| Titel: | Das Platiniren von Glas (zu Spiegeln), Porzellan Steingut etc.; von Hrn. Lüdersdorff. | 
| Fundstelle: | Band 105, Jahrgang 1847, Nr. XII., S. 36 | 
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                        XII.
                        Das Platiniren von Glas (zu Spiegeln), Porzellan
                           								Steingut etc.; von Hrn. Lüdersdorff.
                        Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung
                                 								des Gewerbfleißes in Preußen, 1847, 2te Lieferung.
                        Lüdersdorff, über das Platiniren von Glas, Porzellan Steingut
                           								etc.
                        
                     
                        
                           Die Erzeugung der sogenannten Lüstres auf Steingutgeschirren ist seit längerer Zeit
                              									bekannt und man findet sie in allen Fabriken, welche steinerne Geschirre fabriciren,
                              									zur Ausschmückung dieser in Anwendung. Die Lüstres selbst sind nichts anderes als
                              									äußerst dünne Ueberzüge reducirter Metalle, welche sich auf die Oberfläche der
                              									Geschirre so fest anlegen, daß man sie durch Reiben nicht davon entfernen kann.
                              									Besonders sind Platin- und Goldglanz beliebt, und diese ertheilen den damit
                              									überzogenen Gegenständen entweder ein rein metallisches oder, namentlich der
                              									Goldlüster, ein aus Roth oder Violett in Metallglanz schillerndes Ansehn. Bei der
                              									bis jetzt üblichen Methode der Darstellung dieser Lüstres beschrankte sich ihre
                              									Anwendung jedoch nur auf Geschirre mit bleihaltiger Glasur; Porzellan und Glas
                              									blieben dagegen ausgeschlossen, weil beide die auf Steingut so leicht zu bewirkenden
                              									Lüstres nicht annehmen. Die gewöhnliche Methode sie hervorzubringen ist indeß,
                              									selbst für Steingut, eine sehr unvollkommene, indem die klebrige Beschaffenheit und
                              									geringe Homogeneität der Flüssigkeit, welche man zur Erzeugung der Lüstres anwendet
                              									– sie besteht aus einer Emulsion von Platin- oder Goldauflösung mit
                              										LeinölMan vergleiche Schubarth's Handbuch der
                                    											technischen Chemie. III. Aufl. Bd. I S. 502. – nur ein Ueberziehen ganzer Flächen, nicht aber eine eigentliche
                              									Malerei zuläßt. Einmal aus dieser Ursache, zweitens aber auch um diese Lüstres,
                              									namentlich den Platinlüstre auf Porzellan und Glas anwendbar zu machen, versuchte ich bereits im Jahr
                              									1840 beides durch ein anderes Präparat zu erreichen; der Erfolg war der gewünschte
                              									und die Zubereitung ist folgende:
                           Man löst in gewöhnlicher Art Platin bei mäßiger Wärme in Königswasser auf und dampft
                              									die Auslösung bis zur Trockne ab. Hiebei hat man indeß die Vorsicht zu beobachten,
                              									daß man, sobald die Auslösung anfängt dickflüssig oder schon trocken zu werden,
                              									erstens die Hitze sehr mäßigt, und zweitens das fernere Trocknen nur soweit
                              									fortschreiten läßt, daß das Salz zwar trocken, nicht aber braun wird, vielmehr noch
                              									seine rothgelbe Farbe behält, mit einem Wort, das Platinchlorid nicht in Chlorür
                              									übergehe. Dieß letztere ist nämlich nicht nur wenig auflöslich, sondern es scheidet
                              									auch bei dem späteren Zusatz reducirender Substanzen leicht metallisches Platin ab,
                              									welches theils verloren geht, theils die Homogeneität der später beabsichtigten
                              									klaren Auflösung beeinträchtigt.
                           Hat man also das Platinchlorid zur gehörigen Trockniß gebracht, so löst man davon,
                              									sobald es erkaltet ist – man warte nicht länger, weil das Chlorid mit
                              									Begierde wieder Wasser anzieht – vier Theile in vier Theilen starkem
                              									Weingeist (95–96 Proc. Tr.) auf. Diese Auflösung gießt man darauf nach und
                              									nach, nicht mit einemmal, indem sonst eine zu starke Erwärmung entsteht, unter
                              									Umrühren in fünf Theile Lavendelöl, und das Präparat ist fertig. Dasselbe bildet
                              									eine braune, klare Flüssigkeit, welche das Platin in dem Zustand von Chlorür
                              									enthält, ohne daß sich das letztere niederschlägt. Da nämlich aus den Bestandtheilen
                              									des Weingeistes, des Lavendelöls und des Platinchlorids sich gleichzeitig Essigsäure
                              									und Chlorwasserstoffsäure bilden, so bleibt das Chlorür, welches sonst sich
                              									ausscheiden würde, aufgelöst. Die so erhaltene Flüssigkeit bewahrt man in gut
                              									verkorkten Flaschen zum Gebrauch auf; sie erhält sich unverändert, obschon sie nach
                              									längerer Zeit durch Verharzen des Oels etwas dickflüssiger wird.
                           Um nun mit dieser Flüssigkeit den Platinglanz hervorzubringen, überstreicht oder
                              									bemalt man die zu platinirenden Gegenstände, gleichviel ob Steingut, Porzellan oder
                              									Glas, vermittelst eines Pinsels möglichst gleichförmig mit derselben, läßt sie
                              									trocken werden und brennt sie dann unter der Muffel ein. Bei dieser letzteren
                              									Operation sind jedoch in Bezug auf den erforderlichen Hitzgrad einige
                              									Vorsichtsmaaßregeln zu beobachten. – Obgleich der Glanz des Platins schon bei
                              									geringer Hitze, und schon weit unter der Glühhitze zum Vorschein kommt, so haftet er
                              									dem Geschirr doch nur dann fest an, wenn er, je nach Beschaffenheit der Glasur des
                              									Geschirrs, einer schwächern oder stärkern Glühhitze ausgesetzt gewesen war. Wenn demnach einerseits
                              									ein gewisser jedenfalls zu erreichender Hitzgrad Bedingung für die Festigkeit des
                              									Lüstres ist, so ist auch andererseits ein gewisser nicht zu überschreitender
                              									Hitzgrad Bedingung für die Reinheit des Lüstres. Werden nämlich die Geschirre zu
                              									stark geglüht, so leidet der spiegelnde Glanz des Platins, er überzieht sich bei
                              									Porzellan und Glas mit einem bläulichen Schleier, während er bei Steingut mehr
                              									silberweiß, in beiden Fällen aber matter wird. War die Hitze noch stärker, so
                              									verschwindet der Glanz endlich vollständig wieder und hinterläßt nur einzelne matte
                              									Flecken auf dem Geschirre.
                           Im allgemeinen haben sich mir folgende Regeln zum sichern Gelingen des Einbrennens
                              									herausgestellt: Bei Steingut und leichtflüssigen Gläsern muß die Hitze eine dunkle
                              									Rothgluth seyn, in welcher man die Geschirre etwa eine halbe Stunde beläßt. Bei
                              									Porzellan und harten Gläsern aber kann das Feuer bis zur hellen Rothgluth gesteigert
                              									werden, doch muß, sobald diese erreicht ist, das Feuer sogleich vermindert oder
                              									gedämpft werden. Um indeß ganz sicher zu seyn, thut man wohl, wenigstens so lange,
                              									bis man die gehörige Uebung im Erkennen der Farbe des Feuers erlangt hat, nach
                              									Proben zu brennen, b. h. einzelne, mit der Platinflüssigkeit bestrichene Scherben
                              									mit in die Muffel zu legen und während des Glühens nach und nach herauszunehmen und
                              									zu untersuchen. Sind die mit dem Lüster versehenen Gegenstände erkaltet, so reibt
                              									man sie mit Baumwolle und nasser Schlämmkreide ab; der Glanz wird hiedurch noch
                              									erhöhet, indem durch das Abreiben auch die letzten Spuren von Oel oder Asche, welche
                              									von dem Oel beim Verbrennen zurückgeblieben sind, beseitigt werden.
                           Auf diese Weise lassen sich nicht allein glasirte Geschirre mit Platin überziehen,
                              									sondern auch unglasirte; also nicht allein Biscuitporzellan, sondern auch jedwedes
                              									andere unglasirte Töpfergeschirr. Wie sich von selbst versteht, wird hier aber der
                              									Ueberzug nicht glänzend, sondern man, und seine Farbe ist, je feiner die Oberfläche
                              									war, um so weißer. Selbst aber auch bei rauher Oberfläche ist die Wirkung nicht
                              									übel. Der Ueberzug gibt den Geschirren das Ansehn eiserner unpolirter Gegenstände,
                              									und daher dürfte das Platiniren sich vorzugsweise für Bildwerke von gebranntem Thon
                              									eignen.
                           Wenn die Anwendung des Platinlüsters bei Geschirren, Gefäßen von Glas u. dgl. nur der
                              									verzierenden Industrie angehört, so kann man derselben, namentlich für Glas, auch
                              									noch einen reellen Nutzen abgewinnen. Da nämlich der Glanz des Platins als Lüster
                              									dem Glanze des Glases entspricht, auf welches er aufgetragen ist, so lassen sich auf
                              										diese Meise Spiegel
                              									bilden, welche wirklichen Metallspiegeln nichts nachgeben, und vor diesen den Vorzug
                              									haben, daß sie leichter darzustellen sind, eine größere Härte haben und nicht
                              									erblinden. Bekanntlich sind gewöhnliche Glasspiegel zu gewissen optischen Zwecken
                              									nicht anwendbar, weil durch die Belegung der hintern Seite zwar hauptsächlich diese,
                              									doch aber auch die vordere Fläche spiegelt, weil ferner die Dicke und namentlich die
                              									ungleiche Dicke des Glases störend wirkt. Ertheilt man aber eben geschliffenen
                              									Glasplatten in obiger Weise den Platinglanz, so reflectirt nur eine Fläche und zwar die vordere Fläche; Spiegel dieser Art treten also in
                              									die Reihe der Metallspiegel, indem alle Mängel der gewöhnlichen Glasspiegel
                              									wegfallen.
                           Um aber durch Platinüberzug fehlerfreie Spiegel zu erhalten, darf man sich erstens
                              									keines belgischen Glases bedienen, weil dieß schon bei
                              									geringer Erhitzung auf seiner Oberfläche corrodirt wird; zweitens darf die
                              									Platinflüssigkeit nicht zu concentrirt seyn, man muß sie also bei dem weiter oben
                              									angegebenen Verhältniß noch mit etwas Oel verdünnen, und drittens muß man die
                              									Flüssigkeit so gleichförmig als möglich auftragen, und dieß nicht nur auf einer sondern auf beiden
                              									Seiten des Glases. Es ist nämlich das auf der Glasfläche ausgebreitete Platin so
                              									dünn, daß es noch mit grauer Farbe durchsichtig ist, und dieß ist als Spiegel
                              									hinderlich. Ueberzieht man dagegen beide Flächen, so wird der Spiegel fast
                              									undurchsichtig und dieß genügt, da man jetzt denselben durch eine Fassung ganz
                              									undurchsichtig machen kann, ohne daß die Farbe der Fassung irgend einen Einfluß auf
                              									das reflectirte Licht auszuüben vermag. Die anderweitige Handhabung bei Darstellung
                              									solcher Spiegel kommt im allgemeinen zwar mit dem Platiniren anderer Gegenstände
                              									überein, indessen muß man doch in allen Stücken sorgfältiger verfahren, als es bei
                              									Geschirren und dergleichen nöthig ist. Es kommt hiebei wieder der Umstand zu Hülfe,
                              									daß man sich schon vor dem Einbrennen überzeugen kann, ob man einen guten Spiegel
                              									erhalten wird oder nicht. Wie bereits erwähnt, kommt der Platinglanz schon weit vor
                              									dem Glühen zum Vorschein, und dieß gibt ein Hülfsmittel zu einer vorangehenden
                              									Controle. Stellt man also die überzogenen Glasplatten in eine schwach geheizte
                              									Muffel – schon die Röhre eines gut geheizten Stubenofens reicht aus –
                              									so ist in wenigen Minuten die spiegelnde Fläche sichtbar, und man kann sich jetzt
                              									schon von der Beschaffenheit des Spiegels überzeugen. Zweckmäßig ist es jedoch, wenn
                              									man die Platten etwa eine Stunde lang im Ofen verweilen läßt, indem während einer
                              									andauernden Erhitzung das Oel der Platinauflösung vollständig zerstört, und das
                              									Platin schon soweit befestigt wird, daß es, wenn man den Ueberzug nicht deckend genug,
                              									oder ungleich findet, einen zweiten Anstrich verträgt ohne sich unter dem Pinsel
                              									abzulösen. Wiewohl also auf diese Weise eine Correctur schon vor dem Einbrennen
                              									möglich ist, so ist es immer besser, wenn man den Spiegel mit einem einzigen
                              									Anstrich fehlerfrei erhält. Daher ist es auch nicht anzurathen, noch dann eine
                              									Correctur vorzunehmen, wenn der Spiegel sehr fehlerhaft ist; in diesem Fall thut man
                              									besser, den Ueberzug abzuwischen und die Platte ganz neu zu überziehen.
                           Das Einbrennen geschieht auf einer mit einem niedrigen Rand versehenen
                              									Charmotteplatte, auf welche man ausgeglühten und feingesiebten Gyps etwa zollhoch
                              									aufstreut, und diesen mit einer ebengeschliffenen Glasplatte dergestalt
                              									niederdrückt, daß der Gyps eine reine und feine Fläche bildet. Auf diese legt man
                              									den Spiegel, nachdem er nicht nur vollkommen trocken, sondern in stärkerer Hitze,
                              									wie oben erwähnt, so weit vorbereitet ist, daß sich der Platinglanz vollständig
                              									zeigt. Die Hitze der Muffel darf nur bis zur dunklen Rothgluth gesteigert, und
                              									insbesondere darf diese dann nicht überschritten werden, wenn man beide Flächen,
                              									also auch die aufliegende, als reinen Spiegel erhalten will. Denn ist die Hitze zu
                              									stark, so erweicht sich das Glas und die aufliegende Seite nimmt durch Eindruck des
                              									Gypses ein feines Korn an.
                           Eine fernere Nutzanwendung gewährt das Platiniren noch zum Schwärzen von
                              									mikroskopischen Theilungen auf Glas. Die feinen Theilrisse sind hier nämlich so
                              									flach, daß sie sich nicht mit den üblichen Schwärzungsmitteln einreiben lassen, weil
                              									sich diese immer wieder herauswischen. Vermittelst obiger Platinauflösung ist dieß
                              									aber gleichwohl zu bewerkstelligen. Man überstreicht zu dem Ende die getheilte
                              									Platte, wie gewöhnlich, mit der Auflösung, läßt diese trocken werden, und erhitzt
                              									nun die Platte, jedoch nur so weit, bis alles Oel verschwunden ist und der reine
                              									Platinglanz zum Vorschein kommt. Ist dieser Punkt erreicht, so läßt man erkalten.
                              									Der Platinglanz bedeckt das Glas jetzt eben nur ohne darauf fest zu haften, er läßt
                              									sich also mit der größten Leichkeit abwischen. Dieß ist Bedingung, denn bei jedem
                              									stärkeren Reiben würde sich auch hier das Platin aus den Rissen der Theilung
                              									herauswischen. Damit aber die Beseitigung des auf der ganzen Fläche verbreiteten
                              									Platins um so sicherer bewerkstelligt werden könne, ohne die Theilung zu gefährden,
                              									beklebt man ein Glasplättchen, etwa von der Größe eines Quadratzolls, mit feinem
                              									glatten Papier, und hiemit streicht man, unter mäßigem Druck, über die platinirte
                              									Theilung so lange hin und her, bis alles Platin beseitigt und nur das in die
                              									Theilrisse versenkte übrig geblieben ist. Nachdem man sich unter dem Mikroskop von der gehörigen
                              									Schwärzung der Theilung überzeugt hat, brennt man die Platten bei ganz dunkler
                              									Rothgluth wie die Spiegel ein.