| Titel: | Ueber die Elementarzusammensezung der verschiedenen Holzarten; von Eugène Chevandier. | 
| Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. XCV., S. 368 | 
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                        XCV.
                        Ueber die Elementarzusammensezung der
                           verschiedenen Holzarten; von Eugène Chevandier.
                        Aus dem Moniteur industriel, Jan. 1845, Nr. 894 und
                              895.
                        Chevandier, über die Elementar-Zusammensezung der
                           Holzarten.
                        
                     
                        
                           Diese Arbeit, welche ich meinen beiden frühern (polytechnisches Journal Bd. XCI S. 372 und Bd. XCIII S. 465) die Forstwirthschaft
                              betreffenden Abhandlungen folgen lasse, läßt sich in folgende Schlußsäze
                              zusammenfassen:
                           1) Das Gewicht eines Ster (= 1 Kubikmeter) Brennholz ist in der Regel bei jeder
                              Holzart unabhängig von dem Alter der Bäume und den Umständen, welche auf ihren
                              Wachsthum Einfluß hatten, aber verschieden, je nachdem der Ster aus Scheitern vom
                              Stamm, den Aesten oder jungen Stämmchen zusammengesezt ist.
                           2) Die Zusammensezung jeder Holzart, die Rinde mit inbegriffen, kann als constant
                              betrachtet werden.
                           3) Es ist daher immer möglich, bei der Berechnung sowohl des Ertrags der Waldungen,
                              als bezüglich der Anwendung des Holzes als Brennmaterial, den so unbestimmten
                              Ausdruk Ster (oder auch Klafter etc.) durch eine Zahl zu ersezen, welche entweder
                              das wirkliche Gewicht des in einem Ster enthaltenen Holzs, oder die Anzahl der durch
                              seine Verbrennung erzeugbaren Wärmeeinheiten ausdrükt.
                           Diese Arbeit vollendet mithin die chemische Definition des Ster.
                           Meine Versuche erstrekten sich auf 636 Sters von neun verschiedenen Holzarten: der
                              Rothbuche, Eiche, Weißbuche, Birke, Espe, Erle, Weide, Tanne und Fichte. –
                              Diese Holzarten wurden nicht nur auf geognostisch verschiedenen, sondern auch unter
                              allen Verhältnissen der Fruchtbarkeit und Lage befindlichen Bodenarten gefällt,
                              welche sich auf den 4000 Hektaren vorfanden. – Ich muß noch hinzusezen, daß keine Vorsicht
                              außer Acht gelassen wurde, um die auf dem Terrain vorgenommenen Versuche vollkommen
                              vergleichbar zu machen und möglichst richtig zu stellen, und so den im Laboratorium
                              vorzunehmenden Operationen eine hinlänglich verlässige Grundlage zu geben, um die
                              Schlüsse, zu welchen sie führen könnten, zu rechtfertigen.
                           Mein Erstes war, das Gewicht des in einem Ster der verschiedenen Holzarten
                              enthaltenen vollkommen trokenen Holzes zu bestimmen. Die Laubhölzer anbelangend kam
                              ich ohne Ausnahme zu dem Resultat, daß die stattfindenden Verschiedenheiten völlig
                              unabhängig sind von dem Alter der Bäume, ihrer Lage und dem Boden, worin sie
                              wuchsen.
                           Diese anfangs befremdende Thatsache erklärt sich jedoch leicht, wenn man bedenkt, daß
                              die Bäume, deren schnelles Heranwachsen von der guten Qualität des Bodens und der
                              Lage begünstigt wird, und deren Holz wahrscheinlich von geringerm specifischen
                              Gewicht ist, als dasjenige der Bäume derselben Holzart, die aber in ihrem Wachsthum
                              durch ungünstige Einflüsse behindert wurde, daß diese Bäume, sage ich, in der Regel
                              sehr gerade, dabei glattrindig sind und sich gut spalten lassen, während die mühsam
                              heranwachsenden sehr oft verdreht sind, runzelige Rinde haben und sich unregelmäßig
                              spalten. Es folgt daraus, daß wenn man die Bäume, nachdem sie gefällt und zu
                              Scheitern gespalten sind, zu Sters aufschlichtet, beinahe immer bei den langsam
                              gewachsenen sich mehr leere Zwischenräume ergeben, wodurch die Unterschiede im
                              specifischen Gewicht – eine Folge der das Wachsthum befördernden oder
                              hemmenden Umstände – mehr als ausgeglichen werden müssen.
                           Bei den harzigen Holzarten hingegen scheinen die Lage und die Fruchtbarkeit des
                              Bodens auf das Gewicht des Ster von Einfluß zu seyn. Wirklich modificirt die mehr
                              oder weniger schnelle Entwiklung dieser Holzarten in der Regel ihre äußere Gestalt
                              nur insofern, daß sie sich mehr derjenigen des Cylinders oder des Kegels nähert;
                              sonach kann ein Einfluß der Dichtigkeit auf das Gewicht des Ster sich hier zeigen,
                              während er sich bei den Laubhölzern nur durch die Unregelmäßigkeit der Umrisse
                              offenbart. Doch scheint das Gewicht des Ster harziger Holzarten von dem Alter der
                              Bäume völlig unabhängig zu seyn, und die durch die Lage bedingten Verschiedenheiten
                              halten sich in so engen Gränzen, daß sie ganz vernachlässigt werden können. Sie
                              entfernen sich nämlich nur um 3. bis 5 Proc. von den aus sämmtlichen Versuchen
                              erhaltenen Mittelzahlen und fallen folglich in die Gränzen der Fehler, welche bei
                              allen im Großen angestellten Versuchen über diesen Gegenstand, so vorsichtig man
                              auch zu Werke geht,
                              unvermeidlich sind. Diese Betrachtungen veranlaßten mich, von jeder Holzart und
                              wieder den verschiedenen Qualitäten einer jeden, das Mittel aller gefundenen
                              Gewichte zu ziehen und die erhaltene Zahl als mittleres Gewicht des Ster
                              anzunehmen.
                           Aus der Tabelle, in welcher alle diese Resultate aufgezeichnet sind, wird man ersehen
                              daß, die Laubhölzer anbelangend, das Gewicht des Ster einer und derselben Holzart,
                              aber von verschiedenen Qualitäten, mit dem schwerern angefangen, in folgender
                              Ordnung gereiht werden muß: 1) Stammholz; 2) Knüppelholz von jungen Stämmen; 3)
                              Knüppelholz von Aesten. Bei den harzigen Hölzern hingegen ist die Ordnung: 1)
                              Knüppelholz von jungen Stämmen; 2) Knüppelholz von Aesten; 3) Stammholz.
                           Um die Elementarzusammensezung zu ermitteln, stellte ich hierauf eine große Anzahl
                              Analysen unter den verschiedensten Verhältnissen des Bodens, der Lage, des Alters
                              und der Dike bei jeder Holzart an.
                           Die Rothbuche, die Eiche, die Weißbuche, die Espe und die Weide gaben immer ganz
                              übereinstimmende Resultate.
                           Bei der Birke zeigten sich einige Abweichungen, welche von der Eigenthümlichkeit der
                              Rinde dieses Baums herrühren, sich in sandigem Boden manchmal sehr bedeutend zu
                              entwikeln.
                           Bei der Erle kam ebenfalls eine Abweichung um 1 Proc. an Kohlenstoff vor und endlich
                              schien auch der Harzgehalt der Tanne und Fichte auf die Ziffern der Analyse von
                              Einfluß zu seyn.
                           Da ich unter allen Verhältnissen bei den meisten Holzarten fast ganz dieselben
                              Resultate erhielt und die Abweichungen im Mittel nicht über 1 Proc. an Kohlenstoff
                              betragen, so veranlaßte mich dieß alle Analysen der neun Holzarten, womit ich mich
                              beschäftigte, zu vereinigen und für jede dieser Holzarten die sich ergebende
                              Mittelzahl als Elementarzusammensezung anzunehmen.
                           Der Kohlenstoffgehalt übersteigt bei den harzigen Hölzern, der Birke, Erle und Weide,
                              51 Proc.; bei der Eiche und Espe 50 Proc., beider Roth- und Weißbuche endlich
                              beträgt er zwischen 49 und 50 Proc.
                           Der freie Wasserstoff (d.h. derjenige welcher durch den Sauerstoffgehalt des Holzes
                              nicht in Wasser verwandelt werden kann) beträgt bei der Birke und Erle 1 Proc.; bei
                              der Espe und Weide, der Eiche, Roth- und Weißbuche beträgt er nur mehr 6/10
                              bis 7/10 Procent.
                           Bei den harzigen Holzarten beträgt er 9/10 Proc. Der Gehalt an freiem Wasserstoff ist
                              so beträchtlich und so gleichbleibend bei den verschiedenen Holzarten, daß er einen neuen Beweis für die
                              Wasserzersezung bei der Vegetation liefert.
                           Der Stikstoffgehalt wechselt bei den verschiedenen Holzarten im Mittel zwischen 1 und
                              8/10 Proc.; manchmal sind jedoch bei einer und derselben Holzart die Abweichungen
                              bedeutender, was sich übrigens aus der Beschaffenheit der zwischen den Holzschichten
                              sich absezenden stikstoffhaltigen Substanzen leicht erklären läßt.
                           
                        
                           Wärmeerzeugende Kraft eines Ster
                                 Holz.
                           Um die wärmerzeugende Kraft eines Ster von verschiedenen Holzarten bestimmen zu
                              können, ging ich von der Ansicht aus, daß die Elementarbestandtheile des Wassers,
                              welche in die chemische Zusammensezung des Holzes eingehen, nicht als wärmeerzeugend
                              angenommen werden können, weder wenn man sie sich zu Wasser vereinigt denkt, noch
                              wenn die von ihnen gebildete Verbindung während der Verbrennung ihren Zustand
                              verändert.
                           Außerdem habe ich noch angenommen, daß der Kohlenstoff und freie Wasserstoff, welcher
                              in allen Holzarten vorhanden ist, in welchem Verhältniß sie auch verbunden seyn
                              mögen, dieselbe Menge Wärmestoff entwikeln, als wenn sie isolirt vorhanden
                              wären.
                           Dieß vorausgesezt, zog ich, da ich einerseits das Gewicht des in einem Ster
                              verschiedener Holzarten enthaltenen trokenen Holzes und andererseits die in die
                              Zusammensezung eines jeden derselben eingehenden Quantitäten Kohlenstoffs und freien
                              Wasserstoffs kannte, das Gewicht des im Ster enthaltenen Kohlenstoffs und freien
                              Wasserstoffs davon ab.
                           Indem ich hierauf diese Gewichte mit den die wärmeerzeugende Kraft des Wasserstoffs
                              und Kohlenstoffs ausdrükenden Zahlen multiplicirte, gab mir die Summe dieser beiden
                              Producte eine die absolute wärmeerzeugende Kraft eines Ster bezeichnende Zahl.
                           Um die Relation der so für jede Holzart erhaltenen Zahlen, mit andern Worten, ihre
                              relative wärmeerzeugende Kraft zu erhalten, dividirte ich diese Zahlen nacheinander
                              durch die höchste von allen und erhielt so eine Reihe von Coefficienten, welche mir
                              zur Herstellung der Tabelle über den Werth der verschiedenen Holzarten hinsichtlich
                              der Quantität Wärmestoffs diente, die ein Ster einer jeden mittelst der Verbrennung
                              zu entwikeln vermag.
                           In dieser Tabelle nimmt der Ster Stammholz von der Eiche mit sizenden Eicheln
                              (gemeine starke Eiche, Steineiche, Quercus robur) den
                              ersten Rang ein; der Ster Fichtenholz den lezten. Ihre wärmeerzeugende Kraft verhält
                              sich wie 10 zu 7, und wenn man sich nur an das Stammholz haltend classificirt, so
                              findet man folgende Ordnung: 1) Steineiche; 2) Rothbuche; 3) Weißbuche; 4) Birke; 5) Stieleiche (Qu. pedunculata); 6) Erle; 7) Tanne; 8) Weide; 9) Espe;
                              10 Fichte.
                           Doch muß ich bemerken, daß wenn man in der Praxis die aus meinen Versuchen
                              hervorgehenden Zahlen anwenden wollte, um die zur Hervorbringung einer gegebenen
                              Wirkung erforderliche Holzmenge zu berechnen, davon erst abgezogen werden müßte:
                           1) Die Quantität Wärmestoff, die der Temperatur entspricht, bei welcher die durch die
                              Verbrennung erzeugten Gase, das zur chemischen Zusammensezung gehörige Wasser
                              inbegriffen, an die Luft abgegeben werden, oder eine nüzliche Wirkung
                              hervorzubringen aufhören.
                           2) Die Quantität Wärmestoff, welche erforderlich ist, um das im Holz immer enthaltene
                              hygrometrische Wasser, wovon ich bei meinen Berechnungen abstrahirte, zu
                              verflüchtigen und auf dieselbe Temperatur zu bringen.
                           Der Gehalt des Holzes an Wasser, welches zu seiner Zusammensezung gehört (d.h. an
                              Sauerstoff und Wasserstoff, im Verhältniß der Wasserbildung) geht aus meinen
                              Versuchen hervor, so wie der Gehalt an Kohlenstoff und überschüssigem Wasserstoff;
                              das hygrometrische Wasser anbelangend, hat man aber bis jezt nur allgemeine, wenig
                              genaue Angaben. Ich habe hierüber eine Reihe Versuche begonnen, welche ich später
                              der Akademie vorlegen werde.
                           Meine bisherigen Beobachtungen scheinen zu ergeben, daß bei Holz, welches der freien
                              Luft ausgesezt, aber vor Regen und Sonne geschüzt war, die Quantität des
                              hygrometrischen Wassers und zwar bei allen Holzarten mit geringem Unterschied
                              ziemlich gleich, hingegen verschieden ist, je nachdem es Scheiter, Aeste oder junge
                              Stämmchen sind.
                           Doch kann ich diese ersten Resultate, da sie sechs Monate nach der Fällung erhalten
                              wurden, nicht eher als zuverlässig betrachten, als bis sie sich durch aufeinander
                              folgende, von Halbjahr zu Halbjahr anzustellende Versuche bestätigt haben.
                           In einer spätem Arbeit werde ich die Ziffern, zu welchen ich in dieser Abhandlung
                              gelangte, zur Berechnung des Erzeugnisses von 15,000 Hektaren Waldung in ziemlich
                              langen Perioden und unter sehr verschiedenen Umständen, in der Art anwenden, daß die
                              Quantität des von einer Hektare Waldung jährlich fixirten Kohlenstoffs, Wasserstoffs
                              und Stikstoffs daraus ersehen werden kann, so wie vielleicht auch, welchen Einfluß
                              auf diese Abweichungen die Umstände, unter denen die Vegetation stattfindet, so wie
                              die verschiedenen forstwirthschaftlichen Systeme ausüben können.
                           
                           Tabelle.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 95, S. 372
                              Gewicht eines Ster trokenen Holzes;
                                 In einem Ster enthaltener Kohlenstoff; In einem Ster enthaltener überschüssiger
                                 Wasserstoff; Wärmeerzeugende Kraft eines Ster; Coefficient für die
                                 wärmeerzeugende Kraft eines Ster; Steineiche (Stammholz); Rothbuche (Stammholz);
                                 Eiche, beide Arten vermengt (Stammholz); Weißbuche (Stammholz); Birke
                                 (Stammholz); Stieleiche (Stammholz); Birke (Stammholz und Knüppell vermengt);
                                 Weißbuche (Stammholz und Knüppel vermengt); Birke (Knüppel von jungen
                                 Stämmchen); Tanne (Knüppel von jungen Stämmchen); Eiche, beide Arten vermengt
                                 (Knüppel von jungen Stämmchen); Rothbuche (Knüppel von jungen Stämmchen); Erle
                                 (Stammholz); Erle (Stammholz und Knüppel vermengt); Weißbuche (Knüppel von
                                 jungen Stämmchen); Rothbuche (Knüppel von Aesten); Tanne (Knüppel von Aesten);
                                 Erle (Knüppel von jungen Stämmchen); Fichte (Knüppel von jungen Stämmchen);
                                 Fichte (Knüppel von Aesten); Tanne (Stammholz); Weißbuche (Knüppel von Aesten);
                                 Weide (Stammholz und Knüppel vermengt); Birke (Knüppel von Aesten); Weide
                                 (Knüppel von jungen Stämmchen); Esche (Stammholz und Knüppel vermengt); Eiche,
                                 beide Arten vermengt (Knüppel von Aesten); Fichte (Stammholz)