| Titel: | Ueber elektrisches Papier; von C. F. Schönbein. | 
| Fundstelle: | Band 100, Jahrgang 1846, Nr. LXXII., S. 379 | 
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                        LXXII.
                        Ueber elektrisches Papier; von C. F. Schönbein.
                        Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1846, Nr.
                              5.
                        Schönbein, über elektrisches Papier.
                        
                     
                        
                           Im Laufe meiner neuesten physico-chemischen Untersuchungen habe ich Mittel
                              gefunden, eine Reihe organischer Substanzen rasch und in auffallendster Weise zu
                              metamorphosiren, die Pflanzenfaser z.B. in eine vollkommen durchsichtige farblose,
                              dem Glas ähnliche Materie überzuführen, das gewöhnliche Papier in einen Zustand zu
                              versetzen, in welchem es im eigentlichsten Sinn des Worts wasserfest ist und
                              pergamentartige Eigenschaften besitzt u.s.w.Man vergl. S. 343 in diesem Bande des polytechn. Journals. Das so veränderte Papier zeichnet sich ganz besonders durch sein
                              elektrisches Verhalten aus, wie aus folgenden Angaben erhellen wird.
                           1) Fährt man auch nur einmal mit trockner Hand über einen auf nacktem Tische
                              liegenden Bogen meines Papiers weg, so ist derselbe so stark elektrisch erregt, daß
                              er über den Kopf gehalten, das Haar aufrichtet, dem Gesichte genähert, das bekannte
                              kitzelnde Gefühl in starkem Grade verursacht.
                           2) Beim Reiben des fraglichen Papiers tritt merklich viel Ozon auf, d.h. wird ein
                              starker elektrischer Geruch entwickelt.
                           3) Legt man in horizontaler Stellung etwa ein halbes Duzend Bogen des präparirten
                              Papiers übereinander, und bestreicht man den zu oberstliegenden einigemal mit der
                              Hand, so haften alle Bogen (in Folge ihrer elektrischen Erregung) so innig zusammen,
                              als ob sie zusammengeklebt worden wären. – Wird der oberste Bogen allein
                              gefaßt, so bleiben beim Heben die unten liegenden an jenem hängen.
                           4) Beim lebhaften Bestreichen des präparirten Papiers zeigt dieses in der Dunkelheit
                              ein starkes Leuchten. – Legt man einige Bogen übereinander und fährt man mit
                              der Hand einigemal über den obersten weg, so tritt beim Trennen der
                              zusammenhaftenden Bogen ein äußerst glänzendes Funkenspiel ein. – Es blitzt
                              zwischen denselben an allen Orten und Enden. – Werden die Finger einem
                              erregten Bogen genähert, so brechen natürlich ebenfalls äußerst fein verzweigte
                              Funken von Lichtbüschel aus.
                           5) Wenn §. 3 zufolge ein erregter Bogen wenigstens ein halbes Duzend andere zu
                              tragen vermag, so versteht es sich von selbst, daß derselbe, auch mit großer
                              Energie Hollunderkügelchen, Metallblättchen etc. anzieht und den elektrischen Tanz
                              in auffallender Weise veranlaßt.
                           6) Wird auf einen geriebenen Bogen der Teller eines gewöhnlichen Elektrophors gelegt
                              und derselbe ableitend berührt, so liefert er beim Abheben Funken von einem bis zwei
                              Zoll Länge.
                           Voranstehende Angaben zeigen zur Genüge die ungewöhnlich elektrischen Eigenschaften
                              des präparirten Papiers, und dürften geeignet seyn, die Aufmerksamkeit der Physiker
                              auf dasselbe zu lenken.
                           Es ist kaum daran zu zweifeln, daß das fragliche Papier zur Erregung der gewöhnlichen
                              Elektricität, d.h. zur Verfertigung der gewöhnlichen Elektrisirmaschinen sich viel
                              besser eigne als das Glas. – Wenige Quadratfuß der merkwürdigen Substanz, auf
                              die geeignete Weise gerieben, müssen schon beträchtliche elektrische Effecte
                              liefern, größere, als sie ein gleicher Flächeninhalt von Glas gewähren würde. Daß
                              solche Papierapparate merklich wohlfeiler als unsere jetzigen Vorrichtungen zu
                              stehen kommen, ist von selbst klar. – Ich bin eben im Begriff eine Maschine
                              der erwähnten Art anfertigen zu lassen, und werde nicht ermangeln seiner Zeit über
                              die Leistungen derselben Bericht zu erstatten.