| Titel: | Ueber Moisson's concentrirten stikstoffreichen Dünger; ein von Hrn. Philippar der Société d'Encouragement erstatteter Bericht. | 
| Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. LXXXIII., S. 307 | 
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                        LXXXIII.
                        Ueber Moisson's concentrirten stikstoffreichen
                           Duͤnger; ein von Hrn. Philippar der Société
                              d'Encouragement erstatteter Bericht.
                        Im Auszug aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, Jun. 1845, S. 257.
                        Philippar, über Moisson's stikstoffreichen Dünger.
                        
                     
                        
                           Folgendes sind die Resultate, welche bei den Versuchen mit dem Dünger des Hrn.
                              Moisson, Fabrikant
                              chemischer Producte zu Auteuil bei Paris, angestellt wurden.
                           Dieser Dünger ist eine animalische Substanz, die ein braunes Pulver darstellt,
                              welches das Wasser begierig anzieht. Sie wird aus Wolleabfällen gewonnen, welche mit
                              gebranntem Kalk und Aeznatron behandelt werden; man verdünnt das Ganze mit Wasser
                              und läßt die Wolle darin kochen, welche dabei eine anfangende Zersezung erleidet; zu
                              einer vollkommenen Zersezung ist das Alkali nicht hinreichend. Die Erhizung wird bis
                              zur völligen Verdampfung des Wassers fortgesezt, die aber langsam vor sich gehen
                              muß, damit die Substanz nicht verbrennt; sie wird hierauf auf eine beliebige Weise
                              gepulvert.
                           Je nach der Art, wie die Substanz zersezt ist, zeigt sie als Dünger, bezüglich dessen
                              Nachhaltigkeit (durée) und je nach der
                              Beschaffenheit des Erdreichs, verschiedene Eigenschaften. Die erwähnte Zubereitung
                              der Wolle befördert wirklich deren Zersezung im Boden, ohne jedoch ihre düngende
                              Kraft bedeutend zu vermehren, obgleich das Natronsalz, wie leicht zu denken, von
                              einiger Wirkung ist. Die Zubereitung, welche man mit den Wolleabfällen vornimmt, hat
                              zum Zwek, die Wirkung
                              der Zersezung zu beschleunigen und hiedurch die unmittelbare Düngkraft zu
                              verstärken. Die Erfahrung hat schon längst erwiesen, daß alle Wolleabfälle,
                              Wollenlumpen etc. vortreffliche Dünger sind, deren Wirkung durch die Langsamkeit
                              ihrer beinahe unmerklichen Zersezung im Boden lange verspürt wird, und die Chemie
                              lehrte uns, daß alle derartigen Stoffe ähnliche Eigenschaften besizen, daher sie
                              unter die besten Dünger gehören.
                           In Ermangelung solcher Wolleabfälle würde Hr. Moisson Horndrehspäne und alle hornartigen
                              Gewebe verwenden, welche dieselbe chemische Constitution und folglich dieselben
                              Eigenschaften besizen, wie dieß Scherer's Analysen, welche Liebig in seiner
                              organischen Chemie anführt, beweisen; der Vergleichung wegen sezen wir dieselben
                              hieher.
                           
                              
                                 Bestandtheile.
                                 
                                 Epidermis der  Fußsohlen.
                                 Haare.
                                 Büffelhorn.
                                 Nägel.
                                 Wolle.
                                 Federkiele.
                                 Federbart.
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 
                                     50,894
                                 50,61
                                   51,578
                                 51,089
                                 50,653
                                   50,434
                                   52,427
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 
                                       6,781
                                   6,36
                                     6,712
                                   6,824
                                   7,027
                                     7,110
                                     7,213
                                 
                              
                                 Stikstoff
                                 
                                     17,225
                                 17,14
                                   17,284
                                 16,901
                                 17,710
                                   17,682
                                   17,893
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                   24,774
                                   22,467
                                 
                              
                                 SauerstoffSchwefel
                                 
                                    
                                    
                                    
                                     25,110
                                 25,80
                                   24,426
                                 25,186
                                 24,608
                                 
                                 
                                 
                              
                           Der ganz pulverförmige stikstoffreiche Dünger von Moisson
                              wird in Berührung mit der Luft sehr bald zu einem festen Teig und könnte sogar
                              flüssig werden, weil er salzsauren Kalk enthält, der die Feuchtigkeit der Luft stark
                              anzieht und eben dadurch dieser Substanz eine große Eigenthümlichkeit verleiht.
                              Gewöhnlich wendet man sie im pulverigen Zustande an; sie muß aber dann bald
                              verbraucht werden, denn wenn sie einmal teigig geworden ist, was bald geschieht,
                              könnte man sie zum Ausstreuen nicht mehr brauchen; doch könnte man sie alsdann mit
                              Wasser verdünnen und als flüssigen Dünger benüzen. Da dieser Dünger von dem
                              Fabrikant in gut verschlossenen Fässern versandt wird, so kann er an einem trokenen
                              Orte lange aufbewahrt werden.
                           Um uns von dem Werthe dieses Düngers zu überzeugen, haben wir mehrere Versuche
                              angestellt. Im Allgemeinen ist aus denselben zu schließen, daß die Wirkungen des
                              stikstoffreichen Düngers auffallend sind. Erdreiche von gleicher natürlicher
                              Beschaffenheit und Lage,
                              welche zu gleicher Zeit sowohl mit als ohne Dünger besäet wurden, gaben ganz
                              verschiedene Resultate, welche Verschiedenheit von der Benuzung dieses Düngers,
                              seiner Quantität und der Anwendungsart herrührten.
                           Wir glauben behaupten zu können, daß dieser Dünger sowohl an und für sich, als durch
                              seine hygrometrische Kraft wirksam ist, daß er stimulirt, die Vegetation erregt und
                              das Wachsthum befördert, indem er den Pflanzen assimilirbare Stoffe liefert; daß er
                              ferner in gutem Erdreich ohne Vergleich mehr leistet, als in mittelmäßigem; daß er
                              vorzüglich einem kräftigen, frischen, etwas trokenen Boden zusagen wird, weniger
                              aber sehr leichtem und sehr trokenem, troz seiner hygrometrischen Eigenschaft; wir
                              haben gefunden, daß er in feuchtem Boden die Entwikelung bis zur Ueppigkeit treibt
                              und die Getreidearten und Futterkräuter dem Umlegen aussezt.
                           Er kann im pulverförmigen oder flüssigen Zustande, allein oder vermengt angewandt
                              werden; vermengt läßt er sich in verschiedenen Bodenarten und zu verschiedenen
                              Culturarten mit Vortheil anwenden.
                           Nur müssen wir auch bemerken, daß dieser Dünger nicht nachhaltig ist; wir glauben,
                              daß er im Boden nicht mehr Nachhaltigkeit (durée)
                              besizt, als der Staubmist (die Poudrette), nämlich ein Jahr; der Ertrag eines
                              Jahrgangs wird durch ihn nahmhaft vermehrt, für den darauf folgenden Anbau (garnitures) ist er ohne Wirkung.
                           Im Pulverzustand scheint uns seine Anwendung nach dem Umgraben, vor oder nach der
                              Saat, den Vorzug zu verdienen, und man wird ihn mit Vortheil auf angebautem Erdreich
                              zur Zeit der ersten Entwikelung der Vegetation verwenden. Mit andern Substanzen
                              vermengt, kann man ihn wie andern Dünger mit nicht geringerm Vortheil verwenden und
                              in diesem Zustand wird er im Boden nachhaltiger seyn.
                           Unsern Versuchen zufolge glauben wir annehmen zu dürfen, daß 150 bis 200 Kilogr. des
                              neuen Düngers auf die Hektare bei gewöhnlicher Lage hinreichen; bei leichtem, zartem
                              Boden erhielten wir mit 150 Kilogr. schöne Resultate. Diese Quantität scheint uns
                              bei gutem, wohl unterhaltenem Erdreich für Getreidearten, Oehlpflanzen und
                              körnertragende Pflanzen im Allgemeinen die passende zu seyn; in geringeres Erdreich,
                              welches zur Production erst erregt werden muß, würden wir mehr davon bringen.
                              Breitet man ihn auf künstlichen Wiesen aus, wenn die Kräuter zu treiben anfangen, so
                              genügt eine viel geringere Menge. Hr. Moisson verkaufte in den verflossenen Jahren das Kilogr. dieses
                              Düngers zu 1 Fr.; in diesem Jahre kann er in Folge der Vereinfachung der Bereitungsart
                              das Kilogramm zu 50 Centimes liefern.
                           Der stikstoffreiche Dünger (engrais perazoté) des
                              Hrn. Moisson ist als ein
                              pulverförmiger Dünger erster Qualität zu betrachten, sofern er unvermengt bleibt und
                              in gehöriger Menge angewandt wird.