| Titel: | Ueber die Darstellung grüner arsenikfreier Farben; von Dr. L. Elsner. | 
| Fundstelle: | Band 105, Jahrgang 1847, Nr. XXXVI., S. 130 | 
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                        XXXVI.
                        Ueber die Darstellung grüner arsenikfreier
                           								Farben; von Dr. L.
                              								Elsner.
                        Aus den Verhandl. des preuß. Gewerbevereins 1846,
                              								5te Lief.
                        Elsner, über die Darstellung grüner arsenikfreier
                           								Farben.
                        
                     
                        
                           Ich habe in den Verhandlungen des Gewerbvereins vom Jahr 1845 die Resultate mehrerer
                              									Versuche angeführt, welche im LaboratoriumLabaratorium des königl. Gewerbe Instituts angestellt wurden, die Darstellung grüner
                              									arsenikfreier Farben betreffend.Mitgetheilt im polytechn. Journal Bd. XCVII
                                       												S. 442. Nachträglich zu denselben bemerkte der Verfasser:
                                    												„Auch aus den Abkochungen der in Deutschland häufig wild
                                       												wachsenden Scharte (Serratula tinctoria L.)
                                       												kann mittelst Kupfervitriol und kohlensaurem Natron eine recht gute
                                       												grüne Farbe dargestellt werden, welche alle Eigenschaften der aus andern
                                       												gelben Pflanzenpigmenten bereiteten grünen Farben besitzt, unter denen
                                       												jedoch die aus den Abkochungen des Wau bereiteten an Reinheit der Farbe
                                       												den ersten Rang behaupten.“
                                    										 Wohl einsehend daß die bis dahin erhaltenen Resultate noch vieles zu
                              									wünschen übrig ließen, habe ich die Versuche im Laufe dieses Jahrs von Zöglingen des
                              									Instituts unter meiner Aufsicht anstellen lassen, deren Resultate ich zu
                              									veröffentlichen nicht Anstand nehmen will, obgleich ich auch diese immer nur als
                              									einen Beitrag zur künftigen, völlig genügenden Lösung der Aufgabe betrachte, welche
                              									ohne Zweifel zu den wichtigeren, die gewerbliche Technik betreffenden, gehört.
                           Der gelbe Auszug der Berberiswurzel mit Kupfervitriol und Aetzkali, oder kohlensaurem
                              									Natron (Kali) und Alaunlösung behandelt, gibt einen grünen Niederschlag, der in
                              									mehreren Nüancen dargestellt werden kann. Auch ohne Anwendung von
                              									Kupfervitriollösung wurden aus den Auszügen von Berberiswurzel und Quercitronrinde
                              									verschiedene grüngefärbte Niederschläge erhalten, indem man die gelben Auszüge mit
                              									Zinnsalz, Alaun und kohlensaurer Natronlösung versetzte, wodurch gelbe Niederschläge
                              									entstanden, diese mit einer Auflösung von Blutlaugensalz schüttelte und hierauf mit
                              									Eisenbeize (Eisenchlorid oder salpetersaurer Eisenoxydlösung) versetzte; das so
                              									entstandene Berlinerblau gab mit dem gelben Niederschlag verschieden nüancirte grüne
                              									Farben, von hellgrün bis blaugrün. Es ist nur verhältnißmäßig wenig Berlinerblau erforderlich, um ein bestimmtes Grün zu erzeugen. Diese
                              									Niederschläge konnten in dem hellsten Sonnenlichte getrocknet werden, ohne daß sie
                              									dadurch ihre Farbe verloren. Da die so eben angeführten Substanzen in der Färberei und
                              									Zeugdruckerei angewendet werden, so dürfte die Darstellung dieser grünen Farben
                              									nicht so hoch im Preise zu stehen kommen, und sie hätten noch den Vorzug, daß sie
                              									weder Kupfer noch Arsenik enthielten; ein Vorwurf, welcher freilich die mit
                              									Kupfervitriol bereiteten Farben trifft, wenn sie auch frei von Arsenik sind.
                           Auch auf nachstehende Art wurde versucht, eine kupfer- und arsenikfreie grüne
                              									Farbe darzustellen. Vor mehreren Jahren hat der verstorbene Lampadius
                              									Erdmann's Journal Bd. XIII S. 458 und Bd. XVI S. 345. in Freiberg ein Verfahren angegeben, aus Rutil eine schön dunkelgrüne Farbe
                              									darzustellen; er lehrte 500 Theile geschlämmten Rutil mit 1500 Theilen gereinigter
                              									Potasche im hessischen Tiegel zu glühen, die geschmolzene Masse mit Salzsäure zu
                              									übersättigen, filtriren und die klare Flüssigkeit mit einer Lösung von
                              									Blutlaugensalz zu fällen; der ausgewaschene und getrocknete Niederschlag stellt das
                              									Titangrün dar. Von 500 Theilen Rutil erhielt Lampadius
                              									etwa 855 Theile Titangrün.
                           Um das Titangrün (Titaneisencyanür) aus dem Rutil sowohl, wie aus dem geschlämmten
                              									Iserin darzustellen, wurde nachstehendes Verfahren, welches für die Darstellung
                              									zweckmäßiger sich ergab, angewandt. Das geschlämmte Fossil wurde mit seinem
                              									zwölffachen Gewicht saurem schwefelsaurem Kali in einem hessischen Schmelztiegel
                              									geschmolzen, die geschmolzene Masse nach dem Erkalten zerrieben, mit durch die
                              									Hälfte Wasser verdünnter Salzsäure bei etwa 50° C. bis zur vollständigen
                              									Lösung digerirt und heiß filtrirt, um das etwa nicht aufgeschlossene Fossil zu
                              									entfernen. Die filtrirte Flüssigkeit wird so weit bei obiger Temperatur eingedampft,
                              									bis ein herausgenommener Tropfen auf einer kalten Glas- oder Porzellanplatte
                              									breiartig erstarrt. Man läßt das Ganze in der Porzellanschale erkalten, bringt den
                              									Brei, schon ziemlich reine Titansäure, auf ein Filtrum und läßt gut abtropfen. Aus
                              									der ablaufenden Flüssigkeit kann durch wiederholtes Verdampfen noch ein Theil der
                              									Titansäure erhalten werden. Der gut abgetropfte Brei wird mit vielem Wasser, dem man
                              									Salmiak, zur Verhütung der Bildung eines basischen Eisensalzes, hinzugesetzt,
                              									anhaltend in einer Porzellanschale gekocht. Die Titansäure wird hiedurch
                              									schwerlöslich und nach dem Filtriren und Auswaschen ist sie fast weiß; durch
                              									wiederholtes Behandeln derselben mit saurem schwefelsaurem Kali etc. kann sie von
                              									Eisen rein erhalten werden. (Da der Iserin gewöhnlich kohlensauren Kalk enthält, so
                              									möchte es zweckmäßig seyn, denselben vor der Behandlung mit saurem schwefelsaurem Kali
                              									mit verdünnter Salzsäure zu digeriren, um auf diese Weise den Kalk zu
                              									entfernen.)
                           Die auf obige Weise gewonnene breiartige Titansäure wird mit einer concentrirten
                              									Auflösung von Salmiak übergossen, gut umgerührt und filtrirt, die auf dem Filtrum
                              									gebliebene Titansäure darauf mit verdünnter Salzsäure, wo möglich bis zur Lösung bei
                              									50 bis 60° C. digerirt, und die saure Flüssigkeit, nach dem Zusatz einer
                              									Auflösung von Kaliumeisencyanür, rasch zum Kochen erhitzt. Es entsteht hiedurch ein
                              									schön grüner Niederschlag, Titangrün; derselbe muß mit durch Salzsäure angesäuertem
                              									Wasser ausgewaschen werden. Die Lösung der Titansäure muß sauer seyn, denn rührt man
                              									sie nur mit Wasser an, und setzt dem Brei eine Lösung von Blutlaugensalz hinzu, so
                              									entsteht ein gelbbrauner Niederschlag, welcher durch Kochen mit verdünnter Salzsäure
                              									grün wird; durch Behandlung mit Ammoniak wird der grüne Niederschlag zersetzt und
                              									weiß. Die von dem Titangrün abfiltrirte Flüssigkeit enthält noch Titansäure, welche
                              									durch Fällung mit Ammoniak als flockiger weißer Niederschlag erhalten werden
                              									kann.
                           Das sowohl aus dem Rutil, als auch aus dem Iserin erhaltene Titangrün ist nach dem
                              									Trocknen ein schön dunkelgrünes Pulver; jedoch darf das Präparat nicht über
                              									100° erwärmt werden, weil es sich alsdann zersetzt, das Trocknen muß daher
                              									mit Vorsicht geschehen. Nach der beschriebenen Methode läßt sich auch aus dem Iserin
                              									(und daher aus dem Titaneisenerze überhaupt), ungeachtet seines ziemlich bedeutenden
                              									Eisengehalts, dennoch ein eben so schönes Grün darstellen, als aus dem Rutil.
                              									– Aus den schwefelsauren eisenhaltigen Flüssigkeiten läßt sich außerdem noch
                              									mittelst Blutlaugensalz Berlinerblau darstellen, so daß man, nach der so eben
                              									beschriebenen Methode, aus dem Iserin: Titansäure, Titangrün und Berlinerblau
                              									gewinnen kann.
                           Schlüßlich bemerke ich noch, daß ich Gelegenheit hatte, eine mattgrüne Tapete zu
                              									untersuchen, welche stark abfärbte und bei geringer Reibung die Farbe als grünes
                              									Pulver abgab. Es wurde ein Quadratzoll großes Stückchen der Tapete mit Ammoniak
                              									behandelt, die blaue ammoniakalische Lösung mit Salzsäure neutralisirt, in den Marsh'schen Apparat gebracht und wie bekannt weiter
                              									behandelt. Das Stückchen Tapete war, nach der Behandlung mit Ammoniak, farblos. Der
                              									in einer langen Glasröhre enthaltene Arsenikregulus wurde, nach Beendigung des
                              									Versuchs und nach Zerschneidung der Glasröhre, von den Glaswandungen abgerieben; er
                              									bildete zarte, fast silberglänzende Plättchen; es ergab sich: daß ein Quadratfuß der
                              									untersuchten Tapete wenigstens 1/3 Quentchen metallisches Arsenik enthalten mußte.
                              									Mindestens müßte doch, wenn einmal eine arsenikhaltige grüne Farbe angewandt werden
                              									sollte, das Aufstreichen der Farbe auf die Weise geschehen, daß ein Abstäuben
                              									derselben nicht möglich wäre, da bekannt genug ist, wie sehr verderblich für die
                              									Gesundheit der Staub solch arsenikhaltiger Farbe ist. – Leider kommen immer
                              									noch Fälle vor, wo zu bemalten Eßwaaren grüne Kupferfarben angewendet werden, wie
                              									ich mich noch neuerdings durch Untersuchung eines Stücks von einer grün bemalten
                              									Zuckerei, nach dessen Genuß ein Kind erkrankt war, überzeugt habe.