| Titel: | Ueber die Anwendung der Drahtseile zu Fahlun in Schweden; von K. F. Böbert. | 
| Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LXIX., S. 267 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXIX.
                        Ueber die Anwendung der Drahtseile zu Fahlun in
                           Schweden; von K. F.
                              Boͤbert.
                        Aus Hartmann's bergmaͤnn. Zeitung, 1844 Nr.
                           50.
                        Böbert, über die Anwendung der Drahtseile.
                        
                     
                        
                           Der erste Versuch mit Drahtseilen bei der Erzförderung in der
                              Stora-Kopparbergsgrube wurde im November 1835 veranstaltet, nachdem der
                              Brukspatron Bergsteen die ersten Notizen über dergleichen
                              Seile vom Harze mit sich nach Fahlun gebracht hatte. Hier wie anderwärts hatte man
                              bei Einführung derselben viel gegen allerlei Vorurtheile und Hindernisse zu kämpfen,
                              so daß selbst böswillige Attentate von Seiten der Arbeiter als nicht
                              unwahrscheinlich hervortraten, was aber weniger auffallend ist, wenn man bedenkt,
                              daß dieselben die Tonne zur Anfahrung benuzen müssen, weßhalb ihr Leben täglich von
                              der Haltbarkeit der Seile abhängig ist, und es also nicht wundern kann, wenn die
                              dünnen Drahtseile, ehe sie vielfach geprüft waren, eben kein Zutrauen zu erweken
                              vermochten. Inzwischen bestanden sie jede billige Probe und gewannen dadurch bald
                              das Vertrauen des betreffenden Arbeitspersonales, weßhalb seitdem, da man anfing sie
                              wahrsamer zu behandeln und man überhaupt genauer mit ihrer Hanthierung bekannt
                              geworden war, auch viel weniger Unglüksfälle damit geschehen.
                           Im August 1836 wechselte man zwei neue Drahtseile beim Treibwerke des Kreuzschachtes
                              ein, so wie dergleichen nach und nach überall eingeführt wurden, je nachdem die
                              alten Ketten unbrauchbar wurden, ausgenommen an den wenigen Stellen, wo donlägige
                              Förderung aus geringer Tiefe stattfindet.
                           Schon in der Relation an das königliche Bergcollegium am Schlusse des Monats März
                              1837 über den Grubenbetrieb im verflossenen Jahre hatte der Berghauptmann vollen
                              Grund zu äußern: „ungeachtet irgend ein Vergleich in ökonomischer
                                 Beziehung zwischen Drahtseilen und Ketten noch nicht angestellt werden kann, so
                                 hat man doch die Erfahrung gemacht, daß die Drahtseile nur den sechsten Theil
                                 von dem kosten, was die aus erprobtem Seileisen hieselbst fabricirten Ketten zu
                                 stehen kamen, und daß ein Faden Seileisen nur 3 3/4 Pfd. wiegt, während die
                                 Schwere der Ketten im Durchschnitt 16 3/4 Pfd. ausmacht, oder 4 1/2mal so viel,
                                 weßhalb sie einen ausgemachten Vorzug vor den Ketten haben, wenn auch die
                                 Haltbarkeit der ersteren geringer als die der lezteren seyn sollte, was
                                 gleichwohl doch noch nicht abgemacht ist. – Wo man, wie dieß noch an
                                 einigen Stellen der Fall ist, die Ketten in Verbindung mit Drahtseilen
                                 gebraucht, da
                                 springt bei unglüklichen Vorfällen immer die Kette, wogegen das Drahtseil hält
                                 und so wenig beschädigt ist, daß es leicht reparirt und wieder benuzt werden
                                 kann.“
                              
                           Die im Mai 1836 im König Friedrichs-Förderungsgöpel eingelegten Drahtseile
                              waren 18 Monate im Gebrauch, bis zum 20. November 1837, in welcher Zeit 59,765 große
                              Göpeltonnen à 3 Schiffspfund durchschnittlich an
                              Gestein und Erz, so wie 1/2 Schiffspfund am Gewicht der Tonnen ausgefördert wurden;
                              die Seile haben einen Weg von 9,286,927 Faden mit der Erzbelastung durchlaufen,
                              ungerechnet das Einhängen von Holz u.s.w., worüber keine Rechnung gehalten worden.
                              Nach Berndtson (Jern Contorets
                                 Annaler af 1819, S. 77) haben zwei Ketten in den Jahren 1816–1818 im
                              König Friedrichs-Schachte 27 Monate gehalten, in welchem Zeitraume 84,844
                              große Göpeltonnen voll Erz und Gestein herausgetrieben wurden, Holzhängen u.s.w.
                              ungerechnet, während die Ketten einen Weg von 13,036,596 Faden durchliefen.
                           Vergleicht man die Förderung mit Ketten und die mit Drahtseilen, so findet man, daß
                              die lezteren 71,23 Proc. im Verhältniß zu den ersteren gefördert haben, ehe beide
                              Sorten verbraucht waren. Während inzwischen die Ketten, angefertigt mit der Sorgfalt
                              und Genauigkeit, wie Bergmeister Wallmann (Jern Contorets Annaler af 1822, S. 176) angibt, und
                              welche Sorgfalt bei häufig stattfindenden Brüchen solcher Ketten keineswegs als
                              überflüssig zu betrachten ist, der Grubeninteressenschaft in spätern Jahren 5 Thlr.
                              Bco. pro Faden kosten, so werden die erwähnten
                              Drahtseile zu 1 Thlr. 6 Schill. Bco. und noch geringer geliefert.
                           
                              
                                       Nach Angaben des
                                    Bergmeisters Wallmannkosteten 2 Ketten zur
                                    K. Friedrich-Foͤrderungsmaschinevon 418 Faden
                                    Laͤnge à 4 Thlr. 43 Schill. 6 Rst.
                                    proFaden
                                 2030 Thlr. 39 Schill.
                                    –  Rst. Bco.
                                 
                              
                                       Hievon geht ab der Werth
                                    der Ketten nach demVerbrauche mit
                                   493    –    16    –    
                                    –    –    –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                       Folglich kostet der
                                    Kettenaufwand zur Foͤrderungvon 84,844 Tonnen Erz
                                 1557 Thlr. 23 Schill. –  Rst.
                                    Bco.
                                 
                              
                                 oder 1000 Tonnen kosten
                                     18    –  
                                    17    –    
                                    1,6  –    –
                                 
                              
                                       Auf der andern Seite kosten
                                    418 Faden Drahtseil,
                                    à Faden 1 Thlr. 6 Schill.
                                   470 Thlr. 12 Schill.
                                    –  Rst. Bco.
                                 
                              
                                       Der Werth des Seiles nach
                                    dem Verbrauche istabzuziehen mit
                                     48    –    16    –    
                                    –    –    –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                       Kosten, 59,765 Tonnen Erz
                                    zu foͤrdern
                                   421 Thlr. 44 Schill.
                                    –  Rst. Bco.
                                 
                              
                                 oder 1000 Tonnen
                                       7    –    
                                    2    
                                    –    10  
                                    –    –
                                 
                              
                           Die Drahtseile sind über 9 Fuß hohe Scheiben gegangen und hatten eine
                              durchschnittliche Geschwindigkeit von 6 Fuß in der Secunde.
                           
                           Obige Resultate wurden schon im Jahre 1837 mit dem ersten Paar Drahtseilen erreicht.
                              Späterhin hat man durch ununterbrochene Aufmerksamkeit bei Anwendung solcher Seile
                              immer mehr und mehr Erfahrung in Behandlung derselben erlangt, wovon der Gewinn an
                              gefördertem Erze eben nicht so gering gewesen ist. Die im K.
                              Friedrichs-Schachte zulezt verbrauchten Seile wurden im Oktober 1840
                              eingelegt und waren im Junius 1842 abgenuzt, haben also 21 Monate gedient, in
                              welcher Zeit aus verschiedenen Teufen, größtentheils bis 180 Faden, 70,515 große
                              Göpeltonnen Erz und Gestein gefördert wurden; die Mittelteufe kann zu 150 Faden
                              angenommen werden. Vergleicht man diese Förderung mit der von 1816–18 mit
                              Ketten, so ergibt sich, daß die Drahtseile etwas mehr als 83 Proc. im Vergleich mit
                              den Ketten geleistet haben; und stellt man denselben Calcul an, wie oben mit den
                              Drahtseilen von 1836–37, so findet man, daß die Förderung von 1000 Tonnen Erz
                              an Seilenaufwand 5 Thlr. 47 Schill. 2 1/2 Rst. Bco. oder mindestens dreimal weniger
                              betrug als mit den Ketten, und wenn Berndtson's oben citirte Abhandlung zu Grunde gelegt wird, wonach
                              der Gebrauch von Hanfseilen zehnmal kostbarer ist als der von Ketten, so kostet die
                              Förderung mit Drahtseilen hinsichtlich des Seilaufwandes kaum den dreißigsten Theil
                              von dem mit Ketten.
                           Hinsichtlich der Ersparnisse an Aufschlag läßt sich zufolge localer Verhältnisse noch
                              nichts Bestimmtes sagen.
                           Anfangs fürchtete man, daß das Grubenwasser, welches das Eisen an mehreren Stellen in
                              den Kopparbergsgruben ziemlich stark verzehrt, einen sehr schädlichen Einfluß auf
                              die dünnen Drähte ausüben würde, was aber keineswegs der Fall war; der unterste
                              Theil des Seiles, der natürlich am meisten dem Grubenwasser ausgesezt ist, wird
                              nicht schneller zerstört als der obere, und die Drähte werden an den Stellen, wo sie
                              mit äußeren Gegenständen in Berührung kommen, halbrund oder dreiekig abgenuzt, ehe
                              sie brechen.
                           Die Seilscheiben haben 9 Fuß im Durchmesser, und die Körbe mindestens 10 Fuß. Bei
                              geringeren Tiefen und schwächeren Seilen hat man bei ersteren 6 Fuß Durchmesser
                              angewandt; aus einer Tiefe von 15 bis 16 Faden sogar 44zöllige Scheiben ohne
                              Nachtheil.
                           Hier wie anderwärts hat man bald die ursprüngliche Methode, Drahtseile
                              zusammenzufügen, wenn sie gesprungen sind, oder wenn man sie mit Ketten vereinigt
                              und dergleichen, als unzwekmäßig verworfen, und findet sich nun bei den nach und
                              nach angewandten besseren Verfahrungsweisen sehr zufriedengestellt. Doch ist es
                              schwierig, dergleichen Verfahren ohne Selbstanschauung hinlänglich deutlich zu
                              machen; in der Praxis ergibt sich dasselbe überall bald von selbst. Inzwischen sey hier bemerkt, daß
                              man bei Danamora die Zusammenfügung der Seile auf dieselbe Weise, wie der Matrose
                              sein Hanfseil zusammenfügt, sehr empfehlenswerth gefunden hat.
                           Fast in allen Gruben fällt das sogenannte Umspannen der Seile vor. Diese Veränderung
                              in der Länge der Seile geschieht bei den Kopparbergsgruben auf eine sehr einfache
                              und behändige Weise, welche wir zu beschreiben für nüzlich erachten, da man oft die
                              Einwendung gegen Drahtseile machen hört, daß man dieselben nicht ohne viel
                              Beschwerlichkeit verändern könne, um aus verschiedenen Teufen zu treiben. An beiden
                              Seilen ist das Stük zwischen dem Seilkorbe und der Tonne, wenn diese auf der
                              Hängebank steht, für sich und durch ein Schloß mit dem übrigen Seile vereinigt. Wenn
                              nun die Seile für eine andere Teufe verändert werden sollen, so treibt man die eine
                              Tonne heraus und stellt sie auf die Hängebank, während die andere im Schachte hängt;
                              darauf löst man das lose Seilende ab und befestigt es irgendwo, um die Tonne auf der
                              Hängebank sicher zu stellen. Dann treibt man die im Schachte liegende Tonne aus oder
                              nieder bis an die neue Stelle, von wo die Förderung geschehen soll, wodurch das Seil
                              auf- oder abgewunden wird, d.h. verkürzt oder verlängert, je nach den
                              Umständen, und wenn man darauf die auf der Hängebank stehende Tonne wieder am Seile
                              auf dem Korbe befestigt, so ist die erforderliche Veränderung vollbracht.
                           Für die rechte Behandlung der Drahtseile hat die bisher gewonnene Erfahrung folgende
                              Punkte als nöthig und nüzlich erwiesen:
                           1) Die Seilscheiben von Eisen (welche in Schweden mit Nuzen angewandt werden) müssen
                              mit größter Genauigkeit gegossen und centrirt seyn, so daß sie nicht schweifen, so
                              wie die runde Spur, worin die Seile laufen, einen richtigen Cirkel unter dem Umlaufe
                              der Scheiben beschreiben soll. Daß die Scheiben mit äußerster Accuratesse
                              aufgehängt, und zwar nach dem Fallwinkel des Schachtes und in derselben Stellung
                              erhalten werden müssen, versteht sich von selbst.
                           2) Die Scheiben für horizontal liegende Seilkörbe werden so eingerichtet, daß der
                              Verticalplan durch die Seilspur winkelrecht die Achse des Korbes zwischen beiden
                              Enden desselben trifft, so daß der Winkel, welchen das Seil gegen ebengenannten Plan
                              bildet, auf der einen Seite gleich groß ist, wenn es abgelaufen, mit dem Winkel auf
                              der andern Seite, wenn das Seil ganz aufgewikelt worden.
                           3) Eine Kette von 5–6 Faden Länge ist der Tonne zunächst anzubringen, da die
                              Steifigkeit des Drahtseils sonst Schwierigkeiten für die Arbeiter verursacht. Diese
                              Kette dient zugleich dazu, das Seil zwischen dem Korbe und den Scheiben gehörig
                              anzuspannen, wodurch das Springen des Seiles aus der Spur auf einem conischen oder
                              liegenden Seilkorbe meistentheils verhindert wird, und Trommeln weniger erforderlich
                              sind.
                           4) Es ist ganz nüzlich, auf dem Seilkorbe, wäre derselbe conisch oder cylindrisch,
                              liegend oder stehend, eine Spur für das Seil anzubringen. Dadurch wird nicht allein
                              das Seil in Ordnung gehalten und verhindert sich auf einander zu wikeln, sondern die
                              Abnuzung wird auch bedeutend verringert.
                           5) Um jeder Unordnung auf dem Seilkorbe vorzubeugen, hat der Zunftmeister Husberg einen ganz sinnreichen Mechanismus an allen
                              Göpeln bei den Kopparbergsgruben (so wie der Obergrubenvoigt bei Dalkarsberg für
                              Pferdewinden) angebracht, der das Seil in seiner rechten Spur auf dem Korbe leitet.
                              Dieser Mechanismus kann jedoch ohne Zeichnung nicht näher erläutert werden.
                           6) Wenn sich im Seile zwischen den Scheiben und dem Korbe, namentlich an diesem,
                              Biegungen bilden, so muß man selbige durch Schläge und Holzklubben ausebnen, weil
                              sonst bei einem schnellen Hinunterwerfen der Tonne von der Hängebank ein Gleiten aus
                              der Spur auf einem conischen oder liegenden Korbe stattfinden und dem Seile
                              bedeutenden Schaden beibringen kann.
                           7) Die Seile müssen des Jahres wenigstens zweimal geschmiert werden. Bei den
                              Kopparberggruben geschieht das Schmieren mit Theer, welcher etwas eingekocht wird,
                              und zwar mehr des Sommers und weniger des Winters. Eine zusammengekochte Mischung
                              von Theer und Talg war kostbarer und doch weniger zwekmäßig.
                           8) Von vielem Gewichte für die Dauer der Drahtseile ist es, daß man sie, wenn sie
                              halb abgenuzt sind oder noch etwas früher umwendet, so daß man das unterste Ende zum
                              obersten macht und umgekehrt.
                           Die in Fahlun gebildete Interessentschaft zur Anfertigung von Drahtseilen unter der
                              Firma C. J. Ohlson und Comp. verfertigt Seile von
                              verschiedenen Dimensionen nach dem verschiedenen Bedarf. Die für Grubenförderung
                              gebräuchlichen Seile werden aus Draht von 1 Decimallinie Dike geschlagen, 4 Drähte
                              zusammengewunden in jedem Strange, und drei Stränge im Seile, daß dieses also 12
                              Drähte hält, und kostet 1 Thlr. 4 Schill. Bco. pro Faden
                              bei 3 Pfd. Gewicht. Die Grubenseile des Stora-Kopparberges werden aus 1,12
                              Decimallinie dikem Drahte geschlagen, wovon der Faden etwa 4 Pfd. wiegt und für 1
                              Thlr. 6 Schill. verkauft wird. Man verfertigt Seile von 200 Faden Länge und darüber,
                              wenn es verlangt wird. Die Maschinerie dazu ist wesentlich verbessert im Vergleich
                              mit den ersten Anlagen
                              der Art. Bestellungen werden entgegengenommen und expedirt vom Bergmeister Cl. Wallmann und dem Brukspatron C. P. Bergsteen in Fahlun. Außer daß fast alle bedeutenden Gruben in Schweden
                              schon mit Drahtseilen versehen sind, wurden dergleichen nach Röraes, Kongsberg,
                              Selbo und einigen Gruben in Finnland versandt.
                           Bei der Beurtheilung der Dauer dieser Drahtseile muß man erinnern, daß die in dieser
                              Mittheilung geschehenen Angaben der Art sich überall auf seigere Schächte
                              beziehen.