| Titel: | Ueber den Einfluß der in Siegen, Steiermark und Kärnthen üblichen Rohstahlfrischmethoden auf die Qualität des Stahls; von Stengel. | 
| Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LIX., S. 198 | 
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                        LIX.
                        Ueber den Einfluß der in Siegen, Steiermark und
                           Kaͤrnthen uͤblichen Rohstahlfrischmethoden auf die Qualitaͤt des
                           Stahls; von Stengel.
                        Aus Karsten's Archiv,
                           Bd. XVIII S. 225.
                        Stengel, üb. d. Einfluß d. Rohstahlfrischmethoden a. d. Qualität d.
                           Stahls.
                        
                     
                        
                           Der Siegensche Stahl hat sich zwar einen wohlverdienten guten Ruf bei den
                              Stahlarbeitern erworben, allein er wird dem steierischen Stahl im Allgemeinen von
                              ihnen nachgesezt. Besonders wird der steierische Stahl für geeigneter zur
                              Sensenfabrication gehalten, indem es bisher den inländischen Sensenfabricanten nicht
                              hat gelingen wollen, ihre Sensen bloß aus Siegener Rohstahl ohne Anwendung von
                              Schmiedeisen darzustellen, indem die aus bloßem inländischem Stahl gefertigten
                              Sensen zum Theil schon beim Ausreken, besonders aber unter dem Klöpperhammer
                              springen, weil es ihnen an Zähigkeit fehlte, um den vielen hinter einander folgenden
                              Schlägen dieser Hämmer Widerstand zu leisten. Die inländischen Sensen halten zwar
                              mittelst des dünnen Ueberzugs von Eisen auf ihren breiten Flächen die verschiedenen
                              Fabricationsoperationen aus, aber es mangelt ihnen der helle Klang; auch ist der
                              Schnitt nicht so sanft beim Mähen, wie bei den steierischen Sensen, so daß leztere
                              ihnen überall im Handel vorgezogen werden.
                           Wie sehr die Güte des Stahls von der Beschaffenheit der Eisensteine abhängig sey, ist
                              eine ganz bekannte Sache. Ein Mangangehalt des Eisenerzes bleibt immer die
                              Hauptbedingung, um aus dem Roheisen einen guten Rohstahl darzustellen. Ein Roheisen
                              mit großem Mangangehalt verliert beim Frischen den Kohlenstoff langsam, und wenn es
                              so viel verloren hat, daß es Stahl geworden ist, so kann es schon in der Hize des
                              Frischfeuers nicht mehr flüssig bleiben, es gerinnt und wird hart. Roheisen aus nicht
                              manganhaltigen Eisensteinen, etwa aus Rotheisensteinen, verliert den Kohlenstoff zu
                              schnell, so daß das Product beim Stahlfrischproceß kein
                              Stahl, sondern ein Gemenge von faserigem mit körnigem und faulbrüchigem, nicht
                              gehörig gefrischtem Eisen ist. Aber unter den manganhaltigen Eisensteinen selbst
                              findet ein bedeutender Unterschied in der Fähigkeit statt, einen guten Stahl zu
                              geben.
                           Obgleich von dem Mangangehalt, sowohl des Brauneisensteins als des Spatheisensteins,
                              die Fähigkeit der Erze abhängig ist, ein zur Stahlfabrication geeignetes Roheisen zu
                              liefern, so muß außerdem noch die Bedingung erfüllt seyn, daß die manganhaltigen
                              Eisenerze rein sind, nämlich daß sie keine eingesprengten geschwefelten fremdartigen
                              Metalle (Kupferkiese, Fahlerze, Schwefelkiese, Antimonschwefelerze u.s.w.)
                              enthalten. Je mehr dergleichen Beimengungen vorhanden sind, desto weniger
                              geschmeidig zeigt sich der Stahl und desto mühsamer sind die Schreistüke zu
                              schweißen. Dieß hat die Erfahrung im Siegenschen längst belästigt. Bisher hat es
                              unter gleichen Umständen, bei gleichen Kohlen, gleichem Arbeitsverfahren und
                              gleicher Geschiklichkeit der Arbeiter nie gelingen wollen, aus den Spatheisensteinen
                              der Nebengruben des Stahlbergs ein so gutes Rohstahleisen zu liefern, wie es aus den
                              Erzen des Stahlbergs erfolgt. Alle jene Eisensteine haben mehr oder weniger
                              Kupferkiese eingesprengt; im Stahlberg zeigen sich nur hie und da einzelne
                              eingesprengte Fahlerztheilchen. – Wenden wir uns nach Steiermark, so finden
                              wir, daß die Eisensteine vom Erzberg zu Eisenerz gänzlich frei sind von Kiesen.
                              Deßhalb ist auch ohne Zweifel der Stahl aus diesen Erzen der zäheste unter allen
                              Stahlsorten und vorzüglich zur Sensenfabrication geeignet. Zu Turrach bei Murau
                              besteht der Eisenstein aus: 1) sogenanntem Haupterz, einem derben, leicht
                              zerschlagbaren, mit bläulichem dichtem Manganerz vielfach durchzogenen
                              Brauneisenstein; 2) aus Braunerz, ebenfalls Brauneisenstein durch Zersezung des
                              Spatheisensteins; 3) aus Pflinz oder Spatheisenstein, worin sich nur hie und da
                              Kupferkiestheile auffinden lassen. Diese Erze werden vorher geröstet und einer
                              mehrjährigen Verwitterung durch Wässerung ausgesezt. Für den Brescianstahl werden 3
                              Theile Haupterz mit 1 Theil Zuschlag (der aus sogenanntem Lehmerz, einem mit
                              Eisentheilen innigst gemengten und mit Thon verunreinigten Kalkstein besteht) als
                              Beschikung genommen. Dagegen werden die Eisenerzsorten 2 und 3 gänzlich vermieden,
                              wenn Brescian bereitet wird. Für die Stahl- und Eisenhämmer zu Murau, wo man
                              Stahl von minderer Edelheit bereitet, nimmt man als Beschikung 2 Theile Haupterz, 1 Theil Braunerz und 1
                              Th. Zuschlag, und auf 2 Cntr. eines solchen Haufwerks noch 10–15 Pfd.
                              Spatheisenstein (Pflinz).
                           Um den Einfluß des Frischverfahrens auf die Beschaffenheit
                              des Stahls kennen zu lernen, sind auf der Lohhütte verschiedene Versuche angestellt
                              worden. Man machte mit der eigentlichen steierischen Frischmethode, wie sie zu St.
                              Gallen üblich ist, den Anfang, fand aber sogleich, daß die Vergleichung der dortigen
                              mit der Siegener Frischmethode unmittelbar nicht stattfinden könne, denn das
                              Rohstahleisen (Flossen), welches zu St. Gallen zu Rohstahl verwendet wird, ist stets
                              bei überseztem Gang des Hohofens erblasen, so daß es höchst ungahr ist, während sich
                              für die Siegensche Methode ein ganz gahres Rohstahleisen (Spiegeleisen) am besten
                              bewährt. Man mußte daher das Siegener Roheisen zuerst durch eine
                              Läuterungsvorrichtung in den Zustand der siegener Flössen versezen, welches durch
                              Umschmelzen in einem Rohstahlherde geschah. Das Umschmelzen oder Läutern des
                              Siegener Spiegeleisens erfolgte in derselben Art, wie im südlichen Deutschland das
                              gahre Roheisen durch Läuterung zur Frischarbeit vorbereitet wird.
                           Nach dem erfolgten Einschmelzen der Siegener Flossen im Läuterherd ließ man den Wind
                              längere oder kürzere Zeit fortblasen, je nachdem die Entkohlung des Rohstahleisens
                              weniger oder mehr vorgeschritten war, räumte dann die Kohlen weg, hob die
                              Schlakenkruste nach dem Erkalten ab, goß hierauf Wasser auf die flüssige Eisenmasse
                              und hob sie entweder sofort als Platteln (wo alsdann gleich nach dem Einschmelzen
                              die Kohlen weggeräumt wurden, ohne zu läutern), oder, indem man sie durch Verweilen
                              diker werden ließ, in Scheiben ab. – Für das Spiegeleisen, welches zu
                              Platteln verwendet wurde, betrug der Abgang 10–16 Proc. Für das weiße
                              strahlige Rohstahleisen, welches eine halbe Stunde geläutert wurde, betrug der
                              Abgang beim besten Gang 11–12 Proc. Der Kohlenverbrauch (Buchenkohlen) war
                              7–9 Kubikfuß für 100 Pfund geläutertes Rohstahleisen.
                           Nachdem man sich einen Vorrath an geläutertem Rohstahleisen verschafft hatte, wurde
                              die Zustellung des Rohstahlfeuers ganz so eingerichtet wie zu St. Gallen, woselbst
                              die steierische Frischmethode stattfindet. Der Formzaken, so wie der Gichtzaken,
                              waren 21 Zoll lang, der Hinterzaken und das Seitenblech 28 Zoll. Sie bildeten mit
                              einander rechte Winkel; der Formzaken ragte um 2 Zoll in das Feuer, der Gichtzaken
                              eben so viel aus demselben. Ueber dem Hinterzaken (Wolfseisen) stand aufwärts eine
                              Platte zum Zusammenhalt des Feuers. Die Form stand 4 Zoll über dem Formzaken in das
                              Feuer hervor und hatte eine Neigung von 17°. Die senkrechte Entfernung der Form von der Sohle
                              des Herds betrug 14 Zoll. Nach erfolgter Zustellung wurde der Herd mit
                              Buchenkohlenlösche gefüllt. Das Abheizen zur Bildung eines Bodens geschah von
                              Schreistüken, welche vom lezten Schrei nach loher Art vorräthig waren.
                           Man schmolz nun von dem geläuterten Rohstahleisen nieder, erhielt aber keine Luppe,
                              sondern die Masse blieb flüssig und mußte als Sauerböden ausgehoben werden. Man
                              wiederholte die Versuche, nachdem man zu Anfang eines Bodens Luppenabfälle anwandte.
                              Dadurch erhielt man einige Luppen, deren Stahl aber schwer brach und aus Mittelkür
                              bestand. Nach Verlauf einer Woche legte man unter die Lösche kalte Schlakenstüke,
                              worauf sich der Boden ansezte. Durch dieses Mittel war es nunmehr leicht einen sehr
                              schönen, selbst minder eisenhaltigen Edelstahl als zu St. Gallen zu gewinnen.
                           Der Unterschied des Erfolgs der Siegener und der Frischarbeit zu St. Gallen zeigte
                              sich vorzüglich darin: daß sich die Schreistüke, wenn sie auch einen Edelstahl von
                              eben so gutem Korn als dort gaben, nicht so schnell unter dem Hammer ganz machen
                              ließen, und stets mehr Hize als dort nöthig hatten. Der Stahl verhielt sich zäher
                              als der gewöhnliche Siegener, aber nicht so zäh als der von St. Gallen, obgleich die
                              Methode dieselbe war. Die geplätteten Stahlstüke nach der steierischen Methode waren
                              auf den schmalen Seitenkanten rauh;Dieß zeigt aller Siegensche Rohstahl wegen eines Kupfer- und
                                    Schwefelgehalts. die wirklich steierischen Stahlstüke erhalten dagegen beim Plätten glatte
                              Seitenkanten.
                           Ueberseztes oder ungahres Roheisen, unmittelbar im Hohofen erzeugt, wird im
                              Siegenschen deßhalb nicht dargestellt, weil bei den dasigen Hohöfen ein anhaltender
                              Rohgang, wie er zu Vordernberg bei den dortigen reinen Erzen möglich ist, nicht
                              ausführbar seyn würde. Selbst zu Turrach in Steiermark muß ein Läutern des Roheisens
                              vorgenommen werden, weil die dortigen Erze sich ebenfalls nicht dazu eignen den
                              Hohofen hinlänglich ungahr zu halten. Dennoch ward der Versuch ausgeführt, ein
                              ziemlich ungahres Roheisen aus dem Grunde Seel- und Burbach ungeläutert zur
                              Rohstahlbereitung nach steierischer Art zu verwenden. Man erhielt von den
                              verschiedenen Frischarbeiten aus 1769 Pfd. geläutertem Stahlberger Rohstahleisen und
                              515 Pfd. Nebeneisen vom Grunde Seel- und Burbach 1726 Pfd. Edelstahl.
                              Mittelkür kommt bei dieser Methode in der Regel nicht vor, sondern ein reiner und
                              ein mit Eisentheilen gemengter Stahl. Lezterer heißt Mok, wogegen die Siegener
                              Mittelkür ein mehr entkohlter Edelstahl ist, der meistens frei von Eisentheilen, also gewissermaßen als
                              ein Mittelproduct zwischen Stabeisen und Stahl zu betrachten ist. Das Ausbringen
                              betrug 75,5 Proc. Rohstahl. Der Kohlenverbrauch war sehr groß und betrug 45,6 Tonnen
                              oder 324,5 Kubikfuß für 1000 Pfd. Stahl. Zu Lohe ist der Verbrauch nur 25 Tonnen =
                              178 Kubikfuß, weil das Frischen und Wärmen ganz im Herde, bei der steierischen
                              Methode aber das Wärmen im Herde, das Frischen aber über
                              demselben, d.h. über der Form stattfindet, weßhalb der Kohlenverbrauch wohl fast
                              doppelt so groß seyn konnte. Man hatte bei den Versuchen die Düsen- und
                              Formmündung gerade so angenommen wie in Steiermark, wo das Frischen bei Tannenkohlen
                              bewerkstelligt wird.
                           Die steierischen Frischmethoden erfordern sämmtlich viel Brennmaterial und sind daher
                              auch nur bei wohlfeilen Holzpreisen ausführbar. Zu St. Gallen werden auf 1000 Pfd.
                              Rohstahl 324,1 Kubikfuß Kohlen verbraucht.
                           Das Läutern des Rohstahleisens und das Frischen des Rohstahls geschah bei der im
                              Siegenschen gewöhnlichen Balgenvorrichtung, nämlich bei zwei Spizbälgen. Um aber
                              auch zu erfahren, wie sich die Beschaffenheit des Stahls und der
                              Materialienverbrauch bei einer Düse nach steierischer
                              Methode verhalten würde, legte man eine solche in die Form und leitete den Wind aus
                              dem benachbarten zur Speisung des Hohofens dienenden Cylindergebläse. Mit
                              Beibehaltung der bisherigen Form wendete man eine Düse von 1 1/2 Zoll im Durchmesser
                              an, eine Weite, wie sie auf dem Hammer zu Katsch bei Murau bei der dortigen
                              steierischen Methode stattfindet, wo mit Tannenkohlen bei einer Düse geläutert und
                              gefrischt wird.
                           Es wurden zuerst 390 Pfd. von dem in Siegen angekauften Nebeneisen geläutert. Als man
                              dadurch sich mit der Operation vertraut gemacht hatte, schritt man zum Läutern des
                              Spiegeleisens. Man schmolz die Herdgrube nach und nach voll, und ließ dann den Wind
                              noch eine halbe Stunde blasen. Von vier Einschmelzen erhielt man ein weißstrahliges
                              Product, welches zu sogenannten Böden gerissen ward. Das Ausbringen betrug
                              83–85 Proc. – Nächstdem ward selbsterblasenes Nebeneisen
                              (weißstrahliges) von den Müsener Nebengruben geläutert. Man bedurfte kaum 1/4 Stunde zum Läutern nach dem Einschmelzen, um das
                              Material in einen geschmeidigen Zustand zu bringen. Die Operation ging rascher. Das
                              Ausbringen betrug bei drei Einschmelzen 92 Proc. oder der Abgang war nur 8 Proc. Die
                              eine Düse hat auf das Ausbringen günstig, aber
                              ungünstig auf den Kohlenverbrauch gewirkt, denn es wurden 11,14 Kubikfuß auf 100
                              Pfd. geläutertes Rohstahleisen verwendet.
                           
                           Man schritt nun zum Frischen nach der steierischen Methode. Es wurden mehrere Schreie
                              sowohl mit geläutertem Spiegeleisen, als auch mit dem geläuterten Nebeneisen
                              gemacht. Der Herd war 3 Zoll breiter gemacht worden, als bei dem vorigen Frischen
                              bei zwei Düsen. Das Frischen bei einer Düse fand seine
                              Schwierigkeit; der Wind aus dem Cylindergebläse hatte anfangs eine Pressung von
                              2–3 Zoll Queksilbersäulenhöhe. Die Düse hatte eine Weite von 1 1/2 Zoll. Man
                              gab der Form zuerst eine Neigung von 17°. Das Frischen ging dabei zu rasch
                              vor sich und es erzeugte sich zu viel Eisen im Stahl, bei sehr großem
                              Kohlenverbrauch, indem der Proceß nicht im Herde, sondern über der Form in den
                              Kohlen vor sich geht. Man stellte daher die Pressung auf 12–20 Decimallinien,
                              und legte wegen des dabei noch zu großen Windquantums eine engere Düse ein, um das
                              zu rasche Frischen zu verhindern. Die Form erhielt eine Neigung von nur 14°.
                              Dadurch wurde der Gang minder gahr, das Frischen hatte einen regelmäßigen Fortgang,
                              aber der Kohlenverbrauch blieb sehr groß. – Der Stahl war zäher als der
                              gewöhnliche, allein er enthielt auch mehr Eisentheile als der bei zwei Düsen
                              dargestellte.
                           Die größere Weite des Herds gab zufällig (wie es bei dem Murauer Proceß Regel ist)
                              Veranlassung zur Bildung eines Sauers unter dem Schrei
                              (nämlich eines flüssigen, sehr dem Stahl genäherten Rohstahleisens). Dieser Sauer
                              wurde in Broken ausgehoben und zu dem nächsten Luppenmachen wieder mit verbraucht,
                              um dem Stahl die möglichste Zähigkeit zu ertheilen, die er zwar in hohem Grad
                              erlangte, darin jedoch – wie sich bei dem Bearbeiten der Luppenstüke zeigte
                              – dem Stahl von St. Gallen nachstand. Dort werden die Stüke einer Luppe in 1
                              1/2 Stunde fertig gemacht und in Stangen ausgezogen, während diese Arbeit in Siegen
                              für jedes Stük, wegen geringerer Schweißbarkeit, zwei Schweißhizen mehr kostet und
                              zweimal so lang dauert.
                           Im Ganzen wurden verfrischt
                           
                              
                                 an geläutertem Spiegeleisen
                                 1576 Pfd.
                                 
                              
                                 an geläutertem selbsterzeugten
                                    Nebeneisen
                                   498   –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 2074 Pfd.
                                 
                              
                           und ausgebracht
                           
                              
                                 an Edelstahl
                                 1090 Pfd.
                                 
                              
                                 an eisenhaltigem Stahl
                                   368   –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 1458 Pfd.
                                 
                              
                           Es wurden also 70 Proc. Rohstahl, und diese mit einem Kohlenaufwande von 50 3/4
                              Tonnen für 1000 Pfd. Rohstahl gewonnen.
                           
                           Als Gegenversuch ward geläutertes Spiegeleisen nach der
                              Loher Frischmethode angewendet, um den zu gewinnenden
                              Rohstahl mit dem gewöhnlichen Siegener und mit dem nach steierischer Methode
                              angefertigten vergleichen zu können. Man schmolz wie gewöhnlich in sieben Heißen
                              ein. Dabei fand aber ein sehr großer Eisenverlust statt.
                           Das sehr entkohlte Rohstahleisen gibt bei der Loher Frischmethode viele und sehr
                              gahre Schlake, welche das Gahren sehr befördert. Der Wind arbeitet dabei stets unter
                              der Form auf die eingeschmolzene Masse. Bei der steierischen Methode wird von der
                              Heiße tropfenweise über der Form, durch die Kohlen gegen die Oxydation geschüzt,
                              abgeschmolzen; das Abgeschmolzene gelangt sogleich im festen Zustand in den
                              Herd.
                           An Kohlen wurden ungleich weniger als nach der steierischen Art, nämlich für 1000
                              Pfd. Rohstahl 28,1 Tonnen verbraucht. Der erhaltene Rohstahl verhielt sich im
                              Aeußern wie der nach der steierischen Methode dargestellte. Man hatte 1814 Pfd.
                              geläutertes Rohstahleisen verfrischt und daraus erhalten:
                           
                              
                                 Edelstahl
                                 685 Pfd.
                                 
                              
                                 Mittelkür
                                 204   –
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 889 Pfd.
                                 
                              
                           Nachdem man hinreichende Vorräthe von dem nach steierischer Art gefrischten Rohstahl
                              aus Siegener Flossen gewonnen und zugleich die Erfahrung gemacht hatte, daß bei der
                              Fortsezung der Versuche, durch größere Uebung der Arbeiter, zwar noch günstigere
                              ökonomische Resultate erlangt werden könnten, daß es jedoch kaum möglich seyn werde,
                              den steierischen Proceß mit einem so geringen Aufwand an Brennmaterial als bei dem
                              Siegener Verfahren einzuführen, so schritt man zur nähern Prüfung der erhaltenen
                              Producte. Zur Vergleichung ward auch Rohstahl aus Vordernberger Flossen, zu St.
                              Gallen gefrischt, und Rohstahl von Murau angewendet.
                           Die unter dem Raffinirhammer untersuchten Stahlarten bestanden aus folgenden
                              Sorten:
                           1) Rohstahl aus geläutertem Loher Spiegeleisen bei einer
                              Düse nach der steierischen Methode gefrischt.
                           2) Meißelstahl von Vordernberg bezogen.
                           3) Rohstahl aus geläutertem Loher Spiegeleisen nach der steierischen Methode bei zwei
                              Düsen gefrischt.
                           4) Rohstahl aus geläutertem Spiegeleisen von Lohe nach der Siegenschen Methode
                              gefrischt.
                           5) Rohstahl aus strahligem Rohstahleisen vom Grunde Seel- und Burbach (aus sogenanntem
                              Nebeneisen), nach der steierischen Frischmethode dargestellt.
                           6) Rohstahl, unmittelbar von Murau aus Steiermark bezogen.
                           7) Gewöhnlicher Rohstahl von St. Gallen (aus Vordernberger Flossen).
                           Von jeder Sorte wurden nur 40 Pfd. angewendet, so viel nämlich zu einer Zange oder zu
                              einer Garbe erforderlich sind. Das Anwärmen der Stüke zum Plätten bis zur Gelbhize
                              geschah in einem aus bakenden Steinkohlen gebildeten gewölbartigen Raume, wie er
                              überall in der Grafschaft Mark üblich ist. In der Regel waren die durch das erfolgte
                              Plätten erhaltenen Rippen noch kirschroth, als sie in die Härte kamen. Sämmtlich
                              rauh auf den Seitenkanten waren die Rippen vom Siegenschen Rohstahl, am mindesten
                              rauh die von Nr. 1. Beim Murauer Stahl Nr. 6 erhielten mehrere Rippen ebenfalls
                              rauhe Stellen auf den Seitenkanten, obgleich sich im Ganzen die Schienen glatt
                              anfühlten, ungeachtet dieser Glätte die schmalen Seiten aber sämmtlich schwarz
                              waren. – An den Rippen vom Vordernberger Stahl Nr. 2 und Nr. 7 waren die
                              Seitenkanten ohne Ausnahme sämmtlich blaugrau und völlig glatt.
                           Die Rippen von jeder Sorte wurden nun zu einer Garbe (Zange) zusammengelegt, die
                              verschiedenen Garben nach einander in den Wärmofen gebracht, in gleich starker
                              gelber Temperatur zu Stangen ausgerekt, dann in der Mitte umgebogen, nochmals in den
                              Ofen gebracht und zulezt zu Raffinirstahl in Stäben von 1 1/2'' Breite und 1/2''
                              Dike ausgezogen. An dem einen Ende eines jeden dieser Stäbe ward, nach vorheriger
                              Erhizung, ein Stäbchen von 1/2 Zoll im Geviert ausgerekt, in gleicher Temperatur
                              gehärtet, worauf alle Stäbchen in gleichen Entfernungen von dem Stabe abgeschlagen
                              wurden. Diese Stäbchen zeigten alle auf jeder Fläche eine
                              silberhelle Farbe, und auch auf der Bruchfläche waren sie durch das Korn nicht zu
                              unterscheiden.
                           Aus den raffinirten Stahlsorten wurden nun Sensen geschmiedet.Die Fabrikation der Sensen aus bloßem Stahl,
                                    ohne Plattirung mit Eisen, ist der wahre Probirstein für die Härte,
                                    Geschmeidigkeit und Zähigkeit des Stahls. Bei der Fabrication der mit Eisen
                                    plattirten Sensen wird in der Grafschaft Mark in folgender Art verfahren: es
                                    wird reiner Edelstahl (der beste ist vom Stahlberger Stoff) für sich
                                    geplättet; derselben Behandlung wird die Mittelkür unterworfen. Alsdann wird
                                    eine Garbe zum Raffiniren, bestehend aus diesen beiden Sorten, so wie aus
                                    zähem und gutem Eisen, in der Art zusammengesezt, daß unten eine Rippe von
                                    10 Pfd. Eisen, dann auf diese Mittelkür-Rippen, sodann die Rippen von
                                    Edelstahl zu liegen kommen, und zwar im Verhältniß der Mittelkür zum
                                    Edelstahl wie 2 : 1. Die ganze Zange wiegt 50 Pfd. Dieser Zange oder Garbe
                                    wird die Schweißhize gegeben, daraus eine Stange ausgestrekt, dieselbe
                                    umgebogen und nochmals in eine Stange ausgerekt, so daß die beiden
                                    Oberflächen der Stange aus Eisen und die Mitte aus Edelstahl besteht. Dieser Stab
                                    wird sodann in die für die Sensen erforderlichen Längen zerschnitten und aus
                                    diesen werden die Sensen gezogen. Da die Sensen selbst sehr dünn ausgestrekt
                                    werden, so bildet auch das Eisen auf beiden Seiten nur einen dünnen
                                    Ueberzug. Weil nun, bei der Art des Umbiegens des geschweißten Stabes, Stahl
                                    die Schneide bilden muß und die äußeren Flächen nur etwa aus 1/10 Eisen
                                    bestehen, so kann dieses den Schnitt nicht merklich beeinträchtigen. Durch
                                    die Anwendung des Eisens erhalten die aus den so zusammengesezten,
                                    ausgeschweiften und zu Stäben ausgezogenen Garben angefertigten Sensen aber
                                    einen dumpfen Klang, wogegen die steierischen Sensen einen ganz hellen Klang
                                    besizen. – Ungeachtet aller Sorgfalt bei der Sensenfabrication
                                    betragen die fehlerhaften und zum Ausschuß geworfenen Sensen dennoch oft 10
                                    Proc., weil sie, um das Klöppern auszuhalten, häufig noch zu spröd sind. Das
                                    übrige Verfahren stimmt mit dem steierischen ziemlich überein, nur daß dort
                                    alle Operationen bei Holzkohlen geschehen, während sie in der Mark und in
                                    Remscheid in der Regel bei Steinkohlen ausgeübt werden. In den Sensenhämmern
                                    Hrn. Bernhard
                                       Hasenclever's beobachtet man die Vorsicht, das Anwärmen, vor
                                    dem Härten in Unschlitt, bei Holzkohlen zu bewirken, weil bei Steinkohlen
                                    die Hize oft zu groß ausfällt, wodurch sich die Sensen bei dem nachherigen
                                    Härten, statt milde, sehr spröde zeigen. In Steiermark geschieht das Bläuen
                                    (Anlaufenlassen) über einer Holzkohlenflamme, welche mit gleichmäßiger Hize
                                    einwirkt, während es in der Mark und in Remscheid durch Bestreuen mit heißem
                                    Sand bewirkt wird, wodurch einige Stellen blauer als die andern ausfallen,
                                    die Hize also ungleich einwirkt und folglich die Sense nicht an allen
                                    Stellen gleiche Geschmeidigkeit erhalten kann.Zusäzlich ist zu bemerken, daß bei der Fabrication der Sensen in Steiermark
                                    zwar niemals Eisen zum Plattiren angewendet wird, daß man sich aber auch
                                    niemals des besten und härtesten Stahls allein,
                                    als Material bedient, sondern daraus nur die Schneide der Sensen bereitet,
                                    zu dem Rüken aber Mok (eisenhaltigen Stahl) anwendet. Edelstahl und Mok
                                    werden auch dort, eine jede Sorte für sich, raffinirt, worauf man die Rippen
                                    zu einer Zange oder Garbe zusammenlegt, in Walzenform zusammenschweißt und
                                    sodann in der Art ausrekt, daß die Schneide der Sense ganz aus Edelstahl und
                                    der Rüken derselben aus Mok besteht.
                               Bei den Versuchen zur
                              Ermittelung der größeren oder geringeren Zähigkeit und des zarten Schnitts schien es
                              angemessen, die Sensen bloß aus raffinirten Stahlsorten (ohne Eisen) anfertigen zu
                              lassen. Unter allen Sorten – von jeder Sorte wurden zwei Sensen angefertigt
                              – zeigten sich, beim Ausbreiten, die Sorten Nr. 6, 7 und 2 am zähesten;
                              sodann Nr. 1, welche zäher als alle andern Sorten vom Siegenschen Stoffe war und den
                              vorigen nahe stand. Im Ganzen war der Meister mit der Zähigkeit sämmtlicher Sensen
                              bis dahin zufrieden.
                           Nachdem alle Sensen zum Härten fertig waren, wurden sie dieser Operation unterworfen,
                              nämlich in einem besondern Wärmofen gelbroth gemacht, dann in geschmolzenes heißes
                              Unschlitt gestekt, solches davon abgestrichen, alsdann die Sensen in Kohlenlösche
                              gestekt, einen Augenblik wieder in den Wärmofen gehalten und hierauf in kaltes
                              Wasser eingehauen. Diese lezte Operation, ein bewährtes Mittel zur Prüfung großer
                              Zähigkeit, hielten nur die Sensen vom Vordernberger Stoffe Nr. 7 unversehrt aus,
                              dagegen bekamen die übrigen mehr oder weniger Risse.
                           Nach dem Härten wurden die Sensen gebläuet mit Beschütten von heißem Sande und alsdann
                              geklöppert. Unter dem Klöpperhammer, unter welchem durch außerordentlich viele,
                              schnell wiederholte Schläge auf die breiten Flächen der Sensen alle Unebenheiten
                              derselben weggebracht werden müssen, erhielten die Sensen am Rüken Risse und wurden
                              deßhalb Ausschuß: alle Sensen vom Siegenschen Stoff, bis auf eine von Nr. 5, so wie
                              auch die beiden Sensen vom Murauer und es blieben bis zur gänzlichen Verfertigung
                              nur unversehrt: die beiden Sensen vom Vordernberger Stoff Nr. 7, so wie auch die von
                              Nr. 2 nebst der eben erwähnten von Nr. 5, nämlich vom Nebeneisen vom Grund
                              Seel- und Burbach.
                           Dadurch bewies sich also der Vordernberger Stahl allein als völlig haltbar, denn
                              selbst der von Murau war zum Springen geneigt, und es ist hiedurch zugleich der
                              große Unterschied in der Zähigkeit und Haltbarkeit des Vordernberger Stahls gegen
                              den inländischen dargethan, indem aller inländische Stahl erst mit Eisen belegt seyn
                              muß, um die Sensenoperationen zu bestehen, während der Vordernberger sie an und für
                              sich aushält. Es leuchtet aber auch aus den Erfolgen dieser Proben ein, daß weil
                              sich das Korn der vierkantig ausgezogenen Stäbchen beim steierischen und Siegener
                              Stahl auf der Bruchfläche völlig gleich verhielt, nicht der Grad der Gahre oder die
                              Arbeitsoperationen, sondern eine fremdartige Beimengung die Sprödigkeit des
                              inländischen Stahls veranlassen müsse.
                           Auch in der bessern Schweißbarkeit fanden die Hagener
                              Arbeiter, welche Ambosse anfertigen, einen bedeutenden Unterschied zwischen dem
                              steierschen und dem inländischen Rohstahl.
                           Den vier unversehrt gebliebenen, so wie den am Rüken nicht stark aufgerissenen
                              Sensen, nämlich einer von Nr. 5, einer von Nr. 1, einer von Nr. 6 und einer von Nr.
                              3, wurde nun durch Klopfen mit dem Handhammer an der Schneide der Schnitt gegeben,
                              welche Operation sie ohne weitere Verlezung aushielten. Sodann wurden sie
                              geschliffen und nunmehr auf die Zartheit des Schnitts probirt. Diese Probe ward
                              durch einen Grasmäher bewerkstelligt, welcher mit jeder Sense, ohne daß ihm bekannt
                              war von welchem Stoff sie sey, einige Minuten lang mähen mußte.
                           Von allen Sensen behielt Nr. 3, nämlich diejenige, deren Stoff aus Loher geläutertem
                              Spiegeleisen mit zwei Düsen erzeugt war, den Vorzug. Dann folgten Nr. 2, 6 und 7,
                              endlich die Sensen vom Vordernberger und Murauer Stoff. Am mindesten schnitten die
                              Sensen vom Grunde Seel- und Burbach. – Aus diesen Vergleichungen geht
                              also hervor, daß der Schnitt bei Sensen vom inländischen Stahl eben so gut seyn
                              kann, als bei den steierischen. Die mindere Anwendbarkeit liegt nur darin, daß ihnen
                              nicht die Ductilität bei
                              gleicher Härte, ohne den Mitgebrauch des Eisens, gegeben werden kann. Die
                              Mitanwendung des Eisens hat auch noch das Nachtheilige, daß der Klang der
                              inländischen Sensen nie so hell als der der steierischen ist.
                           Im Allgemeinen ergab sich aus den Versuchen, daß bis jezt nur der Vordernberger
                              Stoff, wenn er allein angewendet wird, untadelhafte Sensen liefert, und daß, so
                              lange dem inländischen Stahl die ihn charakterisirende Sprödigkeit nicht benommen
                              ist, welche sogar der Murauer Stahl noch theilweise besizt, die inländische
                              Sensenfabrication gegen die Vordernberger zurükstehen wird.
                           Wenn auch der Mäher den Schnitt aller Sensen als zart und sanft anerkannte, so
                              erklärte er doch Sensen, die in Steiermark und in Tyrol selbst angefertigt waren und
                              welche ihm zum Mähen zulezt übergeben wurden, für zarter als alle anderen, d.h. für
                              zarter als die aus Vordernberger Stoff bereiteten. Und daraus dürfte hervorgehen,
                              daß der Unterschied in der Zartheit des Schnitts zwischen den Sensen, die aus
                              Steiermark bezogen werden, und denen aus Vordernberger Stoff in Hagen angefertigt,
                              nothwendig in der Verschiedenartigkeit der Fabrication zu suchen ist, weßhalb
                              wiederholte Versuche mit Vordernberger Stoff zur Ausmittelung des für jede Operation
                              passendsten Temperaturgrads, besonders bei dem Härten, zulezt auf eine
                              Uebereinstimmung in der Güte führen müssen, besonders wenn das Anwärmen in kleinen
                              Reverberiröfen vorgenommen wird, um zu verhindern, daß die schwefelkieshaltigen
                              Steinkohlen die Sensen selbst nicht unmittelbar berühren, wie dieß jezt bei dem
                              Breiten- und dem Rükenklopfen noch der Fall ist.
                           Um die verschiedenen Stahlsorten auf ihre Härte und Anwendbarkeit zu Stahlwaaren zu
                              untersuchen, wurden aus den raffinirten Stahlstäben Hobeleisen, sogenannte
                              Schrobhobeleisen mit convexem Schnitt, sodann auch Schlichthobeleisen mit ebenem
                              Schnitt angefertigt. Zuerst wurden die Hobeleisen nach und nach von einem
                              Tischlermeister in den Hobel gespannt und dann damit auf Holz gehobelt, wobei
                              diejenigen Hobeleisen für die besten erklärt wurden, welche bei gleichen Hobelzeiten
                              am wenigsten stumpf wurden. Als Resultat ergab sich, daß die Hobeleisen sämmtlich
                              einen äußerst sanften, reinen Schnitt hatten, so daß sie sich, wenn sie nicht einer
                              zu starken Probe unterworfen wurden, kaum merklich von einander unterscheiden
                              ließen. Dieß veranlaßte den Meister, sie eine härtere Probe bestehen zu lassen, und
                              zwar auf einem glatten Eisenstük von etwa 3/4 Zoll Länge. Dieses Eisen wurde in die
                              Hobelbank gespannt. Sämmtliche Hobeleisen zogen lange Späne davon ab, und es konnten
                              viele Züge gethan werden, ehe die Hobeleisen stumpf wurden. Diejenigen Hobeleisen, welche am
                              schnellsten stumpf wurden, waren die minder harten. Das Resultat bestand darin, daß
                              in der Ausdauer und in der Zartheit des Schnitts die Hobeleisen aus den Siegenschen
                              Stahlsorten denen vom steierischen Stahl nicht nachstanden und vollkommen damit
                              wetteiferten.
                           Um zulezt noch zu untersuchen, ob sich die Siegenschen Stahlsorten auch zu Meißeln
                              (Beuteln) für das Feilenhauen eignen würden und mit den wirklichen steierischen die
                              Probe bestehen könnten, wurden von allen Stahlstangen Meißel gefertigt, auf gleiche
                              Weise gehärtet und dann Feilen mit ihnen gehauen, wobei sich ergab, daß die Meißel
                              von Nr. 1, 6 und 2 das Hauen von zwölf 10'' langen Feilen gleich gut aushielten,
                              ohne daß eine Beschädigung auf der Schärfe zu sehen gewesen wäre. Nr. 3 hielt das
                              Hauen von zwei solcher Feilen aus. Nr. 5 wurde bei 2/3 einer Feile schon beschädigt;
                              Nr. 4 schon bei 1/4; Nr. 7 schon bei 1/10.
                           Daraus ergibt sich, daß Nr. 1, nämlich der aus Stahlberger Stoff auf steierische Art
                              bei einer Düse erzeugte Stahl in seiner Güte und Härte die Probe mit Nr. 6, nämlich
                              mit dem Murauer Stahl, bestand, und selbst mit Nr. 2 als dem doppelt raffinirten
                              Vordernberger Meißelstahl; daß ferner Nr. 3, nämlich der aus Stahlberger geläutertem
                              Rohstahleisen nach steierischer Art erhaltene Stahl, so wie Nr. 5 oder der aus
                              ungeläutertem Rohstahleisen vom Grunde Seel- und Burbach nach steierischer
                              Art bereitete, und Nr. 4, der aus geläutertem Stahlberger Rohstahleisen nach Loher
                              Art dargestellte Stahl, sich besser verhielten als Nr. 7, oder als der aus
                              Steiermark selbst bezogene Vordernberger Stahl, der sich am allerweichsten
                              verhielt.
                           Außer den hier mitgetheilten Proben und Versuchen mit Rohstahl aus Siegenschem Rohstahleisen, welches nach steierischer Methode zu Lohe gefrischt worden war, so wie
                              mit Rohstahl aus Vordernberger Flossen, aus welchen zu
                              Lohe Rohstahl nach Siegenscher Methode dargestellt worden, sind noch mehrere
                              ähnliche Proben mit jenen Rohstahlsorten vorgenommen worden. Sie haben sämmtlich zu
                              dem Resultate geführt, daß der Rohstahl aus Siegenschen (Stahlberger) Erzen, ob er
                              gleich durch das Auge auf der Bruchfläche von dem steierischen Stahl nicht zu
                              unterscheiden war, doch in der Zähigkeit dem leztern sehr nachsteht, und daß der
                              Unterschied im Verhalten durchaus nicht in der Frischmethode, sondern in den
                              Beimengungen von Schwefel, besonders von Kupfer, mit welchen der Siegener Stahl
                              verunreinigt ist, zu suchen sey.
                           Es blieb nun noch zu untersuchen, ob vielleicht die Kärnthner Frischmethode, wie sie zu Murau ausgeübt wird, eine Aenderung in
                              den Eigenschaften des Stahls veranlasse, weil bekanntlich bei dieser Methode der sogenannte Sauer mit
                              angewendet und die Operation auf einem stahlartigen Boden vorgenommen wird, indem
                              die eingeschmolzenen Platteln durch gahrende Zusäze zum Gerinnen gebracht werden. Es
                              ward daher ein Rohstahlherd zu Lohe nach Kärnthner (Murauer) Art eingerichtet.
                           Das Feuer war vom Formzaken bis zum Gichtzaken 24 Zoll breit, vom Hinterzaken bis zum
                              Vorderzaken 25 Zoll lang; der Formzaken neigte sich 2 Zoll in den Herd; die Form lag
                              in der Mitte desselben und hatte eine Neigung von 8 Graden. Das Formauge war 16
                              Linien lang und 12 Linien hoch. – Die Herdzaken standen auf einer vom untern
                              Rande des Formauges 13 Zoll tief liegenden horizontalen Platte. Die beiden Düsen
                              hatten ein rundes Auge von 15 Linien Durchmesser und lagen 3 Zoll weit vom Auge
                              entfernt. – Nachdem der Herd zugestellt und hinten mit einer ausziehbaren,
                              auf dem Hinterzaken vertical stehenden Feuerplatte versehen war, wurde der
                              Aschenherd geschlagen. Zu dem Ende versuchte man Buchenkohlen zu verbrennen anstatt
                              Tannenkohlen, welche nicht vorhanden waren; man fand aber bald, daß diese Art
                              Einäscherung zu langsam vor sich geht, denn während zu Murau von 4 Uhr Nachmittags
                              bis Mitternacht ein Aschenherd fertig wird, waren hier 12 Stunden Zeit dazu
                              erforderlich, also für 3 Schreie, die in 24 Stunden angefertigt werden müssen, würde
                              die Zeit nicht ausgereicht haben. – Es mußten daher Reiser allmählich so
                              lange verbrannt werden, bis hinreichend Asche mit untermengtem Kohlenklein gesammelt
                              war, um den Herd schlagen zu können. Nachdem dieß geschehen war, unternahm man
                              zuerst das Läutern von den Salchendorfer Masseln, welche aus reinem manganhaltigem
                              Brauneisenstein ablasen waren. Es wurden zwei Masselstüke von etwa 3' Länge
                              vorgeschoben, allmählich eingeschmolzen, und nachdem man den Wind eine halbe Stunde
                              auf solche hatte wirken lassen, wurde die geläuterte Masse in zwei Böden
                              ausgehoben.
                           Darauf ward ein neuer Aschenherd geschlagen, weil der gebrauchte zu stark angegriffen
                              war, und das Schreimachen vorgenommen. Zuerst wurden 50 Pfd. Platteln, von welchen
                              in der Hohofenhütte ein Vorrath gerissen worden war, allmählich eingerennt, und als
                              diese nach einer halben Stunde in Fluß gekommen waren, die Kohlen hinter dem
                              aufgezogenen Schieber aus dem Herde geräumt, die Schlake, so wie sie erstarrte,
                              scheibenweise abgehoben, bis sich das geschmolzene Rohstahleisen zeigte. In dieses
                              wurden mit einer Birkenstange vier Schaufeln voll Hammerschlag eingerührt, bis es
                              völlig zum Erstarren gebracht war und sich in der Consistenz eines mürben Käses
                              zeigte, womit man in Steiermark diesen Zustand bezeichnet. Von der erhaltenen Masse ward
                              ein Häufchen vor die Form gebracht, die Kohlen wurden wieder in den Herd gezogen und
                              das Gebläse angelassen. Man bemerkte dabei jedoch, daß der Aschenherd schon sehr
                              tief ausgearbeitet war, so daß man sich keinen günstigen Erfolg beim Schreimachen
                              versprechen konnte. Es mußte bei den Buchenkohlen ein stärkerer Wind als bei
                              Tannenkohlen angewendet werden, damit sie sich am Hinter- und Formzaken
                              schnell entzündeten. Aber dadurch wurde (eine Erfahrung, die man auch in Steiermark
                              gemacht hat) die Hize im Herde vor der Form zu groß. Als daher das Häufchen vor der
                              Form vertrieben war, hatte sich auch der Aschenherd schon sehrst arksehr stark ausgearbeitet, der Stahlmassenboden bildete sich zu tief und die auf ihn
                              niederträufelnde Garbe konnte nicht zum Gerinnen kommen. Es war daher nach
                              mehrstündigen Versuchen nicht mehr möglich zum Schrei zu gelangen. Der Betrieb mußte
                              eingestellt, die Kohlen mußten abgeräumt und die dünne Masse als Böden aus dem Herde gehoben werden. – Es wurde nun
                              ein zweiter Aschenherd geschlagen und dieselbe Operation wiederholt, aber mit
                              demselben Erfolge. Auch ein dritter Aschenherd hielt nicht aus.
                           Da man hiedurch die Ueberzeugung gewonnen hatte, daß ein Aschenherd bei Kohlen aus
                              Buchenholz nicht hinreichende Haltbarkeit gewähre, so versuchte man – nach
                              Analogie des im Württembergischen üblichen Verfahrens, woselbst man einen Herdboden
                              aus mit Lehmwasser angefeuchteter feingesiebter Kohlenlösche (Kohlenklein) anwendet
                              – einen Herdboden aus schwerem Gestübe, bestehend aus 3/4 Kohlenklein und 1/4
                              Lehm, mit Wasser so stark angefeuchtet, daß das Gemenge in der Hand ballet, zu
                              schlagen, wodurch der Zwek vollständig erreicht ward. Das Schreimachen ward in der
                              eben beschriebenen Art vorgenommen. Als 50 Pfd. Platteln eingeschmolzen und durch
                              Einrühren von Hammerschlag zum Erstarren gebracht worden, ward ein Häufchen vor die
                              Form zusammengezogen, die Kohlen wurden wieder in den Herd geräumt und das Gebläse
                              angelassen. Die bei den vorigen Frischversuchen erhaltenen Böden, welche schon
                              einige Gahre erlangt hatten, wurden allmählich über der Form in Zangen (als
                              sogenannte Garbe) niedergeschmolzen, wobei, wenn der Gang zu gahr werden wollte,
                              Platteln eingeschmolzen wurden. Nach Verlauf von 5 Stunden war der Schrei fertig,
                              welcher jedoch, so wie der darauf folgende zweite, einen zu zähen und weichen Stahl
                              gab. Ein dritter Schrei lieferte, bei größerer Uebung der Arbeiter, schon reineren
                              Stahl, der durchgängig beim Zerschlagen brach. Nachdem die Arbeiter eingeübt waren,
                              ward zum Läutern von Loher Spiegeleisen geschritten. Man ließ den Wind nach dem
                              Einschmelzen noch 5/4 Stunden auf die flüssige Masse wirken und hob sie dann in zwei Böden aus. Der
                              Stübeherd, welcher sich bei den drei Schreien gut gehalten hatte, war beim Läutern
                              einige Zoll tiefer geworden, weil die flüssige Masse zu lange auf demselben
                              gestanden hatte. Es wurde ein neuer Stübeherdboden geschlagen und bloß mit
                              Rohstahleisen aus Stahlberger Erzen gearbeitet. Die Schreie fielen sämmtlich gut
                              aus, der Stahl wurde zäh und hart, und es entstand nur wenig sogenannter Mok,
                              welcher mit der Loher Mittelkür übereinstimmt. Die Frischarbeit wurde mit stets
                              besseren Erfolgen fortgesezt; man bemerkte, daß die Anfertigung des Schreies
                              beschleunigt werde, wenn man anfänglich statt 50 Pfd. Platteln, 70 bis 80 Pfd.
                              einschmolz und die geschmolzene Masse mit 5 bis 6 Schaufeln Hammerschlag einrührte,
                              indem sich dann später der Stahlmasselboden als Unterlage zum Schrei besser bildete
                              und diker ausfiel, so daß man ohne Besorgniß den Schrei darauf anschmelzen (die
                              Gotta kochen) konnte.
                           Nach dem Herausheben des jedesmal ersten Schreies von einem neuen Stübeherd wurde der
                              zurükgebliebene Sauer (eine flüssige Masse von etwa 40–60 Pfd.) wieder
                              sogleich zu Hauf gebracht, und gab ohne Einrühren mit Hammerschlag den neuen
                              Stahlmasselboden durch bloßes Verblasen. War der Sauer größer, so hob man ihn als
                              Boden zu einem neuen Schrei aus, und schmolz wieder Platteln ein, welche mit
                              Hammerschlag eingerührt wurden. Man konnte 5 Schreie auf einem Stübeherd machen und
                              hätte noch einige darauf anfertigen können, wenn man, um neues Einschmelzmaterial zu
                              bekommen, nicht wieder hätte läutern müssen. Der Stübeherd ist also haltbarer als
                              der Aschenherd in Steiermark. Bei dem Läutern des Spiegeleisens reichte eine halbe
                              Stunde für den auf die geschmolzene Masse gerichteten Windstrom zur gehörigen
                              Entkohlung nicht hin. Die darauf folgende Frischarbeit erforderte eine zu große
                              Aufmerksamkeit von Seiten des schon durch das Ausschmieden in der Zeit beschränkten
                              Frischers, wenn er verhindern soll, daß die niederträufelnde zu rohe Garbe den Boden
                              nicht durchbohrt. Bei einem Frischen ward sogar einmal die ganze Masse im Herde
                              wieder aufgelöst. Eine dreiviertel-, selbst eine ganzstündige Wirkung des
                              stark geneigten Windstromes auf die geschmolzene Masse ist für Spiegeleisen durchaus
                              nöthig zum vollständigen Gelingen des Kärnthner Processes. Dadurch wird aber der
                              Kohlenverbrauch sehr groß und das Verfahren zu kostbar.
                           Man versuchte auch einen Schrei aus weißem ungeläutertem Nebeneisen, aus
                              manganhaltigem Brauneisenstein erblasen, zu bereiten, aber auch bei diesem Material
                              löste das Niederträufelnde die geronnene Masse wieder auf.
                           Der nach der Kärnthner Methode gewonnene Rohstahl selbst fiel, nachdem die Arbeiter
                              mit diesem Verfahren bekannter geworden waren, sehr gut aus, und der Zwek war daher insofern
                              erreicht, als es die Absicht war, den aus einem und demselben Rohstahleisen nach der
                              Kärnthner und nach der Siegener (Loher) Methode mit einander zu vergleichen.Man wird dem Loher Frischverfahren vor dem Kärnthner aus folgenden Gründen
                                    den Vorzug einräumen müssen:1) Die Loher Methode bewirkt in einer ununterbrochenen Folge, was die
                                    Kärnthner in verschiedenen Perioden erringt; denn das Einschmelzen und
                                    nachherige Gerinnen einer jeden Heiße bei der Siegen'schen Methode ist ein
                                    Läutern bis zu der Periode, wo bei der Kärnthner Methode das Rohstahleisen
                                    in Böden gerissen wird. Während aber diese Böden wieder erkalten, um
                                    schneller eingeschmolzen zu werden und zur Luppe zu gerinnen, geschieht
                                    dieses Gerinnen bei dem Siegen'schen Verfahren unmittelbar darauf in
                                    derselben Feuerhize. Wenn auch die Dauer von Schrei zu Schrei größer ist, so
                                    wird dagegen alle Zeit zum Läutern erspart.2) Bei der Siegen'schen Methode werden neun Schreie auf einem Herdboden
                                    angefertigt, während zu Murau nach der Kärnthner auf dem Aschenherde nur
                                    drei gemacht werden können und ein Aufenthalt von 8 Stunden nöthig ist, um
                                    wieder einen neuen Boden zu bilden, wogegen bei der Siegen'schen Methode der
                                    Proceß Tag und Nacht fortgehen kann und ein Bodenlegen nur 2 Stunden
                                    Abwärmezeit erfordert.3) Bei der Siegen'schen Methode werden ungleich weniger Kohlen verbraucht,
                                    indem das Verbrennen im Herdraume bei einer engen Form geschieht, während
                                    die für die Murauer Methode erforderliche stark geneigte Form viel weiter
                                    seyn muß, um doch oberhalb des Herdes eine zum Anwärmen der Schreistüke und
                                    zum Abschmelzen der Flossen nöthige Hize zu geben – Operationen,
                                    welche bei dem Siegen'schen Verfahren im geschlossenen Herde geschehen. Auch
                                    das Herdschlagen bei der Kärnthner Methode erfordert einen beträchtlichen
                                    Kohlenaufwand.4) Weil, wie sich weiterhin ergeben wird, durch das Verfrischen des
                                    Rohstahleisens aus Stahlberger Erzen ein eben so guter Stahl nach der
                                    Siegener als nach der Kärnthner Methode dargestellt werden kann, also kein
                                    Grund vorhanden ist, von einem minder kostbaren Verfahren abzugehen.
                              
                           Die Prüfung des nach der Kärnthner Frischmethode dargestellten Rohstahls aus
                              Siegen'schen Erzen hatte der Stahlfabrikant Hr. E. Elbers zu Hagen ebenfalls gefälligst
                              übernommen. Weniger zur Vergleichung, als wegen eines speciellen und örtlichen
                              Interesses, wurden zugleich noch einige andere Stahlsorten der Prüfung unterworfen.
                              Die verschiedenen Rohstahlsorten waren folgende:
                           
                              Nr. 1. Rohstahl aus Rohstahleisen, welches zu Lohe bei einem
                                 höchst ungahren Gange des Hohofens aus Stahlberger Erzen erblasen war.
                              Nr. 2. Rohstahl aus Spiegeleisen und aus ungahr geblasenem
                                 Rohstahleisen, aus Stahlberger Erzen erblasen.
                              Nr. 3. Rohstahl aus Rohstahleisen, aus Erzen von der Grube
                                 „Brüche“.
                              Nr. 4. Rohstahl nach der Kärnthner Methode aus Salchendorser
                                 manganhaltigem Brauneisenstein erblasen.
                              Nr. 5. Rohstahl nach der Kärnthner Methode aus Rohstahleisen
                                 gefrischt, welches aus Stahlberger Erzen gewonnen war.
                              Nr. 6. Rohstahl nach der Loher Frischmethode aus Rohstahleisen
                                 gefrischt, welches aus Erzen von der Grube Brüche erblasen war und wobei zur
                                 ersten Heiße gewöhnliches Nebeneisen angewendet ward.
                              
                           Bei dem Plätten zeigte sich Nr. 6 am rauhesten, wie auch zu erwarten war, indem der
                              dazu angewendete Rohstahl am meisten Kupfer enthielt.
                           Bei den früher erwähnten vergleichenden Versuchen mit Rohstahl, nach der steier'schen
                              und nach der Siegen'schen Methode dargestellt, waren die Sensen aus dem angegebenen
                              Grunde bloß aus Edelstahl angefertigt. Hr. Elbers zog es indeß vor, zu den jezigen Proben
                              zwar nur Edelstahl und keine Mittelkür zu verwenden, aber den Edelstahl mit
                              Stabeisen, wie es gewöhnlich geschieht, zu plattiren. Es ward daher eine
                              Eisenschiene von 12 Pfd. bei jeder Stahlsorte mit verwendet. Diese wurde bei der
                              Bildung jeder Zange zu unterst und dann die Rippen darauf gelegt, hierauf eine
                              Stange geschmiedet, solche herumgebogen und daraus ein Stab dargestellt, dessen
                              obere und untere breite Seite aus Eisen, wenn auch von unmeßbarer Stärke,
                              bestand.
                           Von den Stäben wurden 1–2' lange vierkantige Stäbchen ausgerekt, gehärtet und
                              abgeschlagen, um das Korn des Bruches zu vergleichen.
                           Nr. 1 und 2 zeigten sich in der Härte bei dem Verarbeiten wenig verschieden. Sie
                              besizen viel Kraft, d.h. sie lassen sich mehrfach raffiniren, ohne an Härte zu
                              verlieren, welches einen guten Stahl bekundet.
                           Nr. 3 und 6 zeigten sich beim Plätten und Raffiniren wenig verschieden von dem
                              gewöhnlichen Stahl, weßhalb zu erwarten ist, daß aus dem Brücher Erze, wenn es durch
                              Wässerung gereinigt seyn wird, ein zäher Stahl erfolgen werde.
                           Nr. 4 und 5 waren zäher als die anderen Stahlsorten, aber weniger hart; Nr. 5 jedoch
                              härter.
                           Nach dem Raffiniren wurden die erhaltenen Stahlstäbe, nachdem die ausgerekten
                              Stäbchen davon abgeschlagen waren, der Sensenfabrication übergeben und daraus Sensen
                              gefertigt, wovon, wegen Unterlassung des Mitgebrauchs von Mittelkür, welche die
                              spröde Härte des Sensenstahls mildert, mehr Sensen als gewöhnlich sprangen.
                           Am wenigsten sprangen die Sensen von nach der Kärnthner Methode gefrischtem Rohstahl,
                              nämlich von Nr. 4 und 5, so wie die von Nr. 1, weil das Rohstahleisen bei Nr. 4 und
                              5 vorher geläutert und bei Nr. 1 sehr ungahr geblasen war, alle drei also aus einem
                              dem Stahl schon
                              genäherten Rohstahleisen gefrischt waren und deßhalb sich zäher verhielten, weil sie
                              eine größere Gahre erlangt hatten.
                           Beim Schmieden der Sensen fand folgendes Verhalten statt:
                           
                              
                                 
                                 Gut geblieben.
                                 Gesprungen.
                                 Gefertigt.
                                 
                              
                                 Nr. 1.
                                       17
                                         3
                                     20
                                 
                              
                                  –   2.
                                       11
                                         9
                                     20
                                 
                              
                                  –   3.
                                         8
                                         9
                                     17
                                 
                              
                                  –   4.
                                       12
                                         3
                                     15
                                 
                              
                                  –   5.
                                       15
                                         5
                                     20
                                 
                              
                                  –   6.
                                       10
                                         7
                                     17
                                 
                              
                           Es sind bei diesen Sensen weit mehr gesprungen, als es der Fall war, wenn Mittelkür
                              mit in Anwendung kommt, nämlich wenn die Sensen fabrikmäßig angefertigt werden. Hier
                              handelte es sich indeß darum, die Zähigkeit der Stahlsorten vergleichungsweise
                              kennen zu lernen. Ohne die Sensen mit einer Eisenhaut zu umgeben, würden sie
                              wahrscheinlich in weit größerer Menge bei allen Sorten gesprungen seyn.
                           Um die gefertigten Sensen auf den Schnitt zu Probiren, wurde von jeder Sorte eine
                              Sense geschliffen und damit gemähet. Es ergab sich, daß hauptsächlich gut
                              schnitten:
                           1) die Sense von Nr. 3 aus Brücher Erzen;
                           2) die Sense von Nr. 2, bei welcher die ersten Heißen aus ungahrem Stahlberger
                              Rohstahleisen, die andern aus Spiegeleisen von daher bestanden hatten;
                           3) die Sense Nr. 4 war aus sehr manganhaltigem Brauneisenstein nach der Kärnthner
                              Methode gefrischt.
                           Es ergibt sich aus diesen Versuchen, daß die Kärnthner Frischmethode nicht mehr
                              Einfluß auf die Zähigkeit des Stahls ausübt als die Loher, wenn gleiches Material
                              angewendet wird, denn Nr. 1 und 5 haben sich ganz gleich verhalten.
                           Es kam nun endlich noch darauf an, genauer zu prüfen, ob Vordernberger Flossen, nach
                              der Siegener Methode verfrischt, einen eben so guten
                              Rohstahl geben würden, als aus ihnen in Steiermark nach der dortigen Methode gewonnen wird. Zur Beantwortung solcher Aufgabe hatte man
                              2380 Pfd. Flossen aus Steiermark bezogen, welche zu Lohe, nach der Siegen'schen
                              Frischmethode, zu Rohstahl verfrischt wurden.
                           Die Flossen waren auf der Bruchfläche strahlig und zeigten im Vergleich mit Siegener
                              Rohstahleisen von gleicher Gahre einen viel hellern Klang beim Aufeinanderwerfen der
                              Stüke. Bei der Stahlfrischarbeit zeigte sich durchaus kein Hinderniß. Die Heißen
                              gingen stark im Feuer in
                              die Hohe. Die Schreistüke des ersten Schreies, welchen noch Stahltheile vom Abheizen
                              des vorigen Schreies aus gewöhnlichem Loher Stahl zugetreten waren, wurden unter dem
                              Hammer ungleich leichter ganz, als die vom inländischen Stoffe. Bei dem folgenden
                              zweiten und dritten Schrei erfolgte das Schweißen beim Ganzmachen noch leichter. Für
                              einen vierten und fünften Schrei war nicht Material genug vorhanden, wenn zu einem
                              Schrei, wie gewöhnlich, 6–7 Heißen genommen werden sollten. Man wendete daher
                              zu einem vierten Schrei nur 5 Heißen und zu einem fünften Schrei nur 4 Heißen an.
                              Die Schreistüke des fünften Schreies waren deßhalb sehr roh ausgefallen, ließen sich
                              aber noch recht gut ganz machen, was beim Loher Stahl nur mit vieler Mühe der Fall
                              gewesen seyn würde. Ueberhaupt bemerkte man bei allen Schreien eine viel größere
                              Schweißbarkeit, als beim inländischen Rohstahleisen.
                           Aus den eingeschmolzenen 2380 Pfd. Flossen wurden erhalten:
                           
                              
                                 Edelstahl
                                 1296 Pfd.
                                 
                              
                                 Mittelkür
                                   410   –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 1706 Pfd.;
                                 
                              
                           es wurden also ausgebracht 71,67 Proc., indem überhaupt aus
                              ungahrem Rohstahleisen das Ausbringen nach der
                              Siegen'schen Frischmethode geringer ist, als aus stark gekohltem oder Spiegeleisen,
                              wobei es 74 Proc. beträgt.
                           Das Probiren des erhaltenen Stahls hatte Hr. Elbers zu Hagen gleichfalls übernommen.
                           Nr. 1. Vom ersten Schrei 41 Pfd. Zu diesem waren Theile vom vorigen Schrei aus
                              inländischem Stoff durch Abheizung der Schreistüke etwa 60–80 Pfd.
                              hinzugekommen.
                           Nr. 2. Vom zweiten und dritten Schrei 41 Pfd.
                           Nr. 3. Vom vierten Schrei 42 Pfd.
                           Nr. 4. Vom fünften Schrei 40 Pfd.
                           Nr. 5. Mittelkür von allen diesen Schreien 119 Pfd.
                           Diese Sorten wurden geplättet. Die Kanten von Nr. 1 zeigten sich zwar glatt, aber mit
                              schwarzer Farbe. Die Kanten der Sorten von Nr. 2 bis 5 waren glatt und zeigten
                              silberweiße Stellen, ganz so wie es beim Vordernberger und St. Gallener Stahl der
                              Fall ist.
                           Nach dem Plätten wurden die Rippen der verschiedenen Sorten in Garben gebracht,
                              jedoch ohne alle Anwendung von Eisen. Man sezte von jeder Sorte Nr. 1, 2, 4 und 5
                              eine Garbe zusammen. Dazu nahm man von Nr. 3 zwei Drittel und von der Mittelkür Nr.
                              5 ein Drittel zu einer Garbe, die mit Nr. 5 a bezeichnet
                              ward. Ferner machte man
                              eine Garbe von Nr. 3 und Nr. 5, so daß sie zur Hälfte aus Edelstahl und Mittelkür
                              bestand. Diese Garbe erhielt die Bezeichnung Nr. 5 b.
                              Jede Garbe wurde zu einem vierkantigen Stabe ausgeschmiedet, dieser herumgebogen,
                              alsdann ausgerekt und zu zwei Stäben zerschnitten, wovon der eine zu Sensen, der
                              andere zu andern Stahlinstrumenten bestimmt ward.
                           Bei Nr. 5 a und Nr. 5 b
                              befand sich der Edelstahl in der Mitte. Von den Stäben wurden Stäbchen von 6 Linien
                              Dike und 1–2' Länge gezogen. Das Stäbchen von der Mittelkür Nr. 5 zeigte sich
                              an den Seitenflächen mitunter etwas brüchig, obgleich die Rippen glatt waren. Ohne
                              Zweifel hatte beim Raffiniren ein Verbrennen stattgefunden. Bei nicht gehöriger
                              Vorsicht des Arbeiters und Vernachlässigung des Bestreuens mit Lehm in der
                              Weißglühhize bildet sich leicht eine Eisenoxydhaut auf den Rippenflächen in der
                              Garbe, welche beim Zusammenschweißen hinderlich ist. Sämmtliche Stäbchen ließen sich
                              seifenartig anfühlen, was bei Stäbchen aus inländischem Rohstahl nicht der Fall ist.
                              Die Bruchflächen der Stäbchen zeigten im Korn keine Verschiedenheit.
                           Es wurden nun von allen Sorten Sensen gefertigt, und zwar von jeder Sorte 6 Stük. Bei
                              der Operation des Breitens blieben unversehrt: von Nr. 1: 6 Stük; von Nr. 2: 4 Stük;
                              von Nr. 4: 6 Stük; von Nr. 5: 6 Stük; von Nr. 5a: 6
                              Stük; von Nr. 5b: 6 Stük.
                           Nach dem Härten der hellkirschroth glühenden Sensen in Unschlitt und nach dem
                              Abklatschen im Wasser blieben völlig ganz: von Nr. 1: 5 Stük; von Nr. 2: 4 Stük; von
                              Nr. 4: 6 Stük; von Nr. 5: 6 Stük; von Nr. 5a: 4 Stük;
                              von Nr. 5b: 6 Stük.
                           Die erhaltenen Sensen, die sämmtlich silberweiß ausgefallen waren, welches eine große
                              Härte des Stahls anzeigt, wurden, nach dem Abschaben der fettigen Theile auf der
                              Schnittbank, durch Bestreuen mit heißem Sande blau angelassen (die Härte dadurch
                              vermindert), hierauf die beim Härten und Ablassen erhaltenen Unebenheiten und
                              Beugungen unter den beiden Klöpperhämmern weggebracht und dann mit dem Handhammer
                              vollends ausgeklopft. Bei diesen Operationen, die nur die besten, zähesten
                              Stahlsorten aushalten können, wobei sie noch ganz besonders von der Geschiklichkeit
                              des Arbeiters, der das Drehen und Wenden unter dem Klöpperhammer verrichtet,
                              unterstüzt werden müssen, indem in dessen Händen, wenn er kein geschikter Arbeiter
                              ist, der zäheste Stahl leicht Nisse bekommt, wurden an völlig fertigen Sensen ohne
                              alle Sprünge und Verlezungen unversehrt erhalten: von Nr. 1: 3 Stük; von Nr. 2: 4
                              Stük; von Nr. 4: 5 Stük;
                              von Nr. 5: –; von Nr. 5a: 2 Stük; von Nr. 5b: 2 Stük.
                           Die nicht gut raffinirte Mittelkür Nr. 5 hat wahrscheinlich das Mißlingen der Sensen
                              Nr. 5, so wie den nur geringen Erfolg von Nr. 5a und Nr.
                              5b herbeigeführt. Nr. 2 und 4, die bloß aus
                              Edelstahl vom Vordernberger Stoff bestanden, hielten die Operationen gut aus.
                           Hätte man steierischen Mok gehabt und hätten die Sensenschmiede verstanden beide auf
                              einander zu schweißen, so würden die Sensen wohl sämmtlich ganz geblieben seyn. Bei
                              den unbrauchbar gewordenen Sensen bestand der Fehler bloß in schmalen Rissen am
                              Rüken, weil dieser keine Eisentheile hatte, während bei den früheren Operationen mit
                              inländischem Stoff die Sprödigkeit sich in der ganzen Breite des Sensenblattes zu
                              erkennen gab, indem die Risse gewöhnlich Querbrüche waren.
                           Für die Mäheprobe ward von jeder Sorte eine Sense geschliffen. Alle fünf zeigten
                              einen zarten, sanften Schnitt, besonders sanft war solcher bei Nr. 1 und 4, woraus
                              hervorgeht, daß der Stahl bei größerer Härte auch zart ist.