| Titel: | Ueber ein neues und vortheilhaftes Verfahren reine Phosphorsäure aus Knochenasche darzustellen; von W. Gregory, Med. Dr., Prof. der Chemie an der Universität zu Edinburgh. | 
| Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. XXXIII., S. 131 | 
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                        XXXIII.
                        Ueber ein neues und vortheilhaftes Verfahren
                           reine Phosphorsaͤure aus Knochenasche darzustellen; von W. Gregory, Med. Dr., Prof. der Chemie an der Universitaͤt zu
                           Edinburgh.
                        Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, April 1845, S.
                              97.
                        Gregory, über Bereitung von Phosphorsäure.
                        
                     
                        
                           In Liebig's Ausgabe von
                              Geiger's Handbuch, so wie
                              in der neuen Auflage von Gmelin's Handbuch findet sich ein Verfahren von Liebig, reine Phosphorsäure aus Knochenerde darzustellen.
                              Dieses Verfahren besteht darin, den Kalk aus dem sauren phosphorsauren Salz durch
                              einen Ueberschuß von Schwefelsäure zu entfernen und die Phosphorsäure von der
                              phosphorsauren Bittererde durch Weingeist zu befreien. Ein großer Theil des
                              Bittererdesalzes bleibt
                              von dem Weingeist ungelöst, und der aufgelöste Theil soll sich mit der Zeit
                              vollkommen absezen, wo dann eine reine alkoholische Auflösung von Phosphorsäure,
                              frei von Kalk und Bittererde, erhalten wird.
                           Ich habe gefunden, daß sich der Kalt durch Schwefelsäure vollkommen abscheiden läßt,
                              allein die Bittererde kann durch Alkohol nicht abgeschieden werden. Es löst sich
                              viel phosphorsaure Bittererde in dem Alkohol auf, und ich habe eine solche stark
                              bittererdehaltige Lösung vierzehn Tage aufbewahrt, ohne daß sich eine Spur von
                              irgend einem Salz abgesezt hätte. Den Versuch machte ich, wie es in Gmelin's Handbuch vorgeschrieben
                              wird, mit der syrupdiken Auflösung des Glases, welches erhalten wird, wenn man die
                              überschüssige Schwefelsäure durch Erhizen fortschafft und den Rükstand im
                              Platintiegel gelinde glüht.
                           Da ich nun dieses Verfahren aufgeben mußte, so untersuchte ich das besprochene Glas
                              genauer. Es löst sich in kochendem Wasser vollkommen klar
                              auf, und die Auflösung enthält sehr viel Bittererde, aber keinen Kalk. Wird sie
                              abgedampft und in einer Platinschale eingekocht, bis sie syrupartig, ja beim
                              Erkalten ganz dik wird und bis sie Dämpfe abgibt, die etwas Phosphorsäure neben dem
                              entweichenden Wasserdampf enthalten, was bei einer Temperatur von ungefähr
                              315° C. geschieht, so trübt sie sich Plözlich durch die Abscheidung eines
                              weißen Pulvers. Beim Abkühlen krystallisirt jezt die (Pyro-?) Phosphorsäure
                              unregelmäßig nach der Art des Krümelzukers. Diese krystallinische (Pyro-?)
                              Phosphorsäure löst sich leicht in kaltem Wasser auf; das weiße Pulver bleibt aber
                              gänzlich unaufgelöst, obwohl vor dem Abdampfen alles klar
                              aufgelöst gewesen war. Es schien sich also die Bittererde bei 315° in ein
                              unlösliches Salz zu verwandeln, und es lag sehr nahe zu versuchen, ob sich alle
                              Bittererde auf diese Art abscheiden ließe. Die Flüssigkeit vom Pulver abfiltrirtabfiltrit, enthielt noch den größten Theil, ungefähr die 9/10 der Bittererde; ich
                              dampfte sie daher nochmals ab und erhizte in der Platinschale bei 315° 1/4
                              Stunde lang. Die anfangs klare Flüssigkeit wurde indessen trübe; ich ließ sie
                              erkalten und löste mit kaltem Wasser die Phosphorsäure auf, wobei eine große Menge
                              des weißen Pulvers zurükblieb. Die filtrirte Säure war absolut
                                 frei von Bittererde. Ich wusch dann das Salz auf dem Filter mit kaltem
                              Wasser gut aus und fand, daß es so gut wie absolut unlöslich war; denn die lezten,
                              ganz geschmaklosen Waschwasser bis auf 1/20 eingedampft
                              und mit Ammoniak übersättigt, gaben nur eine sehr geringe Spur von phosphorsaurer
                              Bittererde zu erkennen. Die saure Auflösung, eingedampft und in Platin geglüht, hinterließ, ohne sich zu
                              trüben, ein ganz klares, farbloses, weiches Glas, was sich in heißem Wasser leicht
                              löste und sich als vollkommen reine Phosphorsäure zeigte. Nach obigem sehr leicht
                              auszuführenden Verfahren bekommt man also aus Knochenerde ganz leicht die reinste
                              Phosphorsäure. Man braucht nur die kalkfreie Auflösung einzudampfen und gelinde zu
                              glühen, das erhaltene Glas durch Kochen mit Wasser aufzulösen, diese Auflösung
                              nochmals abzudampfen und bei ungefähr 315° C. oder einer Temperatur, wobei
                              sich die Säure mit dem Wasserdampf zu verflüchtigen anfängt, 1/4 bis 1/2 Stunde lang
                              zu erhizen, die erkaltete Masse mit kaltem Wasser zu digeriren und das aufgelöste
                              von dem unlöslichen Salz abzufiltriren. Das Filtrat ist eine Auflösung von reiner
                              Phosphorsäure. Dieses Verfahren hat den Vorzug, daß es bei dem ersten Glühen ein
                              ganz farbloses Glas liefert, weil eine vorhandene Spur organischer Materie von der
                              Schwefelsäure oxydirt wird, und so die vor dem Glühen vorhandene bräunliche Farbe
                              ganz verschwindet. Auch bleibt das Platin blank und unangegriffen, während bei dem
                              Glühen des phosphorsauren Ammoniaks, selbst des reinen farblosen Salzes, das Glas
                              mehr oder weniger schwarze Floken enthält, und das Platin immer stark angegriffen
                              wird. Uebrigens ist das Erhizen des Ammoniaksalzes eine sehr lästige Operation, da
                              die geschmolzene Masse sehr zäh ist und leicht übersteigt; auch ist eine sehr starke
                              und anhaltende Hize nöthig, um alles Ammoniak auszutreiben, und wahrscheinlich wird
                              bei einer so hohen Temperatur ein Theil der Säure auf Kosten des Ammoniaks reducirt
                              und so das Platin angegriffen.
                           Das Glas der reinen Phosphorsäure, durch obiges Verfahren dargestellt, ist immer ganz
                              farblos und wasserklar, und man bekommt die ganze Menge der in den Knochen
                              enthaltenen Säure, mit Ausnahme des Theils, welcher mit der Bittererde das
                              unlösliche Salz bildet.Die Menge der phosphorsauren Bittererde in den Knochen ist sehr beträchtlich,
                                    und ist in den vorhandenen Analysen vielleicht zu niedrig (1–2 Proc.)
                                    angegeben. Ich habe schon eine große Menge Phosphorsäure nach diesem Verfahren bereitet
                              und habe dasselbe ganz praktisch gefunden. Es ist gewiß wohlfeiler und leichter wie
                              jede andere mir bekannte Methode. Selbst wenn sich die Bittererde durch Alkohol
                              abscheiden ließe, würde diese Methode (hier wenigstens, wo der Alkohol so theuer
                              ist) zu kostspielig seyn. Man würde die Säure wohlfeiler aus Phosphor durch
                              Verbrennen desselben in Sauerstoff darstellen können.
                           Aus der Auflösung dieser Säure habe ich die obenerwähnte Krystallisation nach Art des
                              Zukers in dem Honig nicht wieder erhalten können; ich bin geneigt zu glauben, daß nur die
                              bittererdehaltige Säure diese Erscheinung darbietet. Peligot hat diese Krystallisation beschrieben (siehe Gmelin vierte Auflage II. 576), aber ich weiß nicht, wie seine Säure
                              bereitet wurde, da ich nur obige Citation gesehen habe.