| Titel: | Ueber die Bildung des Fettes bei den Thieren; von Boussingault. | 
| Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. LIX., S. 226 | 
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                        LIX.
                        Ueber die Bildung des Fettes bei den Thieren; von
                           Boussingault.
                        Aus den Comptes rendus, Jun. 1845, Nr.
                              24.
                        Boussingault, über die Bildung des Fettes bei den
                           Thieren.
                        
                     
                        
                           Folgender Auszug eines Schreibens von Boussingault an Arago enthält die Resultate, zu welchen er bei seinen
                              neuen Untersuchungen gelangte:
                           
                              „Aus meinen Untersuchungen scheint hervorzugehen: 1) daß acht Monate alte
                                 Schweine, welche nach der normalen Schweinszucht in Ställen groß gezogen wurden,
                                 viel mehr Fett enthalten, als sie durch ihr Futter bekamen; 2) daß sechs Monate
                                 lang mit Kartoffeln gefütterte Schweine nicht mehr Fett geben, als die
                                 Kartoffeln enthielten; 3) daß beim Mästen der Schweine viel mehr Fett assimilirt
                                 wird, als das Futter enthält; 4) daß die Nahrungsmittel, welche allein
                                 verabreicht, das Vermögen nicht besizen, Fettstoffe zu entwikeln, dieses
                                 Vermögen in auffallender Weise erlangen, sobald man ihnen Fett zusezt, obgleich
                                 das Fett, den Thieren allein gegeben, Entkräftung hervorbringt; 5) daß das
                                 Mastfutter, welches nur sehr wenig Fett enthält, immer sehr reich an
                                 stikftoffhaltiger Materie ist.
                              
                           
                              Ich mästete Gänse, und fand, wie sich Hr. Persoz zuerst davon überzeugte, daß das
                                 erzeugte Fett das im Türkischkorn enthaltene Oehl bei weitem übersteigt. Hierin
                                 also bestätigen meine Erfahrungen vollkommen die von Hrn. Persoz der Akademie mitgetheilten
                                 (polytechn. Journal Bd. XCII S. 70).
                              
                           
                              Ich kann Ihnen mit ein paar Worten sagen, wie ich mich von dem schnellen Einfluß
                                 des ganz fertig gebildeten Fetts bei der Mästung überzeugte. Enten wurden mit
                                 Reis gemästet, welcher nur einige Tausendstel Fettsubstanzen enthält; andere
                                 Enten von gleichem Ursprung und Gewichte erhielten eben so Diel Reis, welchem
                                 aber Butter zugesezt worden war. Die Enten mit purem
                                    Reis blieben beinahe wie sie am Anfange des Versuches waren; die Enten
                                 mit gebuttertem Reis hingegen wurden in wenigen Tagen wahre
                                 Fettkugeln.
                              
                           
                              Bei allen meinen Beobachtungen sah ich jederzeit die Fetterzeugung von
                                 Fleischbildung begleitet.“
                              
                           ––––––––––
                           Hr. Milne Edwards bemerkte nach
                              Vorlesung dieses Briefes, wie mit diesen Beobachtungen des Hrn. B. die Resultate der
                              von ihm im J. 1843 angestellten Versuche über die Erzeugung
                                 des Wachses bei den Bienen übereinstimmen. Dieselben gaben kein Wachs, wenn
                              sie nur mit Zuker und Wasser gefüttert wurden, wohl aber, wenn ihnen Honig gegeben
                              wurde, welcher immer etwas Wachssubstanz enthält. Die Fettsubstanz, welche die
                              Bienen nun in ihrer Nahrung fanden, vereint mit der in ihrem Körper schon
                              vorhandenen, war aber durchaus unzureichend, die Quantität des während der Dauer des
                              Versuches erzeugten Wachses zu erklären, so daß diesen Thieren das Vermögen
                              zugeschrieben werden muß, diese Fettsubstanz auf Kosten der zu ihrer Nahrung
                              dienenden Zukerstoffe zu erzeugen. Die bei dieser Umbildung die Rolle eines Ferments
                              spielende Substanz wurde damals nicht zu ermitteln gesucht; jedenfalls aber geht aus
                              Hrn. B.'s Versuchen hervor, daß die Vorgänge bei Säugethieren und Vögeln dieselben
                              sind, wie ich sie bei den Insecten beobachtete.
                           Hr. Payen macht auf die
                              Uebereinstimmung dieser Resultate mit denjenigen aufmerksam, welche die HHrn.
                              Dumas, Boussingault und er selbst aus
                              zahlreichen Analysen von vegetabilischen Producten im Vergleich mit deren Wirkung
                              beim Mästen und der Milchbildung zogen. Solche Analysen, deren Werth hiedurch
                              bestätigt wird, lehren uns die Nahrungsmittel zur Fütterung und Mästung der Thiere
                              richtig wählen. Es geht ferner aus dem Allen hervor, daß von Kartoffeln und
                              ähnlichen Nahrungsmitteln keineswegs das zu erwarten ist, was mit Beihülfe von
                              Kleien, Türkischkorn, Oehlpreßkuchen und andern an Oehlsubstanzen reichen Körpern so
                              leicht zu erreichen ist. Gleichfalls rechtfertigen sich die bisher durch Tradition
                              fortgeübte Futterung und Mästung der Thiere mit Träbern, Rükständen von Brennereien,
                              Wirrstroh etc.