| Titel: | Verbesserte Einrichtung der Tastatur an Pianofortes; von de Folly. | 
| Fundstelle: | Band 102, Jahrgang 1846, Nr. XXII., S. 110 | 
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                        XXII.
                        Verbesserte Einrichtung der Tastatur an
                           Pianofortes; von de
                              Folly.
                        Aus dem London Journal of arts, Jul. 1846, S.
                              435.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. II.
                        de Folly's Einrichtung der Tastatur an Pianofortes.
                        
                     
                        
                           Unter den Erfindungen welche bei der letzten Versammlung der Society of arts zu London mit Preisen belohnt wurden, verdient das von
                              Hrn. de Folly erfundene sogenannte geometrische Pianoforte alle Beachtung. Bekanntlich liegt die
                              Schwierigkeit, sich als Klavierspieler einige Fertigkeit zu erwerben darin, daß der
                              Fingersatz bei jeder Tonart ein anderer ist. Eine Tastatur, welche den Spieler in
                              Stand setzt, nachdem er die Fingerlage in einer Tonart erlernt hat, in allen
                              Tonarten zu spielen, muß daher wünschenswerth seyn; und dieß ist es, was Hr. de Folly zu erreichen suchte. Ob er hinsichtlich der
                              Zeitersparung beim Lernen seine Erfindung nicht überschätzt, lassen wir dahin
                              gestellt seyn; daß aber durch dieselbe das Spiel sehr erleichtert wird, wurde von
                              Sachverständigen anerkannt.
                           
                           Die Erfindung besteht darin, daß die untere Tastenreihe, statt von h zu c und von e zu f wie gewöhnlich halbe
                              Töne zu haben, von einem Ende der Tastatur bis zum andern ganze Töne angibt; die
                              obere Tastenreihe ist ebenfalls eine ununterbrochene Reihe ganzer Töne, welche sich
                              zu den Tönen der untern Reihe wie halbe Töne verhalten; um jedoch Verwirrung zu
                              vermeiden, ist die obere Reihe in abwechselnde Gruppen von je drei weißen und drei
                              schwarzen Tasten abgetheilt. Die Art, in irgend einer Tonart die Scala hinauf zu
                              spielen, ist für alle Tonarten gleichförmig und zwar wie folgt: Mit welchem Ton der
                              Spieler auch anfangen mag, so spielt er zuerst drei Noten dieser Reihe, geht dann,
                              um auf den halben Ton zu kommen, auf die andere Reihe über und spielt hier vier Töne
                              an und kehrt dann zu der Reihe zurück, von welcher er ausging, wodurch er den
                              zweiten halben Ton hervorbringt; um z.B. die Scala von c
                              zu spielen, beginnt er mit der ersten weißen Taste einer der Gruppen in der obern
                              Reihe (s. Fig.
                                 27), und spielt die weißen Tasten dieser Gruppe an, geht dann wegen des
                              halben Tons von e zu f in
                              die untere Reihe herab und spielt unten vier Töne an; um sodann die Octave zu
                              vollenden, geht er wieder in die obere Reihe hinauf und endigt mit c, oder der ersten weißen Taste der Gruppe nach
                              derjenigen, mit welcher er angefangen hat, wodurch er den halben Ton von h zu c hervorbringt, wie
                              dieß erforderlich ist. Geradeso ist es in allen Tonarten, so daß mit was immer für
                              einem Ton der Spieler die Scala anfängt, sey es in der obern oder untern
                              Tastenreihe, er zuerst drei Töne, dann vier von der andern anspielt und natürlich
                              mit dem achten Ton in derselben Tastenreihe endigt, in welcher er anfing.
                           Die Vorzüge dieses Instruments vor dem alten gibt der Erfinder wie folgt an:
                           Das Pianoforte ist geometrisch und die Intonationen stehen in genauem Verhältniß mit
                              den Entfernungen der Tasten; es ist nämlich die ganze Tastatur hindurch zwischen je
                              zwei ganzen Tönen ein halber Ton.
                           Der Zweck dieser geometrischen Verhältnisse ist, eine Gleichheit des Fingersatzes
                              hervorzubringen und wenn die Fingersätze in den Tonarten c und g erlernt sind, so kann der Spieler
                              sogleich auch in allen andern Tonarten spielen.
                           Durch die ungemeine Erleichterung des Spiels und dadurch, daß die Octave viel kürzer
                              wird, wodurch eine gewöhnliche Hand in Stand gesetzt ist eine Decime zu spannen, so
                              daß dem Spieler eine größere Anzahl Tasten zu Gebote steht, können neue Wirkungen
                              hervorgebracht werden,
                              an welche bisher nicht gedacht wurde, indem alle chromatischen Berechnungen sehr
                              leicht auszuführen sind. Die Uebung auf diesem Pianoforte ist gar nicht ermüdend,
                              weil es das Moduliren desselben Stücks in verschiedenen Tonarten dem Schüler sehr
                              erleichtert. Die Zeit, welche man bisher auf Einübung der Scalen in den
                              verschiedenen Tonarten verwenden mußte, kann man jetzt zur Erwerbung höherer
                              musikalischer Kenntnisse benutzen, und für das Transponiren sind, da es für alle
                              Scalen nur zweierlei Fingersätze gibt, die vorzüglichsten Schwierigkeiten
                              verschwunden und das Bedürfniß besonderer Transponir-Pianofortes fällt damit
                              ganz weg.
                           Der Vortheil dieser neuen Pianofortes für das große Publicum liegt in der großen
                              Ersparung an Zeit und Lehrkosten, indem ein Schüler auf diesem neuen Instrument in
                              einem Jahr so viel lernen kann, als auf den alten in zwölf Jahren. (?)
                           Ein Haupteinwurf gegen diese Instrumente könnte der seyn, daß man von vorn anfangen
                              müsse das Pianoforte-Spielen zu lernen; darauf antwortet der Erfinder, daß es
                              vorzüglich zum Besten der Anfänger erfunden wurde. Beunruhigender war anfangs dem
                              Erfinder der Einwurf hinsichtlich des commerciellen
                              Erfolgs der Erfindung, daß kein Spieler nach der bisherigen Methode ein solches
                              brauchen könne; dem wurde aber durch die Einrichtung abgeholfen, daß die neue
                              Tastatur an jedem gewöhnlichen Instrument leicht angebracht und das Instrument also
                              mit beiden Tastaturen versehen werden kann, deren Auswechselung in ein paar Minuten
                              zu bewerkstelligen ist.
                           Die Society of arts erkannte dem Hrn. de Folly für seine Bestrebungen, das Pianoforte der
                              Fähigkeit gewöhnlicher Spieler besser anzupassen, die goldene Isis-Medaille
                              zu.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
