| Titel: | Ueber die Fortschritte der Galvanographie; vom Professor Dr. v. Kobell. | 
| Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LV., S. 186 | 
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                        LV.
                        Ueber die Fortschritte der Galvanographie; vom
                           Professor Dr. v.
                              Kobell.
                        Aus den gelehrten Anzeigen der koͤnigl. bayer. Akademie der
                                 Wissenschaften, Sept. 1844.
                        Kobell, über die Fortschritte der Galvanographie.
                        
                     
                        
                           Ich habe von Zeit zu Zeit der königl. Akademie über die Fortschritte der
                              Galvanographie berichtetMan vergl. polytechnisches Journal Bd.
                                       LXXVII S. 68, Bd. LXXXV S.
                                       342 und Bd. LXXXVIII S.
                                       221. A. d. R. und die mir zugekommenen oder von mir veranlaßten Arbeiten dieser Kunst
                              vorgelegt. Das fortwährende Studium der darauf Einfluß habenden Umstände hat zu
                              mancherlei Verbesserungen geführt, und die Methoden der Anwendung haben sich
                              vielfach ausgebildet und vermehrt. Ich will in dem gegenwärtigen Aufsaz einige
                              Bemerkungen mittheilen, welche für diejenigen von Interesse seyn dürften, die diesem
                              Gegenstand ihre Aufmerksamkeit schenken.
                           Ich habe in meiner „Galvanographie“ zuerst gezeigt, daß für das
                              galvanische Copiren einer Kupferplatte die Zwischenlage eines andern Metalls
                              nothwendig sey, wenn man jeder Zeit einer Ablösung und Trennung der beiden Platten
                              versichert seyn will. Es sind nämlich die Umstände, unter welchen eine vollkommene
                              Ablösung solcher Platten ohne jene Zwischenlage stattfindet, so schwierig sicher zu
                              bestimmen, daß unter vielen Fällen immer einige von Verwachsung vorkommen werden,
                              wenn auch nur in der Art, daß die Spiegel dabei leiden und eine matte Fläche
                              bekommen. Hat man aber das Original versilbert oder verplatinirt, wozu ich eine ganz
                              einfache Methode durch Austausch angegeben habe, so trennen sich die Platten
                              jederzeit und wird im schlimmsten Fall nur die unendlich dünne Versilberung des
                              Originals zum Theil losgerissen, welches übrigens nicht geschieht, wenn der
                              galvanische Strom die gehörige Stärke besizt. Ich habe über lezteres schon früher
                              mehrfache Versuche angestellt und bin gegenwärtig durch zahlreiche Beobachtungen zu
                              der Ueberzeugung gelangt, daß ein ganz allmählich zunehmender Strom am
                              vortheilhaftesten für die Trennung der Platten ist und daß dabei die Spiegel auf das
                              vollkommenste wiedergegeben werden. Es ist aber bei Anwendung des Trommelapparats
                              höchst einfach, sich eines solchen Stromes zu versichern, da man auf das Zink in der
                              Trommel nur Wasser ohne Säure oder Salzauflösung zu gießen hat, um dieser Bedingung
                              zu genügen. Die geringe Leitungsfähigkeit des Wassers verursacht die erste Zersezung
                              des Kupfervitriols, und da diese ohne Bildung von Zinkvitriol in der Trommel nicht
                              vor sich geht, so wächst durch die Zunahme dieses Salzes der Strom in den ersten
                              zwölf Stunden so allmählich und gibt bei übrigens günstigem Zustand des Apparats ein
                              so vollkommenes Kupfer, als man es nur wünschen kann. Für die weitere Bildung der
                              Platten kann man dem Wasser Schwefelsäure oder Salze zusezen, um sie zu
                              beschleunigen, da natürlich das Ablösen nur von der Qualität der ersten Schicht
                              abhängt. Es ist aber diese Art, die erste Schicht zu bilden, für die Galvanographie
                              insbesondere von Wichtigkeit; denn beschleunigt man gleich anfangs die Kupferbildung
                              zu sehr, so kann es geschehen, daß sich in gewissen Fällen die wachsenden Bleche
                              stellenweise von der Farbe trennen, besonders wenn diese nicht hinlänglich rauh ist,
                              und wäre mir ein Fall dieser Art, welcher mir später vorkam, gleich bei den ersten
                              Versuchen begegnet, so hätte ich die Anwendung des galvanischen Kupferniederschlags
                              zum Zwek des Galvanographirens wahrscheinlich als unausführbar aufgegeben, zumal die
                              Theorie wenig dafür versprach.
                           Ich beschleunigte aber gerade anfangs die Niederschläge, um das Unterwachsen der
                              Farbe zu vermeiden, welches bei der damaligen Anwendung von Oehlfarben, deren
                              gehöriges Troknen ich nicht immer abwartete, öfters vorkam.
                           In Beziehung auf das Versilbern bin ich bei der bereits beschriebenen Art, mittelst
                              Anwendung einer Auflösung von Chlorsilber in gesättigter Kochsalzlösung, geblieben,
                              als der einfachsten und wohlfeilsten, die es vielleicht gibt. Um aber ein
                              nachheriges Anlaufen der Platten zu verhindern, fand ich sehr vortheilhaft, die
                              versilberte Platte 10 bis 12 Stunden in eine Auflösung von Kupfervitriol zu legen,
                              dann abzuwaschen, schnell zu troknen und, im Fall die Spiegel trüb aussehen sollten,
                              was nur zuweilen geschieht, sie mit sehr feinem ungelöschtem Kalk und Leder naß und
                              dann troken zu reiben.
                           Ich habe eine versilberte Platte, nachdem sie aus der Versilberungsflüssigkeit kommt,
                              immer nach dem Troknen mit Leder gerieben, wodurch die Politur des Originals erst
                              ganz zum Vorschein kommt. Darauf wurde das Malen begonnen. Indessen schien es mir
                              nicht unwichtig, auch Versuche anzustellen, auf Kupfer zu malen und dann erst die
                              freien Stellen zu versilbern, wobei natürlich ein nachträgliches Reiben mit Leder
                              nicht stattfinden konnte. Ich ließ also solche gemalte Platten sich mit Silber mehr
                              oder weniger belegen, allein es zeigte sich, daß sich die Platten nicht vollkommen
                              trennten und die Spiegel litten.
                           Statt des Versilberns oder Platinirens kann man auch eine Vergoldung anwenden, wobei
                              ich die chemische durch Austausch der galvanischen vorziehe, da bei jener die Oberfläche nicht
                              mit einer neuen Metallschicht belegt, sondern nur gegen ein anderes Metall
                              ausgewechselt wird. Ich habe mich dazu folgender Mischung mit Vortheil bedient. Ich
                              löse 100 Gran trokenes Cyankalium in einer Unze Wasser auf und mische dazu
                              40–50 Gran mäßig verdünnter Goldauflösung. Man gießt in einem flachen
                              Porzellan- oder Glasgefäß die Flüssigkeit über die Kupferplatte und bedekt
                              das Gefäß mit einer Glasplatte. In Zeit von einer Stunde ist die Platte schön
                              vergoldet. Sie wird dann mit Wasser abgewaschen und mit einem Tuch abgetroknet. Bei
                              dieser Art ist ein Reiben mit Leder kaum nöthig, noch weniger mit Kalk, und die
                              Platten sind dem Anlaufen nicht so ausgesezt wie die versilberten. Doch kommt diese
                              Vergoldung theurer und die Flüssigkeit zersezt sich bei längerem Aufbewahren, so daß
                              sie nur frisch bereitet den Niederschlag in gehöriger Vollkommenheit liefert. Gefäße
                              von Blech oder Holz, mit Oehlfarbe oder Firniß angestrichen, wie sie zum Versilbern
                              mit der Kochsalzlösung gebraucht werden, sind bei diesem Vergolden nicht zu
                              gebrauchen.
                           Was das Farbmaterial betrifft, so haben die enkaustischen Farben entschiedene Vorzüge
                              vor den Oehlfarben, theils wegen des matten und schnellen Troknens, theils auch
                              wegen des Haftens. Ein gutes Bindemittel liefert auch eine Auflösung von Wachs in
                              Copaivabalsam, womit man irgend eine Farbe gehörig anreibt. Solche Farben kann man,
                              im Fall das Korn nicht auf die Oberfläche getreten, die Fläche also zu glatt und
                              glänzend ist, durch gelindes Erwärmen der Platte matt machen, ohne bei gehöriger
                              Vorsicht befürchten zu dürfen, daß ein Unterwachsen oder Ablösen der Farbe
                              stattfindet.
                           Eine sehr gute Farbe gibt auch die lithographische Kreide, welche, mit destillirtem
                              Wasser angerieben, mit feinem Korn auftroknet und sehr gut hält.Das Recept zu der bei den Versuchen gebrauchten Kreide wurde mir, wie folgt,
                                    angegeben. Seife 12 Loth, weißes Wachs 18, Schellak 6, Kienruß 3 1/2. Die
                                    Seife wird zuerst 1/4 Stunde geschmolzen, dann nach und nach das Wachs und
                                    zulezt der Schellak zugesezt und eine ganze Stunde auf raschem Feuer
                                    erhalten. Dann wird die Masse angezündet und wieder gelöscht und unter
                                    fleißigem Umrühren der Ruß (oder eine andere Farbe, die zur Galvanographie
                                    geeignet) zugesezt. Nach 2 Stunden wird die Masse angezündet, wieder
                                    gelöscht und solches öfters wiederholt, je nachdem man die Kreide hart haben
                                    will. Nach dreistündigem Kochen läßt man die Masse in einer Schale erkalten
                                    und schneidet die Kreide. Das Korn läßt sich durch Einreiben irgend einer Farbe natürlich beliebig
                              verändern. Diese Farbe eignet sich nach den von Hrn. Rottmann
                              jun. dahier angestellten Versuchen vortrefflich, um,
                              namentlich in Strichmanier, zarte Töne für Fleisch und dergleichen hervorzubringen.
                              In dieser Weise sind Porträts sehr gelungen gemalt worden. Für tiefere Töne kann eine
                              enkaustische Farbe von gröberem Korn angewandt werden.
                           Das geeignete Korn, auf welches sehr viel ankommt, kann aber auch auf eine andere Art
                              erzeugt werden. Ich habe schon früher von geäztem Aqua-Tinta-Korn
                              Gebrauch gemacht und damit ein Bild gleichsam untermalt anlegen und auf dem
                              genommenen Relief fertig malen lassen. Dergleichen eignet sich besonders zu
                              Landschaften und Architekturstüken, und es sind in dieser Weise vier große Ansichten
                              von München von Hrn. Rottmann sehr gelungen hergestellt
                              worden. Es kann aber das aufgeschmolzene Aqua-Tinta-Korn selbst dazu
                              gebraucht werden und es gestattet dieses auch die Anwendung der lithographischen
                              Kreide, womit sehr weiche Zeichnungen erhalten werden können. Die Hauptlichter
                              bringt man durch Wegschaben des Korns von den betreffenden Stellen sehr leicht
                              hervor und kann auch, vor dem Anschmelzen, der Colophoniumstaub an solchen Stellen
                              mit dem Pinsel entfernt werden.
                           In ähnlicher Weise kann man sich rauhe Flächen und Platten verschaffen, welche man
                              mit der Roulette, Linirmaschine u.s.w. anfertigt und dann auf das Relief malt. Die
                              Lichter werden dabei mit dem Polirstahl hervorgebracht. Man kann auch einer fertigen
                              Platte durch geschikte Anwendung einer feinen Roulette ein Korn geben, welches
                              nichts an dem Bilde verdirbt, das Wischen der Platte erleichtert und eine größere
                              Anzahl von Abdrüken sichert.
                           Eine Bekanntschaft mit allen diesen Methoden, welchen sich noch manche andere
                              zugesellen werden, und eine zwekmäßige Combination derselben gibt die glüklichsten
                              Resultate, und in der That sind bereits Kunstwerke damit geliefert worden, wie man
                              sie kaum erwarten konnte. Es haben sich vorzüglich die HHrn. Schöninger und Freymann in München und, von
                              verschiedenen Künstlern unterstüzt, die HHrn. Theyer und
                              Waidele in Wien um die Anwendung und Verbesserung der
                              Galvanographie verdient gemacht. Während die erstem mit Beihülfe der Roulette eine
                              Manier ausgebildet haben, deren Resultate der Schwarzkunst, Aqua-Tinta und
                              dem Kupferstich ähnlich sind, hat Hr. Theyer die
                              eigenthümliche und originelle Manier, welche die Galvanographie darbietet, die freie
                              Tuschmanier, verfolgt. In beiden Arten der Anwendung ist Ausgezeichnetes geleistet
                              worden und in den Kunsthandel übergegangen. Auch Hr. Rottmann
                              jun. in München hat schöne Arbeiten, einige bis zur
                              feinsten Miniatur geliefert.
                           Obwohl es eine sehr einfache Sache ist, sich die galvanischen Platten selbst zu
                              verfertigen, so mag doch in der Herstellung der Apparate noch ein Hinderniß gegen
                              die Verbreitung der Galvanographie liegen, welches aber schon aus dem Grund bald verschwinden
                              wird, weil sich die Vortheile des Copirens gestochener Kupferplatten bereits so
                              wesentlich herausstellen, daß sich die Anstalten dazu allmählich vermehren. In
                              solchen Anstalten und Laboratorien können dann auch die Platten galvanographischer
                              Bilder gefertigt werden, so daß sich der Künstler nicht einmal so viel darum zu
                              bekümmern haben wird, als um die Vorbereitung eines lithographirten Steins zum
                              Abdruken.
                           Was die Fällungsflüssigkeit betrifft, so habe ich an der in meiner Schrift
                              angegebenen Mischung keine Aenderung nöthig gefunden. Da aber die Flüssigkeit
                              allmählich mehr mit Zinkvitriol sich mischt, besonders weil es für die Kupferbildung
                              vortheilhafter ist, die Trommel nur bis zur Membrane einzutauchen, so daß die
                              Flüssigkeit in der Trommel höher steht als außerhalb, so ist es zwekmäßig, eine
                              solche länger gebrauchte Flüssigkeit mit frischer Kupfervitriolauflösung zur Hälfte
                              oder zum dritten Theil dem Volumen nach zu mischen, denn, wie ich gezeigt habe, löst
                              eine Zinkvitriollösung nur sehr wenig Kupfervitriol auf und eine gute
                              Fällungsflüssigkeit muß an diesem möglichst reich seyn.
                           Die mit Pergament überspannten Trommeln oder Kästen für größere Arbeiten liefern
                              bessere Resultate als die mit Thierblasen überspannten, und können sehr lange
                              gebraucht werden, wenn man kleine Löcher, die sich besonders da bilden, wo sich
                              zuweilen von außen etwas Kupfer an die Membrane ansezt, mit Damarfirniß, Oehlfarbe
                              oder Wachs zustreicht.
                           Es kann als ein gutes Zeichen für die Dichtigkeit des Pergaments gelten, wenn die
                              Flüssigkeit in der Trommel in 12 Stunden nicht merklich gesunken ist. Liegt aber die
                              Zinkplatte durch Auslaufen der Flüssigkeit nach dieser Zeit troken, so ist die
                              Membrane zu dünn, oder hat kleine Löcher bekommen, welche gedekt werden müssen.
                           Dem gewalzten Zink ist gegossenes vorzuziehen, da bei lezterem der kohlige Schmuz,
                              der beim Verzehrtwerden der Platte sich bildet, an diesem haften bleibt und nicht
                              auf die Membrane fällt. Auch sind dergleichen Platten leichter zu reinigen, denn es
                              löst sich der Schmuz beim Bürsten in Wasser krustenartig ab. Dieses Reinigen
                              geschieht alle 12 Stunden. Große Gefäße, die viel Kupferauflösung fassen, sind für
                              die Bildung eines guten Kupfers besonders zu empfehlen, und man kann auch zum
                              fortwährenden Sättigen Kupfervitriolkrystalle hineinlegen. Indessen soll man immer
                              so viel Auflösung bereit haben, um nach einigen Tagen die Flüssigkeit wechseln und
                              in der gebrauchten neuen Vitriol in der Wärme auflösen zu können.
                           
                           Schließlich mache ich noch aufmerksam, beim Abfeilen daraus zu achten, daß nicht
                              Feilspäne zwischen die beiden Platten fallen, was leicht geschehen kann, wenn diese
                              bei anfangender Trennung beim Feilen federn. Man kann dadurch die Spiegel gänzlich
                              verderben, da die Spänchen in diese sich eindrüken. Am besten geschieht das lezte
                              Abfeilen der Platte bei horizontaler Lage derselben, in welcher sie durch eine Art
                              von Nähkißhaken auf einem Tisch festgehalten wird. Daß beim Druken auf das Wischen
                              der Platten sehr viel ankommt und ein ungeübter Druker ganz mißglükte Abdrüke
                              liefert, ohne daß die Schuld in der Platte liegt, weiß jeder, welcher den Kupferdruk
                              kennt. Zähigkeit und Ton der Farbe sind dabei von großem Einfluß.