| Titel: | Ueber das Coloriren der Landkarten und Plane mittelst des Steindruks; von Hrn. Dufrénoy, Oberbergwerks-Ingenieur und Director der königlich (französischen) Drukerei. | 
| Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. LXXVII., S. 299 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXXVII.
                        Ueber das Coloriren der Landkarten und Plane
                           mittelst des Steindruks; von Hrn. Dufrénoy, Oberbergwerks-Ingenieur und Director der
                           koͤniglich (franzoͤsischen) Drukerei.
                        Aus den Comptes rendus, Decbr. 1844, Nr.
                              26.
                        Dufrénoy, über das Coloriren der Landkarten mittelst
                           Steindruks.
                        
                     
                        
                           Der lithographische Farbendruk ist nichts Neues; schon seit zwanzig Jahren wird er in
                              Deutschland angewandt und in Frankreich gab der Obrist Raucourt schon im Jahre 1819 in einer schäzenswerthen Abhandlung über den
                              Steindruk einige theoretische Andeutungen, welche, zu guten Resultaten führen
                              mußten.Mémoire sur les expériences
                                       lithographiques faites à l'École royale des Ponts et
                                       Chaussées; in – 8°, Toulon 1819, p. 198.
                              
                           Die HHrn. Engelmann und
                              Graf in Paris erwarben
                              durch ihre seit einigen Jahren erschienenen Erzeugnisse und durch die einsichtsvolle
                              Weise, womit sie diesen Industriezweig betreiben, demselben unter dem Namen Chromolithographie (Farbensteindruk) einen ehrenvollen
                              Plaz unter den Künsten.
                           Wenn aber diese Künstler und die Lithographen, welche gleichzeitig mit ihnen sich dem
                              Farbendruke widmeten, mit einigem Erfolge arbeiteten, so haben sie sich doch
                              ausschließlich auf die mehr oder weniger glükliche Vervielfältigung mit dem Pinsel
                              colorirter Kupferstiche etc. verlegt, nachdem sie an den materiellen
                              Schwierigkeiten, welche das Coloriren der Karten und das Tuschen von Planen mittelst
                              des Steindruks darbieten, scheiterten.
                           Beim Coloriren der Zeichnungen nämlich werden die Farben in der Art angewandt, daß
                              man seinen Zwek beinahe immer erreicht, man mag sie genau auf die ihnen angewiesenen
                              Stellen auftragen, oder sie mögen in einer oder der andern Richtung bedeutend davon
                              abweichen. Es werden aus diesem Grunde die Umrisse nicht mit Bestimmtheit gegeben,
                              zuerst die blassesten Töne aufgetragen, und die dunkeln zur spätern Ausfüllung der
                              zwischen den erstern nur zu häufig entstehenden Lüken vorbehalten. Daher rühren die
                              neutralen, schwerfälligen Töne, welche bei den Erzeugnissen dieser Art einen so
                              unangenehmen Eindruk machen.
                           Außerdem ist noch zu bemerken, daß die Größe dieser Zeichnungen sehr beschränkt ist,
                              und das Verdienstliche in ihrer Ausführung mit der Vergrößerung des Formats in
                              geradem Verhältniß abnimmt.
                           
                           Das Coloriren der Landkarten hingegen erheischt gebieterisch eine deutliche und
                              kräftige Angabe der Umrisse, ferner daß die richtig aufgetragenen Farben die
                              Flächen, für welche sie bestimmt sind, genau bedeken, ohne darüber hinauszugehen,
                              oder in einander überzugreifen. Auf solche Weise soll das Coloriren in der Regel
                              sich in großen Formaten ausführen lassen.
                           Um übrigens den Leser in den Stand zu sezen, obige Bemerkungen gehörig zu würdigen,
                              so wie den Werth der bisher erdachten Mittel, um mittelst des Steindruks ein eben so
                              vollkommenes Coloriren der Landkarten zu bewerkstelligen, wie durch die
                              geschiktesten Hände, wird es gut seyn, die gegenwärtigen Verfahrungsweisen beim
                              Farbensteindruck in möglichster Kürze vorauszuschiken.
                           Die Lithographen ahmen hierin die Tapetenfabrikanten nach; sie zertheilen den
                              auszuführenden Gegenstand in eben so viele Theile, als sie Farben anzuwenden
                              beabsichtigen; diesen Zwek erreichen sie dadurch, daß sie eine gleiche Anzahl theilweiser Durchzeichnungen machen, deren jede für sich
                              auf einen besondern Stein übergetragen wird und dem Zeichnenkünstler bei Ausführung
                              der ihm übertragenen Arbeit als Führer dient. Man trachtet daher, auf den für die
                              braune oder sonst eine aufzutragende Farbe bestimmten Stein helle Töne abzuziehen,
                              theils um diese Farben zu modificiren, theils um die in Folge vorgegangener Fehler
                              weiß gebliebenen Zwischenräume auszufüllen. Eben so macht man es mit den andern
                              Farben und in diesem Zustande gleicht die gesammte so gebrochene Zeichnung
                              vollkommen jenen Stüken der Geduldspiele, welche den Kindern zur Unterhaltung und
                              Belehrung gegeben werden; hier ist es aber die lithographische Presse, welche die
                              Vereinigung der verschiedenen Theile übernimmt.
                           Zu diesem Behufe werden auf jedem Stein in gleicher Entfernung auf den
                              entgegengesezten Rändern sogenannte Merkpunkte angegeben, welche den Druker beim
                              Einheben leiten, worauf man einen dieser Steine auf eine mit einem Richtrahmen (chassis à réperer) versehene Presse
                              bringt, in deren Mitte er ihn so genau als möglich zu sezen sucht und ihn mittelst
                              dazu vorhandener Schrauben befestigt. Sind diese Vorbereitungen alle gemacht, so
                              schreitet man zum Abziehen der ersten Farbe, wobei zu gleicher Zeit an den Enden
                              jedes Exemplars ein oder mehrere kleine Löcher eingestochen werden, was mittelst
                              Spizen geschieht, womit die beweglichen Schienen des Rahmens versehen sind und auf
                              welche man alle Bogen beim Druken stekt. Wenn mit den Steinen nacheinander
                              gewechselt wird, verfährt man auf gleiche Weise und zwar so oft als Farben da sind,
                              wobei man sich immer der Anfangs gemachten Punkturlöcher bedient, um die Bogen in einer solchen Lage zu
                              halten, daß die Rapporte möglichst gut ausfallen.
                           Mehrere Ursachen widerstreben jedoch beständig den getroffenen Vorrichtungen und
                              suchen ihre guten Wirkungen zu vernichten. Es sind deren vier, welche bestehen:
                           1) in den wenn auch noch so geringen Verschiedenheiten, die stets Folge der Theilung
                              der Zeichnung in mehrere Stüke und ihrer Ausführung nach theilweisen Durchzeichnungen (Pausen) sind;
                           2) in der Verlängerung (Strekung) des Papiers;
                           3) in der außerordentlichen Schwierigkeit, den Stein ganz parallel mit den Schienen
                              des Richtrahmens einzusezen;
                           4) in der Vergrößerung oder dem Weiterreißen aller Punkturlöcher.
                           Die an den Berührungspunkten der verschiedenen Bestandtheile der Zeichnung bei ihrer
                              Vereinigung sich zeigenden Fehler werden, wie gesagt, dadurch verdekt, daß man die
                              Farbe an ihrem Rande absichtlich etwas darüber hinaustreten läßt.
                           Die zweite Ursache zu Fehlern, das Gestrektwerden des Papiers, welches gewöhnlich
                              Folge entweder der aus der Atmosphäre angezogenen Feuchtigkeit, oder seines
                              wiederholten Zusammenkommens mit dem Stein ist, der selbst von einer beträchtlichen
                              Menge Wassers imprägnirt ist, oder auch von seinem oftmaligen Durchgehen unter dem
                              Reiber der Presse herrühren kann, dieses Streken des Papiers bewirkt auch die
                              Verlängerung desjenigen Theils oder derjenigen Theile der Zeichnung, welche schon
                              gedrukt sind, was das gehörige Aneinanderpassen unmöglich macht. Auch in diesem, wie
                              im vorigen Falle nimmt man behufs der Ausbesserung zum Darüberhinausfahren mit der
                              Farbe seine Zuflucht.
                           Man könnte zwar allerdings bei jedem Abdruk die Stellung des Steins zum Bogen, oder
                              die des Bogens zum Stein verändern, um die Unterschiede einzutheilen; allein mit den
                              gebräuchlichen Richtrahmen und den gewöhnlichen Punkturspizen könnte dieß nur durch
                              unsicheres Herumtappen geschehen und es wäre, wenn eben der Zufall nicht beistehen
                              will, viel Zeit dazu erforderlich. Es leuchtet daher ein, daß auch hier das
                              Ausfahren mit der Farbe bisher das einzige Mittel zum Corrigiren blieb.
                           Die Ausweiterung der Punkturlöcher in Folge des beim Durchgehen unter dem Reiber an
                              den beiden Enden des Bogens zu gleicher Zeit stattfindenden Zugs und Vorwärtsstoßens
                              ist der Art, daß diese Löcher nach fünf bis sechs Abzügen unbrauchbar werden und daß
                              sie ein unübersteigliches Hinderniß der auch nur einigermaßen genauen Auftragung
                              einer größern Anzahl von Farben bildet.
                           
                           Die Untersuchung der Ursachen, welche bis jezt die Druker abhielten, ihre Versuche
                              über farbigen Steindruk in Anwendung auf Landkarten fortzusezen, führt uns natürlich
                              auf die Beschreibung des Verfahrens, welches in der königlichen Drukerei zum
                              Coloriren des Blattes der geologischen Karte von
                                 Frankreich angewandt wurde.
                           Dieses Blatt, dessen Einfassung eine Fläche von 57 Centimetern Breite und 52
                              Centimetern Höhe umschließt, ist außer der schwarzen Zeichnung mit dreiundzwanzig verschiedenen, sehr von einander
                              abstehenden Farben bedrukt, welche die Natur des den Boden Frankreichs ausmachenden
                              Erdreichs bezeichnen; diese auf unzählige Stellen vertheilten Farben haben die
                              verschiedensten Gestalten und nehmen meistens so kleine Flächen ein, daß sie kaum
                              einen Quadratmillimeter bedeken. Sie sind außerdem durch leichte Conturen aus
                              punktirten Linien von einander getrennt, welche der Colorist niemals überschreiten
                              darf. Kurz diese Arbeit vereinigt alle Schwierigkeiten im höchsten Grade.
                           Auf folgende Art suchte man sie zu überwinden:
                           Die Karte war in Kupfer gestochen worden; man mußte daher einen Ueberdruk davon auf
                              Stein machen. Man theilte hierauf diesen Ueberdruk in vier gleiche Theile ein
                              mittelst zweier mit lithographischer Kreide gezogener, im Mittelpunkt des Ganzen
                              sich rechtwinklich durch, schneidender Linien, und bedekte nur den an den äußersten
                              Rändern des Steins gelegenen Theil dieser Linien mit Tinte; hierauf wurde in einem
                              Winkel des Steins, gegenüber demjenigen, in welchem sich die Farbenscala der Karte
                              befand, ebenfalls mit Tinte eine ähnliche Scala, jedoch so klein als möglich, mit
                              eben so vielen Feldern, ausgeführt. Nachdem diese vorläufige Arbeit geschehen war,
                              wurden von diesem Stein, welchen wir den Matrizenstein
                              nennen, auf recht trokenem Papier dreiundzwanzig Abzüge gemacht, welche sogleich auf
                              eben so viele zu diesem Zwei vorbereitete Steine übertragen wurden. Nach jedem
                              Abdruk ließ man den Matrizenstein gut austroknen, ehe man den Papierbogen darauf
                              legte; auch versicherte man sich stets, ob der Bogen sich unter dem Reiber nicht
                              verlängerte (strekte), indem man die Dimensionen der Einfassung jedes Abdrukes mit
                              jenen der Einfassung des Matrizensteines verglich; denn wenn die Operation gehörig
                              ausgeführt wurde, müssen sie einander ganz gleich seyn, im entgegengesezten Fall muß
                              man die Arbeit wiederholen und die mangelhaften Abdrüke durch andere ersezen.
                           Auf diese Weise wurden dreiundzwanzig sowohl im Ganzen als im Detail vollkommen
                              gleiche Zeichnungen erhalten, die außerdem noch mit unveränderlichen Merklinien zum Einheben und zum
                              Zusammenpassen der Farben versehen waren.
                           Die Abdrüke wurden in diesem Zustande dem lithographischen Schreiber übergeben,
                              welcher auf dem roth zu colorirenden Abdruk die für rothe Farbe bestimmten Conturen
                              mit Tinte ausfüllte; auf dem für Blau bestimmten Abdruk die dieser Farbe zukommenden
                              Conturen und so fort. Man erhielt auf diese Weise so zu sagen in einander
                              geschnittene Colorirblätter von der größten Genauigkeit, welche keinen andern
                              Zwischenraum, keine andere Unterbrechung der Continuität zwischen sich ließen, als
                              die zu ihrer Abgränzung dienenden punktirten Linien.
                           Als man hierauf zum Abziehen schritt, wurde der Matrizenstein so auf die Presse
                              gelegt, daß die mit Tinte auf den Rändern dieses Steines auf oben erklärte Weise
                              gezogenen Merklinien sich in directem Rapport befanden mit den zu diesem Zwek auf
                              der Mitte der Länge jedes Stabes und jeder Schiene des Richtrahmens gezogenen
                              entsprechenden Linien. Dadurch verschaffte man sich die Gewißheit, daß das Blatt die
                              gehörige, vorzüglich im Vierek richtige Lage in der Mitte des Rahmens habe und bei
                              Befolgung desselben mit den andern Steinen, so viel es ihrer auch seyn mochten,
                              mußten sie sich natürlich alle auf das Genaueste in gleicher Stellung zum Rahmen
                              befinden.
                           Die Zubereitung des Papiers bestand in Folgendem:
                           Maschinenpapier ist dem mit der Form geschöpften Velinpapier vorzuziehen, weil
                              lezteres in Folge seiner Erzeugung eher einer beträchtlichen Strekung fähig ist. Man
                              überzeugte sich vorher, daß das gewählte Papier wenig oder keine Feuchtigkeit
                              enthält, indem man zwei Bogen von gleichem Gewicht aus dem Rieß nahm und einen davon
                              im Trokenapparat austroknen ließ, um ihn dann mit dem andern zu vergleichen; die
                              Gewichtsverschiedenheit zwischen den beiden Bogen zeigte den mehr oder weniger
                              großen Wassergehalt an.
                           In den gewünschten Zustand der Trokenheit versezt, wurde das Papier mehrmals zwischen
                              den zwei Walzen einer Papierglättmaschine durchgezogen. Diese Operation, welche das
                              Korn des Papiers flach drükte und es geschmeidiger machte, hatte vorzüglich zum
                              Zwek, die Zeugfasern der Länge nach zu zertheilen, folglich zu verkürzen, und sie
                              dadurch zum Theil den Einwirkungen der hygrometrischen Veränderungen der Atmosphäre
                              zu entziehen.
                           Nach diesen Vorkehrungen um die Strekung des Papiers zu vermeiden, brauchte man bloß
                              der Vergrößerung oder dem Ausreißen der Punkturlöcher noch vorzubeugen, welche,
                              einmal ins Papier gemacht, höchstens fünf bis sechs Abzüge zulassen, weil der
                              Papierzeug, so fest er
                              auch seyn mag, doch der bedeutenden Zugkraft, welche auf die isolirten
                              Befestigungspunkte von der Größe einer Nadel ausgeübt wird, in die Länge nicht zu
                              widerstehen vermag.
                           Es wurde daher dünn gewalztes Messingblech in kleine Streifen von 15 Millimeter Länge
                              und 5 Millimeter Breite zerschnitten, dieselben in der Richtung ihrer Breite
                              umgebogen und mittelst in Wasser gelösten arabischen Gummi's von gehöriger
                              Consistenz an die Enden jedes Bogens geklebt, wo man sie gut troknen ließ. Diese
                              Enden brachte man beim ersten Abzug mit den Punkturspizen des Richtrahmens zusammen,
                              welche nun durch den auf besagte Weise auf seinen beiden Seiten mit Metallblechen
                              belegten Bogen hindurchgehend, bleibende Befestigungspunkte abgaben, die ihren
                              Durchmesser nicht veränderten, sondern so dauerhaft waren und solchen Widerstand
                              leisteten, daß sie von 50 Abzügen noch keine Veränderung erlitten.
                           Nachdem die Papierbogen so vorgerichtet waren, wurden die dreiundzwanzig Steine ohne
                              große Schwierigkeiten abgezogen, wobei man jedoch keine der Vorsichtsmaßregeln oder
                              der nöthigen kleinen Aufmerksamkeiten vernachlässigte, welche vorzüglich zum Zwek
                              haben, das Papier von aller Berührung feuchter Körper fern zu halten; man bedekte es
                              nämlich nach dem Gebrauch mit diken Brettern von trokenem Holze und überzeugte sich
                              bei der Wiedervornahme jedes Steins mittelst eines Normalmaaßes, daß das Papier
                              seine ursprünglichen Dimensionen beibehielt.
                           Endlich mußte der in den gewöhnlichen Drukereien gebräuchliche Richtrahmen, um alle
                              Erfordernisse einer so complicirten Arbeit zu erfüllen, in Einzelnheiten bedeutend
                              modificirt werden. Er mußte mit einem einfachen, aber so empfindlichen Apparat
                              versehen werden, daß der Bogen in der Richtung der Länge oder der Breite in so
                              kleinen Entfernungen gerükt werden konnte, daß der Unterschied kaum über einen
                              Zehntels-Millimeter betrug; auch mußte man, von einem bestimmten Punkte
                              ausgehend, ohne Zeitverlust wieder auf denselben zurükkommen können; mit einem Wort,
                              der Rahmen mußte das Verstellen des Bogens auf dem Stein gestatten, welcher leztere
                              bei unserm System unveränderlich auf der Presse festliegt.Die Redaction der Comptes rendus verspricht eine
                                    Abbildung des verbesserten Richtrahmens zu liefern, welche wir dann nicht
                                    ermangeln werden mitzutheilen. A. d. R.