| Titel: | Ueber einige Sorten im Handel vorkommenden Glases; von Robert Warington. | 
| Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. XXI., S. 71 | 
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                        XXI.
                        Ueber einige Sorten im Handel vorkommenden
                           Glases; von Robert
                              Warington.
                        Aus dem Philosophical Magazine (Supplementheft), Jun.
                              1845, S. 578.
                        Warington, über einige Sorten im Handel vorkommenden
                           Glases.
                        
                     
                        
                           Vor einiger Zeit wurden mir einige grüne Weinbouteillen zur Untersuchung zugestellt,
                              welche Innen mit einer dünnen, trüben etwas undurchsichtigen Haut überzogen waren.
                              Es fragte sich, ob dieselbe in dem Grad entfernt werden könne, daß das Glas feine
                              ursprüngliche Durchsichtigkeit wieder erhalte. Mein erster Gedanke beim Ansehen
                              dieser Flaschen war, daß diese Trübheit von einer der Oberfläche des Glases
                              mechanisch anhängenden Substanz herrühre und wahrscheinlich durch Auswaschen
                              derselben mit unreinem, fettigem oder Seifenwasser entstanden sey. Bei näherer
                              Untersuchung aber ergab sich, daß dieß nicht der Fall sey, sondern die Oberfläche
                              des Glases durch die Einwirkung irgend eines äzenden Körpers angegriffen war. Es
                              wurden daher Stüke dieses Glases der Einwirkung einer schwachen Lösung von
                              Weinsteinsäure unterworfen, welche Säure sich in Weinen häufig vorfindet; nach
                              Verlauf von 24 Stunden war das Gefäß, in welchem die Digestion stattfand, zu einem
                              Viertheil mit schönen Krystallen von doppelt-weinsteinsaurem Kalk angefüllt.
                              Auch verdünnte Salzsäure wirkte stark darauf, bildete salzsauren Kalk und eine
                              gallertartige Masse von Kieselerde. Aus diesen vorläufigen Versuchen folgte, daß zur
                              Verfertigung des Glases ein großer Kalküberschuß angewandt worden war, wodurch es zu
                              irgend einem der gewöhnlichen Zweke, wozu man sich solcher Bouteillen bedient,
                              gänzlich untauglich wurde. Das Glas wurde nun analysirt. Da hiebei der gewöhnliche
                              Weg befolgt wurde, genügt es zu bemerken, daß die Alkalien, Natron und Kali,
                              mittelst Flußsäure und das Kali aus dem gewogenen Gemenge von schwefelsaurem Kali
                              und Natron durch Chlor-Platinkalium abgeschieden wurde.
                           
                           Das Resultat auf 100 Theile berechnet, war folgendes:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 49,00
                                 
                              
                                 Kalk
                                 24,75
                                 
                              
                                 Natron
                                   7,25
                                 
                              
                                 Kalk
                                   2,00
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 10,00
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   4,10
                                 
                              
                                 Talkerde
                                   2,00
                                 
                              
                                 Kupfer- und Manganoxyd
                                   Spur
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 99,20
                                 
                              
                           Bei der näheren Erkundigung, welche ich über diese Flaschen einzog, erfuhr ich, daß
                              sie dem Käufer derselben, einem Weinhändler, zu niedrigerm Preise angeboten worden
                              waren, als die gewöhnlichen Weinbouteillen, und daß die Verkäufer ihre Waare sehr
                              mit dem Bemerken anpriesen, daß in denselben der Portwein seine Kruste viel
                              schneller und fester abseze, d.h. daß sie der Flasche fester anhänge, als dieß beim
                              gewöhnlichen Glas der Fall ist. Ein Weinhändler erlitt einen beträchtlichen Verlust
                              durch das Abziehen weißen Weins auf solche Bouteillen, indem die Flaschen trübe
                              (wolkig) wurden und der Geschmak des Weins eine wesentliche Veränderung erlitt. Da
                              es von wissenschaftlichem Interesse ist zu wissen, inwiefern obiges Glas sich von
                              dem gewöhnlichen grünen Glas der Weinflaschen unterscheidet, wurde eine Analyse
                              dieses leztern angestellt, welche in 100 Theilen ergab:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 59,00
                                 
                              
                                 Kalk
                                 19,90
                                 
                              
                                 Natron
                                 10,00
                                 
                              
                                 Kali
                                   1,70
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                   7,00
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   1,20
                                 
                              
                                 Talkerde
                                   0,50
                                 
                              
                                 Manganoxyd
                                   Spur
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 99,30
                                 
                              
                           Vergleicht man dieses Resultat mit dem obigen, so ergibt sich daß der Gesammtbetrag
                              der vorhandenen Basen weit geringer ist, und wenn man sie als Silicate berechnet, so
                              wird man aus der ersten Analyse einen Mangel an Kieselerde ersehen, der sich in 100
                              Theilen auf ungefähr 20 Theile beläuft. – Als ich mit dieser Untersuchung zu
                              Ende war, zeigte Hr. Prof. Faraday in einer Vorlesung in
                              der Royal-Institution über die Verfertigung von Glas, spiegeln eine
                              französische Glasbouteille vor, welche von Hrn. Pepys
                              jun. zufälligerweise der Einwirkung verdünnter
                              Schwefelsäure (1 Säure auf 10 Wasser) ausgesezt worden war; in kurzer Zeit hatte
                              diese durch ihre
                              Einwirkung auf das Glas eine schöne Krystallisation von schwefelsaurem Kalk in
                              kleinen, losen und abgerundeten pyramidalen Massen hervorgebracht, die der
                              Oberfläche der Flasche fest anhingen. Diese merkwürdige Einwirkung veranlaßte mich,
                              die fraglichen Flaschen der Einwirkung einer gleichen Mischung zu unterwerfen, und
                              sie wurden, nachdem sie angefüllt und loker zugepfropft waren, an einen sichern Ort
                              bei Seite gestellt. Nach Verlauf von 2–3 Wochen war ich eines Morgens
                              erstaunt, den Boden des Laboratoriums von einer Flüssigkeit bedekt zu finden, welche
                              augenscheinlich von der Stelle abgelaufen war, wo diese Flaschen hingestellt worden
                              waren, die, als man sie untersuchte, nach allen Richtungen zersprungen waren und auf
                              deren Sprüngen gallertartigen Kieselerde abgelagert war. Als ich eine derselben
                              zerbrach, fand ich die ganze Innenseite in einer Dike von einem Viertelszoll mit
                              einem Gemenge von schwefelsaurem Kalk und Kieselerde überzogen, dessen
                              Krystallisation offenbar das Brechen der Bouteillen veranlaßt hatte; an einigen
                              Stellen war das Glas durch und durch zerfressen.