| Titel: | Anwendung des jodsauren Natrons zur Prüfung des Jodkaliums auf seine Reinheit oder seinen Gehalt; von Berthet. | 
| Fundstelle: | Band 103, Jahrgang 1847, Nr. XXVI., S. 108 | 
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                        XXVI.
                        Anwendung des jodsauren Natrons zur Prüfung des
                           								Jodkaliums auf seine Reinheit oder seinen Gehalt; von Berthet.
                        Aus dem Journal de Pharmacie, Sept. 1846, S.
                              								187.
                        Berthet's Anwendung des jodsauren Natrons zur Prüfung des
                           								Jodkaliums auf seine Reinheit.
                        
                     
                        
                           Der große Verbrauch von Jodkalium in der Medicin und sein hoher Preis veranlaßten die
                              									Verfälschung desselben mit anderen Salzen von geringerem Werthe, nämlich
                              									schwefelsauren Salzen, Chloriden und Bromiden. Die Umständlichkeit einer
                              									quantitativen chemischen Analyse, welche erforderlich war, um diesen Betrug zu
                              									entdecken, machte, daß er meistens unentdeckt blieb.
                           Bei meinen Bemühungen, ein schnelles und dabei genaues Mittel zur Prüfung des
                              									Jodkaliums ausfindig zu machen, blieb ich bei der so deutlichen Reaction irgend
                              									eines jodsauren Alkalis auf dasselbe bei Gegenwart einer Säure stehen, wobei
                              									bekanntlich Zersetzung der beiden Salze und Fällung alles Jods stattfindet.
                           Zu meinen Versuchen wählte ich das jodsaure Natron, von allen das löslichste, welches
                              									auch leicht in sehr reinem Zustande zu erhalten ist. Hr. Millon hat gezeigt, daß dieses Salz, auf 140 bis 150° C. erhitzt,
                              									alles Wasser verliert, welches es enthält, und dann aus gleichen Aequivalenten Säure
                              									und Basis besteht.
                           Das Jodkalium wurde aus dreifach-jobsaurem Kali durch Sättigen desselben mit
                              									reinem kohlensauren Kali, wobei man jedoch die Säure ein wenig vorherrschend ließ,
                              									und nachheriges Ausglühen dargestellt.
                           Wenn man jodsaures Natron in mit Schwefelsäure schwach angesäuertem Wasser auflöst
                              									und einige Tropfen dieser Lösung in Jodkalium gießt, so entsteht augenblicklich ein
                              									Niederschlag, welcher sich beim Umschütteln unter Färbung der Flüssigkeit wieder
                              									auflöst; die durch das entstandene jodhaltige Jodkalium (Zweifach-Jodkalium)
                              									sich immer mehr färbende Flüssigkeit bleibt aber ganz durchsichtig; endlich tritt
                              									ein Zeitpunkt ein, wo ein Tropfen des jodsauren Salzes eine schwache Trübung gibt,
                              									welche durch das Umschütteln nicht mehr verschwindet; diese Trübung nimmt in dem
                              									Maaße zu als jodsaures Salz zugegossen wird; es findet reichliche Fällung statt und
                              									die Flüssigkeit wird schwärzlich, so zwar, daß man nicht mehr wohl sehen kann, ob
                              									das jodsaure Salz noch reagirt. Das im Zustand großer Zertheilung niedergeschlagene
                              									Jod bleibt sehr lange suspendirt, daher man nicht sehen kann, ob in der überstehenden Flüssigkeit noch
                              									unzersetztes Jodkalium ist. Dem zu begegnen, nehme ich die Fällung in einem Kolben
                              									vor und lasse einige Minuten kochen, wobei sich alles niedergeschlagene Jod
                              									verflüchtigt; die Flüssigkeit wird völlig farblos und durch Zusetzen von ein paar
                              									Tropfen jodsauren Natrons erhält man eine Flüssigkeit, welche sich nun nicht mehr
                              									färbt; alsdann ist kein Jodkalium mehr vorhanden, alles ist zersetzt; nur Kali und
                              									Natron ist noch da in Verbindung mit der Schwefelsäure, welche zum Ansäuern des
                              									jodsauren Salzes gedient hatte.
                           Wie man sieht, sind bei der Fällung zwei Augenblicke zu beobachten; der erste, wo die
                              									vollkommen klare, wenn auch gefärbte Flüssigkeit plötzlich trübe wird und sich
                              									bräunlich färbt; der zweite, wo die Flüssigkeit durch weitern Zusatz eines Tropfens
                              									jodsauren Salzes sich nicht mehr färbt.
                           Das Mittel mehrerer Versuche ergab, daß um die Trübung hervorzubringen, 11,55, um die
                              									vollkommene Entfärbung der Jodkaliumlösung zu bewerkstelligen, 23,87
                              									Gewichtsprocente des Jodkaliums an jodsaurem Natron erforderlich waren, was mit der
                              									Berechnung auch vollkommen übereinstimmt.
                           Im Augenblick der Trübung war etwas weniger als ein Aequivalent des jodsauren Salzes
                              									auf 10 Aequivalente Jodkalium erforderlich gewesen, und man hielt hier ungefähr an
                              									der Hälfte der vollkommenen Zersetzung. Später, nach vollendeter Zersetzung, findet
                              									ein sehr einfaches Verhältniß der Aequivalente statt, nämlich auf 5 Aequivalente
                              									Jodkalium ist ein Aequivalent jodsaures Natron erforderlich. Die Jodsäure gibt bei
                              									diesem Proceß ihren Sauerstoff an das Kalium des Jodkaliums ab und das Jod beider
                              									Salze trennt sich von denselben.
                           IO⁵, NaO + 5IK + 6SO³ = SO³, NaO +
                              									5SO³ KO + 6I.
                           Auf diese Reaction haben Beimengungen von schwefelsauren Salzen, Chloriden und
                              									Bromiden, sogar zu 30 bis 40 Proc. keinen merklichen Einfluß.
                           Bromkalium allein gibt mit der Lösung des jodsauren Salzes gar leinen Niederschlag,
                              									sondern nur eine sehr schwache gelbe Färbung, welche derjenigen des
                              									Zweifach-Jodkaliums gar nicht ähnlich ist.
                           Der äußerst seltene Fall könnte auch eintreten, daß Schwefelsalze, z.B.
                              									Schwefelmetalle, unterschwefligsaure Salze im Jodkalium enthalten wären. Die
                              									geringste Spur einer solchen Verbindung würde mit der Lösung des jodsauren Natrons
                              									eine durch eine reichliche Schwefelablagerung hervorgebrachte milchweiße Trübung
                              									erzeugen.
                           Um die Anwendung dieses jodometrischen Verfahrens zu erleichtern, gab ich meinen
                              									Flüssigkeiten eine solche Zusammensetzung, daß man sich dazu derselben genauen
                              									Instrumente bedienen kann, welche Gay-Lussac zur
                              									Prüfung der Potasche und Soda angab, die man in allen Laboratorien vorfindet. Ein
                              									Cylinder oder Kolben, welcher bis zu einem Strich 500 Kubikcentimet. faßt; ein 100
                              									Kubikcentimeter fassendes Tropfheberchen (Pipette); das alkalimetrische
                              									Maaßgläschen, in halbe Kubikcentimeter abgetheilt, und ein kleiner Kolben von
                              									ungefähr 200 Grammen Rauminhalt, mit etwas weitem Hals, sind die Instrumente, deren
                              									ich mich bediene.
                           Die Normalflüssigkeit von jodsaurem Natron wird wie folgt bereitet:
                           
                              
                                 sehr reines jodsaures Natron
                                       4,780
                                 Gr.
                                 
                                 
                              
                                 reine Schwefelsäure
                                     15
                                   „
                                 
                                 
                              
                                 destillirtes Wasser, soviel um im Ganzen zu
                                    											haben
                                 1000
                                   „
                                 Flüssigkeit.
                                 
                              
                           50 Kubikcentimeter dieser Flüssigkeit, oder 100 Abtheilungen des alkalimetrischen
                              									Maaßgläschens zersetzen vollkommen ein Tropfheberchen voll von 100 Kubikcentimeter
                              									Jodkalium-Lösung, die aus 5 Gram. dieses Salzes auf 500 Kubikcentimeter der
                              									Lösung besteht.
                           Es folgt daraus, daß dieses Tropfheberchen genau 1 Gramm reinen Jodkaliums
                              									repräsentirt und 100 Abtheilungen der Normalflüssigkeit bedarf. Jede Abtheilung,
                              									welche man weniger braucht, zeigt 1 Proc. fremdartiger Substanzen an und jeder
                              									Tropfen ziemlich nahe 2 Tausendstel, und es läßt sich ein Tropfen leicht
                              									bemessen.
                           Da jede Abtheilung des Maaßgläschens eine bestimmte Quantität Jodkalium zerstört,
                              									nämlich 1 Centigramm, so wird es bei einer gegebenen Jodkaliumlösung immer ein
                              									Leichtes seyn, durch die Anzahl der bis zur vollkommenen Zersetzung angewandten
                              									Abtheilungen den Jodgehalt zu ermitteln.
                           Man verfährt übrigens dabei wie folgt: nachdem man 5 Gr. des zu analysirenden
                              									Jodkaliums abgewogen hat, löst man es sehr sorgfältig in dem Probecylinder auf, so
                              									daß man 500 Kubikcentim. Flüssigkeit hat; man nimmt hievon eine Pipette voll und
                              									trägt sie in den kleinen Kolben über. Man hält diesen Kolben mit der einen Hand und
                              									gießt mit der andern die Normalflüssigkeit, mit welcher man das Maaßgläschen
                              									angefüllt hat, allmählich hinein; bei jedem einfallenden Tropfen muß umgeschüttelt
                              									werden, um den Niederschlag wieder aufzulösen; wenn die anfänglich bleibende
                              									Durchsichtigkeit aufhört und eine offenbare Trübung erfolgt, so liest man die Anzahl
                              									der verbrauchten Abtheilungen ab, und da man, wie die Erfahrung lehrte, in diesem
                              									Zeitpunkt die Zersetzung beinahe bis zur Hälfte hat, so setzt man dann sogleich ohne
                              										alles Probiren noch
                              									eben so viele Abtheilungen voll hinzu, als man zum Trüben der Flüssigkeit brauchte,
                              									schüttelt etwas um, damit das nun in Menge niedergeschlagene Jod sich nicht zu einer
                              									Masse vereinigt und bringt dann den Kolben auf einen kleinen Ofen oder über eine
                              									Weingeistlampe. Nach 2–3 Minuten dauerndem Sieden ist das Jod verflüchtigt,
                              									die Flüssigkeit entfärbt, und da man sich nun an der Gränze der Reaction befindet,
                              									so setzt man einen Tropfen Normalflüssigkeit zu, welche nun keinen Niederschlag mehr
                              									erzeugt, sondern eine, wenn man den Kolben wieder über das Feuer bringt, sehr
                              									schnell verschwindende Färbung; man setzt tropfenweise noch so lange
                              									Normalflüssigkeit zu, bis nur noch eine sehr schwache gelbe Färbung stattfindet,
                              									womit die Zersetzung am Ende ist.
                           Ein letzter Tropfen der Normalflüssigkeit läßt in diesem Augenblick die Flüssigkeit
                              									ungefärbt; alles Jodkalium ist zersetzt, alles Jod verflüchtigt und im Kolben bleibt
                              									nichts als schwefelsaures Natron und Kali und der zuletzt zugesetzte Tropfen
                              									jodsaures Natron zurück, dessen Vorhandenseyn durch etwas Jodkaliumlösung
                              									ersichtlich gemacht werden kann; dieser letzte Tropfen muß übrigens von der
                              									angewandten Normalflüssigkeit abgezogen werden.
                           Bei der Prüfung mehrerer Muster von käuflichem Jodkalium fand ich bald, daß sie in
                              									ihrer Reinheit sehr verschieden sind. Mehrere enthielten, ungeachtet ihres sehr
                              									schönen Ansehens und der beschlagenen würfelförmigen Krystalle, kaum 90 Proc. reines
                              									Jodkalium. Das reinste, in kleinen durchsichtigen Blättchen (aus der Fabrik des Hrn.
                              										Quesneville in Paris) ergab 99 Proc., war daher
                              									beinahe chemisch rein.
                           Wenn man sehr schnell, nur annähernd prüfen will, kann man die Trübung der
                              									Flüssigkeit als Vergleichungspunkt annehmen, wobei man sich dann eines gewöhnlichen
                              									Probirglases statt des Kolbens bedient. Da eine Pipette voll obiger Jodkaliumlösung,
                              									die 1 Gr. Salz repräsentirt, 48 Abtheilungen des Maaßgläschens erfordert, um getrübt
                              									zu werden, so zeigt jede Abtheilung, die man weniger braucht, nahe 2 Proc., und
                              									jeder Tropfen ziemlich 1/2 Proc. fremdartiger Substanzen an. Doch können hier
                              									Abweichungen von 1–2 Proc. wegen unzureichender Genauigkeit stattfinden,
                              									während beim ersten Verfahren Tausendstel angegeben werden.
                           Im Folgenden ist angegeben, wie viel Procente reines Jodkalium jede Abtheilung des
                              									zur Erzeugung der Trübung angewandten Maaßgläschens andeutet.
                           
                           
                              
                                 48
                                 Abtheilungen
                                 =
                                 100
                                 Jodkalium
                                 
                              
                                 47
                                       
                                    											„
                                 =
                                   97,91
                                       „
                                 
                              
                                 46
                                       
                                    											„
                                 =
                                   95,83
                                       „
                                 
                              
                                 45
                                       
                                    											„
                                 =
                                   93,75
                                       „
                                 
                              
                                 44
                                       
                                    											„
                                 =
                                   91,66
                                       „
                                 
                              
                                 43
                                       
                                    											„
                                 =
                                   89,58
                                       „
                                 
                              
                                 42
                                       
                                    											„
                                 =
                                   87,50
                                       „
                                 
                              
                                 41
                                       
                                    											„
                                 =
                                   85,41
                                       „
                                 
                              
                                 40
                                       
                                    											„
                                 =
                                   83,33
                                       „
                                 
                              
                                 39
                                       
                                    											„
                                 =
                                   81,25
                                       „
                                 
                              
                                 38
                                       
                                    											„
                                 =
                                   77,16
                                       „
                                 
                              
                                 37
                                       
                                    											„
                                 =
                                   77,08
                                       „
                                 
                              
                                 36
                                       
                                    											„
                                 =
                                   75
                                 Procent.