| Titel: | Ueber die Gränze hoher und tiefer Töne; von C. Despretz. | 
| Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. LXVI., S. 244 | 
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                        LXVI.
                        Ueber die Graͤnze hoher und tiefer
                           Toͤne; von C.
                              Despretz.
                        Aus den Comptes rendus, April 1845, Nr.
                              17.
                        Despretz, über die Gränze hoher und tiefer Töne.
                        
                     
                        
                           Was hat man unter einem hörbaren Ton zu verstehen? Ist es ein Ton, der irgend eine
                              Wirkung auf das Ohr ausübt, oder ist es einer, der in Bezug auf einen andern
                              classificirbar ist?
                           Wir glauben, daß jede Reihe langsamer oder rascher Schwingungen, die nicht verglichen
                              werden kann mit einer anderen, einen bestimmten Ton gebenden, z.B. dem Contra-C des Violoncells oder Violons, kein Ton,
                              sondern ein dumpfes oder helles Geräusch zu nennen ist.
                           Wollaston, in seinen Beobachtungen über die für gewisse
                              Ohren unwahrnehmbaren Töne, und Savart, in einer spätern
                              Arbeit über die Gränze der hörbaren Töne, scheinen nicht viel Achtsamkeit auf die
                              Nothwendigkeit dieser Unterscheidung gehabt zu haben, ohne welche, wie mich dünkt,
                              immer einige Verwirrung in dem Gegenstand herrschen wird, über den ich hier einige
                              Beobachtungen Vorzulegen beabsichtige.
                           
                           In französischen und ausländischen Werken citirt man die Resultate der Versuche von
                              Sauveur, Wollaston und Savart, so wie die von Chladni und Hrn.
                              Biot angenommenen Zahlen.
                              Betrachten wir zunächst den Zustand der Aufgabe.
                           Für ein gesundes Ohr in seinem normalen Zustande, sagt Wollaston, scheint die Fähigkeit der Wahrnehmung von Tonen keine scharfe
                              Gränze zu haben. Wenn man allmählich, in langsamer Fortschreitung, die Zahl der
                              Impulse, welche einen Ton bilden, verringert, so wird man, welche Sorgfalt man auch
                              darauf verwende, nicht leicht den Punkt angeben können, bei dem man einhalten muß,
                              damit die Töne noch einen musikalischen Effect geben. Dessenungeachtet ist man,
                              wenigstens bei keinem auffallenden Fehler im Ohr, noch empfindlich für Schwingungen,
                              selbst wenn sie schon bloße Erzitterungen geworden sind, die man durch den Tact
                              vernehmen und fast zählen kann.
                           Nach Chladni entsprechen die tiefsten, vom Menschenohre
                              vernehmbaren Töne 30 einfachen Schwingungen in der Secunde. Hr. Biot und andere Physiker nehmen die
                              Zahl 32 an, was der tiefste Ton der Orgel ist.
                           In den Mémoires de l'Académie, Ann. 1700,
                              p. 140 wird berichtet, Sauveur habe durch Versuche gefunden, daß eine Pfeife von 40 Fuß den
                              tiefsten Ton gebe, den der Mensch noch unterscheiden könne. Wenn das Gesez der
                              Längen noch für diesen Fall gilt, wenn der erzeugte Ton der Grundton war, so würde
                              das Resultat 25 einfache Schwingungen seyn. Es fehlt aber an Details, um diese
                              Angabe gehörig beurtheilen zu können; der Ton hätte in Bezug auf einen anderen, wohl
                              bestimmten festgesezt werden müssen. Ohne diese Bedingung hat der Versuch jenes
                              sinnreichen Akustikers nur einen zweifelhaften Werth.
                           Savart betrachtet noch als musikalischen Ton denjenigen,
                              der in seinem Apparat durch 7 bis 8 Schläge oder 14 bis 16 einfache Schwingungen
                              erzeugt wird.
                           Der zu diesen Versuchen angewandte Eisenstab hatte eine Länge von etwa 83 Centim.,
                              und da ein kürzerer Stab eine bedeutend größere Zahl von Schlägen erfordern würde,
                              so schließt der Verfasser, daß ein Stab von größerer Länge als 83 Centim. einen bei
                              geringerer Zahl von Schlägen wahrnehmbaren Ton veranlassen würde. Er wurde dadurch
                              zu dem Glauben geführt, daß es in der Hörbarkeit tiefer Töne keine Gränze gebe.
                           Entspränge der gehörte Ton wirklich aus der Zahl von Schlägen des Stabes gegen die
                              Luft, so müßte er sehr tief seyn. Er würde eine Octave unterhalb des Tons einer
                              32füßigen Pfeife liegen. Nun aber scheint dieser leztere schon kein musikalischer Ton
                              mehr zu seyn; er besteht aus einer Reihe von Schlägen, einer Art von Trommeln. Auch
                              finden die Erbauer großer Orgeln bedeutende Schwierigkeit, den ersten Theil der
                              32füßigen Octave, ohne Hülfe einer höheren Octave, zu stimmen. Es ist auch zu
                              bemerken, daß beim Orgelspiel die Stärke der Einblasung fast immer das Vorwalten der
                              Octave bedingt.
                           Als ich der Einweihung der schönen, von den HHrn. Cavallier-Coll erbauten Orgel zu St.
                              Dénis beiwohnte, und meine Eindrüke mit denen von Savart angegebenen verglich, kam ich auf den Gedanken, daß dieser berühmte
                              Akustiker durch die große Intensität des Tones seines Apparats vielleicht zu einem
                              Irrthum verleitet worden sey. Ich wurde dadurch zu einigen Versuchen veranlaßt, mehr
                              um mich selbst aufzuklären, als in der Hoffnung, einem schon mit so vieler
                              Geschiklichkeit behandelten Gegenstand etwas Neues abzugewinnen.
                           Ich habe einige Versuche mit dem Apparat der Faculté
                                 des sciences wiederholt. Der Stab dieses Apparats ist 0,86 Meter lang und
                              0,031 Meter dik. Er ist von Holz, bloß an den Enden, an den Kanten, die gegen die
                              Luft schlagen sollen, mit Kupferblech belegt. Ein Eisenstab ist wenig brauchbar; er
                              verzieht und verrükt den Apparat. Wenn man diesen Apparat mit stufenweise vermehrter
                              Geschwindigkeit in Umdrehung versezt, so hört man bald einen Ton von großer
                              Mächtigkeit; horcht man achtsam auf ihn, so ist es leicht nach beendigtem Versuch
                              das Unisono auf einem Basse zu nehmen. Man findet dann, daß bei keinem Versuch der
                              Ton unter das G der 16füßigen Octave (sol-₁) hinabgeht, wenn der tiefste Ton des
                              Basses das achtfüßige oder große C ist (ut₁). Ich machte den Versuch folgweise mit den
                              beiden Brettern, wie Savart sie anwendet, und mit einem oder zwei Brettern und der
                              von Hrn. Marloye hinzugefügten
                              Büchse; allein der Ton änderte sich nur um eine Stufe. Wenn weder Brett noch Büchse
                              vorhanden war, erwies sich der Ton noch fast als derselbe, nur ein wenig höher.
                           Ich glaubte, daß wenn der intensive Ton aus den Schlägen des Stabes gegen die
                              zwischen beide Bretter eingeschlossene Luft entstände, er durch Verdoppelung der
                              Schläge auf die höhere Octave gebracht werden müßte. Ich bat demnach Hrn. Marloye, Bretter solchergestalt
                              anzubringen, daß der Stab während jeder Umdrehung zweimal durch den Zwischenraum
                              gehe. Dazu bedurfte es nothwendig vier Paare von Brettern, statt eines einzigen,
                              welches sich am ursprünglichen Apparat befand. Ohne diese Bedingung würden die
                              Schläge nicht gleichabständig gewesen seyn.
                           
                           Der tiefste wahrnehmbare Ton des so eingerichteten und mit einem Zähler versehenen
                              Apparats ist das Unisono vom 16füßigen G (sol-₁); ihm entsprechen 96 einfache
                              Schwingungen in der Secunde, wenn dem 8füßigen C (ut-₁) 128 derselben entsprechen.
                           Wenn die Zahl der Schläge 15 bis 16 betrug, was 31 Schwingungen entspricht, war der
                              von ihnen erzeugte Ton nicht mehr hörbar.
                           Nun versezte man den Apparat wieder in den Zustand, in dem er bei Savart's Versuchen war, d.h. man ließ ihm nur Eine
                              Spalte; der tiefste vernehmbare Ton ward dadurch nicht merklich geändert. Er
                              entsprach immer 96 Schwingungen, und dennoch war die Zahl der Schläge auf die Hälfte
                              zurükgeführt, auf etwa 8 in der Secunde, die übrigens recht deutlich waren.
                           Wenn diese Beobachtungen richtig sind, so ist Savart
                              wahrscheinlich durch die Intensität des Tons seines Apparates irre geleitet. Ich
                              lege hier eine Stimmgabel vor, die das große C (ut-₁) des Violoncells angibt, und von Hrn.
                              Marloye auf meine
                              Bestellung für die Faculté des sciences
                              angefertiget worden ist. Der Ton dieser großen Stimmgabel scheint im ersten
                              Augenblik, selbst geübten Ohren, weit tiefer zu seyn als er wirklich ist.
                           Ich füge hinzu, daß der geschikte Verfertiger des Apparats niemals bei Savart's eigenen Versuchen zu hören
                              vermochte, daß der Ton aus den Schlägen des Stabes entspringe; eben so erging es
                              Hrn. Cagniard-Latour.
                           Es entsteht bei diesem Apparat, wie in allen complicirten Apparaten, eine Vielheit
                              von Tönen, indem die Luftmasse, die die Spalte bildenden Bretter, der Riemen u.s.w.
                              in Schwingungen gerathen und Verschiedene Töne hervorbringen. Man kann mehrere Töne
                              unterscheiden und bestimmen. Hier ist indeß nur von dem tiefsten hörbaren Ton. die
                              Rede.
                           Betrachten wir jezt die hohen Töne.
                           Wollaston glaubt, die Stimme der Fledermaus und des
                              Feldheimchens bildeten die Gränze der höchsten vernehmbaren Töne. Er meint, daß von
                              den tiefsten Tönen der Orgel bis zu den höchsten der Insecten die Schwingungen
                              6- bis 700mal rascher seyen; dieß würde die obere Gränze auf 19000 bis 22000
                              einfache Schwingungen bringen. Sauveur, in der erwähnten
                              Abhandlung, sezt die höchste Zahl auf 12400. Er gelangte zu diesem Resultat, indem
                              er die Länge einer Pfeife, die den höchsten wahrnehmbaren Ton gab, verglich mit der
                              Länge einer Pfeife, deren Grundton 100 Schwingungen in der Secunde entsprach.
                           Chladni blieb bei 22000 Schwingungen stehen. Savart
                               suchte diese obere
                              Gränze mit größerer Genauigkeit, als man vor ihm anwandte, durch mannichfaltige
                              Versuche zu bestimmen. Die von diesem berühmten Physiker erhaltenen Resultate sind
                              folgende:
                           Die meisten Personen, die seinen Versuchen beiwohnten, konnten den Ton eines kurzen
                              (159 Millimet. langen) Glasstabes hören. Dieser Ton entsprach 31000 einfachen
                              Schwingungen. Der Ton eines kürzeren (150 Millimet. langen) Stabes, der 33000
                              Schwingungen entsprach, wurde bald gehört, bald nicht. Stahlstäbe lieferten als
                              Gränze 32000 Schwingungen.
                           Tönende Pfeifen führten ihn nur auf 20000 Schwingungen. Er stüzte sich bei
                              verschiedenen Versuchen, um die Anzahl der Schwingungen zu schäzen, auf das Gesez
                              der Längen.
                           Die Anwendung gezahnter Räder erlaubte ihm die Gränzen der hörbaren Töne weiter
                              auszudehnen. Da es hiebei schwierig war einen Zähler zu gebrauchen, so schäzte er
                              die Schwingungsanzahl mittelst eines Hülfsrades, das mit dem den Ton gebenden Rade
                              auf Einer Achse befestigt war, und eine weit geringere Zahl von Zähnen hatte. So
                              bestimmte er die obere Gränze auf 48000 einfache Schwingungen.
                           Nach Savart würde also das Menschenohr noch einen Ton von
                              48000 Schwingungen wahrnehmen können, sobald derselbe eine hinreichende Stärke
                              besizt.
                           Ich wollte sehen, bis wie weit das Ohr die Fähigkeit habe, die Töne nicht bloß zu hören, sondern zu vergleichen.
                           Hr. Marloye hatte bereits zwei
                              kleine Stimmgabeln für mich gemacht, die das cIIII (ut₆) der
                              Claviere angeben; sie dienten zu Versuchen über die Interferenz der Töne, deren
                              Resultate noch nicht alle so rein sind, daß sie vorgelegt werden könnten, obwohl ich
                              mit Hülfe zweier Pfeifen (sifflets) abwechselnde
                              Schall- und Ruhelinien bekam, wie man bei dem Versuche mit zwei Lichtspalten
                              abwechselnd helle und dunkle Streifen beobachtet. Er machte mir später Gabeln für
                              cV, c, cVII, cVIII. Bei einiger
                              Uebung und Gewohnheit vernimmt das Ohr noch alle diese successiven Octaven. Viele
                              Personen hörten sie gut und hielten sie für Octaven.
                           Begnügt man sich demnach mit der Octave, welches für das Ohr das angenehmste und
                              zugleich faßlichste Intervall ist, so kann man nicht allein Töne bis zu 65536
                              Schwingungen hören, sondern auch classificiren, dabei das
                              große C (ut₁) zu 128
                              Schwingungen genommen. Als man zwischen cVI und cVII eine diatonische Tonleiter gemacht hatte,
                              hörte man in der ganzen Reihe alle Intervallen. Ich behaupte freilich nicht, daß die
                              Intervallen so genau erkennbar seyen, wie wenn man eine Reihe aus der Mitte der
                              musikalischen Scale
                              nehme; man gelangt dahin erst durch eine lange, mühsame und selbst für das Organ
                              gefährliche Arbeit, denn schon das fortgesezte Hören veranlaßt heftiges Kopfweh.
                              Indeß, wenn man diese Reihe mit Achtsamkeit untersucht, erkennt man, daß die Quarte
                              zwischen cVI und fVI und die Quinte
                              zwischen fVI und cVII richtig sind. Der
                              vollständige Accord cegc ist noch leichter
                              erkennbar.
                           Ich habe nicht gesucht eine Octave zwischen cVII und cVIII zu erhalten; man würde nur sehr mühsam dahin
                              gelangt seyn, und überdieß wäre auch die Anstrengung für das Ohr zu groß gewesen.
                              Begierig indeß zu wissen, ob es nicht möglich sey über cVIII, den Ton von 65536 einfachen
                              Schwingungen, hinauszugehen, bat ich den Künstler, drei solche Stimmgabeln cVIII zu machen, und
                              an jeder einen Stiel von gewisser Länge zu lassen, um ihnen mehr Tonfülle zu geben.
                              Ich hoffte, durch allmähliche Verkürzung dieser Stimmgabeln vielleicht auf ein
                              wahrnehmbares Intervall und auf die Octave cIX zu gelangen. Man erreichte das Unisono ziemlich
                              leicht; allein als eine der Stimmgabeln so weit verkürzt wurde, daß sie beinahe dVIII gab, tönte sie
                              nicht mehr, sobald als man ein wenig abfeilte; sie ertönte abermals, so wie man ihr
                              ihre frühere Länge wieder gab. Niemals war es aber möglich sie über dVIII hinaus, d.h.
                              über 73700 einfache Schwingungen zum Ertönen zu bringen.
                           Diese Stimmgabeln gaben, ungeachtet ihrer Kleinheit, einen Ton von bedeutender
                              Stärke; so wurde die Stimmgabel utVII durch eine Thür und noch im Abstand von
                              einigen Metern gehört. Die Stimmgabel utVIII wurde von der Mitte des großen Amphitheaters
                              der Sorbonne aus bis zu dessen Enden von mehr als 9 Personen unter 10 gehört.
                           Wenn vorstehende Versuche richtig sind, so folgt:
                           1) daß es gegenwärtig nicht erwiesen ist, daß das Menschenohr Töne von weniger als 32
                              einfachen Schwingungen vernehmen und bestimmen könne.
                           2) Es ist erwiesen, daß das Ohr Töne von 32 bis 73000 Schwingungen mit mehr oder
                              weniger Schwierigkeit vernehmen und erkennen kann.
                           Ich füge die Bemerkung hinzu, daß das Hören sehr hoher Töne nicht so rasch geschieht,
                              daß man dieselben in die musikalische Scale einführen könnte. Die Instrumentenmacher
                              haben übrigens das Mögliche erreicht, wenn nicht überschritten, wie aus der Prüfung
                              einiger Instrumente zu ersehen ist.
                           Auf den ausgedehntesten Clavieren entspricht der tiefste Ton dem 16füßigen C (correspond à ut-₁ ou ut 16 pieds ouvert), und
                              der höchste Ton dem 5gestrichenen c (ut₇). Untersucht man näher, so findet man, daß bei der größeren
                              Mehrzahl von ihnen die Hälfte der untersten Octave nichts Bestimmtes darbietet, und
                              die zweite Hälfte der obersten Octave aus klanglosen (insignifiants), schwer unterscheidbaren Tönen besteht. Man kann daher dem
                              Claviere eine ganze Octave nehmen, ohne den Werth und die Hülfsquellen dieses so
                              verbreiteten Instruments zu verringern.
                           Auf dem Contrebaß, wo der tiefste Ton dem 16füßigen C
                              (ut-₁) entspricht, sind selbst geübte
                              Künstler genöthigt, den ersten harmonischen Ton mitzugreifen, um den Accord zu
                              erhalten.
                           In großen Orgeln findet man Pfeifen von 32 Fuß an bis zu einigen Linien Länge. Wir
                              haben vorhin gesagt, daß der Accord der tiefen Töne immer einige Unsicherheit
                              hinterläßt. In mehr als einem Instrumente ist man über die höchsten Töne der Vögel
                              und Insecten hinausgegangen.
                           Ich erlaube mir hier einige Anwendungen vorzuschlagen, jedoch mit dem Vorbehalt, den
                              meine schwache Competenz mir auferlegt.
                           Könnte nicht die Heilkunde kleine Stimmgabeln von cII bis cVII, mit oder ohne Resonanzkasten, anwenden, um
                              bei Gehörkrankheiten die wachsende oder abnehmende Empfindlichkeit zu erkennen?
                           Die Wirkung, welche eine Stimmgabel c (ut₂) ausübt, wenn sie auf die Stirn oder Brust
                              gesezt wird, ist vielleicht eine Anzeige von der Wirksamkeit der Anwendung dieses
                              Apparates in der Heilkunde; auf der Stirn bewirkt sie ein Dröhnen (étonnement), eine ähnliche Erschütterung wie die,
                              welche ein Sturzbad verursacht.
                           Sollten nicht Stimmgabeln von mittlerer Größe, einzeln oder zu Accorden gestimmt, mit
                              oder ohne Resonanzkasten, durch ihre Verknüpfung mit dem Pianoforte oder mit kleinen
                              Orchestern schöne Wirkungen geben? Eine Reihe von mittleren Stimmgabeln, die ich
                              hier vorlege, und die ich habe construiren lassen, um die Folgenreihe der
                              harmonischen Töne einer Saite oder einer offenen Pfeife darzustellen, wird eine Idee
                              von der Schönheit und Reinheit dieser Instrumente geben.
                           Die großen Stimmgabeln C und C₁ (ut₁ und ut-₁) würden Pedale liefern, die durch
                              Schönheit, Reinheit und selbst durch die Stärke der Töne alles überträfen, was
                              Flöten und Zungenpfeifen leisten können. Man würde durch Accorde zwischen C und c (ut₁ und ut₂)
                              Effecte erreichen, die in der gegenwärtigen Musik ganz unbekannt sind.
                           Es wäre wünschenswerth, daß die mit der Errichtung der großen Orgeln in der St.
                              Magdalenen- und St. Eustache-Kirche beauftragten Orgelbauer einige
                              Versuche in dieser Beziehung machten. So wie die Sachen jezt stehen, kann der
                              Organist selber nicht die Stimmgabeln zum Ertönen bringen; allein bis man einen Mechanismus
                              hätte, der mit den Fingern oder Füßen gespielt würde, wäre es leicht, einen der
                              Balgentreter einzuüben, daß er auf ein vom Organisten gegebenes Zeichen die
                              Stimmgabeln ertönen ließe. In einem Orchester würde dieß noch leichter seyn.
                           Es sind erst wenige Jahre, daß man die Stimmgabeln in den Orchestern gebraucht, um
                              den Ton anzugeben und die Arbeit des Stimmens zu erleichtern. Als ich bei einem sehr
                              geschikten und geübten Künstler, der bei Hrn. Biot Akustik gehört und an den meisten der Savart'schen Apparate mitgearbeitet hatte, eine
                              Stimmgabel c bestellte, mußte er erst einige
                              Probeversuche machen. Gegenwärtig hat Hr. Marloye eine solche Sicherheit erlangt, daß er an einer Stimmgabel
                              C, so wie sie roh aus dem Gusse kam, die Dike ganz
                              unverlezt zu lassen, und von der Länge kaum zwei Linien abzunehmen brauchte. Es ist
                              wahrscheinlich die größte, die je ausgeführt wurde.
                           Ich behaupte keineswegs der Erste zu seyn, der den Wunsch gehegt, Instrumente und
                              Apparate, die bisher nur zu physikalischen Vorlesungen benuzt wurden, in die
                              geistliche und weltliche Musik eingeführt zu sehen. Ich glaube vielmehr, daß dieser
                              Wunsch Allen gekommen seyn muß, welche die Töne langer Stahlstäbe, Gloken (timbres) und Stimmgabeln mit oder ohne Resonanzkasten
                              gehört haben. Ich wollte bloß den Künstlern Hülfsquellen andeuten, deren Daseyn
                              ihnen unbekannt zu seyn scheint.