| Titel: | Ueber die Anwendung des Bleizuckers bei Tiegelproben auf Gold und Silber; von Dr. Max Pettenkofer, Assistent beim k. Hauptmünzamte zu München. | 
| Fundstelle: | Band 100, Jahrgang 1846, Nr. LXXXVI., S. 460 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXXXVI.
                        Ueber die Anwendung des Bleizuckers bei
                           Tiegelproben auf Gold und Silber; von Dr. Max Pettenkofer, Assistent beim k.
                           Hauptmünzamte zu München.
                        Aus dem bayerischen Kunst- und Gewerbeblatt, Febr.
                              1846, S. 85.
                        Pettenkofer, über die Anwendung des Bleizuckers bei Tiegelproben
                           auf Gold und Silber.
                        
                     
                        
                           Als ich mich vor einiger Zeit, durch meine gegenwärtige Stellung veranlaßt, mit dem
                              Probiren silber- und goldhaltiger Kiese mittelst Ansieden im Tiegel
                              beschäftigte, wurde ich mit den vielen Erfahrungen der Probirer über den höchst
                              schwankenden Gehalt der Bleiglätte (welche bisher neben dem gekörnten Blei
                              ausschließlich zu den Tiegelproben verwendet wurde) an edlen Metallen bekannt. Es
                              genügt nicht, den Gehalt einer genau gemischten Quantität Bleiglätte an Silber und
                              etwaigem Golde durch eine Probe zu ermitteln und dann in Abzug zu bringen –
                              denn unter sechs Proben stimmen höchstens zwei untereinander zusammen. –
                              Diese Schwankungen rühren fast lediglich von sehr fein zertheiltem regulinischem
                              Blei her, welches beim Abtreiben der Werkbleikönige in die Schlacke mit überzogen
                              wird. Da gibt es natürlich einen bedeutenden Unterschied, ob solches Blei in die
                              Glätte gezogen wird, wenn ein silberhaltiger Bleikönig zu treiben beginnt, oder wenn
                              er schon dem Blicke nahe ist. Im erstern Fall wird sehr wenig, im letztern sehr viel
                              Silber in die Glätte gebracht werden. – Man müßte sich für die Tiegelproben
                              mit großer Vorsicht eigens eine Glätte entweder durch Abtreiben oder durch
                              Zersetzung eines Bleisalzes bereiten, was immer mit vielen Umständen verknüpft seyn
                              würde.
                           Ich suchte der Unsicherheit der Proben mit käuflicher Bleiglätte auf irgend eine
                              Weise begegnen zu können. Anfangs gedachte ich dadurch abhelfen zu können, daß ich
                              ein Bleioxyd frei von allen regulinischen Beimischungen anwendete, wozu ich das
                              kohlensaure Bleioxyd wählte, so wie es als Kremser-Weiß im Handel vorkommt.
                              Einzelne Stücke wurden
                              so lange erhitzt, bis alle Kohlensäure daraus entwichen war und dann jedes für sich
                              gepulvert. – 50 Gramme dieser Glätte wurden mit 40 Grammen schwarzen Flusses
                              innig gemengt, in eine Probirtute gebracht, und unter einer Kochsalzdecke
                              niedergeschmolzen. – Beim Abtreiben der erhaltenen Bleikönige erwies sich der
                              Gehalt an edlen Metallen in den einzelnen Stücken des Kremser-Weißes sehr
                              verschieden. – Ein Paar Beispiele mögen die auffallende Verschiedenheit
                              erweisen.
                           1) Ein Bleikönig aus Kremser-Weiß 43,2 Gramme schwer, hinterließ beim
                              Abtreiben
                           
                              
                                 Silber
                                 6,6 Milligramme
                                 
                              
                                 Gold
                                 2,7        
                                    „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 Summa
                                 9,3 Milligramme.
                                 
                              
                           Diese Mengen entsprechen
                           
                              
                                 Silber
                                 0,42 Loth im Cntr.
                                 
                              
                                 Gold
                                 0,17  
                                    „       „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––
                                 
                              
                                 Summa
                                 0,59 Loth im Cntr.
                                 
                              
                           2) Ein Bleikönig aus Kremser-Weiß 42,2 Gramme schwer, hinterließ beim
                              Abtreiben
                           
                              
                                 Silber
                                 7,5 Milligramme
                                 
                              
                                 Gold
                                 8,5        „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 Summa
                                 1,6 Milligramme.
                                 
                              
                           Diese Mengen entsprechen
                           
                              
                                 Silber
                                 0,48 Loth im Cntr.
                                 
                              
                                 Gold
                                 0,54  „        
                                    „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––
                                 
                              
                                 Summa
                                 1,02 Loth im Cntr.
                                 
                              
                           Da mir letzteres Resultat wegen des sehr bedeutenden Goldgehalts sehr auffallend war,
                              so wiederholte ich den Versuch und der erhaltene König wog 41,7 Gramme – und
                              hinterließ beim Abtreiben
                           
                              
                                 Silber
                                 8,0 Milligramme
                                 
                              
                                 Gold
                                 8,5        „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 Summa
                                 16,5 Milligramme,
                                 
                              
                           Verhältnisse, welche den vorigen gleichgeachtet werden
                              dürfen.
                           Der Gehalt des Kremser-Weiß an edlen Metallen hängt natürlich ab von und
                              richtet sich nach dem Gehalt des zur Fabrication verwendeten Bleies, und da die
                              verschiedenartigsten Bleisorten hiezu verwendet werden, so wird fast jedes Stück,
                              das von einer andern Bleiplatte gemacht ist, auch wieder einen andern Gehalt
                              zeigen.
                           
                           Das sogenannte französische Bleiweiß, welches aus dem basischessigsauren Bleioxyde
                              durch einen Strom von Kohlensäure gefällt wird, hätte zwar gewiß bessere Resultate
                              geliefert, aber ich gab die Anwendung von Bleioxyd ganz auf, und richtete meine
                              Aufmerksamkeit auf das essigsaure Bleioxyd, den Bleizucker – weil mir sehr
                              viel daran gelegen war, ein Material für die Silber- und Goldproben zu
                              benutzen, welches frei von allen edlen Metallen wäre.
                           Vor allem suchte ich zu erfahren, ob der krystallisirte Bleizucker absolut frei von
                              edlen Metallen sey.
                           Um das Volumen des Bleizuckers zu vermindern, und besonders das Wasser zu entfernen,
                              ließ ich ihn in einer kupfernen Schale über einem Sandbade in seinem Krystallwasser
                              so lange schmelzen, bis sich die Masse blähte und wieder fest zu werden begonnen
                              hatte. Hiedurch entfernte ich den größten Theil des Krystallwassers, mit welchem
                              zugleich auch Aceton, Kohlensäure und Essigsäure entwichen. – Die spongiöse
                              Masse wurde nun zu Pulver zerrieben.
                           50 Gramme dieses so behandelten Bleizuckers wurden mit dem gleichen Gewicht Potasche
                              innig gemengt, und in einem hessischen Tiegel unter einer Kochsalzdecke bei anfangs
                              gelindem und später verstärktem Feuer niedergeschmolzen. – Da die schmelzende
                              Masse durch die heftige Zersetzung und Gasentwickelung in Wallung geräth, so ist es
                              gut, den Deckel des Tiegels abzunehmen, sobald das Schmelzen beginnt. – Der
                              erhaltene Regulus, 27 Gramme schwer, hinterließ nach dem Abtreiben auf der Kapelle
                              ein Silberkorn 0,8 Milligramme schwer – welches vollkommen goldfrei war.
                           Ein anderer Bleiregulus, 26,5 Gramme schwer, welcher mit 50 Grammen eines aus einer
                              andern Quelle bezogenen Bleizuckers dargestellt war, lieferte beim Abtreiben ein
                              Silberkorn von 0,7 Milligrammen Gewicht.
                           Aus einer dritten Quelle verschaffte ich mir gleichfalls Bleizucker, entwässerte ihn
                              ebenfalls und erhielt aus 100 Grammen einen Bleikönig, 54 Gramme schwer, welcher ein
                              goldfreies Silberkorn von 1,2 Milligrammen Gewicht lieferte.
                           Es geht hieraus hervor, daß es schwer, wenn nicht unmöglich seyn würbe, ein ganz
                              silberfreies Bleipräparat im Handel zu finden. – Uebrigens ist die Menge des
                              Silbers im Bleizucker so gering, daß man es für Ansiedeproben im Tiegel als ziemlich
                              gleichgültig erachten kann, und es hat den Vortheil, daß es kein Gold enthält, was
                              für den Zweck einer Probe auf Gold, wozu ja hauptsächlich das Ansieden im Tiegel
                              bestimmt ist, von der größten Wichtigkeit ist. Nach diesen drei verschiedenen Bleizuckerproben
                              darf man als durchschnittliche Silbermenge für 100 Gramme des geschmolzenen
                              Bleizuckers 1,4 Milligramme = 0,044 Loth im Centner, annehmen – eine
                              Quantität, die durch die gewöhnlichen Reactionen auf nassem Wege gar nicht mehr
                              nachweisbar ist.
                           Der Bleizucker wird bei der oben angegebenen Behandlung unter Verlust von Wasser und
                              Essigsäure (welche hauptsächlich als Kohlensäure und Aceton entweicht) zum größten
                              Theil in anderthalb basisches essigsaures Bleioxyd verwandelt, welchem noch
                              unzersetzter Bleizucker beigemengt ist. Um mich zu überzeugen, wie viel Essigsäure,
                              welche zur Reduction des Bleioxyds etc. dienen könne, in dem geschmolzenen
                              Bleizucker noch vorhanden sey – stellte ich folgende Analyse an:
                           5,7805 Gramme krystallisirter Bleizucker wurden in einer Porzellanschale über einer
                              Weingeistlampe bei gelinder Hitze so lange geschmolzen, bis sich die Masse gebläht
                              hatte und wieder fest geworden war. Sie wog darnach 4,9800 Gramme – hatte
                              mithin einen Verlust von 0,8005 Grammen erlitten, welcher für 100 Theile Bleizucker
                              13,84 Verlust ergibt.
                           Zur Bestimmung des in der geschmolzenen Verbindung enthaltenen Bleioxyds wurden
                              2,1815 Gramme mit concentrirter Schwefelsäure übergossen, abgedampft, geglüht, und
                              das schwefelsaure Bleioxyd gewogen – es betrug 2,015 Gramme welches 1,5483
                              Grammen Bleioxyd – oder 70,97 Proc. entspricht.
                           1,323 Gramme wurden mit Kupferoxyd verbrannt, und lieferten 0,675 Gramme Kohlensäure
                              = 0,1767 Kohlenstoff. Da diese gefundene Menge Kohlensäure nur von dem Kohlenstoff
                              der Essigsäure herrühren konnte, so läßt sich daraus mit Sicherheit das Quantum der
                              in der Verbindung enthaltenen Essigsäure berechnen, welche sich für 0,1767
                              Kohlenstoff auf 0,371 = 28,04 Proc. wasserfreie Säure berechnet.
                           Mithin waren in der Verbindung enthalten:
                           
                              
                                 Bleioxyd
                                 70,97
                                 
                              
                                 Essigsäure
                                 28,04
                                 
                              
                                 Wasser
                                   0,99.
                                 
                              
                           Wäre gar kein neutrales essigsaures Bleioxyd und kein Wasser mehr vorhanden, und
                              alles in anderthalb basisch-essigsaures Bleioxyd umgewandelt gewesen, so
                              hätte sich die procentische Zusammensetzung, wie folgt, ergeben müssen:
                           
                              
                                 Bleioxyd
                                 76,5
                                 
                              
                                 Essigsäure
                                 23,5 = 2 Ā + 3
                                    Pb.O.
                                 
                              
                           
                           Um zu sehen, in wie weit die Entwässerung des Bleizuckers und die Bildung des
                              basischen Salzes gelinge, wenn man mit größeren Massen operirt, wurden 10 bayerische
                              Pfunde auf einmal der oben beschriebenen Operation unterworfen, und die erhaltene
                              spongiöse Salzmasse analysirt.
                           1,000 Gramme, mit Salpetersäure befeuchtet und geglüht, hinterließen 0,664 Gramme
                              Bleioxyd = 66,40 Proc.
                           1,890 Gramme lieferten bei der Verbrennung mittelst Kupferoxyds 0,965 Gramme
                              Kohlensäure = 0,2667 Kohlenstoff. Dieser gefundene Kohlenstoff entspricht 0,561
                              Grammen wasserfreier Essigsäure = 29,68 Proc.
                           Die geschmolzene Verbindung enthielt mithin in 100 Theilen:
                           
                              
                                 Bleioxyd
                                 66,40
                                 
                              
                                 Essigsäure
                                 29,68
                                 
                              
                                 Wasser
                                   3,92.
                                 
                              
                           Zur Vergleichung möge hier die Procentische Zusammensetzung des krystallisirten
                              Bleizuckers, dann der zwei erwähnten Proben des geschmolzenen Bleizuckers, die wir
                              mit I und II bezeichnen, und des anderthalb basisch-essigsauren Bleioxyds
                              stehen:
                           
                              
                                 
                                 Ā + Pb.O  + 3 aq.
                                     I
                                    II
                                     2 Ā+ 3
                                    Pb.O
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                    58,7
                                 70,97
                                 66,40
                                     76,5
                                 
                              
                                 Essigsäure
                                    27,1
                                 28,04
                                 29,68
                                     23,5
                                 
                              
                                 Wasser
                                    14,2
                                   0,99
                                   3,92
                                       
                                    –
                                 
                              
                           Man sieht hieraus, daß in dem geschmolzenen Bleizucker eine mehr als hinreichende
                              Quantität Kohlenstoff enthalten ist, um das darin enthaltene Bleioxyd zu Blei zu
                              reduciren. Dieser bedeutende Kohlenstoffgehalt ist auch Ursache, warum oft schlecht
                              abgegränzte Könige erhalten werden, wenn man drei Theile dieses geschmolzenen
                              Bleizuckers mit zwei Theilen kohlensaurem Kali reducirt. Die überschüssig
                              ausgeschiedene Kohle macht die Masse schwerflüssig, so daß das reducirte Blei nicht
                              ohne Hinderniß zu einem einzigen Regulus am Boden des Tiegels sich sammeln kann.
                              Erst bei heftigerer und länger andauernder Hitze wirkt der Sauerstoff des
                              kohlensauren Kali auf die Kohle der zerstörten Essigsäure und verbrennt diese
                              vollständig zu Kohlenoxydgas, wodurch die Masse wieder dünnflüssig wird und der
                              Ansammlung alles Bleies am Boden des Tiegels kein weiteres Hinderniß entgegensetzt.
                              – Durch Zusatz von etwas Salpeter erhält man übrigens leicht jederzeit und
                              bei der zum Schmelzen der Potasche hinreichenden Temperatur eine geeignete
                              Schlacke und einen gelungenen Bleikönig.
                           Nach diesen vorläufigen Erörterungen gehen wir nun auf die Anwendung des
                              geschmolzenen Bleizuckers zur Ausbringung des Silbers und Goldes aus den Erzen
                              selbst über. – Die Vortheile der Verbindung, welche sie für diesen Zweck
                              gewährt, springen leicht jedem in die Augen. Sind Erz, Bleizucker und Potasche innig
                              mit einander gemengt, und setzt man das Gemenge einer erhöhten Temperatur aus, so
                              schmilzt der noch nicht ganz entwässerte Bleizucker etwas und durchdringt und umgibt
                              die ganze Masse höchst gleichförmig und vollkommen. – Erfolgt nun bei
                              erhöhter Temperatur die Zersetzung und Reduction desselben, so darf man gewiß seyn,
                              daß sich das ausscheidende Blei in einem so hohen Grad von feiner Zertheilung
                              befinden wird, wie es wohl auf andere Weise schwerlich wird gebracht werden
                              können.
                           In diesem seinem status nascens äußert das Blei eine
                              bedeutende Zersetzungskraft auf die gold- und silberhaltigen Erze. Die
                              nachstehenden Versuche werden zeigen, daß 1 Theil Blei in diesem Zustand bessere
                              Dienste leistet, als 5 und 6 in einem anderen.
                           Für die dokimastischen Proben wurde der geschmolzene Bleizucker gestoßen und gesiebt.
                              – Ebenso die Potasche. 3 Theile vom ersteren und 2 Theile von letzterer
                              wurden in der Regel auf 1 Theil Erz genommen. Das sehr fein aufbereitete Probirgut
                              wurde auf einem Bogen Glanzpapier, oder wenn es die Menge nicht zuließ, in einem
                              Mörser – zuerst mit dem Bleizucker und dann mit dem kohlensauren Kali genau
                              gemengt, in einen Tiegel gefüllt und unter einer Kochsalzdecke niedergeschmolzen.
                              – Der Tiegel muß so geräumig seyn, daß er nur zu 2/3 seiner Höhe von der
                              Mischung angefüllt wird, daß also beiläufig 1/3 Steigraum bleibt. Wenn der Tiegel in
                              den Ofen eingesetzt ist, so bedeckt man ihn und gibt ein gelindes Feuer. –
                              Bei steigender Temperatur entwickeln sich brennbare Gase, großentheils aus Aceton
                              und Brenzessigsäure bestehend und die Masse sintert etwas zusammen. – Noch
                              bevor das Abbrennen von Gas ganz aufgehört hat, geräth das Gemenge an den
                              Tiegelwänden in Fluß. Sobald man dieses bemerkt, ist es räthlich, sogleich den
                              Deckel des Tiegels abzunehmen. Auf diese Weise verhindert man das allzustarke
                              Schäumen und das Ueberspritzen und Uebersteigen der Masse. (Wir werden übrigens
                              später zeigen, auf welche Weise sich alles Schäumen und Blähen der schmelzenden
                              Masse gänzlich verhindern läßt.) – Nach einigen Minuten tritt ganz ruhiger
                              Fluß ein; nun bedeckt man den Tiegel wieder und gibt ein starkes Feuer, so daß man
                              versichert seyn kann, daß die ganze Masse in gehörig dünnen Fluß gekommen ist, und alle fein
                              zertheilten Bleikörner sich ungehindert zu einem einzigen Regulus vereinigt haben.
                              Nachdem der Tiegel auf solche Weise einer viertel- bis halbstündigen
                              Weißgluth ausgesetzt war, nimmt man ihn heraus, stoßt ihn mehrmals gelinde auf und
                              läßt ihn dann erkalten. Beim Zerschlagen des Tiegels zeigt sich ein sehr gut
                              gelungener Bleikönig und eine durch und durch wohl geflossene Schlacke, welche je
                              nach der Beschaffenheit des Probirguts in Farbe und Bestandtheilen differirt. Ich
                              habe sie immer durch und durch von krystallinisch-strahligem Ansehen
                              erhalten. – In der Regel sind es Schwefelmetalle, welche auf ihren Gehalt an
                              edlen Metallen probirt werden. – Diese werden fein gepulvert ohne alle übrige
                              Vorbereitung der beschriebenen Procedur unterworfen. Die meisten Sulfide der
                              schweren Metalle haben die Eigenschaft, mit Alkalien zu einer leicht flüssigen,
                              durch und durch gleichförmigen Masse zusammenzuschmelzen, oder sie erlangen doch
                              diese Eigenschaft, wenn in der Schlacke irgend ein Schwefelalkalimetall (z.B.
                              Schwefelnatrium, Schwefelkalium) vorhanden ist. – Schwefeleisen (Fe S)
                              schmilzt mit kohlensaurem Kali allein äußerst schwierig; mit etwas Schwefelkalium
                              hingegen ganz leicht – und zeigt beim Zerschlagen der Schlacke hie und da
                              ganz schön ausgebildete grüne Nadeln der Doppelverbindung. Bei den Proben von
                              gold- und silberhaltigen Schwefelkiesen (Fe S₂) wie ich sie gleich
                              anführen werde, ist es nicht nöthig, eigens ein solches Flußmittel zuzusetzen.
                              – Das beim Glühen des Schwefelkieses frei werdende zweite Aequivalent
                              Schwefel gibt ohnehin, sobald es mit dem kohlensauren Kali in Berührung kommt,
                              Veranlassung zur Bildung von Schwefelkalium.
                           50 Gramme Schwefelkies wurden mit 150 Grammen geschmolzenem Bleizucker, dann mit 100
                              Grammen Potasche innig gemengt und unter einer Kochsalzdecke bei anfangs gelindem,
                              später verstärktem Feuer niedergeschmolzen. – Der erhaltene Bleiregulus wog
                              67 Gramme; er hinterließ beim Abtreiben ein Silberkorn von 3,8 Milligrammen, welches
                              0,3 Milligramme Gold enthielt.
                           Eine Gegenprobe mit gewöhnlicher Bleiglätte lieferte nicht die Hälfte Silber und
                              Gold.
                           100 Gramme Erz wurden mit 100 Grammen feingeriebener Bleiglätte, 100 Grammen
                              schwarzem Fluß, 100 Grammen Glaspulver unter einer Kochsalzdecke bei einem starken
                              und lange dauernden Windofenfeuer niedergeschmolzen. Es wurden erhalten
                           
                              
                                 7,7
                                 Milligramme
                                 Silber,
                                 
                              
                                 0,3
                                         „
                                 Gold.
                                 
                              
                           
                           100 Gramme dieser Bleiglätte lieferten reducirt und abgetrieben 5 Milligramme Silber,
                              mithin lieferten die 100 Gramme Erz
                           
                              
                                 2,7
                                 Milligramme
                                 Silber,
                                 
                              
                                 0,3
                                         „
                                 Gold.
                                 
                              
                           Nach der obigen Probe mit Bleizucker würden 100 Gramme Erz geliefert haben
                           
                              
                                 7,6
                                 Milligramme
                                 Silber,
                                 
                              
                                 0,6
                                         „
                                 Gold.
                                 
                              
                           Diese Resultate blieben sich durch eine größere Reihe von Tiegelproben mit Erzen von
                              verschiedenem Gehalte constant; immer ergab die Probe mit geschmolzenem Bleizucker
                              mehr edle Metalle, als die nach den gewöhnlichen Methoden mit Bleiglätte.
                           Diese Resultate ermuthigten mich, eine Vergleichung der Resultate, welche die
                              Ansiedeprobe auf dem Scherben und die Tiegelprobe mit geschmolzenem Bleizucker
                              lieferten, mit hochhaltigeren Erzen anzustellen.
                           Hier wurde Erz und Bleizucker, zwar in gleichem Verhältnisse, aber in einem kleineren
                              Maaßstabe angewendet. Als Einheit im Verhältnisse wurde der Probircentner, wie er
                              bei den Ansiedproben auf den Scherben üblich ist, genommen. – Dazu wurden 3
                              Probircentner geschmolzener Bleizucker und 2 Probircentner Potasche gemengt, und wie
                              oben behandelt. – Als Tiegel diente mir eine sogenannte Probirtute. Ich
                              wählte stets solche, deren innere Fläche so glatt als möglich gearbeitet war, um das
                              Hängenbleiben kleiner Bleikörner zu vermeiden.
                           Gewaschener Bleiglanz ergab in zwei übereinstimmenden Proben auf dem Ansiedescherben
                              2 1/2 Loth im Centner. Der nämliche ergab mit Bleizucker im Tiegel behandelt einen
                              Bleikönig von 2 1/4 Cntr., welcher beim Abtreiben 2 1/2 Loth Silber ergab. Eine
                              Wiederholung der Probe ergab ein ganz gleiches Resultat.
                           Gepochter silberhaltiger Quarz und Kalkspath ergab auf dem Ansiedescherben 12 1/2
                              Loth Silber im Centner. Der nämliche mit Bleizucker im Tiegel behandelt, ergab 12
                              Loth im Centner. Eine zweite Probe, wo 1/2 Probircentner und 3 Cntr. Bleizucker und
                              2 Cntr. Potasche genommen wurden, ergab 6 Loth, welche also wieder 12 Loth für den
                              ganzen Centner geben. Wäre hier die Hauptmasse des Probirgutes nur Kalkspath
                              gewesen, so hätte man zur vollkommenen Schlackenbildung etwas Quarz- oder
                              auch Glaspulver zusetzen müssen. – Ueberhaupt, wenn das Probirgut nicht aus
                              Schwefel, sondern aus Sauerstoffverbindungen besteht, werden für die Zusätze zu
                              Probirgut und Bleizucker Abänderungen nöthig, die jeder Probirer nach dem vorliegenden Falle treffen
                              wird.
                           Der Nachsand eines Münzkrätzes ergab in zwei übereinstimmenden Ansiedeproben auf dem
                              Scherben 15 Loth im Centner. – Zwei übereinstimmende Tiegelproben nach meiner
                              Methode ergaben 15 1/2 Loth.
                           Ich stellte mir durch Zusammenschmelzen von Eisen, Schwefel und sehr wenig Silber ein
                              Gemenge aus Schwefeleisen und Schwefelsilber dar. – Als ich hie von 1
                              Probircentner mit 3 Theilen Bleizucker und 2 Theilen Potasche im Tiegel behandelte,
                              konnte ich bei dem niedrigen Hitzegrade wie sonst, welcher nämlich durch ein
                              gewöhnliches Kohlenloch mit Rost und Aschenfall hervorgebracht werden kann, keine
                              durch und durch flüssige Schlacke und keinen gelungenen ganzen Bleikönig
                              erhalten.
                           Ich setzte der eben bezeichneten Mischung 1/2 Probircentner Glaubersalz zu, um
                              Schwefelnatrium zu erzeugen, und erhielt auf diese Weise eine äußerst leichtflüssige
                              Schlacke und einen gelungenen ganzen Bleikönig, welcher abgetrieben 13 1/2 Loth
                              Silber im Centner ergab.
                           Das nämliche künstliche Silbererz wurde auf dem Ansiedescherben untersucht. –
                              Es ergab im Centner 15 Loth Silber. – Da nun das vorhergehende Resultat der
                              Tiegelprobe um 1 1/2 Loth geringer war, so mußte das Probirgut nicht völlig zerseht
                              worden seyn. – Man ersieht hieraus, daß bei so hochhaltigen Erzen diese
                              Beschickung nicht mehr zur völligen Zersetzung des Probirgutes ausreicht. –
                              Ich nahm daher auf 1/2 Probircentner Erz 3 Cntr. Bleizucker, 2 Cntr. Potasche und 25
                              Pfd. Glaubersalz. – Der abgetriebene Bleikönig ergab 7 Loth in 1/2 Cntr. = 14
                              Loth Silber in 1 Cntr.
                           Wenn ein Probirgut mehr als 6–8 Loth Silber im Centner enthält, dürfte es
                              immer rathsam seyn, nur einen halben Probircentner zu untersuchen.
                           Um die Schlacke noch leichtflüssiger zu machen, nahm ich statt des kohlensauren Kali
                              ein Gemenge aus gleichen Theilen von kohlensaurem Kali und kohlensaurem Natron, da
                              ein solches Gemenge bekanntlich leichter schmilzt, als beide Ingredienzien für sich
                              allein. Hiemit habe ich Resultate erhalten, die für Tiegelproben nichts mehr zu
                              wünschen übrig lassen.
                           Eine Probe mit dem silberhaltigen Schwefeleisen – (1/2 Cntr. Erz, – 3
                              Cntr. Bleizucker, 1 Cntr. Potasche, 1 Cntr. Soda, 25 Pfd. Glaubersalz –)
                              ergab mir beim Abtreiben des Bleikönigs ein Silberkorn von 7 1/4 Loth im Gewicht,
                              mithin für 1 Cntr. 14 1/2 Loth.
                           Was das Gemenge aus Potasche und Soda anlangt, so ist es vortheilhaft, sich selbes
                              auf die Weise zu bereiten, daß man gleiche Theile von jedem zusammenschmilzt und
                              dann pulvert. – Man verringert auf diese Weise das Volumen des Gemenges
                              beträchtlich.
                           Ein Zusatz von etwas Glaubersalz erweist sich immer günstig. Das beim Erhitzen der
                              Masse sich bildende Schwefelnatrium vermindert erstlich den Kohlengehalt, verzehrt
                              überschüssige Kohle, und befördert im hohen Grade den Fluß der Schlacke. Bei einem
                              gehörigen Verhältnisse zwischen Erz, Bleizucker, Alkali und schwefelsaurem Natron
                              schmilzt die Masse im Tiegel bei sehr gelindem Feuer ohne merkliches Schäumen.
                              Bedeckt man das Tiegelchen, nachdem sich keine Reaction in der fließenden Masse mehr
                              kundgibt (worüber etwa 12–15 Minuten vergehen), und vermehrt das Feuer in dem
                              Grabe, daß der Tiegel einer schwachen Weißgluth von 15–20 Minuten ausgesetzt
                              bleibt, so darf man jederzeit auf eine gelungene Probe rechnen.
                           Die Werkbleikönige, welche hiebei erhalten werden, haben in der Regel ein Gewicht
                              zwischen 7 und 8 Grammen, je nach der Beschaffenheit des Erzes. – Ein so
                              geringes Gewicht Blei erfordert natürlich auch sehr kurze Zeit, um es auf einer
                              Kapelle abzutreiben. Es dient hiezu die nämliche Kapellengröße, wie man sie bei dem
                              Probirverfahren für Gold- und Silberlegirungen anwendet.
                           Zwei Bleikönige, mit der gleichen Menge Erz und Beschickung erzielt, müssen auch
                              gleiches Gewicht haben. Es läßt sich auf diese Weise schon durch das erhaltene
                              Gewicht Blei ersehen, ob zwei Proben übereinstimmen. Von zwei verschiedenen Erzen,
                              die ich doppelt probirte, wogen die Bleikönige
                           
                              
                                 I
                                 a.
                                 7,7
                                 Gramme
                                 
                              
                                 
                                 b.
                                 7,7
                                     „
                                 
                              
                                 II
                                 a.
                                 8,5
                                     „
                                 
                              
                                 
                                 b.
                                 8,6
                                     „
                                 
                              
                           Bei dieser geringen Quantität Blei verschwindet auch der Silbergehalt des
                              geschmolzenen Bleizuckers gänzlich; man braucht deßhalb von dem erlangten Resultate
                              nichts in Abzug zu bringen, wenn man nur einen oder ein Paar Probircentner Erz
                              untersucht hat.
                           Will man mehrere Tiegelproben nach dieser Methode zugleich machen, so bedient man
                              sich eines Tiegelofens. – Da zu dem hier erforderlichen Hitzgrade kein
                              Gebläse nöthig ist, so läßt sich jeder Windofen für diesen Zweck einrichten.
                           Was die Zeitdauer im Vergleiche mit den bisher üblichen Methoden betrifft, so stellt
                              sich das Verhältniß sehr günstig. Während man bei den frühern Methoden 4–5
                              Stunden bedurfte, so kann man nach der eben beschriebenen in 2 Stunden zum Resultate
                              gelangen.