| Titel: | Ueber die Eigenschaft einer gesättigten Kochsalzauflösung das schwefelsaure Blei etc. aufzulösen und Anwendung derselben zur Analyse des Bleiglanzes; von Becquerel. | 
| Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. LV., S. 208 | 
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                        LV.
                        Ueber die Eigenschaft einer gesaͤttigten
                           Kochsalzaufloͤsung das schwefelsaure Blei etc. aufzuloͤsen und Anwendung
                           derselben zur Analyse des Bleiglanzes; von Becquerel.
                        Aus den Comptes rendus, Maͤrz 1845, No.
                              21.
                        Becquerel, über die Eigenschaft des Kochsalzes schwefelsaures Blei
                           etc. aufzulösen.
                        
                     
                        
                           Zur elektrochemischen Zersezung und Wiederverbindung der Körper ist ein Lösungsmittel
                              erforderlich, welches dem Strom Durchgang gestattet. Gewöhnlich bedient man sich
                              hiezu des Wassers, dessen Leitungsvermögen durch Zusaz einer kleinen Quantität Säure
                              oder einer salzigen Substanz bedeutend erhöht wird; man ist aber an dieses
                              Lösungsmittel nicht gebunden; denn es gibt viele andere, deren man sich mit Vortheil
                              bedienen kann. Die erste Stelle räume ich hierin dem Salzwasser ein, indem das
                              Chlornatrium (Kochsalz) das in der Natur, sowohl auf der Oberfläche als im Innern
                              des Erdballs, verbreitere Salz ist. Ich beabsichtige durchaus nicht, alle
                              unauflöslichen Verbindungen zu ermitteln, welche das ganz gesättigte Salzwasser
                              aufzulösen vermöchte; wohl aber eine Reihe Verbindungen mit gleicher Basis
                              anzugeben, welche diese Eigenschaft besizen, um den Nuzen zu zeigen, der aus solchen
                              Lösungen gezogen werden kann. Die unlöslichen Salze, mit welchen ich Versuche
                              anstellte, sind die, deren Basis Blei ist und deren elektronegative Bestandtheile
                              die Schwefelsäure, Phosphorsäure, Kieselflußsäure, Oxalsäure, Boraxsäure,
                              Weinsteinsäure, Gallussäure, Arseniksäure und Wolframsäure sind. Beginnen wir mit
                              dem schwefelsauren Blei: 1 Liter mit Chlornatrium gesättigten Wassers, welches am
                              Baumé'schen Aräometer 25° zeigt, löst ungefähr 0,66 Gramme
                              schwefelsaures Blei auf; die Auflösung sezt in einigen Tagen an den Wänden des
                              Gefäßes kleine Krystalle ab, welche sich zuweilen zu seidenartigen Büscheln
                              vereinigen, oder in Formen erscheinen, welche ich noch nicht bestimmte; diese
                              Krystalle sind in Wasser sowohl, als in Chlornatriumlösung unauflöslich; auf einem
                              Platinblech der Flamme einer Weingeistlampe ausgesezt, zersezen sie sich und
                              schmelzen; das Chlorblei verflüchtigt sich. Digerirt man diese Krystalle mit
                              Salpetersäure und einem kleinen Goldblättchen, so bildet sich Chlorgold; behandelt
                              man sie vor dem Löthrohr mit Soda auf Kohle und bringt sie dann mit etwas Wasser auf
                              ein Silberblech, so wird dieses geschwärzt; erhizt man sie stark in einer Glasröhre,
                              so verflüchtigt sich Chlorblei nebst etwas Wasser. Diese Krystalle sind sonach ein
                              chlorschwefelsaures Bleioxydhydrat, dessen Zusammensezung ich auf folgende Weise
                              ermittelte: 0,56 Gramme dieser bis zum Schmelzen erhizten Substanz wurden mit Wasser, welches mit
                              Salzsäure schwach angesäuert war, und einem Stükchen Zinkblech in ein
                              Porzellanschälchen gebracht, um das Blei in metallischem Zustand zu erhalten. Die
                              Reaction trat sehr bald ein; das niedergeschlagene und gesammelte Blei wog 0,412
                              Gramme. Die Lösungen mit dem Waschwasser wurden durch Kochen concentrirt und die
                              Schwefelsäure aus dem schwefelsauren Zink mittelst Chlorbaryum gefällt. Es wurden
                              0,150 Gramme schwefelsaurer Baryt erhalten, welche 0,052 Gr. Schwefelsäure
                              enthalten, was 0,200 Grammen schwefelsauren Bleies entspricht, welche 0,139 Gramme
                              Blei enthalten.
                           
                              
                                 Subtrahirt man von
                                 chlorschwefelsaurem Blei
                                 0,560 Gr.
                                 
                              
                                 
                                 Schwefelsaures Blei
                                 0,200  –
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                       
                                           so bleibt
                                    Chlorblei
                                 0,360 Gr.
                                 
                              
                           0,360 Gramme Chlorblei aber enthalten 0,270 Gramme Blei, d.h. zweimal so viel als das
                              schwefelsaure Blei, woraus folgt, daß das chlorschwefelsaure Blei aus 1 Atom
                              schwefelsaurem Blei und 2 Atomen Chlorblei besteht. Das Krystallwasser konnte ich
                              nicht genau bestimmen, weil das Salz, wenn es in einer Röhre stark erhizt wird,
                              schmilzt und zugleich mit dem Wasser sich auch etwas Chlorblei verflüchtigt. Da aber
                              die 0,560 Gr. wasserfreies Salz aus 0,572 Gr., welche bis zum Schmelzen erhizt
                              worden waren, gewonnen wurden, so ist anzunehmen daß 0,560 Gr. Salz mit 0,012 Gr.
                              Wasser verbunden sind, wobei für das chlorschwefelsaure Blei die Formel
                              So³Pb, 2 ClPb, H²O sich ergäbe.
                           Dieß vorausgesezt, wollen wir untersuchen, was vorgeht, wenn man eine gesättigte
                              Lösung von Chlornatrium und schwefelsaurem Blei sich selbst überläßt. Das, wenn auch
                              mit Natrium verbundene, doch in Ueberschuß vorhandene Chlor, reagirt langsam auf das
                              schwefelsaure Blei; es bilden sich Chlorblei und schwefelsaures Natron; das
                              Chlorblei verbindet sich mit unzerseztem schwefelsaurem Blei in dem angegebenen
                              Verhältniß. Die Verbindung bildet seidenartige Büschel oder Krystalle, je nach der
                              Menge des in der Lösung enthaltenen schwefelsauren Bleies; ist die Lösung mit
                              schwefelsaurem Blei gesättigt, so erhält man nur Büschel. Diese Reactionen dauern so
                              lange fort, bis das schwefelsaure Blei verschwunden ist.
                           Das phosphorsaure Blei ist in einer gesättigten Chlornatriumlösung auflöslich, jedoch
                              viel weniger als das schwefelsaure und liefert chlorphosphorsaures Blei, welches in
                              Blättchen krystallisirt. Die Formel dieser Verbindung muß derjenigen des
                              chlorschwefelsauren Bleies entsprechen. Das natürliche chlorphosphorsaure Blei
                              bildet hexaëdrische Prismen; Wöhler zeigte, daß es
                              aus Chlorblei und
                              phosphorsaurem Blei in einem solchen Verhältniß besteht, daß lezteres neunmal so
                              viel Blei enthält als das Chlorblei; das von mir erhaltene chlorphosphorsaure Blei
                              ist von jenem also verschieden. Eine gesättigte Kochsalzauflösung löst fast alle
                              unauflöslichen Bleisalze auf und bildet damit eine Reihe neuer krystallisirter, ganz
                              unauflöslicher Verbindungen.
                           Auch die Elektrochemie besizt ein sehr einfaches Mittel, chlorschwefelsaures,
                              chlorphosphorsaures etc. Blei darzustellen; man bedarf dazu nur einer einfachen
                              Vorrichtung, die aus einer unten mit feuchtem Thon verschlossenen Röhre besteht, in
                              welche man eine gesättigte Chlornatriumlösung und ein Bleiplättchen bringt, und aus
                              einem Pokal, welchen man mit einer Lösung von schwefelsaurem Kupfer oder saurem
                              Phosphorsaurem Kupfer anfüllt, in die ein Kupferblech taucht, welches man mit dem
                              Bleiplättchen in Verbindung sezt; wird lezteres angegriffen, so entsteht ein Strom,
                              wodurch das Kupfersalz zersezt wird; der Sauerstoff und die Schwefelsäure oder
                              Phosphorsäure, in Gegenwart des Bleiplättchens in Freiheit gesezt, erzeugen
                              schwefelsaures oder phosphorsaures Blei, welches in der Chlornatriumlösung oben
                              erwähnte Reactionen hervorbringt.
                           Ich will nun noch eine Eigenschaft der gesättigten Chlornatriumlösung mittheilen,
                              deren Kenntniß für das Studium der geologischen Erscheinungen von Wichtigkeit ist.
                              Es bezieht sich diese Eigenschaft auf die Umbildung des Bleiglanzes in ein
                              schwefelsaures Salz (sulfatation) durch die vereinigte
                              Einwirkung des Chlornatriums und des schwefelsauren Kupfers, welche Umbildung, nur
                              in etwas längerer Zeit, auch mit dem bloßen schwefelsauren Kupfer bewerkstelligt
                              werden kann: was beweist daß die Wirkung eine ganz verschiedene ist von jener bei
                              der Verwandlung der Silbererze in Chloride (chloruration) durch die vereinigte Wirkung des Chlornatriums und
                              schwefelsauren Kupfers. Um sich die Wirkungen gehörig zu erklären, muß man sich
                              erinnern daß, wenn die beiden Bestandtheile des Schwefelbleies, der Schwefel und das
                              Blei sich oxydiren, schwefelsaures Blei entsteht, indem das
                           
                              
                                 Schwefelblei
                                 PbS
                                 
                              
                                 das schwefelsaure Blei aber
                                 SO³, PbO
                                 
                              
                           zur Formel hat. Andererseits ist das schwefelsaure Kupfer,
                              welches dem schwefelsauren Blei analog SO³, CuO zur Formel hat, auflöslich, während das Bleisalz es
                              nicht ist. Gehen wir nun zu den Versuchen über.
                           Wenn man in einen Pokal ungefähr gleiche Quantitäten dieser beiden Salze, des
                              schwefelsauren Kupfers und Schwefelbleies mit ihrem 4 bis 5fachen Gewicht Wasser bringt, so tritt nach
                              Verlauf einer gewissen Anzahl Tage eine solche Reaction ein, daß beide Salze sich
                              vollkommen zersezt haben, daß man nämlich einerseits schwefelsaures Blei und
                              andererseits Schwefelkupfer hat. Folgende Verhältnisse von Schwefelblei und
                              schwefelsaurem Kupfer müssen genommen werden, damit die doppelte Zersezung
                              erfolgt:
                           1) 100 Gewichtstheile krystallisirten schwefelsauren Kupfers dienen zur Bildung von
                              120,55 Theilen schwefelsauren Bleies;
                           2) 100 Theile wasserfreien schwefelsauren Kupfers erzeugen 190,12 Theile
                              schwefelsaures Blei, welche 129,83 Theile Blei enthalten.
                           Nun enthalten 100 Theile krystallisirtes schwefelsaures Kupfer
                           
                              
                                 wasserfreies schwefelsaures Salz
                                 63,93
                                 
                              
                                 Wasser
                                 36,07
                                 
                              
                           woraus folgt, daß 156,42 Theile krystallisirten schwefelsauren
                              Kupfers 100 Theile wasserfreies schwefelsaures Salz repräsentiren.
                           Andererseits enthalten 100 Theile Schwefelblei 13,45 Schwefel, welche 40,35
                              Schwefelkupfer entsprechen, und da diese Quantität Schwefel 19,95 Sauerstoff bedarf,
                              um sich in Schwefelsäure zu verwandeln, und 100 Theile krystallisirtes
                              schwefelsaures Kupfer 32,14 Schwefelsäure enthalten, so folgt daß, um 100 Theile
                              Bleiglanz zu zersezen, etwas über 100 Theile krystallisirtes schwefelsaures Kupfer
                              erforderlich sind. Folgendes sind die Resultate mehrerer Versuche.
                           Ich brachte in eine Porzellanschale Schwefelblei, in ein unfühlbares Pulver
                              verwandelt, mit einem Ueberschuß von schwefelsaurem Kupfer in Wasser gelöst, und
                              schüttelte das Gemenge öfters, um die Berührungsflächen zu erneuern; allmählich
                              vergrößerte sich das Volum des unauflöslichen Theils und nach wenigen Tagen war es
                              noch einmal so groß; der Bleiglanz verlor seinen Metallglanz, wurde grau, dann
                              schwach röthlich und theilweise pulverig; alles deutete auf seine Zersezung. Der
                              gebildete Bodensaz wurde ausgewaschen, um ihm den Kupfervitriolüberschuß zu
                              entziehen und der Rükstand mit einer gesättigten Kochsalzlösung behandelt, um alles
                              gebildete schwefelsaure Blei aufzulösen, welches sodann im elektrochemischen Apparat
                              zersezt wurde. Das erhaltene Blei gab Spuren von Silber, selbst dann, wenn man mit
                              Bleiglanz mit starkem Gehalt an diesem Metall operirte.
                           Die Zersezung erfolgt nur dann vollkommen, wenn das Schwefelblei sich in sehr fein
                              zertheiltem Zustand befindet; denn wenn es in kleinen Krystallen oder Blättchen von
                              gewisser Größe vorhanden ist, so wird nur die Oberfläche angegriffen und das
                              erzeugte schwefelsaure Blei, welches sie überzieht, schüzt das Innere der Krystalle oder Blättchen gegen
                              jede Veränderung.
                           Behandelt man den Rükstand des Bleiglanzes, welcher stets fremdartige Bestandtheile
                              enthält, mit Wasser, welches mit Schwefelsäure angesäuert wurde, so erhält man keine
                              Spur schwefelsauren Kupfers; es bildet sich daher bei der Einwirkung dieses Salzes
                              auf das Schwefelblei auch kein basischschwefelsaures Kupfer. Sogar, wenn man
                              denselben Rükstand unter der Rothglühhize röstet, so entwikelt sich reichlich
                              schwefligsaures Gas, die Masse entzündet sich und es entsteht schwefelsaures Kupfer.
                              Das Rösten geht sehr leicht von Statten, in Folge der sehr feinen Zertheilung des
                              Schwefelkupfers.
                           Durch diese Thatsachen ist hinreichend nachgewiesen, daß schwefelsaures Kupfer und
                              Schwefelblei, beiläufig in gleicher Quantität, im Verlauf einer gewissen Zeit
                              aufeinander einwirken und sich wechselseitig zersezen. Diese Reaction findet sogar
                              ohne Dazwischenkunft der Luft statt; die dazu erforderliche Zeit hängt von der
                              Zertheilung des Schwefelbleies und davon ab, wie oft man das Gefäß behufs der
                              Erneuerung der Oberflächen schüttelt. Wärme beschleunigt sehr diese Zersezung. Man
                              muß einen Kolben anwenden und von Zeit zu Zeit Wasser zusezen, um das verdampfte zu
                              ersezen.
                           Auch befördert man den Proceß sehr, wenn man so viel Kochsalz zusezt, als
                              schwefelsaures Kupfer vorhanden ist. In diesem Fall verwandelt sich das
                              schwefelsaure Kupfer in Kupferchlorid, während sich schwefelsaures Natron bildet.
                              Das Kupferchlorid wirkt auf das Schwefelblei, wodurch einerseits Chlorblei erzeugt
                              wird, welches sich dann in Berührung mit dem schwefelsauren Natron in schwefelsaures
                              Blei verwandelt, und andererseits Schwefelkupfer, welches niederfällt. Bei dieser
                              Reaction wird das Chlornatrium fortwährend zersezt und wieder gebildet; es dient
                              mithin als Vermittler zwischen dem Schwefelblei und dem schwefelsauren Kupfer.
                           Die Anwendbarkeit dieses Verfahrens wird man leicht einsehen. Angenommen, man wolle
                              die Zusammensezung eines silber- oder goldhaltigen Bleiglanzes ausmitteln,
                              welcher außerdem noch Substanzen enthält, die von Salpetersäure, Salzsäure oder
                              beiden Säuren miteinander angegriffen werden, so ist klar, daß bei dem gewöhnlichen
                              analytischen Verfahren die edeln Metalle, so wie die andern nicht kieselhaltigen
                              Verbindungen angegriffen werden, so daß von dem Molecularzustand, in welchem sie
                              sich befanden, keine Spur zurükbleibt. Behandelt man hingegen das Erz mit Wasser,
                              Chlornatrium und schwefelsaurem Kupfer, so ist dieß nicht der Fall. Auf leztere Art
                              behandelte ich 5 Gramme sehr silbeneichen Bleiglanzes von dem Erzgang Saint-Santin
                              (Cantal), bei Aurillac, welcher auch Gold und allerlei Edelsteine enthält, mit 6
                              Grammen krystallisirten schwefelsauren Kupfers und 50 Grammen Wassers; nach 14
                              Tagen, nachdem ich das Gemenge täglich fleißig umgeschüttelt hatte, war alles
                              Schwefelblei zersezt. Ich trennte das schwefelsaure Blei mittelst einer gesättigten
                              Kochsalzlösung ab und das Schwefelkupfer durch Schlämmen. Der Rükstand bestund aus
                              kleinen Stükchen der Gangart, Schwefelkiesen, kleinen Titaneisenkrystallen, kleinen
                              Topasen, Chrysolithen, Gold- und Silberflimmerchen, weil lezteres Metall
                              nicht merklich angegriffen wurde. Man ersieht hieraus, daß fast nur das Schwefelblei
                              verschwand, und es ist einleuchtend, wie vortheilhaft dieses Verfahren ist, wenn es
                              sich darum handelt, die physische Constitution eines Bleiglanzes, d.h. den Zustand
                              zu erfahren, in welchem sich metallische und andere Substanzen befinden, die bei den
                              gewöhnlichen Analysen von Säuren angegriffen werden.
                           Folgende Resultate erhielt ich bei zwei Operationen, indem ich Kochsalz zugleich mit
                              schwefelsaurem Kupfer anwandte.
                           1) Ich brachte in einen Pokal 300 Gramme gesättigte, Kupfervitriollösung, 5 Gramme
                              Chlornatrium und 25 Gramme Schliech aus dem Bleiglanz von Saint-Santin; dieß
                              Gemenge schüttelte ich 16 Tage lang fleißig um, decantirte hierauf und behandelte es
                              dann mit gesättigter Chlornatriumlösung, um ihm das erzeugte schwefelsaure Blei zu
                              entziehen. Die erhaltene Lösung, im elektrochemischen Apparat behandelt, lieferte 14
                              Gramme Blei in Schwammform, welches geschmolzen nur 10 Gramme Blei gab, das 0,011
                              Gramme Silber enthielt, weil beim Schmelzen Blei verloren gegangen war. Der
                              Rükstand, welcher das Schwefelkupfer enthielt, wog 18 Gramme, die Filterkohle mit
                              inbegriffen.
                           Die 18 Gramme Rükstand gaben beim Probiren ein Silberkorn von 0,077 Grammen Gewicht.
                              100 Gramme Erz hätten sonach im Rükstand 0,308 Gramme Silber geliefert. Wären nun
                              100 Gr. dieses Erzes in Behandlung genommen worden, so hätte man erhalten:
                           
                              
                                 Blei in Schwammform
                                 56 Gr.
                                 
                              
                                 geschmolzenes Blei
                                 40  –
                                 
                              
                           
                              
                                 Silber im BleiSilber im
                                    Ruͤkstand
                                 0,044 Gr.0,308  –
                                 
                                    
                                    
                                 0,352
                                 
                              
                           Die Gegenwart des Kochsalzes in der Auflösung war also Ursache, daß 1/7 des im
                              Bleiglanz enthaltenen Silbers in Chlorsilber Verwandelt wurde. Es ist leicht zu
                              begreifen, warum sich nicht alles Silber mit Chlor verband. Das Silber, welches sich im Erz
                              bloß in Flimmerchen oder sehr kleinen Körnchen befand, wurde nur oberflächlich
                              angegriffen, so daß die abgesezte Chlorsilberschicht das Innere gegen jede
                              Veränderung schüzte.
                           2) 25 Gramme geschlämmter Schliech von Saint-Santin, 25 Gramme Kupfervitriol
                              und eine gewisse Quantität Wasser wurden, ohne Chlornatrium, in eine Schale gebracht
                              und die Mischung fleißig umgerührt. Nach 13 Tagen wurde ausgewaschen und der
                              Rükstand dann mit gesättigter Chlornatrium-Auflösung behandelt, um das
                              schwefelsaure Blei zu entfernen. Der Rükstand wog nach der Erschöpfung 15,4 Gramme.
                              Die Auflösung von schwefelsaurem Blei gab 13 Gramme geschmolzenes Blei, welches
                              0,002 Silber enthielt, d.h. das Blei hatte einen Silbergehalt von 0,0002; der
                              Rükstand gab bei der Probe 0,065 Gramme Silber. 100 Gramme des Schliechs enthalten
                              also 40 Gramme geschmolzenes Blei (es geht beim Schmelzen immer etwas Blei
                              verloren).
                           
                              
                                 Silber im BleiSilber im
                                    Ruͤkstand
                                 0,008 Gr.0,260  –
                                 
                                    
                                    
                                 0,268 Gr.
                                 
                              
                           Der Silbergehalt des Schliechs war also 0,0027. Diese Resultate beweisen daß, ohne
                              Chlornatrium zur Zersezung des Bleiglanzes anzuwenden, 1/33 des Silbers ausgezogen
                              wird, welches sich wahrscheinlich als Schwefelsilber in demselben befand.
                           Aus dem Mitgetheilten sind die Vortheile ersichtlich, welche die Umwandlung des
                              Bleiglanzes in schwefelsaures Blei behufs seiner Analyse ohne Anwendung von Wärme
                              oder Säuren gewährt, und zugleich wie stark das schwefelsaure Kupfer auf das
                              Schwefelblei einwirkt, welche Reaction nicht merklich stattfindet, wenn man statt
                              des schwefelsauren Kupfers schwefelsaures Eisenoxydul oder-Oxyd anwendet.
                           Nimmt man statt gepulverten Schwefelbleies Krystalle von gewisser Größe, so wird
                              allmählich ihre Oberfläche irisirend, ein sicheres Zeichen einer anfangenden
                              Zersezung; es bildet sich nach und nach schwefelsaures Blei und Schwefelkupfer in
                              pulverigem Zustand; durch Schütteln des Gefäßes wird der Staub abgelöst.
                           Die Elektrochemie besizt noch ein anderes Mittel, die beiden Bestandtheile des
                              Schwefelbleies zu oxydiren, welches darin besteht, das Schwefelblei in die Röhre des
                              Sauerstoffapparats zu bringen, der zusammengesezt ist: erstens aus dieser unten mit
                              feuchtem Thon verschlossenen und mit Aezkalilösung angefüllten Röhre, und dann einem
                              Pokal, welcher Salpetersäure enthält, in die ein Platinblech taucht, welches man mittelst eines
                              Platindrahts mit dem Schwefelblei in Verbindung sezt; lezteres als ein Leiter der
                              Elektricität, wird zur positiven Elektrode und folglich der Mittelpunkt der
                              Sauerstoffentwiklung; es bildet sich schwefelsaures Blei, Bleisuperoxyd und in Folge
                              davon findet die Zersezung des genannten Salzes statt, wodurch schwefelsaures Kali
                              erzeugt wird, welches in der Kalilösung zu finden ist, während sich gelbes
                              Bleisuperoxydhydrat absezt.
                           Hinsichtlich der Bildung des Bleisuperoxydhydrats muß ich bemerken, daß die Versuche,
                              welche in der Absicht angestellt wurden, zu beweisen, daß dasselbe ein Gemenge ist
                              von Bleisuperoxyd und Bleioxyd, in den Folgerungen, welche ich aus den meinigen zog,
                              als ich die Analyse dieser Substanz bekannt machte, nichts ändern können. Es ist
                              nicht anzunehmen, daß ein Körper, welchen man in Farbe und Zusammensezung immer
                              gleich erhält, ein Gemenge der beiden Bleioxyde in verschiedenen Verhältnissen ist;
                              der Umstand, daß diese Verbindung beim Austroknen auf der Oberfläche ihr
                              Hydratwasser verliert, hat wahrscheinlich den Irrthum veranlaßt. Hinsichtlich der
                              Umwandlung des Bleiglanzes in schwefelsaures Blei muß ich zum Schluß bemerken daß,
                              wenn in einem Bleiglanzlager kleine in Zersezung begriffene Kupferkiese vorkommen,
                              wie dieß oft der Fall ist, die entstehende schwefelsaure Kupferlösung auf den
                              Bleiglanz wirken muß wie bei obigen Versuchen; es erzeugt sich dann, je nachdem die
                              Zersezung mehr oder weniger rasch stattfindet, schwefelsaures Blei und
                              Schwefelkupfer in Staubform, in Concretionen oder in Krystallen. Ist der Bleiglanz
                              vollends in Berührung mit einer die Elektricität leitenden Substanz, welche von
                              Kupfervitriollösung nicht angegriffen wird, wie der Schwefelkies, so wird der
                              Bleiglanz noch stärker angegriffen, als wenn er nicht das elektropositive Element
                              eines galvanischen Paars gewesen wäre. Es sind dieß strenge Folgerungen aus wohl
                              erwiesenen Thatsachen, und keine Deductionen theoretischer Ansichten über das
                              Dazwischentreten der Elektricität bei geologischen Erscheinungen.