| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 103, Jahrgang 1847, Nr. , S. 234 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Verfahren um die Expansivkraft des Dampfes zu
                              									vergrößern.
                           In England wird gegenwärtig ein von D. Wilkinson
                              									angegebenes Verfahren vielfach besprochen, welches zum Zweck hat die Expansivkraft
                              									des Dampfes zu vergrößern, ohne daß man mehr Brennmaterial verbraucht. Das Princip
                              									dieser Erfindung besteht darin, daß man einen Strom Luft, welche auf eine hohe
                              									Temperatur (252 bis 344° R.) erhitzt ist, in den Dampf des Kessels treibt,
                              									wodurch die Temperatur und folglich die Spannung dieses Dampfes sehr erhöht wird.
                              									Man wendet dieses Verfahren folgendermaßen an: man legt eine schlangenförmig
                              									gewundene Eisenröhre in den Feuerraum; eines ihrer Enden reicht in den Kessel (mit
                              									Hochdruck oder Niederdruck) hinauf und mündet über dem Spiegel des Wassers in
                              									demselben aus; ihr anderes, Ende communicirt mit einer Druckpumpe. Der ganze
                              									Hohlraum der Röhre ist viel größer als das Volum comprimirter Luft, welches sie mit
                              									jedem Kolbenniedergang der Pumpe empfängt, daher diese Luft erst dann in den Kessel
                              									und von diesem in den Cylinder gelangt, nachdem sie so ziemlich die hohe Temperatur
                              									der Röhre angenommen hat.
                           Man hat nach einigen vorläufigen Versuchen berechnet, daß der Betrieb der Druckpumpe
                              									nicht über 5 Proc. der Kraft erfordert, welche auf den Kolben des arbeitenden
                              									Cylinders wirkt. Bei Versuchen welche mehrere Wochen dauerten und wobei die
                              									Dampfmaschine mit dem gewöhnlichen Druck functionirte, soll der
                              									Brennmaterialverbrauch bedeutend geringer gewesen seyn Auch hat man einen direkteren
                              									Versuch angestellt: man brachte an der Röhre mit heißer Luft einen Hahn an und
                              									notirte den Druck im Kessel als dieser Hahn geschlossen war; derselbe blieb sich so
                              										ziemlich gleich und
                              									betrug ungefähr 1 1/10 Kilogr. über denjenigen der Atmosphäre; alsdann öffnete man
                              									den Hahn und in einigen Minuten betrug der Druck über 2 Kilogr.
                           Man muß nun die weiteren Versuche über dieses neue Princip abwarten, wobei die
                              									mittelst eines kleinen Volums stark erhitzter aber unzersetzter Luft in den Dampf
                              									eingeführte Wärme die Hauptwirkung hervorbringt, nicht aber diese Luft nach ihrer
                              									Ausdehnung, wo sie als Element der Triebkraft wirkt. (Technologiste, Decbr. 1846 S. 76.)
                           
                        
                           Analysen von englischem Neusilber.
                           Seitdem man die galvanische Vergoldung und Versilberung kennt, nahm die
                              									Neusilber-Fabrikation in England einen großen Aufschwung; besonders werden zu
                              									Birmigham viele Tischgeräthe aus Neusilber verfertigt, welches man auf galvanischem
                              									Wege mit Silber plattirt. Hr. Louyet erhielt drei Proben
                              									von Neusilber, welches zu diesem Zweck benutzt wird, wobei man ihm bemerkte daß die
                              									Preise dieser drei Sorten sehr verschieden sind. Alle drei enthielten bloß Kupfer,
                              									Zink und Nickel nebst Spuren von Eisen; eine sorgfältige quantitative Analyse ergab
                              									als Zusammensetzung der drei Legirungen:
                           
                              
                                 
                                   Nr. 1.
                                   Nr. 2.
                                   Nr. 3.
                                 
                              
                                 Kupfer
                                   63,34
                                   62,40
                                   62,63
                                 
                              
                                 Nickel
                                   19,13
                                   15,05
                                   10,85
                                 
                              
                                 Zink
                                   17,01
                                   22,15
                                   26,05
                                 
                              
                                 Verlust
                                     0,52
                                     0,40
                                     0,47
                                 
                              
                           Alle drei Legirungen enthalten also gleichviel Kupfer; das Nickel scheint darin in
                              									den Verhältnissen von 2, 1 1/2 und 1; das Zink wie 1, 1,3 und 1,5 zu seyn.Man vergl. die Notiz von Dr. Elsner im vorhergehenden Heft des polytechn.
                                    											Journals S. 154. (Technologiste, Dec. 1846 S. 99)
                           
                        
                           Analyse eines erdigen Pulvers zum Reinigen der
                              									Silberwaaren.
                           Dieses Pulver wurde Hrn. Louyet von einem Silberarbeiter
                              									übergeben, welcher vermuthete daß es Quecksilber enthalte. Es war rosenroth von
                              									Farbe, fein, fühlte sich sanft an, sah kreidenartig aus und hatte überdieß einen
                              									Kalkgeruch. Mit Salzsäure brauste es stark auf, löste sich aber in einem Ueberschuß
                              									derselben, auch beim Erwärmen, nicht vollständig auf. Der Rückstand sah sandartig
                              									aus und war violettroth gefärbt. 6,3 Gramme dieses Pulvers gaben bei der
                              									Analyse:
                           
                              
                                 kohlensaures Blei
                                 0,82
                                 
                              
                                 kohlensauren Kalk
                                 3,33
                                 
                              
                                 kohlensaure Bittererde
                                 0,31
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 0,81
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                 0,40
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 0,33
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 6,30
                                 
                              
                           Dieses Pulver gibt den Silberwaaren viel Glanz, (Technologiste, Decbr. 1846 S. 99.)
                           
                        
                           
                           Ueber die Krankheiten, welchen die Arbeiter ausgesetzt sind,
                              									die das Schweinfurter Grün und die damit gefärbten Tapeten bereiten; von A. Chevallier.
                           Die Resultate der hierüber angestellten Untersuchungen sind:
                           1) daß die Fabrikanten über die Uebel, von welchen diese Arbeiter befallen werden,
                              									nicht einig sind;
                           2) daß bei der Fabrikation grüner Tapeten Einige Krankheitsfälle beobachteten, andere
                              									nur davon reden hörten, wieder andere nicht im Stande waren die Gefahr derselben zu
                              									bestätigen;
                           3) daß der Aussage Einiger zufolge die Unfälle vielleicht Folge davon waren, daß das
                              									Grün nicht gut bereitet und nicht gehörig ausgewaschen war, daß nach Einigen gewisse
                              									Individuen von solchen Unfällen nicht betroffen werden, während man sie bei andern
                              									beobachtet, woran die Verschiedenheit der Constitutionen und Prädispositionen Schuld
                              									ist;
                           4) kurz, daß diese Unfälle nicht so arg sind, als man nach dem, was hierüber bekannt
                              									gemacht wurdeMan vergl. darüber polytechn. Journal Bd.
                                       												XCVII. S. 74., hätte glauben können.
                           Wie dem aber auch sey, sollten unseres Dafürhaltens die Fabrikanten von ihren mit dem
                              									Satiniren beschäftigten Arbeitern verlangen:
                           1) daß dieselben beim Satiniren beständig entweder ein befeuchtetes Tuch oder eine
                              									Schwammlarve vor dem Gesicht haben, damit sie weder durch den Mund noch durch die
                              									Nase Staub einathmen können;
                           2) daß sie, so oft sie von der Arbeit zum Essen gehen, sich Hände und Vorderarme
                              									waschen;
                           3) daß die Satinirer ihre Beinkleider unterhalb des Knies mit einem elastischen
                              									Strumpfband anliegend befestigen: besser wäre es noch zu verlangen, daß diese
                              									Arbeiter Pantalons mit Vorfüßen tragen;
                           4) daß sie nicht über einen Tag lang am Satiniren arsenikgrünen Papiers arbeiten.
                           Es wäre zu wünschen, daß die von Ebert erfundene
                              									Satinirmaschine bekannt gemacht würde, damit die Tapetenfabrikanten sie einführen
                              										könnten.Im polytechn. Journal Bd. XCVIII S.
                                       												175 ist eine Satinirmaschine von Carillion beschrieben.
                              								
                           Unsere Erkundigungen, ob denn dieser Fabricationszweig nicht ganz entbehrlich gemacht
                              									werden könnte, fielen dahin aus, daß dieß wenigstens sehr schwer halten dürfte. Die
                              									Fabrikanten sagen nämlich:
                           1) daß der Verbrauch mit Schweinfurter Grün gefärbten Papiers sich zwar schon so
                              									vermindert habe, daß die gegenwärtige Erzeugung dieses Papiers um 9/10 weniger
                              									betrage als vor 10 Jahren, weil man seit der Anwendung des zusammengesetzten, aus
                              									zugleich niedergeschlagenem Berlinerblau und chromsaurem Blei gebildeten Grüns,
                              									weniger Schweinfurter Grün mehr für die Fonds (Böden) brauche, indem jene Farbe, die
                              									leider nicht sehr dauerhaft ist, die drei Vorzüge vereinige, wenig zu kosten, sich
                              									leicht zu verarbeiten und keine Gefahr darzubieten;
                           2) daß aber der Theil der Fabrication, wozu man sich des Schweinfurter Grüns am
                              									häufigsten bediene, das Auftragen der Dessins sey; daß dieses Grün hiezu bis jetzt
                              									von keiner grünen Farbe ersetzt werden konnte; daß seine Frische und Haltbarkeit es
                              									zu allen Dessins mit Laubwerk unentbehrlich machen; daß überdieß hiebei wenig Gefahr
                              									ist, weil die Arbeiter nicht immer mit derselben Farbe zu thun haben.
                           Andere Fabrikanten legen wieder den größten Werth auf das Schweinfurter Grün und
                              									erklären es geradezu für unentbehrlich. Comptes rendus,
                              									Sept. 1846, Nr. 10.)
                           
                        
                           
                           Stärkehaltiges Hanftuch.
                           Nach Malaguti's Versuchen gibt manches Hanftuch, obschon
                              									mit arabischem Gummi gesteift, mit Jod eine auf Stärkmehl zeigende Reaction; der
                              									Grund davon ist in einem Stärkegehalt des verwebten Materials zu suchen; doch
                              									enthält nicht alles im Handel vorkommende rohe Hanfgarn Stärke. Durch Behandlung mit
                              									tief unter dem Siedepunkt, oder manchmal auch bis nahe zu demselben erhitzten Wasser
                              									wird die Stärke aus dem Hanfgarn ausgezogen. Von Natur stärkehaltiges Hanftuch gibt
                              									vom Quadratcentimeter etwa 1 Milligramm Stärke an siedendes Wasser ab; mit Stärkmehl
                              									gesteiftes 3¹₂ Milligr. Man unterscheidet den natürlichen Stärkegehalt
                              									von dem des mit Stärkmehl gesteiften Hanftuchs durch successive Anwendung von
                              									Thierkohle und Jod. Gewöhnliche Thierkohle vermag unter gewissen Umständen 9
                              									Tausendstel ihres Gewichts aufgelöster Stärke zu absorbiren. (Moniteur industriel, 1846 Nr 1069.)
                           
                        
                           Verfahren die fetten und öligen Substanzen aus dem Wasser
                              									abzuscheiden, welches zum Entfetten der gekämmten und gesponnenen Wolle und der
                              									Wollengewebe gedient hat; von J. H. Shearman.
                           Man bringt dieses Wasser in eine große Kufe, um das in den seifenartigen Materien
                              									desselben enthaltene Alkali mit Schwefelsäure oder einer sonstigen geeigneten Säure
                              									zu neutralisiren. Dabei scheidet sich eine schaumige und schmutzige Masse ab, welche
                              									sich auf die Oberfläche der Flüssigkeit begibt; man sammelt dieselbe mit einem
                              									großen Schaumlöffel und schüttet sie in einen Kessel aus Blei, oder überhaupt einem
                              									Metall welches die angewandte Säure nicht angreifen kann. Darin wird der Schaum auf
                              									80° R. erhitzt und alsdann mit mehr oder weniger verdünnter Salzsäure
                              									behandeln den flüssigen Theil läßt man nun am Boden des Kessels sich absetzen und
                              									zieht ihn durch einen Hahn ab; das übrige aber läßt man mehrere Stunden kochen und
                              									die ölige Materie, welche sich dann auf der Oberfläche sammelt, wird von Zeit zu
                              									Zeit mittelst eines großen kupfernen Löffels abgeschöpft. Die so erhaltene mit
                              									Talgsäure vermischte Oelsäure gießt man in einen kupfernen Kessel, erhitzt sie darin
                              									auf 56 bis 64° R. und vermengt sie dann mit Kreidepulver um die Mineralsäure
                              									zu neutralisiren; diese Neutralisation wird durch Zusatz von feingepulvertem Zink
                              									oder Zinkfeile vervollständigt. Das Gemenge wird hierauf 30 Minuten lang umgerührt
                              									und nach und nach bis zum Siedepunkt des Wassers erhitzt, worauf man es einige
                              									Minuten ruhig stehen läßt um dann kochendes Wasser darauf zu gießen, beiläufig den
                              									zehnten Theil vom Volum des Oeles, womit man die Masse 20 Minuten umrührt; endlich
                              									läßt man sie beiläufig zwei Tage lang ruhig stehen und zwar in gelinder Wärme, um
                              									das Absetzen des Wassers und der anderen Materien zu erleichtern. Nach Verlauf
                              									dieser Zeit zieht man das Oel oder die fette Substanz klar ab; dieselbe eignet sich
                              									nun zu allen gewöhnlichen Zwecken. (Technologiste, Nov.
                              									1846 S. 70.)
                           
                        
                           Ueber die Umstände, unter welchen sich das
                              									Schwefelwasserstoffgas in Schwefelsäure verwandelt.
                           In den Schwefelbädern zu Air in Savoyen waren die Säle worin die Bäder genommen
                              									werden, bisher aus Kalkstein hergestellt; ihre Wände blähen sich aber auf ihrer
                              									Oberfläche bald auf und überziehen sich mit Gypskrystallen. Diese Gypsbildung geht
                              									so schnell vor sich, daß man bei neuen Bauten anstatt der Kalksteine nur mehr
                              									Baksteine anwendet. Die Thüren kann man nicht mit dem gewöhnlichen eisernen
                              									Beschläge versehen, weil sich das Eisen zu schnell in schwefelsaures Eisen verwandelt; man versieht
                              									sie mit Angeln und Riegeln aus Kupfer, aber auch das Kupfer verwandelt sich mit der
                              									Zeit in schwefelsaures Kupfer.
                           Eine eigenthümliche Erscheinung, welche bisher nur in diesen Bädern beobachtet wurde,
                              									ist folgende: die Leinentücher womit man die hölzernen Badewannen beim Gebrauch von
                              									Dampfbädern belegt, imprägniren sich sehr schnell mit freier Schwefelsäure, so zwar daß die Leinewand schon nach einigen Wochen ganz
                              									morsch wird; und doch enthalten die Dämpfe der Wasser von Air keine
                              									Schwefelsäure!
                           Daraus schloß ich, daß die Schwefelsäure aus dem Schwefelwasserstoff unter dem
                              									Einfluß eigenthümlicher Umstände entstehen muß.
                           Bringt man in eine Glasröhre befeuchtete Leinwand oder Baumwollenzeug und leitet
                              									durch dieselbe einen Luftstrom der mit Schwefelwasserstoff vermischt ist, indem man
                              									die Röhre auf 40 bis 75° R. erwärmt, so entsteht nach 15 bis 20 Stunden eine
                              									merkliche Menge Schwefelsäure und nach einigen Tagen so viel, daß der Zeug
                              									destillirtem Wasser, worin man ihn auswascht, die Eigenschaft ertheilt eine
                              									Auflösung von salzsaurem Baryt stark zu trüben. Der mit Luft vermischte
                              									Schwefelwasserstoff verwandelt sich also durch Beihülfe eines porösen Körpers,
                              									besonders der Leinwand, unter dem Einfluß der Wärme, langsam in Schwefelsäure, ohne
                              									andere Nebenproducte. Wenn man Schwefelwasserstoff in Berührung mit Luft verbrennt,
                              									sind die Producte bekanntlich Wasser, schweflige Säure, etwas Schwefel und Spuren
                              									von Schwefelsäure.
                           In London und anderen großen Städten hat man bemerkt, daß Massen von Stabeisen oder
                              									Gußeisen, welche der Luft ausgesetzt sind, zerfressen werden; man schrieb dieß dem
                              									schwefligsauren Gas zu, welches sich beim Brennen von Steinkohlen in den Häusern und
                              									Fabriken dieser ungeheuren Stadt entwickelt, es wäre aber möglich daß das aus den
                              									zahlreichen Gossen der Stadt London sich entwickelnde Schwefelwasserstoffgas und die
                              									schwefelsauren Salze, welche es bildet, ebenfalls Theil daran haben.
                           Ueberall, wo schwefelsaure Alkalien mit organischen Substanzen in Berührung sind,
                              									entsteht nach den Beobachtungen von Chevreul etc.
                              									Schwefelwasserstoff. Andererseits bildet sich, wo Schwefelwasserstoff und Luft mit
                              									feuchten Pflanzenüberresten in Berührung sind, wieder Schwefelsäure und
                              									schwefelsaure Salze. Der Schwefel kann also aus den in vielem Wasser aufgelösten
                              									schwefelsauren Salzen durch die Luft an das Erdreich übergehen, welches seiner zur
                              									Vegetation der Pflanzen bedarf und also mittelbar in die Thiere welche sich von
                              									Pflanzen nähren. Der Schwefel spielt nämlich eine wichtige Rolle bei der Erzeugung
                              									aller stickstoffhaltigen Materien der Pflanzen und Thiere; sie enthalten davon im
                              									Mittel 1 Proc. ihres Gewichts; auf 10 Kil. trockner stickstoffhaltiger Materie,
                              									welche ein Mensch von mittlerer Größe beiläufig enthält, treffen also 100 Gramme
                              									Schwefel, (Comptes rendus, Oct. 1846 Nr. 17.)
                           
                        
                           Ueber den Zusatz von Kartoffeln beim Brodbacken.
                           Zahlreiche Vorschläge, welche bei der heutigen Theuerung bei uns gemacht werden, um
                              										„wohlfeileres Brod“ zu liefern, beweisen nur, wie wenig
                              									gesunde Kenntniß noch von Dingen herrscht, die in unfern gewöhnlichen Lebenskreis
                              									gehören, und es ist wohl hier nicht ganz am unrechten Orte einen Vorschlag zu
                              									beleuchten der von einem höhern Staatsbeamten ausgehend, die Runde durch unsere
                              									Gewerbvereine macht, nämlich den einen Theil des so theuren Roggens und der
                              									Getreidefrüchte überhaupt durch andere wohlfeilere Feldfrüchte zu ersetzen,
                              									namentlich durch Kartoffel und Rüben. Es soll durch Zusatz von Kartoffeln ein Gebäck
                              									geliefert werden, das dem Bäcker wohlfeiler zu stehen kommt als ein 4pfündiger Laib
                              									Brod, der eben bei uns 20 Kreuzer kostet, und der dem Unbemittelten zu einem
                              									geringern Preise abgegeben werden kann; es wird aber dabei die Hauptfrage nicht
                              									berührt, worauf es denn doch eigentlich ankommt, ob denn nun der Arme in dem eben so
                              									großen Laib Brod zu dem geringern Preis eine gleiche Menge Nahrungsstoff erhält, die
                              									ihn fähig macht eine gleiche Kraftmenge damit zu erzeugen, und seinen Arbeiten
                              									zuzuwenden? In dem
                              									Vorschlage wird nach den Analysen von Boussingault
                              									ausgeführt daß, nach der Menge des Stickstoffs und des Stärkemehls die in ihnen
                              									befindlich sind, sich Aequivalente der Nahrungsfähigkeit der verschiedenen
                              									Nahrungsmittel aufstellen lassen, daß wenn der Weizen nach seinem Stickstoffgehalt
                              									à 100 angenommen wird, 110 Gewichtstheile Roggen, 130 Gerste, 138 Mals und
                              									613 Gewichtstheile Kartoffel von demselben Effecte als Nahrungsmittel sind, daß aber
                              									in Bezug auf Stärkmehl das Verhältniß sich noch günstiger stelle, indem 3 1/2 Malter
                              									Kartoffel gleich 1 Malter Roggen zu achten sind. In Bezug auf den hier
                              									wesentlichsten Stickstoffgehalt würde 1 Malter Roggen à 200 Pfd., 4 4/5
                              									Malter Kartoffeln à 200 Pfd. zu achten seyn. Wenn also das Malter Kartoffel 2
                              									fl. und das Malter Roggen z.B. 13 fl. koste, so koste derselbe Ernährungswerth in
                              									Kartoffeln 9 fl. 36 kr., in Roggen 13 fl. und es sey also räthlicher Kartoffeln für
                              									Brod zu verwenden indem dann ungefähr 1/3 des Geldbetrags erspart würde. Der
                              									Vorschlag berechnet dann, zum Beweis wie wichtig ein solcher Vorschlag für den Staat
                              									werden könne, daß wenn man bei einer Bevölkerung von 1,000,000 Einwohnern im
                              									Durchschnitt nur 1/2, Pfd. Brod täglich annimmt und hievon 1/4 durch die Mischung
                              									mit Kartoffeln ersetzt, daraus eine Ersparniß an Körnerfrüchten von 20 bis 24,000
                              									Maltern monatlich hervorgeht, wahrlich eine glänzende Aussicht, wenn die Sache sich
                              									wirklich so verhielte. Es werden dann einige Vorschriften angegeben, die im Ganzen
                              									darauf hinauskommen, daß die einen 1/5, die andern 1/3 Kartoffeln als Zusatz zum
                              									Teig vorschreiben, daß die einen die Kartoffeln roh, die andern gekocht anwenden.
                              									– Es ist wohlbekannt daß man durch Zusatz von Kartoffeln ein recht gutes
                              									Backwerk machen kann, das im Geschmack und Ansehen sich wenig von dem Mehlbrode
                              									unterscheidet. Nur durch eine von der Hand der Wissenschaft geleitete Erfahrung läßt
                              									sich indeß beurtheilen, inwiefern das Kartoffelbrod nun auch den von ihm geforderten
                              									Zweck erfüllt. Vor allen Dingen begreift man nicht, warum die Kartoffeln durchaus
                              									mitgebacken werden sollten. Warum wird nicht lieber gerathen die Koch- und
                              									Backkosten zu ersparen, etwas weniger Kornbrod zu essen und das Nahrungsäquivalent
                              									an Kartoffeln dazu zu essen? Wenn man von Nahrungsäquivalent spricht, so darf man
                              									auch nicht das Korn mit den Kartoffeln in Vergleich ziehen, weil ja nicht aus Korn,
                              									sondern aus dem von seinen Hülsen befreiten Korn, dem Mehl, Brod gebacken wird: man
                              									müßte ein noch größeres Aequivalent Kartoffeln haben um das Mehl, als um das Korn zu
                              									ersetzen. Man hat auch nicht bedacht, daß durch die vermehrte Consumtion der
                              									Kartoffeln zu Brod sich der Marktpreis augenblicklich steigern würde, gerade wie es
                              									mit andern Dingen, z.B. dem wohlfeilen Gastheeröl oder dem Terpenthinöl gehen würde,
                              									die man auch zur allgemeinen Beleuchtung empfohlen hat. Das Gastheeröl ist nur darum
                              									wohlfeil, weil man Gas brennt, wobei das Oel als ein Nebenproduct gewonnen wird:
                              									würde die Gasbeleuchtung verdrängt werden, so würde der Preis des Oels
                              									augenblicklich nothwendigerweise steigen. – Wenn nach Horsford das reinste Roggenmehl 15,96 Proc. kleberartige Bestandtheile
                              									enthält, nach denen man das Maaß der Nahrhaftigkeit bestimmt, so enthalten die
                              									Kartoffeln durchschnittlich nur 2,42 Proc., die Rüben sogar nur 1,44 Proc. im
                              									frischen Zustande. Mithin sind in 656 Pfd. Kartoffeln und 1036 Pfd. Rüben ebensoviel
                              									nahrhafte Theile als in 100 Pfd. Roggenmehl. Gegenwärtig kostet 1 Malter Roggen 16
                              									st.; nach Abzug der Kleie und dessen was der Müller als Bezahlung erhält, hat man
                              									150 Pfd. Mehl, welches ebenfalls 16 fl. kostet. Nach den angeführten Aequivalenten
                              									hat 1 Malter Roggenmehl und 5 Malter Kartoffel gleichviel Nahrungsstoff. Das erstere
                              									kostet 16 st. und ist vollkommen bis aufs Einteigen fertig. Fünf Malter Kartoffeln
                              									die noch mit Zeitaufwand gekocht, geschält und gerieben werden müssen, kosten 10 st.
                              									12 kr. Wollte man also ganz und gar die Nahrung von Körnerfrüchten aufgeben und das
                              									Nahrungsäquivalent in Kartoffeln vorziehen, so würde man allerdings wohlfeiler leben
                              									können, wobei sich von selbst versteht, daß man ein viel größeres Quantum von den
                              									letztern essen müßte um satt zu werden. Um das völlige Aufgeben des Getreides
                              									handelt es sich indessen hier nicht, sondern nur darum, wie sich das Preisverhältniß
                              									herausstellt, wenn man nach den obigen Vorschriften 1/5 oder 1/3 Kartoffeln zum Mehl
                              									hinzufügt. Und hier ergibt nun eine einfache Rechnung daß die Beimischung von
                              									Kartoffeln nur einen verschwindenden Vortheil gewährt, und selbst mit Verlust
                              									verbunden ist, wenn man den Aufwand an Zeit und Brennmaterial für Kochen, Schälen
                              									und Reiben in Anschlag bringt.
                           
                           Erste Vorschrift (mit einem Fünftel Kartoffeln).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 103, S. 239
                              Enthalten nährende Bestandtheile;
                                 										Und kosten; Enthalten nährende Bestandtheile; Und kosten; Roggenmehl;
                                 										Kartoffeln; Ingredienzen
                              
                           Zweite Vorschrift (mit einem Drittel Kartoffeln).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 103, S. 239
                              Enthalten nährende Bestandtheile;
                                 										Und kosten; Die 100 Pfd. Kartoffeln durch Roggenmehl ersetzt. Enthalten nährende
                                 										Bestandtheile; Und kosten; Roggenmehl; Kartoffeln; Ingredienzen
                              
                           
                           Vom praktischen Standpunkte aus ersieht man daß (bei einem Fünftel Kartoffeln) das
                              									Brod gerade soviel kostet (36 kr. weniger für 500 Pfd.) wie reines Kornbrod, daß man
                              									bei einem Drittel Kartoffeln im Verhältniß von 215 : 300 mehr Ingredienzien
                              									verbraucht und dasselbe Geld ausgibt. Man verlangt daß der Arme, dem vorher 100 Pfd.
                              									Roggenmehl genügten, nun 130 Pfd. der einen oder 139 Pfd. der andern
                              									Kartoffelmischung genießen soll, ohne daß er dabei einen Vortheil hat.
                           Betrachtet man die Sache von einem physiologischen Standpunkte, so lassen sich gegen
                              									den Vorschlag noch manche andere gewichtige Einwendungen machen. In einer guten
                              									Nahrung, die den Kräfteaufwand im Körper vollständig ersetzen soll, ist ein gewisses
                              									Verhältniß der stickstoffhaltigen Bestandtheile, welche zur Krafterzeugung, und der
                              									stärkmehlartigen, welche zur Wärme-Erzeugung dienen, nothwendig, und diese
                              									beiden Substanzen müssen auch in einem bestimmten Umfang geboten werden. Es ist zwar
                              									noch nicht mit mathematischer Schärfe dargethan, welches dieß Verhältniß ist,
                              									indessen darf nach einigen Forschern das Verhältniß zwischen beiden nicht weniger
                              									wie 1 : 8 betragen. Jedenfalls scheint bei den Kartoffeln nur ein kleiner Theil des
                              									Stärkemehls wirklich in die Metamorphose überzugehen, wenn man auch nicht ganz der
                              									Ansicht der Landwirthe Glauben schenken will, daß die Kartoffelmaische noch eben so
                              									gut zur Viehfütterung dient, nachdem schon Branntwein von ihr destillirt worden,
                              									nachdem also ihr Stärkmehl in Zucker und Weingeist verwandelt worden ist. Nun findet
                              									sich in den meisten Mehlsorten schon das richtige Verhältniß zwischen Kleber und
                              									Stärkmehl, und wenn auch der Bemittelte leicht ein an Stärkmehl reicheres Brod
                              									genießen kann unbeschadet seiner Kräfte, wenn er nämlich Fleisch und gute Suppen
                              									dabei genießt, so ist es für den Unbemittelten ein anderes, der fast seinen ganzen
                              									Verbrauch an krafterzeugender Substanz dem Kleber seines Roggenbrods verdankt.
                              									Werden nun gar noch die Kartoffeln roh gerieben und ausgedruckt, so geht mit dem
                              									Wasser alle eiweißartige Substanz verloren, und es bleibt nur das Stärkmehl und eine
                              									zellstoffige Substanz zurück. Soll sich nun der Arme aus einem ungeheuren Quantum
                              									von Stoff den ihm zum Leben nothwendigen Stickstoff mühsam heraussuchen? Dann dürfen
                              									wir von ihm noch viel weniger Anstrengung und Energie erwarten als wie der Hindu
                              									entwickelt, der so große Massen von dem wenig stickstoffhaltigen Reis verzehrt, oder
                              									von dem Irländer der so erstaunenswürdige Quantitäten Kartoffeln zu sich nimmt, daß
                              									sein Magen nach dem Zeugniß von Anatomen sich beständig viel größer zeigt, ja daß
                              									dieses fast eine Eigenthümlichkeit des ganzen Volkes geworden ist; und doch trinkt
                              									der Irländer zu seinen Kartoffeln fast allgemein Milch, namentlich Buttermilch, und
                              									verschafft sich auf diese Weise das zum Bestehen der Kräfte unumgänglich nothwendige
                              									Quantum von Stickstoff. Darmstadt, 9. Jan. (Augsb. Allg.
                              									Ztg.)