das Volumen der Gase vergrößert.
                           Nach den Aidememoiren erhält man aus 100 Gran oder 38,8 Kubikzoll Schießpulver 28205
                              Kubikcentimeter oder 1236 Kubikzolle Gase; der Grad der Wärme, welcher in dem Moment
                              der Entzündung des Pulvers entwikelt wird, wird zu 600 Centesimalgraden angegeben,
                              und darauf gegründet eine Ausdehnung = 0,00375 für jeden + Grad des Thermometers
                              angenommen, so daß die erzeugten 1236 Kubikzolle Gase auf 36456 Kubikcentimeter oder
                              2781 Kubikzolle ausgedehnt werden. Die Unzulässigkeit einer solchen Verfahrungsart,
                              die aus dem Pulver durch die Verbrennung desselben frei werdenden Gase und Wärme zu
                              bestimmen, geht nicht nur aus der großen Verschiedenheit dieser Resultate, sondern
                              auch daraus hervor, daß ein mit einem Gase gefülltes Gefäß, von einem Gas anderer
                              Art, das von dem im Gefäß enthaltenen angezogen wird, noch eine Menge aufzunehmen
                              vermag, ohne eine Vermehrung des Raums zu Verursachen, weil Gasgemische wie
                              Metalllegirungen einen kleinern Raum einnehmen, als sie nach der relativen Dichtheit
                              der Bestandtheile in dem bekannten Verhältniß ihrer Vermischung einnehmen
                              würden.
                           Nach den Versuchen von Dr. Muncke, der zu diesem Zwek mehreremal eine gleiche Quantität Pulver in
                              einem leeren Raum verbrannte, überstieg das Volumen der Gasarten des Schießpulvers
                              das Volumen der Pulverkörner 1549mal; da aber die Gase eine Compression erleiden,
                              und nach dem Verfahren von Dr. Muncke
                               Weber mit Bestimmtheit
                              angenommen werden kann, daß der leere Raum wirtlich mit dem durch die Verbrennung
                              des Pulvers erzeugten Gase völlig angefüllt war, noch auch daß solches nicht etwas
                              comprimirt war, so ist diesem Resultat kein Vertrauen zu schenken.
                           Um das Volumen der Gase, welche aus einer Quantität Pulver durch die Verbrennung
                              desselben frei werden, im unverdichteten Zustand möglichst genau ermitteln zu
                              können, nehme man ein Haubiz- oder Mörserrohr, verkleide solches innen mit
                              einer Papiermasse und verbinde das Rohr in senkrechter Stellung mit einem sehr
                              schweren Fundament, damit solches durch die Entzündung der Ladung nicht erschüttert
                              werde; die Mündung des Rohrs wird luftdicht mit einer sehr schweren eisernen Platte,
                              die nach Innen mit Papier überzogen seyn muß, verschlossen. In dieser Platte
                              befindet sich eine dem innern Raum des Rohrs angemessene Oeffnung, die mit einem
                              Ventil geschlossen ist; um die Bewegung des Ventils genau beobachten zu können, ist
                              ein eingetheilter Quadrant, mit einem Pendel versehen, darauf zu befestigen.
                           In die Kammer dieses Rohrs bringe man eine Ladung, die einen Raum einnimmt, der zum
                              ganzen innern Raum des Rohrs in dem Verhältniß steht, als nach den bisherigen
                              Annahmen das Pulvergas einen größern Raum als die Pulverkörner einnimmt. Wird bei
                              dem ersten Versuch das Ventil so stark geöffnet, daß eine bemerkbare Menge Gas
                              entweichen kann, so ist der Versuch in so lange mit einer quantitativ abnehmenden
                              Ladung zu wiederholen, bis das Ventil nach der Explosion kaum bemerkbar sich bewegt;
                              wird bei dem ersten Versuch das Ventil gar nicht geöffnet, so muß der Versuch
                              entgegengesezt so oft wiederholt werden, bis das Ventil kaum bemerkbar geöffnet
                              wird, und sich sogleich wieder schließt.
                           Um den Grad der Wärme zu ermitteln, welcher bei der Verbrennung einer Ladung
                              entwikelt wird, lege man auf jede Ladung ein Thermometerstükchen des Wedgewood'schen Pyrometers.(?)
                           Die Ladung wird mit einem hinreichend starken Pistonschloß und einem dieser
                              Zündungsart entsprechenden mindesten Durchmesser des Zündlochs entzündet.
                           Hat man auf diese Weise ein befriedigendes Resultat für eine Labung im immer gleichem
                              Raum eingeschlossen erhalten, so sind die Versuche mit einem ähnlichen Instrument,
                              aber verhältnißmäßig größerm Raum und quantitativ stärkerer Ladung, die aber in
                              einem ähnlichen Raum, wie bei den ersten Versuchen eingeschlossen wird, und hierauf
                              mit quantitativ gleichen Ladungen, aber in verschiedenen Räumen eingeschlossen,
                              fortzusezen, um zur Ermittlung der Kraft des Schießpulvers, unter den angegebenen
                              verschiedenen Verhältnissen den auf die chemische Natur desselben gegründeten
                              Bedingungen zu entsprechen.
                           Mit demselben Instrument sind sofort Versuche anzustellen, um wie viel das Pulvergas
                              comprimirt werden kann. Zu diesen Versuchen wird das Gewicht des Ventils in dem
                              Verhältniß vermehrt, als die Ladung verstärkt wird.
                           Diese Versuche sind erforderlich, um für die Untersuchung eines neu verfertigten oder
                              eingelieferten Pulvers, hinsichtlich dessen Kraftäußerung bestimmtere Vorschriften
                              als die zur Zeit allgemein bestehenden; so wie für die Bestimmung des quantitativen
                              Verhältnisses der Ladungen, für Geschüze von verschiedenem Kaliber, ein zur Zeit
                              noch nicht bekanntes mathematisch-physikalisches Gesez begründen zu
                              können.
                           Da die Wirkung des Pulvers und dessen Haltbarkeit auch von dem Mischungsverhältnisse
                              der Bestandtheile desselben, von der Größe, Gestalt und Festigkeit der Körner mit
                              abhängig ist, so ist es auch zwekentsprechend, ein neu eingeliefertes Pulver, bevor
                              es der Untersuchung hinsichtlich der Kraftäußerung unterworfen wird, in Beziehung
                              auf das dem Fabrikanten vorgeschriebene Mischungsverhältniß zu untersuchen.
                           Das Verfahren der chemischen Analyse des Schießpulvers ist für den Artilleristen
                              nicht praktisch. Durch die Bestimmung der specifischen Schwere des Pulvers läßt sich
                              sehr annähernd auf das Mischungsverhältniß desselben schließen, wenn man dabei
                              folgendes für den Artilleristen praktisches, auf Erfahrung gegründetes Verfahren
                              beobachtet.
                           Zu diesem Versuch werden die Pulverkörner zerdrükt in Knirschpulver verwandelt, um
                              die Zwischenräume zwischen den Pulverkörnern möglichst zu vermindern, und in einem
                              Gefäß gleiche Quantitäten Pulver und destillirtes Wasser genau gewogen; aus den
                              Gewichtsdifferenzen wird sofort auf dem bekannten Wege das eigenthümliche Gewicht
                              des Pulvers berechnet.
                           In Folge dieser Verfahrungsart erhielt man mit zu Grundlegung der chemischen Analyse
                              einer Pulversorte, wornach solche aus
                           
                              
                                 
                                 76,81
                                 reinem Salpeter,
                                 
                              
                                 
                                   0,45
                                 Kochsalz,
                                 
                              
                                 
                                   8,23
                                 Schwefel,
                                 
                              
                                 
                                    
                                    
                                 14,51
                                 Kohle besteht, welche Mischung
                                 
                              
                                 sehr nahe
                                 77,25
                                 Salpeter,
                                 
                              
                                 
                                   8,25
                                 Schwefel,
                                 
                              
                                 
                                   1,45
                                 Kohle ist, folgendes Resultat:
                                 
                              
                           die specifische Schwere des aus Musketenpulver erzeugten Knirschpulvers wurde = 1,167
                              und aus geknirschtem Kanonenpulver = 1,156 gefunden.
                           Sezt man nun die specifische Schwere des Salpeters = 1,9, die des Schwefels = 1,8 und
                              die der Kohle = 0,36, so beträgt die relative Dichtheit dieser drei Bestandtheile in
                              genanntem Verhältniß 1,168.
                           Die Richtigkeit obiger Verfahrungsart, das eigentümliche Gewicht des Schießpulvers zu
                              bestimmen, dürfte nach diesen Resultaten hinreichend begründet seyn.
                           
                        
                           Folgerungen.
                           Bei der bisher unbeachtet gebliebenen elektrischen Eigenschaft des Schießpulvers und
                              den Einwirkungen, welche die Metalle in Beziehung auf ihre Wärme- und
                              Elektricitäts-Leitungsfähigkeit in verschiedener Temperatur, so wie den
                              Einwirkungen, welche die Atmosphäre auf die Kraft des Pulvers im Allgemeinen äußert,
                              wird es denn auch erklärlich, warum man von einem und demselben Pulver zu
                              verschiedenen Zeiten oft verschiedene Resultate hinsichtlich dessen Kraftäußerung
                              erhielt. Es werden die oft ganz entgegengesezten Meinungen über die beste Kohle für
                              das Schießpulver, über das Mischungsverhältniß und die Verfertigungsart desselben
                              begreiflich.
                           Es geht ferner aus diesen Betrachtungen unverkennbar hervor, daß der Normalaufsaz für
                              die Geschüze nur bei mittlerem Thermometer- und Barometerstand etc. möglichst
                              genau bestimmt werden kann, und daß eine Gradation des Normalaufsazes zu ermitteln
                              ist, nach welcher in sehr heißer und in feuchter und kalter Atmosphäre von dem
                              Normalaufsaz abgewichen werden muß.