| Titel: | Ueber die Theorie der an den Seidenstoffen wahrzunehmenden optischen Wirkungen; von E. Chevreul. | 
| Fundstelle: | Band 100, Jahrgang 1846, Nr. X., S. 24 | 
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                        X.
                        Ueber die Theorie der an den Seidenstoffen
                           wahrzunehmenden optischen Wirkungen; von E. Chevreul.
                        Aus dem Comptes rendus, Decbr. 1845, No.
                              25.
                        Chevreul, über die Theorie der an den Seidenstoffen wahrzunehmenden
                           optischen Wirkungen.
                        
                     
                        
                           Bei den Vorlesungen, welche ich in den Jahren 1842 und 1843 zu Lyon hielt, mußte ich
                              die Theorie des Kontrastes der Farben in ihrer Anwendung auf die Fabrication der
                              Seidenzeuge auseinandersetzen und zwar auf Veranlassung der Gesellschaft für
                              Ackerbau und Gewerbe, so wie der Lyoner Handelskammer. In der Absicht, so viel als
                              möglich den Anforderungen der Lyoner Industrie zu entsprechen, stellte ich, ehe ich
                              meine Vorlesungen begann, die Versuche an, welche ich für nöthig erachtete zur
                              Aufklärung des Dessinateurs und des Fabrikanten, deren Zusammenwirken unerläßlich
                              ist, wenn es sich um die Verfertigung von Stoffen handelt, welche dem Auge die
                              bestgewählten Farben darbieten sollen, sowohl hinsichtlich ihrer Mischung als ihres
                              Gegensatzes. Diese, nach
                              der Herausgabe meines Werkes über den Contrast der Farben (1839) angestellten
                              Untersuchungen bilden den Gegenstand meiner neuesten Schrift: Theorie der an den Seidenstoffen wahrzunehmenden optischen Wirkungen
                              Théorie des effets optiques que
                                       présentent les étoffes de soie., aus welcher ich hiemit einen gedrängten Auszug mittheile.
                           Als ich die optischen Wirkungen der Seidenstoffe auf eine Theorie zurückführen
                              wollte, sah ich bald die Nothwendigkeit ein, sie in Bezug auf den Beschauer in
                              vollkommen bestimmte und auf die möglich kleinste Zahl reducirte Umstände zu
                              bringen. Es ergaben sich demnach viererlei Hauptumstände, unter welchen derselbe
                              Zeug angesehen werden kann, indem der Beschauer ihn entweder mit dem Lichte
                              zugekehrtem Auge betrachtet, oder im Gegentheil den Rücken dem Lichte zugekehrt. Man
                              wird die Wichtigkeit der Unterscheidung dieser vier Umstände begreifen, wenn ich von
                              den Wirkungen des durch ein System aneinanderliegender und paralleler metallischer
                              Cylinder reflectirten Lichtes gesprochen habe.
                           Erste Stellung der Cylinder. – Sie liegen auf
                              einer horizontalen Ebene und ihre Achse befindet sich in der Ebene des einfallenden
                              Lichts.
                           Erster Umstand. – Der Beschauer, mit dem Gesichte
                              gegen das Tageslicht gestellt, sieht die Cylinder sehr beleuchtet, weil er viel
                              regelmäßig reflectirtes Licht empfängt.
                           Zweiter Umstand. – Der Beschauer, dem Tageslicht
                              den Rücken kehrend, sieht die Cylinder dunkel, weil ihm nur wenig Licht zukömmt und
                              dieses nur unregelmäßig reflectirt.
                           Zweite Stellung der Cylinder. – Ihre Achse ist
                              senkrecht auf die Ebene des einfallenden Lichtes.
                           Dritter Umstand. – Der Beschauer, dem Tageslichte
                              gegenüberstehend, sieht die Cylinder weniger hell als im ersten Umstand, weil nur
                              dasjenige Licht zu ihm gelangt, welches durch eine schmale Zone des höchsten Theils
                              jedes Cylinders reflectirt wird.
                           Vierter Umstand. – Der Beschauer, den Rücken dem
                              Tageslicht zukehrend, sieht die Cylinder außerordentlich erhellt, weil ein jeder
                              derselben ihm mit einer breiten, das Licht spiegelartig reflectirenden Zone
                              erscheint.
                           Die Cylinder, welche der dem Tageslicht zugekehrte Beschauer in der ersten und
                              zweiten Stellung ansieht, erscheinen ihm ungleich erhellt; allein der Unterschied
                              der Lichtmenge, welche sie ihm alsdann im ersten und dritten Umstand zusenden, ist viel geringer als
                              der, welchen er mit dem Rücken gegen das Tageslicht gekehrt an ihnen beobachtet, und
                              zwar aus dem Grunde, weil sie dann im zweiten Umstand den stärksten Schatten und im vierten das stärkste
                                 Licht darbieten.
                           Die so eben besprochenen Erscheinungen können mit Cylindern von 0,015 Meter, 0,001
                              Meter und 0,0005 Meter (15, 1 und 1/2 Millimeter) Durchmesser beobachtet werden.
                              Mittelst der zwei Systeme metallischer Cylinder (die ich hiemit vorlege) kann man
                              nachweisen, daß die optischen Wirkungen des Systems der feinsten Cylinder deutlicher
                              hervortreten als die der dicksten Cylinder. Ich bemerke noch, daß Fäden von
                              Plattseide, parallel neben einander gelegt, sich wie Systeme metallischer Cylinder
                              verhalten; aus diesem Grunde habe ich, ehe ich die optischen Erscheinungen der
                              Seidenstoffe behandle, die eines Systems metallischer Cylinder vorausgeschickt. Ich
                              habe nun noch die Richtigkeit meiner Behauptung durch die Erfahrung zu beweisen.
                           Alle gewebten Stoffe sind aus zwei Systemen paralleler Fäden zusammengesetzt, welche
                              die Kette und den Einschlag bilden; sie sind perpendiculär gegen einander
                              gerichtet.
                           Die Seidenstoffe sind (A) glatte (uni) oder nicht façonnirte, und (B)
                              faconnirte.
                           
                        
                           A. Glatte oder nicht
                                 façonnirte Stoffe.
                           Die glatten Stoffe zerfallen in zwei Abtheilungen; die der ersten lassen auf ihrer
                              rechten Seite nur eines ihrer Fadensysteme, das der Kette oder des Einschlags,
                              sehen; die der zweiten Abtheilung zeigen zu gleicher Zeit Kette und Einschlag.
                           
                              Glatte Stoffe der ersten Abtheilung. Erste
                                 Section. – Zeuge, deren Wirkungen jenen eines
                                    Systems paralleler Cylinder entsprechen.
                              Ich will nun die Identität der optischen Wirkungen der aneinanderliegenden,
                                 parallelen metallischen Cylinder mit jenen des Atlaß und des gezogenen,
                                 sogenannten ungeschnittenen Sammets, auch Halbsammet
                                 (velours frisé, dit
                                    épinglé) genannt, nachweisen.
                              
                                 Atlaß.
                                 Der Atlaß ist ein Zeug, dessen Kette so zu sagen
                                    allein auf der rechten Seite in Gestalt kleiner paralleler Cylinder
                                    erscheint, deren Enden im Innern des Zeugs selbst verschwinden in Folge der
                                    Bindung (liage),
                                    einer Operation, welche, um das Verbleiben der Fäden an der Stelle, welche
                                    sie durch das Weben erhielten, zu sichern, unumgänglich nöthig ist. Die
                                    Bindungspunkte sind unregelmäßig vertheilt, damit, indem man sie möglichst
                                    versteckt, die Oberfläche des Atlaß das glatteste und glänzendste Ansehen
                                    bekomme.
                                 Der gewöhnliche Atlaß wird mittelst der Kette
                                    gemacht, kann aber auch mittelst des Einschlags
                                    gemacht werden.
                                 
                              
                                 Gezogener, sogenannter
                                       ungeschnittener Sammet.
                                 Der gezogene Sammet (velours frisé oder cannelé
                                       velouté) ist ein Gewebe mit querlaufenden hohlen Rippen.
                                    Diese Rippen werden mittelst einer cylindrischen eisernen Nadel verfertigt,
                                    welche, nachdem sie von der Kette überzogen, ausgezogen wird, so daß die
                                    Rippe ihrer ganzen Länge nach hohl bleibt und äußerlich eine von der Kette
                                    gebildete cylindrische Oberfläche darstellt.
                                 Damit alle optischen Wirkungen sich dem Beschauer so zeigen wie wir sie
                                    beschreiben, muß jede von der Kette gebildete Rippe die Kette in Gestalt
                                    möglichst gleicher, unter sich paralleler und zur Achse des Cylinders,
                                    welchen sie bilden, senkrechter Ringe enthalten.
                                 Legt man nun zwei Stückchen Atlaß a und b von einem und demselben Stücke auf eine
                                    horizontale Ebene, so daß die Kettenfäden, wenn es Kettenatlaß, oder die
                                    Eintragfäden, wenn es ein Eintragatlaß ist, des Stückchens a perpendiculär auf die Fäden des Stückchens b laufen, so werden die Erscheinungen dieselben
                                    seyn, wie die bei den unter gleichen Umständen betrachteten
                                    Metallcylindern.
                                 Stellt man denselben Versuch mit ungeschnittenem Sammet an, so sind die
                                    Resultate dieselben, doch ist der Unterschied zwischen den beiden Stückchen
                                    geringer als zwischen den beiden Atlaßstückchen, weil die Oberfläche der
                                    Cylinder des ungeschnittenen Sammets, weit entfernt glatt zu seyn, eben
                                    dadurch quer gestreift ist, daß diese Cylinder aus perpendiculär über die
                                    cylindrische Nadel, deren Form sie wiedergeben, gekrümmten Fäden
                                    entstehen.
                                 Um übrigens den Einfluß kennen zu lernen, welchen die Querstreifen oder
                                    Cannelirungen auf die Lichtwirkung haben können, wollen wir untersuchen, auf
                                    welche Weise das Licht sich auf einem System von Cylindern mit
                                    Quercannelirungen reflectirt.
                                 
                              
                                 Reflexion des Lichts durch quercannelirte
                                       Cylinder.
                                 Ich lege hiemit metallische Cylinder mit mehr oder weniger tiefen
                                    querüberlaufenden Cannelirungen vor, mittelst welcher folgende Thatsachen
                                    nachgewiesen werden können.
                                 
                                 Erste Stellung der Cylinder. – Sie liegen
                                    auf einer horizontalen Ebene und ihre Achse fällt in die Richtung des
                                    einfallenden Lichtes.
                                 Erster Umstand. – Der Beschauer, mit dem
                                    Gesichte gegen das Tageslicht stehend, sieht weniger reflectirtes Licht als
                                    bei glatten Cylindern, weil vermöge der Cannelirungen eine Verminderung der
                                    Ausdehnung der Oberfläche statt fand, die bei glatten Cylindern ihm das
                                    Licht spiegelartig zurückwarf.
                                 Zweiter Umstand. – Für den dem Lichte den
                                    Rücken zukehrenden Beschauer ist die Reflexion des Lichtes sehr stark, weil
                                    seine Augen mit der Vorderseite jeder Cannelirung, auf welche das Licht
                                    fällt, in Relation sind.
                                 Dieses Resultat ist das umgekehrte von dem der glatten Cylinder.
                                 Zweite Stellung der Cylinder. – Ihre Achse
                                    ist senkrecht auf die Ebene des einfallenden Lichtes.
                                 Dritter Umstand. – Der dem Lichte
                                    entgegenstehende Beschauer sieht die Cylinder glänzender als im ersten
                                    Umstand; also ist auch hier das Resultat das umgekehrte von dem mit glatten
                                    Cylindern.
                                 Vierter Umstand. – Der dem Lichte den
                                    Rücken zukehrende Beschauer sieht die Cylinder weniger glänzend als im
                                    zweiten Umstand, und noch viel weniger glänzend als die glatten Cylinder
                                    wären.
                                 Kurz, die Resultate der Reflexion des Lichtes durch quer cannelirte Cylinder
                                    sind die umgekehrten von jenen der glatten Cylinder.
                                 
                              
                           
                              Zweite Section. – Zeuge,
                                    deren Wirkungen jenen eines Systems senkrecht auf ihre Achse cannelirter und
                                    unter sich paralleler Cylinder entsprechen.
                              Wenn man nicht weiß, wie sich das Licht auf Cylindern reflectirt, je nachdem ihre
                                 Oberfläche glatt oder quer cannelirt ist, so begreift man nicht, wie der
                                 ungeschnittene Sammet mit seinen hervorstehenden Rippen sich zum Lichte nach Art
                                 des Atlaß, mit seiner so glatten Oberfläche, verhalten könne. Man erstaunt noch
                                 mehr, wenn man den Reps (les reps), welcher, wie der
                                 ungeschnittene Sammet, deutlich hervortretende Rippen hat, auf das Licht anders
                                 wirken sieht, als dieses letztere Gewebe. Hat man aber die Reflexion des Lichts
                                 auf der Oberfläche der glatten Cylinder und derjenigen mit Quercannelirungen
                                 vergleichend studirt und mittelst der Lupe die Analogie der Oberfläche des Reps,
                                 des cannelirten Sammets (cannelés), der
                                 bazinirten Zeuge (les bazinés), der
                                 Côtelines (ein gerippter Halbseidenzeug) mit jener der quercannelirtem
                                 Cylinder erkannt, so
                                 hört die Verwunderung auf; denn die Erklärung der so seltsamen Erscheinungen ist
                                 nun gefunden.
                              Der eigentliche Reps oder Einschußreps (reps par le trame) hat Rippen, deren Achse die Kette
                                 bildet; die Zwischenräume der eine Rippe bildenden Kettenfäden bilden
                                 Längenfurchen. Der Einschuß bedeckt auf der rechten Seite die Kette vollkommen
                                 in Gestalt cylindrischer oder abgeplatteter Ringe, wovon jeder von den nächsten
                                 durch Querfurchen getrennt ist, welche in der Regel viel deutlicher sichtbar
                                 sind als die Querfurchen der cylindrischen Rippen des ungeschnittenen
                                 Sammets.
                              Ich lege hiemit Muster von Einschußrepsen vor, welche genau die umgekehrten
                                 Erscheinungen jener des Atlaß und des ungeschnittenen Sammets darbieten. Es ist
                                 gewiß merkwürdig, daß dieses letztere Gewebe mit seinen Rippen sich wie der
                                 Atlaß verhält, dessen Oberfläche die glatteste ist, die man unter den Zeugen
                                 finden kann, während es die umgekehrten Erscheinungen von jenen des Reps
                                 darbietet, welchem es doch vermöge seiner Rippen so nahe steht.
                              Der Kettenreps (auch cannelés genannt), die Bazinés, welche sich vom Einschußreps nur durch die ungleiche
                                 Breite ihrer Rippen unterscheiden, und Côtelines, vom Reps durch die Dicke der Rippen verschieden,
                                 wirken auf das Licht wie der Einschußreps, folglich auch wie quercannelirte
                                 Cylinder.
                              
                           
                              Dritte Section. – Unächter
                                    Sammet (velours simulés).
                              Es gibt Stoffe, welche man unächten Sammet nennt,
                                 deren Aehnlichkeit mit dem ungeschnittenen Sammet um
                                 so größer ist, als ihre Rippen, wie die des letztern, quer laufen; statt aber
                                 hohl zu seyn, sind sie mit einem Einschuß von Baumwolle oder Seide ausgefüllt,
                                 damit sie von außen keinen Druck erleiden können, welcher die hohlen Rippen des
                                 ungeschnittenen Sammets so leicht aus der Form bringt.
                              Der unächte Sammet hat mit dem Reps hinsichtlich seiner optischen Wirkungen mehr
                                 Aehnlichkeit, als mit dem ungeschnittenen Sammet, namentlich wenn man ihn mit
                                 dem Tageslichte zugekehrten Rücken ansieht, im zweiten und vierten Umstand;
                                 steht der Beschauer aber dem Tageslichte gegenüber, so kann er Muster dieses
                                 Stoffes beobachten, welche im ersten Umstand leuchtender sind als im dritten;
                                 sie verhalten sich also wie der ungeschnittene Sammet.
                              Schluß. – Alle glatten Stoffe, welche auf der
                                 rechten Seite nur eines der Fadensysteme, aus welchen sie bestehen, zeigen,
                                 wirken auf das Licht
                              
                              1) wie ein System aneinanderliegender, paralleler, glatter metallischer
                                 Cylinder:
                              Ketten- und Einschußatlaß, ungeschnittener oder
                                 Halbsammet;
                              2) wie ein System parallel liegender, quer cannelirter metallischer Cylinder:
                              Einschuß- und Kettenreps,
                              Bazinés,
                              Côtelines;
                              3) wenn der meiste unächte (simulé) Sammet
                                 sich dem Reps ähnlich verhält, so gibt es doch solchen, der dem Beschauer, wenn
                                 er dem Tageslichte gegenüber steht, die Wirkungen des ungeschnittenen Sammets
                                 darbietet.
                              
                           
                              Glatte Stoffe der zweiten Abtheilung.
                              Die Stoffe, welche Kette und Einschuß zu gleicher Zeit zeigen, sind sehr
                                 zahlreich; es sind dieß die Gaze, der Milchflor (glatte Flor), die Taffetarten,
                                 welche die Florence, Marceline, den eigentlichen Taffet, die Louisine, den
                                 Gros-de-Naples, der Pou-de-Soie, die Turquoise
                                 (türk. Atlaß) in sich begreifen; die Sarsche (Sergé), unter welche die
                                 Levantine und die Virginie gehören; endlich die Filoché (seidener
                                 Tüll).
                              Die Oberfläche dieser Stoffe kann flach oder zu gleicher Zeit gestreift und
                                 gekörnt seyn. Jedenfalls reduciren sich die auf die Reflexion des Lichts Bezug
                                 habenden optischen Wirkungen auf obige Principien.
                              Diese Stoffe zeigen also, mit gegen das Tageslicht gekehrtem Gesicht betrachtet,
                                 zu gleicher Zeit Kette und Einschuß; die Erscheinungen sind dabei verschieden je
                                 nach der Stellung der Kette gegen die Richtung der Lichtstrahlen und je nach dem
                                 Verhältniß des Vorherrschens, des Untergeordnetseyns oder der Gleichheit der
                                 Kette in Bezug auf den Einschuß.
                              Um den Einfluß jedes der eben erwähnten Elemente bei der optischen Wirkung eines
                                 zur zweiten Abtheilung gehörenden glatten Zeugmusters gehörig zu bemessen, muß
                                 man die glasirten Zeuge (mit Spiegelglanz versehenen,
                                 étoffes glacées), d.h. die Stoffe
                                 beobachten, die entweder die Kette von einer Farbe z, und den Einschuß von einer Farbe y haben;
                                 oder die Kette von einer Farbe z und den Einschuß
                                 aus zwei Fäden bestehend besitzen, deren einer die Farbe y und der andere die Farbe x hat; um sich
                                 aber alle alsdann möglichen Erscheinungen zu erklären, muß dann auch das Gesetz der Mischung
                                 
                                 der Farben und das ihres
                                    Gegensatzes zu Hülfe genommen werden.
                              Dem ersten zufolge gibt Roth mit Gelb vermischt Orange; Gelb mit Blau, Grün; Roth
                                 mit Blau, Violett; endlich geben Roth mit Grün vermischt, Gelb mit Violett
                                 vermischt, Blau mit Orange vermischt – Schwarz oder das normale Grau.
                              Wenn zwei Theile der Oberfläche desselben Zeuges neben einander fortlaufen, der
                                 sich aber in solcher Richtung befindet, daß er zwei ungleich beleuchtete oder
                                 verschieden gefärbte Oberflächen darbietet, so erscheinen nach dem Gesetze des
                                 Contrastes gleichzeitig vorhandener Farben, die Oberflächen auf die möglichst
                                 verschiedene Art hinsichtlich ihrer Helle und Farbe, wenn beide Oberflächen,
                                 oder auch nur eine derselben gefärbt sind, und es ist in diesem Falle die
                                 Modification durch den Zusatz der Ergänzungsfarbe der einen der beiden
                                 Oberflächen zur andern Oberfläche gegeben. Folgendes sind, kurz zusammengefaßt,
                                 die vier Gesetze, welchen diese Erscheinungen, deren Erklärung dieses Werk zum
                                 Gegenstand hat, unterliegen:
                              1) das Gesetz der Reflexion des Lichts durch ein System aneinanderliegender und
                                 paralleler metallischer Cylinder;
                              2) das Gesetz der Reflexion des Lichts durch ein System senkrecht auf die Achse
                                 cannelirter metallischer Cylinder;
                              3) das Gesetz der Farbenmischung;
                              4) das Gesetz des Contrasts gleichzeitig vorhandener Farben.
                              Wir wollen einige Beispiele optischer Wirkungen glasirter Zeuge geben:
                              Erstes Beispiel. – Ein
                                 Gros-de-Naples-Zeug mit blauer Kette und rothem Einschuß
                                 erscheint einem mit dem Gesicht gegen das Tageslicht stehenden Beschauer
                                 violett; nur ist, wenn die Kette in der Ebene des einfallenden Lichtes liegt,
                                 das Violett röther als im entgegengesetzten Fall; es stimmt dieses mit den
                                 Gesetzen der Reflexion des Lichtes durch metallische Cylinder und mit dem
                                 Gesetze der Farbenmischung überein.
                              Derselbe Zeug, von einem mit dem Rücken dem Lichte zugekehrten Beschauer
                                 angesehen, erscheint roth, wenn die blaue Kette in der Ebene des einfallenden
                                 Lichtes liegt, und blau, wenn die Kette senkrecht auf diese Ebene ist, in
                                 Uebereinstimmung mit den Gesetzen der Reflexion durch ein System von
                                 metallischen Cylindern.
                              Zweites Beispiel. – Ein Zeug, dessen Kette
                                 blau und dessen Einschuß aus zwei Fäden gebildet ist, deren einer gelb, der
                                 andere roth ist, erscheint einem mit dem Gesicht gegen das Licht stehenden
                                 Beschauer schwach grau gefärbt, weil die drei Farben sich nicht genau
                                 neutralisiren. Diese
                                 Erscheinung entspricht den Gesetzen der Lichtreflexion durch Cylinder und dem
                                 Gesetze der Farbenmischung.
                              Denselben Zeug sieht ein mit dem Rücken dem Tageslicht zugewendeter Beschauer: 1)
                                 blau, wenn die Ebene des Lichtes senkrecht auf
                                 die blaue Kette ist; 2) gelb, wenn die Ebene des
                                 Lichtes mit der Kette zusammenfällt und wenn der gelbe Faden des Einschusses es
                                 ist, der sich dem Beschauer darbietet; 3) roth, wenn
                                 die Ebene des Lichtes die Kette inbegreift und der rothe Einschußfaden sich dem
                                 Auge darbietet.
                              Dieß ist die ganz einfache Erklärung der Erscheinungen der glasirten Zeuge, der
                                 sogenannten Chamäleons.
                              Ich würde die Gränzen dieses Auszugs überschreiten, wenn ich andere Beispiele
                                 nähme, die sich zur Anwendung auf das Gesetz des Farbengegensatzes eignen
                                 würden. Ich beschränke mich auf die Vorlegung dreier Muster nicht glasirter
                                 Zeuge, die gebildet sind:
                              a) der erste, aus einem
                                 weißen, vollen und einem weißen, durchsichtigen Bandstreifen; letzterer
                                 erscheint grau;
                              b) der zweite, aus einem
                                 gelben, vollen und einem weißen, durchsichtigen Bandstreifen; letzterer
                                 erscheint lilas durch die Ergänzungsfarbe des Gelb vom vollen Streifen;
                              c) der dritte, aus einem
                                 violetten, vollen und einem weißen, durchsichtigen Randstreifen; dieser letztere
                                 erscheint citronengelb durch die Wirkung der Ergänzungsfarbe des Violett vom
                                 vollen Streifen.
                              Eine Anwendung meiner Untersuchungen war die Lösung folgender Frage: wenn es sich
                                 darum handelt, einen glasirten Gros-be-Naples mit zwei gegebenen
                                 Farben zu verfertigen, welche muß dann zur Kette genommen werden?
                              Meine Antwort ist: die dunklere oder wenigst helle
                                    Farbe.
                              Beispiele. – Die glasirten Zeuge mit Blau und
                                 Orange, Blau und Gelb, Violett und Orange, Violett und Gelb sind sehr schön,
                                 wenn die Kette blau oder violett ist; im entgegengesetzten Fall aber machen sie
                                 einen schlechten Effect.
                              Soll ein glasirter Zeug mit einer Farbe und Weiß gemacht werden, so muß die Farbe
                                 den Einschuß bilden und folglich das Weiß die Kette.
                              
                           
                              Moirirte Zeuge.
                              Moire (Mohr, gewässert)
                                 nennt man Dessins, welche mittelst einer zweckmäßigen Pressung gerippter Zeuge
                                 erzeugt werden.
                              Soll ein Moire schön ausfallen, so müssen die Rippen des Zeugs um ein Gewisses
                                 hervorspringen, und um dieß hervorzubringen, muß der Druck, welchem der Zeug
                                 unterworfen wird, ungleich auf die verschiedenen Theile einer und derselben
                                 Rippe und schräg gegen ihre Achse wirken, wie ich in Folgendem entwickeln
                                 werde.
                              Der Mohr zeigt verschiedene Zeichnungen, je. nachdem der Zeug gepreßt wurde,
                                 nachdem man ihn der Länge nach doppelt, oder der Quere nach öfters
                                 zusammengelegt, oder zwei vollkommen gleiche Stücke, die rechte Seite gegen
                                 einander gekehrt, gepreßt hat; endlich bewirkt senkrecht auf die Achse der
                                 Nippen an symmetrisch von einander entfernten Punkten ausgeübtes Ziehen oder
                                 Zerren Veränderungen an dem Mohr, indem es in der Richtung dieser ursprünglich
                                 geradlinigen Achse Wellenbewegungen hervorbringt.
                              Theorie. – Wenn die Rippen der beiden
                                 gegeneinander liegenden rechten Seiten genau aufeinander liegen würden, sey es
                                 nun bei einem einzigen, in der Quere oder der Länge zusammengefalteten Stück,
                                 oder bei zwei gleichen gegeneinander gelegten Stoffen, so würde sich kein
                                 Moiré erzeugen, wenn jede Rippe, vollkommen homogen, auf die ihr
                                 gegenüberliegende Rippe nur Pressionen ausüben und von ihr nur solche empfangen
                                 würde, welche senkrecht auf die Rippenachsen gerichtet wären, die ich in
                                 derselben Ebene begriffen voraussetze und dieselben symmetrisch ausgeübt würden
                                 in Bezug auf die Ringe der von der Kette gebildeten Rippen, wenn es sich von
                                 Gros-de-Naples handelt, welcher Zeug sich offenbar zur
                                 Moiré-Appretur am besten eignet; es träte nichts als eine bloße
                                 Abplattung, ein bloßes Eindrücken der hervorstehenden Theile ein und der Zeug
                                 würde sich folglich von Geweben mit glatter Oberfläche wenig unterscheiden. Da
                                 aber diese Homogeneität der Rippen und der auf ihre Achsen senkrechte Druck in
                                 der Praxis nicht realisirt werden können, übt eine Rippe, indem sie sich gegen
                                 eine andere oder gegen sich selbst legt, an verschiedenen Punkten ihrer Länge
                                 ungleiche und auf ihre Achse schräge Pressionen aus, während sie zu gleicher
                                 Zeit ähnliche Pressionen von der ihr gegenüberliegenden Rippe empfängt; hiedurch
                                 wird die anfängliche Symmetrie der verschiedenen Theile jeder Rippe gestört.
                              Ehe ich auf die optischen Wirkungen einer Gesammtheit der einen moirirten Zeug
                                 bildenden Rippen eingehe, will ich die Veränderungen beschreiben, welche eine
                                 einzelne Rippe durch das das Moiré hervorbringende Verfahren in ihrer
                                 ganzen Länge erleidet.
                              Die wesentliche Veränderung, welche eine einzelne Rippe bei diesem Verfahren
                                 erleidet ist, daß sie auf der rechten Seite, statt wie vor dem Moiriren, eine
                                 durchaus gleiche, cylindrische, mit feinen Querfurchen versehene Oberfläche zu
                                 zeigen, eine prismatische Gestalt annimmt, welche in ihren verschiedenen Theilen ein
                                 verschiedenes Ansehen hat, und die Rippe ist nun, statt geradlinig, eine
                                 wellenförmige.
                              Wenn man demnach, mit dem Gesichte gegen das Tageslicht stehend, auf eine
                                 horizontale Ebene einen Zeug legt, dessen Rippen zur Ebene des Lichtes senkrecht
                                 sind, so wird, wenn man eine einzelne Rippe dieses Zeuges betrachtet, ein
                                 Antheil derselben unter der Form eines ebenen Winkels erscheinen, dessen eine
                                 Seite vollkommen beleuchtet und die andere dunkel seyn kann; ein anderer Antheil
                                 der Rippe zeigt eine horizontale oder wenig geneigte ebene Oberfläche, an
                                 welcher vorzüglich die Wirkung des Drucks auf die Gesammtheit der Fäden
                                 wahrgenommen werden kann, welche senkrecht auf die Rippen sind und vor dem
                                 Moiriren Ringe bildeten. Wirklich bilden diese durch die Abplattung, welche sie
                                 erlitten, eine Reihe kleiner glänzender und gleichsam satinirter Ellipsen; diese
                                 beiden Antheile endlich gränzen an einen dritten, welchen man wegen der Art, wie
                                 er das Licht reflectirt, für gedreht erklären möchte, der aber in der That in
                                 Folge des schräg gegen seine Achse erlittenen Drucks von Seite einer
                                 abgerundeten Rippe wie eine Furche erscheint, deren eines Ende nach vorn, das
                                 andere hingegen nach hinten geschlagen zu seyn scheint. Mit der Lupe kann man
                                 die kleinen seidenartigen Ellipsen der Furche wahrnehmen, welche in der Richtung
                                 ihres kleinen Durchmessers zusammengelegt sind.
                              Zieht man aus einem Grosgrain-Moiré die das Innere einer Rippe
                                 bildenden Fäden, so sieht man die Gesammtheit dieser Fäden zusammengedrückt,
                                 prismatisch, gleichsam gedreht und außerdem noch senkrecht auf ihre Länge
                                 gefurcht in Folge des Drucks, welchen sie von den Ringen, die sie auf der
                                 rechten sowohl als auf der Kehrseite theilweise bedeckten, erlitten.
                              Da die verschiedenen Nippen eines nicht moirirten Zeuges alle parallel mit
                                 einander laufen und als Theile desselben Gewebsystemes von einander abhängen, so
                                 gibt es jederzeit anliegende Theile, die andern Rippen angehören und nothwendig
                                 durch dieselbe Wirkung gleiche und in einer Richtung gehende Veränderungen
                                 erfahren; rechnet man noch die Wirkung des Verziehens oder Zerrens an auf der
                                 Länge einer Rippe symmetrisch gelegenen Punkten hinzu, welches man senkrecht auf
                                 die Achse dieser Rippe ausüben kann, so begreift man leicht, wie diese
                                 aneinanderliegenden und von einander abhängigen Theile, indem sie dieselbe
                                 Veränderung erleiden, Zonen von einer gewissen Breite und Symmetrie bilden.
                              Eine mit der Lupe angestellte Untersuchung eines auf einen Tisch in der Art
                                 gelegten moirirten Zeuges, daß die Rippen desselben senkrecht auf die Ebene des
                                 einfallenden Lichtes sind, wird von dem eben Gesagten überzeugen. Da alle stark
                                 beschatteten Theile wie die hinteren Flächen einer gewissen Anzahl ebener Winkel
                                 von an einander liegenden Rippen erscheinen, so werden die halb beschatteten
                                 Theile Antheilen von vorderen und hinteren Flächen ebener Winkel entsprechen,
                                 indem sie sichtbar geworden sind in Folge der Neigung, welche diese Rippentheile
                                 durch den Druck, dem sie unterlagen, erhielten; endlich gehören die
                                 lichtvollsten Theile Rippentheilen an, welche, da sie starken Druck erlitten,
                                 die horizontale oder nur wenig geneigte Seite eines abgeplatteten Prismas
                                 zeigen.
                              Betrachtet man einen moirirten Zeug auf der verkehrten Seite, so ist der Mohr
                                 vollkommen sichtbar, obwohl beim Hervorstehen der verschiedenen Theile einer und
                                 derselben Rippe nicht dieselbe Ungleichheit vorhanden ist wie auf der rechten
                                 Seite; außerdem kann man auch die Wellenbewegung deutlich wahrnehmen, welche die
                                 ursprünglich geradlinige Rippenachse durch das Moiriren angenommen hat.
                              Wir theilen die moirirten Zeuge in zweierlei: die erste Abtheilung begreift die
                                 monochromatischen (einfärbigen) moirirten Zeuge, und die
                                 zweite die glasirten moirirten Zeuge; denn die
                                 Moire-Appretur kann den einfarbigen und auch den glasirten Zeugen gegeben
                                 werden. Ob sie aber den Zeugen in beiden Fällen gleich vortheilhaft ist, dieß
                                 ist eine Frage, die ich im Werke ausführlich behandelt habe, wobei ich auf
                                 folgende Schlüsse kam.
                              Zwischen einem einfärbigen moirirten und einem glasirten nicht moirirten Zeug
                                 besteht der große Unterschied, daß der erstere am vortheilhaftesten erscheint,
                                 wenn er dem Auge große ebene Flächen mit sehr einfachen Zeichnungen darbietet,
                                 die mit einer scheinbaren Beweglichkeit und einem wechselnden Ansehen begabt
                                 sind, welche seine Natur niemals entstellen, während ein glasirter nicht
                                 moirirter Zeug in Falten gelegt werden muß, wie dieß bei den Kleidern der Fall
                                 ist, um den Effect zu zeigen, um derentwillen er gesucht ist; denn alsdann zeigt
                                 er Farben, welche mit den Stellungen, die der Beschauer einnimmt, wechseln und
                                 in dieser Beziehung die scheinbare Beweglichkeit des
                                 Moiré besitzen, ohne jedoch die Gestalt der wellenförmigen Zeichnungen
                                 anzunehmen, welche den Hauptcharakter des Moiré ausmachen. Wenn das
                                 Falten eines moirirten Zeuges die schöne Wirkung, welche hervorzubringen seine
                                 wesentliche Bestimmung ist, auch nicht absolut beeinträchtigt, muß doch
                                 anerkannt werden, daß er niemals so vortheilhaft an seinem Platze ist, als bei
                                 glatt aufgespannten Luxustapeten und wohl auch bei kostbaren Einbänden von
                                 Büchern.
                              
                              Aus allem dem ersieht man, daß der möglichst specielle Gebrauch der moirirten und
                                 glasirten Gewebe mit obigen Betrachtungen übereinstimmt; ich füge noch hinzu,
                                 daß die Moirézeichnungen mit der Farbe des Zeugs nur vermöge des
                                 Gegensatzes des Schattens zum Lichte abstechen, während der Effect des glasirten
                                 Zeugs die grellsten Farbengegensätze darbieten kann, ohne daß er aufhört schön
                                 zu seyn.
                              In dieser wesentlichen Verschiedenheit des Effects des Mohrs mit jener des
                                 glasirten Zeugs liegt eben die Möglichkeit, sie in einem und demselben Stoffe zu
                                 vereinigen, ohne daß man deßwegen berechtigt wäre von vornherein zu behaupten,
                                 daß aus dieser Vereinigung nothwendig eine Vermischung hervorgehen müsse.
                              Ich komme jetzt auf das, was mich die Erfahrung hinsichtlich der von mir
                                 aufgeworfenen Frage gelehrt hat.
                              
                           
                              Einfärbige moirirte Zeuge.
                              Von dem Geschmack für die Zeichnung und dem Vergnügen, ein einfaches Bild zu
                                 sehen, das mit einer scheinbaren Beweglichkeit und einer Abwechselung im Ansehen
                                 begabt ist, die seine Natur nicht entstellt, leitet sich die Ursache der
                                 Schönheit des Mohrs ab, und um diese Wirkung in ihrem höchsten Grade zu
                                 erreichen, muß er das möglichst einfache Bild darbieten, um leicht beweglich, so
                                 zu sagen luftig zu seyn. So erscheint der Mohr bei einfarbigen Zeugen, wenn auch
                                 nicht immer, doch meistentheils.
                              
                           
                              Glasirte moirirte Zeuge.
                              Je schöner ein glasirter Zeug durch den Contrast seiner Farben, seinen
                                 Metallglanz, oder durch die Leichtigkeit seiner Nuancen ist, welche an die so
                                 höchst mannichfaltigen Tinten der von der Sonne beleuchteten Wolken erinnert,
                                 desto mehr ist offenbar der Mohr der Schönheit des eben besprochenen Effects
                                 entgegen. Ueberdieß verliert ein Glacé-Mohr, der dem Auge unter
                                 den verschiedenen Theilen seines Bildes einen großen Farbencontrast darbietet,
                                 jederzeit an der Schönheit, welche er besäße, wenn er einfärbig wäre.
                              Ich ziehe daraus den Schluß, daß unstreitig jeder glasirte Zeug, in welchem die
                                 Farbe der Kette und die des Einschusses auf die zweckmäßigste Weise in Anwendung
                                 kamen, durch die Moiré-Appretur, die man ihm gibt, verliert.
                              Aber nicht alle glasirten Zeuge verlieren gleich sehr durch die
                                 Moiré-Appretur, und weil bei gewissen Personen der Mohr den Effect
                                 des Glacé noch
                                 erhöhen kann, will ich von den Fällen sprechen, wo der Mohr, wenn auch nicht
                                 entschieden vortheilhaft, doch wenigstens nicht offenbar nachtheilig wirkt.
                              Je geringer der Gegensatz zwischen den Farben der Kette und des Einschusses ist,
                                 desto weniger unvortheilhaft ist das Moire; so geben z.B. Blau und Violett, Blau
                                 und Grün Glacés, deren Mohr hinlänglich homogen ist, um den Augen vieler
                                 Personen schön zu erscheinen.
                              Endlich ist das Moiré entschieden vortheilhaft bei einem Glacé,
                                 welches irgend eine Ungleichheit seiner Fäden durch Linien und Striche
                                 fehlerhaft macht, die der Mohr dann, ihren Zusammenhang unterbrechend, mehr oder
                                 weniger verwischt.
                              
                           
                        
                           B. Façonnirte
                                 Stoffe.
                           Der letzte Theil des Werks ist den façonnirten
                                 Stoffen gewidmet. Ehe ich von ihren Effecten spreche, untersuche ich sechs
                              Hauptfälle, welche sie hinsichtlich des Einflusses der Anordnung der Fäden auf die
                              optischen Wirkungen, abgesehen von jeder Farbe, darbieten.
                           Erster Fall. – Ein façonnirter Zeug bietet nur
                                 einerlei Effect dar, entweder von der Kette oder dem Einschusse.
                           Zweiter Fall. – Er zeigt zu gleicher Zeit einen Effect
                                 der Kette und einen Effect des Einschusses.
                           Dritter Fall. – Ein Zeug zeigt einen Effect des
                                 Einschusses auf einem Fond der Gattung Taffet.
                           Vierter Fall. – Er zeigt einen Effect der Kette auf
                                 einem Fond der Gattung Taffet.
                           Fünfter Fall. – Er zeigt Effecte der Kette und Effecte
                                 des Einschusses auf einem Fond der Gattung Taffet.
                           Sechster Fall. – Er zeigt Effecte, welche von einem
                                 Gewebe der Gattung Taffet auf einem Gewebe derselben Gattung herrühren.
                           Diesem Theile des Werkes gehören vorzüglich die Anwendungen des Gesetzes vom
                              Lichtcontrast an, indem zwei oder mehrere Farben zur Bildung eines glasirten Zeugs
                              nicht angewandt werden können, wohl aber zur Bildung permanenter Figuren.
                           Folgendes ist das Inhalts-Verzeichniß meines Werkes.
                           
                              
                              
                                 Verzeichniß
                                 
                              Erster Gesichtspunkt. Glatte einfärbige Zeuge, nach
                                 dem Antheil betrachtet welchen ihre Kette und ihr Einschuß bei der Reflexion des
                                 Lichts haben können.
                              Erste Abtheilung. Einfarbige Stoffe, deren
                                 wesentliche optische Wirkungen ausschließlich der Kette oder dem Einschuß
                                 zugeschrieben werden können.
                              1ste Section. Einfarbige Stoffe
                                 mit ebener Oberfläche und einfärbige Stoffe mit Rippen, deren optischer Effect
                                 jenem eines Systems paralleler Cylinder entspricht.
                              
                                 
                                    a) Zeuge
                                       mit ebener oder glatter Oberfläche
                                    
                                       
                                       
                                    1. Kettenatlaß.2. Einschußatlaß.
                                    
                                 
                                    b) Gerippte
                                       Zeuge
                                    Ungeschnittener Sammet.
                                    
                                 
                              2te Section. Einfarbige Zeuge
                                 mit parallelen Rippen, deren optische Wirkungen jenen eines Systems parallel
                                 liegender und senkrecht zu ihrer Achse cannelirter Cylinder entsprechen.
                              
                                 
                                    Darin gehören
                                    
                                       
                                       
                                       
                                    1. 2. Reps3. Bazinés,4.
                                       Côtelines.
                                    
                                       
                                       
                                    Einschußreps,Kettenreps odercannelirter
                                       Reps
                                    
                                 
                              3te Section. Einfärbige Zeuge
                                 mit parallelen Rippen, deren optische Wirkungen zugleich jenen eines Systems
                                 paralleler Cylinder und jenen eines Systems senkrecht zu ihrer Achse cannelirter
                                 Cylinder entsprechen.
                              Unächter Sammet.
                              Zweite Abtheilung. Einfärbige Zeuge, deren optische
                                 Wirkungen sich zugleich auf die Kette und den Einschuß beziehen.
                              
                                 
                                    1ste Section
                                       
                                    
                                       
                                       
                                    Gaze,Milchflor,Florence,Marceline,Taffet,Louisine,Gros-de-Naples,Pou-de-Soie,Turquoise.
                                    
                                 
                                    2te Section
                                       
                                    
                                       
                                       
                                    Sergé,Virginie.
                                    
                                 
                                    3te Section
                                       
                                    
                                    Filoché.
                                    
                                 
                              Zweiter Gesichtspunkt. Glatte Zeuge, bei welchen
                                 Kette und Einschuß sichtbar und von zwei verschiedenen Farben sind. Glasirte Zeuge.
                              1ste Section. Glasirte Zeuge mit
                                 einfärbigem Einschuß.
                              2te Section. Glasirte Zeuge mit
                                 zweifärbigem Einschuß.
                              
                              Dritter Gesichtspunkt. Glatte einfarbige Zeuge oder
                                 glasirte Zeuge, hinsichtlich der Mohrappretur betrachtet. Moirirte Zeuge.
                              Erste Abtheilung. Einfärbige moirirte Zeuge.
                              Zweite Abtheilung. Glasirte moirirte Zeuge.
                              1ste Section. Glasirte moirirte Zeuge mit einfärbigem
                                 Einschuß.
                              2te Section. Glasirte moirirte Zeuge mit zweifarbigem
                                 Einschuß.
                              Vierter Gesichtspunkt. Hinsichtlich ihrer fixen
                                 Dessins betrachtete Zeuge (Dessins nämlich, die, in welchen Stellungen man sie
                                 auch betrachten mag, ihre Gränzen beibehalten). Façonnirte Zeuge.
                              Erste Abtheilung. Einfärbige façonnirte Zeuge,
                                 deren optische Wirkungen sich ausschließlich auf die Kette oder den Einschuß
                                 beziehen.
                              Zweite Abtheilung. Einfärbige façonnirte
                                 Zeuge, deren optische Wirkungen sich zugleich auf die Kette und den Einschuß
                                 beziehen.
                              Dritte Abtheilung. Façonnirte Zeuge, deren
                                 optische Wirkungen sich auf Fäden verschiedener Töne derselben Farbe
                                 beziehen.
                              Vierte Abtheilung. Façonnirte Zeuge, deren
                                 optische Wirkungen sich auf Fäden von einer Farbe oder mehreren Farben, in
                                 Verbindung mit weißen, schwarzen oder grauen Fäden, oder auf ein- oder
                                 mehrfärbige Fäden beziehen.