| Titel: | Ueber das Verfahren, welches zu befolgen ist, um erneuertem Firniß dieselbe Dauer zu sichern, wie dem auf frische Malerei aufgetragenen; von Hrn. Tripier-Deveaux. | 
| Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. LXXXI., S. 304 | 
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                        LXXXI.
                        Ueber das Verfahren, welches zu befolgen ist, um
                           erneuertem Firniß dieselbe Dauer zu sichern, wie dem auf frische Malerei aufgetragenen;
                           von Hrn. Tripier-Deveaux.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, Jun. 1845, S. 251.
                        Tripier-Deveaux, über Firnissen der Gemälde.
                        
                     
                        
                           Der Verfasser stellt vor Allem die Frage: warum ist der Firniß
                                 auf wieder gefirnißten Malereien nicht eben so dauerhaft, wie auf
                                 frischen?
                           Er bemerkt, daß eine Schicht fetten oder Oehlfirnisses, der Luft ausgesezt, ihren
                              Glanz, Zusammenhang und ihre ganze Durchsichtigkeit verliert, weil die Harze und
                              Oehle, aus welchen der Firniß besteht, sich oxydiren.
                           Eben so verhält es sich mit den Oehlgemälden; die Oxydation ist Ursache, daß nach
                              mehr oder weniger langer Zeit, je nachdem sie der Sonne ausgesezt und ihre Farben intensiver sind, die
                              Farbtheilchen, abgesehen von ihrer ursprünglichen Farbe, so leicht alle Adhärenz an
                              den Flächen, welche sie bedeken, verlieren und sich durch die geringste Reibung
                              entfernen lassen, weil dann das Gemälde seines Oehls beraubt ist.
                           Der Zwek des Oehls in der Farbe sowohl als in den Firnissen ist sonach: die färbenden
                              oder harzigen Theilchen zu umhüllen, sie der Einwirkung der Luft, des Wassers und
                              aller andern Körper zu entziehen, welche sie angreifen könnten und sie auf den
                              Flächen haften zu machen, auf welche man sie aufträgt und, darauf troknend, Einen
                              Körper mit ihnen zu bilden.
                           Die im vierzehnten Jahrhundert von Johann de Bruges
                              erfundene, oder wahrscheinlicher nur wieder aufgefundene Oehlmalerei ging bald von
                              der Palette des Künstlers in die Werkstätten der Anstreicher und Lakirer über; es
                              war dieß ein unermeßlicher Fortschritt, denn die gegen Feuchtigkeit besser
                              geschüzten Wohnungen wurden gesünder, die Möbel, das Täfelwerk dauerhafter und
                              schöner.
                           Aber die Oehlmalerei schmuzt bald; sie ist nicht leicht zu reinigen und besizt nicht
                              viel Glanz. Man bedient sich des Eiweißes und Gummiwassers, um ihr Glanz zu geben,
                              allein nur bei kostbaren Gemälden und Malereien, welche in Zimmern aufbewahrt
                              werden, indem sie weder dem Regen noch Waschungen widerstehen; bei Gemälden an der
                              Außenseite mußte daher darauf verzichtet werden.
                           Andererseits bemerkte man, daß die Oehlmalerei, wenn noch so dauerhaft, der äußern
                              Luft ausgesezt, in kurzer Zeit ihre Frische verlor.
                           So stunden die Sachen, als gegen das Ende des sechzehnten Jahrhunderts Gegenstände,
                              welche aus China kamen, die Hoffnung schöpfen ließen, glänzende, durch Luft und
                              Wasser unangreifbare Gemälde zu erlangen, die folglich besser wären, als die bisher
                              in Europa verfertigten. Man versuchte Harze, und schon im Jahr 1733 wurden in
                              verschiedenen Werken eine Menge Recepte zu Firnissen für Büchsen, Tabaksdosen von
                              Pappe etc. angegeben; allein die Aufgabe war noch nicht gelöst, indem diese Firnisse
                              der Luft nur schwachen Widerstand leisteten.
                           Endlich erfand Martin im Jahr 1737 den Oehlfirniß, wandte ihn zum Anstreichen der Häuser und
                              Equipagen an und man fand bald, daß wir die Chinesen nicht mehr zu beneiden haben;
                              denn diese Anstriche wurden glänzend, waren leicht zu puzen und dauerhaft, weil die
                              Luft nicht darauf einwirken konnte. Wenn auch die Firnißschicht ihren Glanz nicht
                              lange behielt, so wurde doch, da sie leichter und mit weniger Kosten entfernt und durch eine
                              neue ersezt, mit einem Worte da leichter frisch gefirnißt
                              (als die Farbe neuerdings aufgetragen) werden konnte, der Gebrauch des Firnisses
                              bald allgemein und die Malerei mittelst Drukens, wenn auch in ihrem Verfahren in der
                              Hauptsache mechanisch, erhob sich zu einer wahrhaften Kunst, die ihre Regeln und
                              Vorschriften hat.
                           Man sieht also, daß der Firniß einzig und allein zur Beschüzung der Malerei gegen die
                              zerstörende Einwirkung der Luft und zur Erhöhung der Schönheit der Farben erfunden
                              wurde und angewandt wird.
                           Wenn die Firnißschicht aber eine Veränderung erleidet und den Zusammenhang verliert,
                              so wird dadurch die Malerei entblößt und der Luft mehr oder weniger zugänglich
                              gemacht, und wartet man, bis der Firniß vollkommen oxydirt ist, ehe man ihn abnimmt
                              und durch frischen ersezt, so wird man finden, daß die Malerei mehr oder weniger
                              litt, daß sie ihr Oehl mehr oder weniger verlor und um so
                              mehr oxydirt ist als man säumte, sie von einer Oxydschicht zu befreien, die
                              allerdings dazu taugt sie zu maskiren, aber nicht sie vor dem Einfluß der Luft zu
                              schüzen.
                           Würde man in diesem Falle, nachdem man die Malerei von der Schicht oxydirter Harze
                              und Oehle, womit sie überzogen ist, befreit hat, ohne alle weitere Vorsicht eine
                              neue Firnißschicht auftragen, so könnte dieselbe entweder gänzlich absorbirt werden,
                              oder nur stellenweise, oder die Malerei würde, wenn sie bloß oberflächlich oxydirt
                              ist, nur den flüssigen Theil des Firnisses (Oehl und Terpenthingeist) einsaugen, den
                              harzigen Theil aber der Luft ausgesezt lassen; dann wird der Firniß bald weiß
                              werden, seine Durchsichtigkeit verlieren, kurz sich oxydiren.
                           Um der Malerei das Oehl wieder zu ersezen, welches sie verloren haben könnte, fährt
                              man nach Abnahme des oxydirten Firnisses mit einem Schwamm darüber, welcher mit
                              einer Mischung von gleichen Theilen farblosen troknenden Oehls und Terpenthinöhls
                              getränkt wurde; am andern Tag, wenn die Malerei troken ist, fährt man neuerdings mit
                              dem benezten Schwamm über die Stellen, welche die Flüssigkeit einsogen; so fährt man
                              täglich fort, bis die ganze Malerei jenen schwachen Glanz angenomme hat, welchen
                              frisch vollendete Oehlgemälde besizen. Auf diese Weise ist das Gemälde wie neu
                              hergestellt und man kann versichert seyn, daß der aufzutragende Firniß dann eben so
                              lange dauert, wie auf einem neuen Gemälde, vorausgesezt daß er von guter Qualität
                              ist; man kann sich immer leicht einen solchen verschaffen, welcher mit
                              Durchsichtigkeit Glanz und Dauerhaftigkeit verbindet.
                           
                           Die Wahl des Oehls zur Restauration alter mehr oder weniger oxydirter Gemälde ist
                              keineswegs gleichgültig: das natürliche Leinöhl wäre gut, wenn es sich nur um
                              Gemälde im Freien handelte, welche so schnell als möglich vor Luft, Staub und Regen
                              geschüzt werden müssen; aber dieses Oehl troknet nicht schnell, und Hr. Tripier empfiehlt sogar für
                              Kutschen, die in geschlossenen Schoppen restaurirt werden, die Anwendung farblosen
                              troknenden Oehls, weil es die Reinheit der Farben nicht beeinträchtigt, zäher ist,
                              schneller fest wird und besser als das natürliche Leinöhl die Farbtheilchen
                              durchdringt und sie wieder fest auf den Grund leimt, welchem sie nicht mehr genug
                              anhaften.
                           Nur darauf ist zu achten, daß die Mischung von Oehl und Terpenthingeist auf der
                              Oberfläche der wiederhergestellten Malerei niemals eine dike Schicht bilde, weil
                              sonst der darüber kommende Firniß springen oder sich fayenciren könnte. Um diesen
                              Uebelstand zu vermeiden, empfiehlt Hr. Tripier die Anwendung des Schwamms statt des Pinsels.