| Titel: | Neues Verfahren den Hanf und Flachs zu rösten, worauf sich Moses Poole in London am 30. Decbr. 1844 in Folge einer Mittheilung ein Patent ertheilen ließ. | 
| Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. LVIII., S. 223 | 
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                        LVIII.
                        Neues Verfahren den Hanf und Flachs zu
                           roͤsten, worauf sich Moses
                              Poole in London am 30. Decbr. 1844 in Folge einer MittheilungDieses am 27.
                                    Jun. 1845 einregistrirte Patent ist wahrscheinlich die Röstmethode
                                 des Franzosen Rouchon, worüber der Bericht von Karmarsch im polytechn. Journal Bd. XCVI S. 86 mitgetheilt wurde.A. d. R. ein Patent ertheilen ließ.
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Jul. 1845,
                              S. 53.
                        Poole's  Verfahren den Flachs und Hanf zu
                           rösten.
                        
                     
                        
                           Die Erfindung bezieht sich auf chemische Mittel, um die Fasern des Flachses und
                              Hanfes von den gummiharzigen Substanzen beim Rösten zu trennen. Nach dem
                              gewöhnlichen Verfahren wird der Hanf und Flachs durch Einweichen in stehendem oder
                              fließendem Wasser geröstet und bei dem Temperaturwechsel werden die klebrigen Theile
                              mehr oder weniger zersezt; dabei ist es aber sehr schwierig, sich zu überzeugen, bis
                              zu welchem Grade die Zersezung vorgeschritten ist. Die Fäulniß der klebrigen
                              Bestandtheile inficirt überdieß das Wasser und macht es für das Vieh nachtheilig.
                              Man hat zwar mechanische Mittel ersonnen, um die Anwendung der faulen Gährung zu
                              ersezen; diese bewirkten allerdings, daß der Zusammenhang zwischen den Fasern
                              aufgehoben wurde, aber die kleberartigen Stoffe, welche die Fasern mit einander
                              verbinden, wurden dadurch nicht abgeschieden; verschiedene andere Methoden wurden
                              ebenfalls ohne Erfolg versucht.
                           Nach der neuen Erfindung röstet man den Hanf und Flachs in einem Wasser, welches mit
                              Schwefelsäure vermischt ist; der Proceß hat dabei einen raschen Verlauf, ohne daß
                              sich ein übler Geruch verbreitet und der Arbeiter kann sich zu jeder Zeit
                              überzeugen, wie weit die Operation vorgeschritten ist.
                           Bei dem Hanf ist das Verfahren zu jeder Jahreszeit
                              folgendes, sowohl an
                              freier Luft als unter einem Schoppen, nur muß an freier Luft die obere Hanfschicht
                              mit Blättern oder Stroh überdekt werden, damit sie nicht zu schnell austroknen kann.
                              Man vermischt 200 Gewichtstheile Wasser mit 1 Theil concentrirter Schwefelsäure (von
                              66° Baumé) und bringt diese Flüssigkeit in einen hinreichend tiefen
                              hölzernen Kasten, so daß die Hanfbündel darin von der Mischung ganz überdekt sind.
                              Zuvor müssen die Hanfbündel jedoch auf eine geeignete Weise aufgelokert und
                              befeuchtet werden; zu diesem Zwek legt man sie entweder drei Fuß hoch auf Holzstüke,
                              die sich in kleiner Entfernung über dem Boden befinden und übergießt sie mit Wasser,
                              um sie durch und durch zu befeuchten; oder man taucht sie in fließendes Wasser, bis
                              sie dasselbe hinreichend eingesogen haben. Nach dieser Behandlung läßt man sie acht
                              bis neun Stunden liegen, worauf man das Befeuchten wiederholt. Am geeignetsten ist
                              es daher, die erste Operation Morgens und die zweite Abends vorzunehmen, hierauf
                              aber die Hanfbündel bis zum nächsten Morgen liegen zu lassen, um sie dann in das
                              gesäuerte Wasser einzuweichen. Man bringt nämlich die Hanfbündel in den Kasten,
                              welcher die saure Mischung enthält und drükt sie darin hinab, so daß das gesäuerte
                              Wasser sie ganz durchdringen muß. Wenn man sie herausnimmt, um sie abtropfen zu
                              lassen, legt man sie wieder auf die Holzstüke. Damit die Säure gleichförmig und
                              regelmäßig einwirkt, muß man die Lage der Hanfbündel nach jedem Einweichen in der
                              Art wechseln, daß die oberste Hanfschicht bei dem zweiten Eintauchen zuunterst kommt
                              und umgekehrt. Nach fünf bis sechs Stunden muß man die Bündel wieder befeuchten und
                              bis zum nächsten Morgen stehen lassen, worauf sie wieder in das saure Wasser
                              gebracht, fünf bis sechs Stunden darauf befeuchtet und so jeden Tag behandelt
                              werden, bis das Rösten ganz beendigt ist. Wenn der Hanf auf die angegebene Weise
                              behandelt wird, zeigen die Stengel an verschiedenen Stellen einige schwarze Fielen,
                              welche anfangs sehr klein sind, aber mit dem Vorschreiten des Processes rasch
                              zunehmen. In lezterem Stadium muß man die Operation mit großer Sorgfalt überwachen;
                              der Röstproceß ist als beendigt zu betrachten, wenn sich beim Biegen des Hanfs die
                              Fasern leicht auf der ganzen Oberfläche des Stengels absondern. Man darf dann den
                              Hanf nicht mehr in das saure Wasser einweichen, sondern hat ihn bloß noch mit
                              gewöhnlichem Wasser gut auszuwaschen. Am besten ist es, wenn man die Bündel ganz in
                              Wasser untertaucht, um die Säure auszuziehen. Sollte der Hanf nach diesem Einweichen
                              noch Säure zurükhalten, so muß man ihn in ein alkalisches Bad bringen und nach
                              diesem wieder zwei- bis dreimal wässern. Er wird endlich getroknet und auf
                              gewöhnliche Weise gebrochen. Das alkalische Bad ist eine Auflösung von 1 Theil Potasche oder Soda in
                              10,000 Theilen Wasser.
                           Den Flachs behandelt man eben so wie den Hanf, nur wendet
                              man ein schwächeres Sauerwasser an, welches aus 1 Theil Schwefelsäure auf 380 bis
                              400 Theile Wasser besteht; der Proceß muß auch sorgfältiger überwacht werden, weil
                              die Flachsfasern durch die Säure leichter zerstört werden als die Hanffasern.