| Titel: | Ueber eine Vereinfachung der Uhrwerke, welche zur Hervorbringung einer gleichförmigen Bewegung bestimmt sind; von M. H. Jacobi. | 
| Fundstelle: | Band 105, Jahrgang 1847, Nr. XXVIII., S. 96 | 
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                        XXVIII.
                        Ueber eine Vereinfachung der Uhrwerke, welche zur
                           								Hervorbringung einer gleichförmigen Bewegung bestimmt sind; von M. H. Jacobi.
                        Aus dem Bulletin phys. math. de St. Petersbourg .
                              									VI.
                        Jacobi, über eine Vereinfachung der Uhrwerke etc.
                        
                     
                        
                           In der praktischen Mechanik kommt oft die Aufgabe vor, eine gleichförmige
                              									continuirliche Kreisbewegung durch Gewichte hervorzubringen. Der Angriffspunkt der
                              									Kraft ist gewöhnlich eine einfache Schnurrolle oder ein an seiner Oberfläche mit
                              									schraubenförmigen Einschnitten versehenen Cylinder, von dessen Achse aus die
                              									Bewegung durch mehrfache Uebersetzungen von Rad und Getriebe endlich bis zu einer
                              									Achse fortgepflanzt wird, die einen aus zwei oder mehreren Flügeln bestehenden
                              									Windfang trägt und die sich mit großer Geschwindigkeit umdreht. Der Zweck dieses
                              									Windfanges ist, durch den Widerstand, den er in der Luft erfährt, der Beschleunigung der
                              									Schwere das Gleichgewicht zu halten. Diese bekannte und vielfach angewendete
                              									Einrichtung hat indessen folgende Nachtheile:
                           1) Man bedarf einer ansehnlichen Anzahl Räder und Getriebe, welche um desto
                              									sorgfältiger gearbeitet seyn müssen, je größer ihre Umlaufsgeschwindigkeit ist.
                           2) Es verfließt jedesmal eine namhafte Zeit, bevor die Bewegung das Maximum ihrer
                              									Geschwindigkeit und den gleichförmigen Beharrungszustand erreicht.
                           3) Bei plötzlicher Arretirung des Systems entsteht eine um so heftigere Reaction, je
                              									größer die in Bewegung gesetzten Massen sind und je beträchtlicher ihre
                              									Geschwindigkeit ist.
                           Bei einer Aufgabe, die mir vorkam, war es einerseits Bedingung, diese Reaction auf
                              									ihr Minimum zurückzuführen oder unschädlich zu machen, andererseits das Maximum der
                              									Geschwindigkeit, welches das System haben sollte, in unmeßbar kurzer Zeit zu
                              									erreichen. Das erstere konnte ich auf bekannte Weise leicht bewirken, indem ich
                              									nicht nur den Windfang, sondern auch sämmtliche Räder, statt sie fest mit den Achsen
                              									zu verbinden, nur mit Reibung aufsetzen ließ. Den zweiten Punkt zu erledigen und
                              									zugleich eine beträchtliche Verminderung des früher erforderlichen Räderwerkes
                              									herbeizuführen, gelang mir vollkommen durch ein einfaches Mittel, das ich hier
                              									mittheile, weil es, soviel ich weiß, bis jetzt noch nicht angewendet worden ist und
                              									in vielen Fällen von großem Nutzen seyn kann. Ich lasse nämlich den Windfang, statt
                              									in der Luft, in einem mehr widerstehenden Mittel, und
                                 										namentlich in Oel laufen. Dieses letztere befindet sich in einem Gefäße,
                              									auf dessen Boden ein Pfannenlager befestigt ist, in welchem der Zapfen einer
                              									verticalen Welle oder Achse läuft, an welcher der Windfang befestigt ist. Diese
                              									Achse erhält ihre Bewegung durch ein conisches Rad und Getriebe, oder durch ein
                              									gewöhnliches Getriebe, in welches ein Kronrad greift. Man begreift, daß die
                              									Geschwindigkeit dieser letzteren Achse um desto geringer seyn kann, je größer die
                              									Flügel des Windfanges oder je mehr dieselben von Oel bedeckt sind. Hiedurch erhält
                              									man zugleich ein leichtes Mittel die Geschwindigkeit des ganzen Systems zu
                              									reguliren. In manchen Fällen, besonders wo veränderliche Widerstände vorkommen,
                              									dürfte es nöthig seyn, an der letzteren Achse eine dem Schwungregulator bei
                              									Dampfmaschinen ähnliche Vorrichtung anzubringen, mit welcher der Windfang so
                              									verbunden wäre, daß wenn die Geschwindigkeit abnähme, die Flügel aus der Flüssigkeit
                              									herausgehoben, dagegen tiefer eingesenkt würden, wenn die Geschwindigkeit sich
                              									vermehrte. Ueber die
                              									erforderlichen Größenverhältnisse lassen sich natürlich keine bestimmten Regeln
                              									geben, weil die Zwecke, die man erreichen will, sehr verschiedenartig seyn können.
                              									Jeder nur einigermaßen verständige Arbeiter wird aber leicht das richtige Verhältniß
                              									finden können. Bei dem Uhrwerke, das ich der Classe hiebei vorzustellen die Ehre
                              									habe, und bei dem es sich darum handelt, einer verticalen Scheibe, die häufig
                              									plötzlich arretirt werden muß, und die oft nur Winkel von 10° zu beschreiben
                              									hat, eine Geschwindigkeit von 15 Umdrehungen in der Minute zu ertheilen, besitzt die
                              									verticale Achse, welche den Windfang trägt, nur eine Geschwindigkeit von 85
                              									Umdrehungen in der Minute. Der Windfang selbst besteht aus vier Flügeln von 7/8''
                              									Länge und 5/8'' Höhe. Hätten es anderweitige Bedingungen des Werks erlaubt die
                              									Scheibe horizontal zu stellen, so hätte man den Windfang unmittelbar an der Achse
                              									dieser sich nur 15mal in der Minute drehenden Scheibe befestigen und nur die Flügel
                              									desselben etwas verlängern dürfen. Die Vorzüge, welche dieses Uhrwerk besitzt,
                              									bestehen:
                           1) in der Einfachheit seiner Construction;
                           2) darin, daß es das Maximum der Geschwindigkeit und die Gleichförmigkeit der
                              									Bewegung in unmeßbar kurzer Zeit erreicht;
                           3) daß beim plötzlichen Arretiren der Scheibe, oder vielmehr des daran befestigten
                              									Zeigers, nicht die mindeste Reaction stattfindet.