| Titel: | Versuche in Betreff der Theorie der Düngerarten; von Friedr. Kuhlmann. | 
| Fundstelle: | Band 102, Jahrgang 1846, Nr. LXXIX., S. 393 | 
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                        LXXIX.
                        Versuche in Betreff der Theorie der Düngerarten;
                           von Friedr.
                              Kuhlmann.
                        Aus den Comptes rendus, Aug. 1846, Nr.
                              7.
                        Kuhlmann's Versuche in Betreff der Theorie der
                           Düngerarten.
                        
                     
                        
                           Zweite Abtheilung.Die
                                    erste Abhandlung wurde im polytechn. Journal Bd. XCI S. 210
                                    mitgetheilt. (Auszug.)
                           Der Verf. unternahm eine Reihe von Versuchen in der Absicht, folgende Fragen zu
                              beantworten:
                           1) Entscheidet der Stickstoffgehalt eines Düngers, abgesehen von dessen mineralischen
                              Bestandtheilen, jederzeit über den Grad seiner Wirksamkeit auf die Vegetation? Unter
                              welchen Umständen existirt ein solches proportionales Verhältniß nicht?
                           2) Verdanken die als Dünger gebräuchlichen salpetersauren Salze einen Theil ihrer
                              Wirksamkeit ihrer Basis, oder muß diese Wirksamkeit, wenn auch nicht ausschließlich,
                              doch größtentheils dem Stickstoff der Salpetersäure zugeschrieben werden?
                           3) Muß, da die Mitwirkung der phosphorsauren Salze bei der Vegetation nicht in Abrede
                              gestellt werden kann, indem diese Salze immer, oft sogar in großer Menge, in der
                              Asche enthalten sind, daraus geschlossen werden, daß diese Salze für sich allein als
                              bei der Fruchtbarmachung des Bodens thätige Agentien betrachtet werden können, oder
                              ist ihr Einfluß von dem Vorhandenseyn von Stickstoffverbindungen abhängig?
                           4) In den gewöhnlichen Düngerarten organischer Abkunft befinden sich auch
                              stickstofffreie organische Materien. Haben letztere einen Antheil an der
                              Fruchtbarmachung, oder mit andern Worten, gibt es aus stickstofffreien organischen
                              Materien bestehende Dünger, welche einige Wirkung äußern? Trägt z.B. das einen
                              Bestandtheil der Preßkuchen ausmachende Oel zu den das Wachsthum bethätigenden
                              Eigenschaften dieses Düngers bei?
                           5) Findet der wirksame Einfluß der Ammoniaksalze und der salpetersauren Salze nach
                              einer ersten Ernte noch statt? Welches ist die Gränze der andauernden Wirkung dieser
                              Salze?
                           Die Resultate der angestellten Versuche sind in folgender Tabelle
                              zusammengestellt:
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 102, S. 394
                              
                                 
                                 95 Proc. reinen trockenen Salzes enthaltend.
                                 
                              
                                 
                                 90 Proc. trockener Gallerte enthaltend.
                                 
                              
                                 
                                 Nach dem durchschnittlichen Gewicht der ungedüngten Abtheilung.
                                 
                              Nr.; Angewandte Düngerart;
                                 Quantität auf die Hektare; Resultat der Ernte; in Heu.; in Grummet; Zusammen.;
                                 Mehrbetrag in Folge der Düngung; Stickstoff in 100 Theilen Dünger.; Mehrbetrag
                                 der Ernte durch 100 Th. im Dünger. enth. Stickstoffs.; Kil.; Kein Dünger;
                                 Ammoniakalisches Wasser aus Gasanstalten 16666 Liter zu 3° B., mit der
                                 salzsauren Flüssigkeit der Knochenleim-Fabriken gesättigt und an Salmiak
                                 enthaltend; Schwefelsaures Ammoniak; Salpetersaures Natron; Trockener
                                 salpetersaurer Kalk; Chlorcalcium; Krystallisirtes phosphorsaures Natron;
                                 Gebrannte Knochen; Knochengallerte; Guano von Peru; Guano von Peru; Leinkuchen;
                                 Rapsöl; Kartoffelstärke; Kartoffelzucker (concentrirter Syrup)
                              
                           
                           Nachdem der Verf. aus den Resultaten dieser Tabelle die Folgerungen gezogen hatte,
                              welche bezüglich der gestellten Fragen daraus abgeleitet werden können, stellt er am
                              Schlusse seiner Arbeit einige die Oekonomie betreffende Betrachtungen an.
                           Wenn man, sagt er, diesen Resultaten gegenüber, die Frage über den Nutzen der
                              Anwendung der Ammoniaksalze und der salpetersauren Salze als Dünger unter den
                              gegenwärtigen Preisverhältnissen näher untersucht, gelangt man zu folgenden
                              Thatsachen:
                           Das schwefelsaure Ammoniak kostet (in Frankreich) noch 52 Frcs. per 100 Kilogr.: da nun 250 Kilogr. dieses Salzes,
                              welche 130 Frcs. kosteten, einen Mehrbetrag der Ernte von 1520 Kilogr. Heu und 224
                              Kilogr. Grummet zur Folge hatten, so erhält man, wenn man das Heu zu 7 Frcs. und das
                              Grummet zu 4 Frcs. die 100 Kilogr. anschlägt, ein Product von 115 Frcs. 36 Cent.,
                              wodurch sich also noch ein Verlust von 14 Frcs. 64 Cent. ergibt.
                           250 Kilogr. salpetersaures Natron, dessen Preis jetzt 48 Frcs. per 100 Kilogr. ist, gaben einen Mehrbetrag der Ernte von 1440 Kilogr. Heu
                              und 430 Kilogr. Grummet, was nach dem oben angegebenen Werth einen Betrag von 118
                              Frcs., folglich einen Verlust von 2 Frcs. ergäbe.
                           Es braucht nicht bemerkt zu werden, daß diese Verhältnisse bei der Veränderlichkeit
                              des Preises der geernteten Producte sowohl, als jenes der als Dünger anwendbaren
                              Salze, außerordentlich wechseln können, daß also obige Ziffern nur auf die
                              gegenwärtige Lage Bezug haben können, so wie sich die aus meiner Abhandlung vom Jahr
                              1843 ergebenden nur auf die damaligen Verhältnisse anwenden ließen.
                           Ein wichtiger Schluß läßt sich jedoch aus diesen Bemerkungen ziehen – daß wir
                              nämlich dem Zeitpunkt sehr nahe sind, wo der Preis des schwefelsauren Ammoniaks die
                              Anwendung desselben zum Feldbau, sogar auch zum Anbau der mindest werthvollen
                              Culturgewächse gestatten wird.Da alle diese Versuche mit einem thonigen Boden angestellt wurden, sind die
                                    aus ihnen gezogenen Schlußfolgerungen nur auf solches Erdreich unbedingt
                                    anzuwenden. Es versteht sich, daß ein kreidiger Boden eine zu rasche
                                    Zersetzung des Ammoniaksalzes und die Verflüchtigung des kohlensauren
                                    Ammoniaks bewirken kann. Mit schwefelsaurem Ammoniak zu 46 Frcs. die 100 Kilogr. würde der Mehrbetrag
                              der Heu- und Grummeternte die Kosten des Salzes decken. Nun ist aber nicht zu
                              bezweifeln, daß die zunehmende Fabrication von schwefelsaurem Ammoniak aus gefaultem
                              Harn, oder aus dem
                              Condensations- und Reinigungswasser der Gasanstalten, den Preis dieses Salzes
                              auf diesen Punkt führen werde und alsdann wird die Consumtion dieses
                              Industrieproducts keine Gränze mehr haben. Bis dahin wird die Landwirthschaft den
                              größten Nutzen aus dem ammoniakalischen Wasser der Gasanstalten ziehen, nachdem es
                              mit einer Säure gesättigt, oder besser noch, durch Gyps, Chlorcalcium (salzsauren
                              Kalk) aus den Knochenleim-Fabriken, unreinen Eisenvitriol, salzsaures Mangan
                              etc. zersetzt wurde. Auf diese Weise lasse ich schon seit mehreren Jahren
                              außerordentlich wirksamen und wohlfeilen Dünger bereiten.
                           Hinsichtlich des salpetersauren Natrons habe ich nachgewiesen, daß wir (in
                              Frankreich) schon gegenwärtig nahe an der Gränze sind, wo die Ernten die Kosten
                              vollkommen decken. Es ist dieß Folge der von mir beim Generaldirector des Zollwesens
                              beantragten Aufhebung des Eingangszolls für dieses Salz zu Gunsten der
                              Landwirtschaft, welchem Antrag jedoch nur theilweise, für direct aus dem Südmeer auf
                              französischen Schiffen eingeführtes Product, Folge gegeben wurde. Ein wahrer Nutzen
                              kann aber erst von dessen völliger Aufhebung erwartet werden, wo dann die
                              französischen Schiffe anstatt 2–3 Millionen Kilogr. dieses Salzes das
                              Zwei- und Dreifache einführen werden, wenn anders die Gewinnung desselben in
                              Chili es gestattet. Die General-Zollverwaltung gab auch Hoffnung, meinen
                              Antrag zu Gunsten der Landwirthschaft in seiner ganzen Ausdehnung bei der Regierung
                              zu unterstützen, wenn dem Chilisalpeter vorher ein Körper zugesetzt werden könne,
                              der dessen Anwendung in der Fabrikindustrie verhindert, welchen Körper ich in unserm
                              Seesalz, das einen so geringen Werth hat und wovon 10 Theile 100 Theilen Salpeter
                              zugesetzt würden, gefunden zu haben glaube. Dasselbe wäre bei der Bereitung der
                              Schwefelsäure und Salpetersäure aus dem Natron-Salpeter hinderlich und
                              nachtheilig, und die Trennung der beiden Salze wäre schwierig und zu kostspielig. Um
                              den mit diesem Gemenge möglichen Betrug zu verhindern, hätte es gar keinen Anstand,
                              ihm noch weiter 2–3 Proc. Kohlenpulver oder Theer zuzusetzen.