| Titel: | Klettermaschine welche zur Untersuchung eines Risses in dem großen Schornstein der chemischen Fabrik zu St. Rollox (Schottland) angewendet wurde. | 
| Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LXXI., S. 274 | 
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                        LXXI.
                        Klettermaschine welche zur Untersuchung eines
                           Risses in dem großen Schornstein der chemischen Fabrik zu St. Rollox (Schottland)
                           angewendet wurde.
                        Aus dem Civil Engineer and Architects' Journal, Jan.
                              1845, S. 19.
                        Reparatur eines großen Schornsteins.
                        
                     
                        
                           Der große Schornstein zu St. Rollox, welcher den Zwek hat, die schädlichen Gasarten
                              aus den Werken des Hrn. Tennant (Fabrikant chemischer Producte zu Glasgow) in einer solchen
                              Höhe abzuführen, daß sie sich vollständig zerstreuen, ehe sie auf die benachbarten
                              Häuser niedersinken können, mißt vom Boden aus 440 Fuß. Das Fundament hat 15 Fuß
                              Tiefe, so daß die ganze Höhe des Gebäudes 455 Fuß beträgt. Der Durchmesser beträgt
                              an der Basis 40 Fuß, an der Spize 13 Fuß. 1 3/4 Millionen Baksteine wurden zum Bau
                              verwendet, der binnen sechs Monaten ohne allen Unfall Vollendet war. Im Junius 1842
                              war der Bau fertig und im Mai 1844 entdekte man an einer Seite einen ungefähr 36 Fuß
                              langen Sprung, der sich von einem 100 Fuß unter der höchsten Spize befindlichen
                              Punkt abwärts erstrekte. Während der Monate Junius und Julius nahm derselbe
                              allmählich zu, als auch an der entgegengesezten Seite ein ähnlicher Riß entdekt
                              wurde. Dieser Umstand veranlaßte einige Besorgniß; man hielt es daher für rathsam,
                              die Sachlage näher zu untersuchen. Indessen bestand eine besondere Schwierigkeit
                              darin, diesen 300 Fuß über dem Boden gelegenen Punkt zu erreichen. Man dachte zuerst
                              an ein Gerüst, jedoch würde dieses zu große Kosten verursacht haben; ein Luftballon
                              wurde vorgeschlagen, aber auch dieser Vorschlag als unausführbar aufgegeben. Da
                              lösten die HHrn. Hill und
                              Professor Gordon die
                              Schwierigkeit durch die Erfindung ihrer Klettermaschine (climbing machine). Mit Hülfe dieses einfachen Apparats arbeiteten sich
                              zwei Mann mit einer Geschwindigkeit von 30 Fuß per Tag
                              in die Höhe und erreichten die zu untersuchende Stelle in neun Tagen. Die Maschine
                              besteht aus einem Korb, welcher mit Hülfe zweier zu beiden Seiten desselben
                              befestigter Seile strekenweise von 5 zu 5 Fuß in die Höhe gezogen wurde. Diese Seile
                              wurden mittelst Haken an Ringe befestigt, welche während des Vorrükens des Korbs in
                              das Mauerwerk eingetrieben wurden, und liefen um Rollen, die an dem Korb befestigt
                              waren; mit Hülfe eines sinnreichen Apparats wurde der Korb emporgewunden. Wenn die
                              Höhe der Ringe erreicht war, so befestigte man Sicherheitsketten an dieselben und
                              hakte die Seile in zwei andere 5 Fuß höher eingetriebene Ringe ein, worauf der Korb
                              durch weitere 5 Fuß
                              gehoben wurde, und so fort, bis die Höhe von 300 Fuß erreicht war. Man untersuchte
                              die Risse und fand, daß sie durch die Einwirkung der Hize entstanden seyn mußten;
                              sofort wurden sie zugemauert. Demnächst soll der Schornstein zum zweitenmal
                              bestiegen werden, um zu untersuchen, ob die Sprünge noch zunehmen, und dann zur
                              Sicherung des Baues die nöthigen Maaßregeln zu ergreifen. Die folgenden Ersteigungen
                              werden verhältnißmäßig leicht seyn, indem man die Vorsicht gebraucht hat, zur Seite
                              der Risse eine Rolle an den Schornstein zu befestigen, und um dieselbe ein mit dem
                              Boden communicirendes Seil zu schlagen.