| Titel: | Die chemischen Grundsätze der Wechselwirthschaft; von Dr. Gardner. | 
| Fundstelle: | Band 105, Jahrgang 1847, Nr. XLI., S. 145 | 
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                        XLI.
                        Die chemischen Grundsätze der Wechselwirthschaft;
                           								von Dr. Gardner.
                        Aus einem Vortrag des Verfassers in der
                              								amerikanischen Ackerbaugesellschaft, durch das London Journal of arts, Mai 1847, S.
                              								288.
                        Gardner, die chemischen Grundsätze der
                           								Wechselwirthschaft.
                        
                     
                        
                           Die natürliche Aufeinanderfolge der Pflanzen steht in Beziehung zum Vorkommen
                              									organischer Materie im Boden. Die reichsten Gewächse, welche die Oberfläche zuerst
                              									einnehmen, bedürfen am allermeisten von solcher, und so geht es allmählich herunter
                              									bis zu den Gräsern und Waldbäumen, welche recht gut fortwachsen ohne daß der Boden
                              									organische Materie enthält. Die andern Elemente der Fruchtbarkeit als vorhanden
                              									vorausgesetzt, treiben die Chenepodeen und verwandten
                              									Familien nur da, wo stickstoffhaltige Materie gegenwärtig ist; indem sie, ohne
                              									solche aus dem Erdreich zugeführt zu erhalten, nicht wachsen können. Dieser Satz findet seine
                              									Bestätigung nicht nur durch die erwiesene Gegenwart organischer Materie in dem
                              									Erdreich, worin sie wachsen und durch die Thatsache, daß einige Species derselben
                              									Ammoniak ausathmen, sondern er ist überdieß durch Boussingault's Versuche vollkommen dargethan. Dieser Chemiker zog Klee,
                              									Erbsen, Weizen und Hafer in einem von aller organischen Materie freien Boden und
                              									versah sie nur mit destillirtem Wasser; der Klee und die Erbsen hatten ihre
                              									stickstoffhaltige Materie während des Wachsthums verdoppelt, während Hafer und
                              									Weizen daran durchaus nicht zunahmen. Da nun bloß eine einzige Stickstoffquelle
                              									zugegen war, die Atmosphäre nämlich, so ist klar, daß die erstern fähig sind, sich
                              									aus dieser damit zu versehen, während die Körnergewächse für diesen Stoff sämmtlich
                              									auf den Boden angewiesen sind. Daher werden jene Pflanzen, welche sich vermittelst
                              									ihrer Wurzeln ernähren, in einem Boden mit stickstoffreicher organischer Materie
                              									gedeihlich wachsen, denselben aber in einer gewissen Zeit so erschöpfen, daß er für
                              									diese Species nicht mehr taugt, auf welche alsdann eine mittlere Gattung, und
                              									zuletzt Gramineen, Leguminosen und andere Pflanzen
                              									folgen, die den Stickstoff aus der Luft aufnehmen können, und weit entfernt, den
                              									Boden daran zu erschöpfen, ihm vielmehr solchen noch abtreten. In dieser Thätigkeit
                              									der Pflanzen enthüllt sich uns die natürliche Wechselwirthschaft und überdieß die
                              									Möglichkeit, die Aufeinanderfolge der anzubauenden Gewächse der Anhäufung sowohl als
                              									der Abnahme stickstoffhaltiger Materien anzupassen.
                           Die meisten französischen Schriftsteller über Landwirtschaft, darunter Boussingault und Payen,
                              									beurtheilen den Werth der Düngerarten nach ihrem Stickstoffgehalte. Nach ihnen ist
                              									sonach der Hauptzweck der Düngung, dem Boden Stickstoff zuzuführen, und die
                              									vornehmste, wenn nicht einzige Rücksicht der Wechselwirthschaft ist die ökonomische
                              									Verwendung dieses Körpers. In den frisch gedüngten Boden kommen stark erschöpfende
                              									Pflanzen, wie Weizen, dann solche, welche weniger Stickstoff aus dem Boden
                              									aufnehmen, und zuletzt solche, die ihren Stickstoff aus der Luft schöpfen, wie Klee,
                              									Luzerne, Gras etc.
                           So einleuchtend und einfach diese Theorie auch ist, muß man doch bedenken, daß unser
                              									Korn, Weizen, Hafer nicht bloß Stickstoff aus dem Boden ziehen, sondern auch andere
                              									Substanzen, namentlich anorganische und salzige, wovon ihm oft weit mehr entzogen
                              									wird als von Stickstoff. Mit Bezug auf seine frühere Abhandlung „über die
                                 										Erschöpfung des Erdreichs durch den Anbau verschiedener Gewächse“
                              									führt der Verf. folgende Resultate derselben an:
                           
                           1) Daß alle Samen eine große Menge Phosphorsäure enthalten, welche in der Regel
                              									35–40 Proc. der ganzen Asche beträgt, indem oft sämmtliche Asche aus
                              									phosphorsauren Salzen besteht; dieß wurde nachgewiesen vom Korn, Weizen, den Bohnen,
                              									dem Hanfsamen, Leinsamen, den Erbsen, dem Baumwollsamen und andern Pflanzen. Auch
                              									wurde gezeigt, daß das Stroh und die Halme selten mehr als 1–3 Procent
                              									Phosphorsäure enthalten, welche Substanz in den Samen abgesondert wird. (Die
                              									betreffenden Analysen sind im Farmer's Dictionary
                              									mitgetheilt.)
                           2) Daß die Phosphorsäure im Erdboden von allen Mineralkörpern am wenigsten verbreitet
                              									ist, da sie in gutem Erdreich selten ein halbes Procent, gewöhnlich nur 1/10 Proc.
                              									beträgt.
                           3) Daß viele Erdreiche, welche 5 bis 12 Proc. Humus enthalten, notorisch unfruchtbar
                              									sind.
                           4) Daß die Phosphorsäure, welche durch gewisse Samengewächse ausgezogen wird, viel
                              									mehr beträgt als diejenige, welche die gewöhnlichen Futtergewächse ausziehen;
                              									manchmal fünfmal so viel.
                           Die Absonderung der Phosphorsäure in den Samen zugegeben, muß offenbar die durch
                              									Blättergewächse, wie Tabak, Kohl, Flachs, Hanf etc., bei welchen Pflanzen es nicht
                              									auf Samen abgesehen ist, bewirkte Erschöpfung des Bodens, sowie die durch
                              									Wurzelgewächse, mit Ausnahme vielleicht der Rüben hervorgebrachte, einer andern
                              									Ursache zuzuschreiben seyn. Boussingault's und des Verf.
                              									Versuche über die Wechselwirthschaft werfen einiges Licht auf letztere Art der
                              									Erschöpfung. Einige Pflanzen ziehen allen ihren Stickstoff aus organischen Materien
                              									im Boden, andere aus der Luft; einige Pflanzenfamilien kommen nur in einem reichen
                              									Boden und in der Nähe von Düngerhaufen zum Vorschein, während andere wieder in
                              									organischer Materie ermangelnder, mineralischer Erde zu Hause sind. Damit hat die
                              									Phosphorsäure offenbar nichts zu thun, da keine aus dem Boden entfernt wird, indem
                              									die tobten Pflanzen sie wieder hergeben; es findet nur eine Verminderung der
                              									flüchtigen Stoffe oder der stickstoffhaltigen Producte der zerstörten organischen
                              									Materie statt. Man baue einigemale Kohl oder Tabak auf einem reichen Stück Land an;
                              									wie bald wird die organische Materie verschwinden! Praktiker werden sagen, daß dieß
                              									durch das Behacken der Pflanzen und durch die Einwirkung der Sonne auf den Boden
                              									geschehe; dieß ist aber nicht die Ursache; das Behacken gereicht der Pflanze zum
                              									Nutzen, da durch das Einführen von Luft die Zersetzung der organischen Materie des
                              									Bodens beschleunigt oder die Fixirung atmosphärischen Stickstoffs befördert wird.
                              										(Mulder im Journal für praktische Chemie Bd. XXXII S. 344.) Wenn
                              									dem Tabak, den Kartoffeln und ähnlichen Pflanzen faulender Dünger zugesetzt wird, so
                              									hat man dabei die Absicht, stickstoffhaltige Materie zuzuführen, und diese ist ganz
                              									verschieden von dem Zweck, den man hat, wenn man ihn dem Weizen oder gewissen
                              									Samengewächsen zusetzt. Sollte es hiezu noch weiterer Beweise bedürfen, so können
                              									wir uns noch auf die Pflanzen berufen, welche unter verschiedenen Umständen den
                              									Boden verschiedenartig erschöpfen. Wegen seiner Faser angebauter Flachs erschöpft
                              									den Boden an Stickstoff, und ihm können dann Korn oder Bohnen folgen; soll derselbe
                              									aber Samen reifen, so erschöpft er den Boden doppelt, an stickstoffhaltiger Materie
                              									und Phosphorsäure; dann kann kein Korn auf ihn folgen, es sey denn im reichsten
                              									Boden. Wegen der Faser angebauter Hanf kann in einem humusreichen Boden viele Jahre
                              									cultivirt werden; der Anbau wegen des Samens aber erschöpft diesen schnell.
                           Wir haben mithin Culturen, welche den Boden seiner stickstoffhaltigen Materie
                              									berauben – Culturen, welche ihm überflüssige Phosphorsäure entziehen –
                              									und Gräser und Kleegewächse, die geschnitten werden ehe sie Samen tragen, welche dem
                              									Boden keine dieser wesentlichen Substanzen entziehen, sondern im Gegentheil ihn an
                              									organischer Materie bereichern. Viele Pflanzen, wie Korn, Weizen, Baumwolle, Hanf,
                              									Flachs, Kohlarten etc. zu Samen gezogen, erschöpfen den Boden in beiden Hinsichten
                              									und sind daher besonders kostspielige Culturen. Mittelst dieser durch Erfahrung und
                              									mehrere hundert Analysen bestätigten Eigenschaften der Pflanzen vermögen wir uns die
                              									Regeln der Praktiker über die Aufeinanderfolge der Culturen zu erklären.
                           Erste Regel. Diese beruht auf dem Grundsatz, daß die Pflanzen den Boden hinsichtlich
                              									der stickstoffhaltigen Materien ungleich aussaugen und daher so geordnet werden
                              									müssen, daß die ihn am meisten erschöpfenden möglichst selten wiederkehren.
                           Zweite Regel. Bei Samenculturen, die den Boden an Phosphorsäure erschöpfen, muß mit
                              									krautartigen Pflanzen, welche ihm nicht so viel von dieser wichtigen Substanz
                              									entziehen, gewechselt werden.
                           Diese Anweisungen dienen dem Landwirth jetzt als sichere Richtschnur; er weiß nun,
                              									daß er die Gewächse nach ihrer verschiedenen Einwirkung auf seine Felder in Classen
                              									zu unterscheiden hat. 1) Samenbau, welcher den Boden an Stickstoff erschöpft; 2)
                              									Samenbau, der den Boden nicht an Stickstoff erschöpft; 3) erschöpfende Futterkräuter
                              									und Wurzelbau; 4) Culturen, welche den Boden weder an Humus noch an phosphorsauren Salzen
                              									erschöpfen, sondern den Stickstoff erneuern. Ist ihm dieß bekannt, so kann er für
                              									alle Fälle sein System der Wechselwirthschaft bilden; so kann er Indigo, Baumwolle,
                              									Tabak, Korn, Bohnen, Oelpflanzen und viele andere dazwischen hauen, die in Low's, Thaer's und Stephens' Tafeln nicht zu finden, und bei Buel und Armstrong nicht an
                              									der rechten Stelle angegeben sind. Hiemit ist aber unser Wissen noch unvollständig;
                              									in obiger 4ten Classe nämlich sind die Pflanzen, welche den Boden weder an
                              									Stickstoff noch an Phosphorsäure erschöpfen; es fragt sich nun, in welcher Hinsicht
                              									sie ihn erschöpfen, um die ökonomische Bedingung erfüllen zu können, daß der Boden
                              									so wenig als möglich verarme.
                           Eben so wie es nun bekannt ist, daß ohne Aufnahme von Phosphorsäure die Samenkörner
                              									der Pflanzen nicht zur Reife gelangen können, so sind auch durch viele hundert
                              									Analysen die alkalischen Basen ermittelt, welche von den verschiedenen Individuen
                              									aufgenommen werden. Die das Kali vorziehenden Classen
                              									sind die Synanthereen (Compositae), die Doldengewächse,
                              									die Kätzchenträger (Amentaceae), die Gräser und
                              									Chenepodeen; den Kalk lieben am meisten die Leguminosen,
                              									Rosaceen, Solaneen und Rubiaceen; das Natron wählen die
                              									Cruciferen (kreuzblüthigen), Asphodeleen und Liliaceen.
                           In diesen Pflanzengruppen können die isomorphen Körper ebenfalls einander vertreten.
                              									So fand man in der Asche der Eiche von der Seeküste von Long-Island das
                              									Natron die Stelle des Kalis vertretend. In der Nähe der niedern Salzebenen von
                              									New-Jersey gebaute Trauben enthielten statt Kali Natron. Andererseits wurde
                              									in Seepflanzen, die ins Innere des Landes verpflanzt worden waren, Kali gefunden.
                              									Tabake verschiedenen Ursprungs, von Berthier analysirt,
                              									hatten Kali als basischen Bestandtheil; während von Fresenius und Will untersuchte Proben 60 Proc.
                              									Kalk und Magnesia lieferten.
                           Auch ist zu bemerken, daß die verschiedenen Theile derselben Pflanze verschiedene
                              									Salze vorherrschend enthalten. Die Kartoffelknollen enthalten 80 Proc. Kali, während
                              									die Analyse des Krauts 60 Proc. Kalk ergab. Die chemische Untersuchung verschiedener
                              									Pflanzen wird daher verschiedene Resultate bei derselben Pflanze liefern, wenn sie
                              									in verschiedenen Boden oder zu verschiedenen Zeiten in demselben Boden gewachsen
                              									ist. Die Agenten des franz. Gouvernements veranlaßten, nachdem man sich überzeugt
                              									hatte, daß die aus den Vereinigten Staaten bezogenen Tabake schlechtere Producte
                              									lieferten, eine Untersuchung, welche ergab, daß anstatt der von Berthier in den früher analysirten guten Proben gefundenen Kalisalze, in
                              									den geringern Proben jüngern Gewächses Kalksalze vorherrschten.
                           Der Verf. ist der Ansicht, daß wenn man einer Pflanze ihre Stelle unter den
                              									Salzgruppen anweisen will, die Asche der Blätter als Anhaltspunkt gewählt werden
                              									muß, weil das Blatt jenes wichtige Organ der Vegetation ist, worin der Saft
                              									ausgearbeitet und für das künftige Wachsthum der Pflanze vorgesorgt wird. Wenn Raspail's Ansicht richtig ist, daß die salzigen
                              									Substanzen im Pflanzengewebe das Wesentliche seiner Organisation sind, so muß
                              									nothwendig der organisirende Theil der Pflanze, das Blatt, die salzige Substanz
                              									enthalten, ohne welche, oder deren isomorphe Stellvertreter, sie sich nicht
                              									entwickeln und ihre Functionen nicht verrichten könnte; wenn das Blatt nicht in
                              									gesundem Zustande ist, so kann sich die Pflanze nicht vollkommen entwickeln.
                           Hinsichtlich des Einflusses der Cultur auf die Pflanzen, bemerkt der Verfasser:
                           Im natürlichen Zustand bedürfen alle körnertragenden Pflanzen wenig stickstoffhaltige
                              									Materie; durch die Entwickelung aber, welche viele, wie der Weizen, die Gerste,
                              									erlangt haben, wurden sie zu stickstoffreichen Pflanzen und können in diesem, ihrem
                              									gegenwärtigen Zustand nicht erhalten werden, ohne daß den Wurzeln diese Nahrung
                              									reichlich zugeführt wird. Viele Gartengewächse haben dieselbe Eigenschaft; der Kohl
                              									besteht von Natur aus nur aus wenigen zähen Blättern und gedeiht in einem Erdreich
                              									von gewöhnlicher Fruchtbarkeit am Meeresstrand; seine gegenwärtige üppige
                              									Entwickelung, durch welche er in mehreren Varietäten sicherlich das 100fache Gewicht
                              									erreicht, ist die Folge der beim Feldbau seiner Wurzel gegebenen Nahrung; wird diese
                              									vermindert, so gehen die Charaktere der Varietät bald wieder verloren und die
                              									Pflanze degenerirt.
                           Aus folgender Tabelle ersieht man die Stellung, welche die meisten cultivirten
                              									Pflanzen einnehmen, so weit unsere jetzigen Kenntnisse reichen.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 105, S. 151
                              Pflanzen, welche viel Stickstoff im
                                 										Boden erfordern; Pflanzen, die wenig oder keines Stickstoffs im Boden bedürfen;
                                 										Samentragend; Blätter- oder Wurzel-Gewächse; Kalk; Kali; Natron
                                 										mit Schwefel; Hanfsamen; Baumwolle; Hopfen; cultivirte Erbsen; Korn; Madia;
                                 										Weizen; Reis; Hafer; Gerste; Rübsamen; Colza; Senfsamen; Leinsamen; Tabak;
                                 										Kartoffeln; Hanf; Indigo; Färberröthe; Zuckerrohr; Gelbrüben; Pastinak;
                                 										Mangelwurzel; Bete (Runkelrübe); Spinat; Rübe; Kohlrabi; schwedische Rübe;
                                 										Kohlarten; Zwiebel; Spargel; Feldbohnen; Erdeicheln; Wicken; Roggen; deutsche u.
                                 										poln. Hirse; Buchweizen; Aepfelartige Früchte; Klee; Spark; Luzerne; Wickenklee;
                                 										alle vor dem Samen geschnitten; Viehgras; Erdbirnen (Topinambur)
                              
                           Diese zehn Gruppen von Pflanzen können abwechselnd angebaut werden.
                           Ob ein Grundstück sich zu rentiren verspricht, kann in den meisten Fällen durch eine
                              									Untersuchung nach vorstehender Tabelle beurtheilt werden. Wenn man die in der Erde
                              									enthaltenen Mineralstoffe in Ernten verwandelt, muß man ein solches Wechselsystem
                              									annehmen, daß die fruchtbarmachenden Elemente nicht zu rasch daraus gezogen werden,
                              									ohne daß aus irgend einer Quelle ein Ersatz dafür eintritt. Wollte man z.B. in einer
                              									Lage, wo jedes Product verkäuflich ist, eine Wechselreihe annehmen, wobei die
                              									Gewächse bloß Phosphorsäure aus dem Boden ziehen, so würde der Ankauf von
                              									Stickstoff, Kalk, Kali und Schwefel keinen Nutzen gewähren und das dafür bezahlte
                              									Geld wäre rein verloren. Bei einer einsichtsvoll gewählten Aufeinanderfolge der
                              									Culturen aber kann jedes fruchtbarmachende Agens im Boden ohne Verlust in Geld
                              									verwandelt werden.
                           Nachdem ein Grundstück durch zweckmäßige Behandlung den Höhepunkt seiner Bearbeitung
                              									erreicht hat, muß es auf Gewinn hin cultivirt werden. Der dabei einzuschlagende Weg
                              									ist offenbar kein anderer als das System der Wechselwirthschaft, bei welcher man
                              									jeden salzigen und stickstoffhaltigen Bestandtheil, der auflöslich wurde, dem Boden
                              									entzieht und kein Bestandtheil verloren geht. Dieß kann aber nur durch den Anbau solcher Gewächse
                              									geschehen, wovon jedes eine besondere Art von Nahrungsmitteln erfordert und durch
                              									Auswahl der Gewächse nach Maaßgabe des in dem Boden vorkommenden Mengenverhältnisses
                              									dieser Stoffe. Phosphorsäure ist ein nur sparsamer Bestandtheil der Boden-
                              									und auch der Düngerarten, den Guano und die Knochen ausgenommen, indem ersterer 12,
                              									letztere 25 Procent davon enthalten. Zunächst nach ihr kömmt die stickstoffhaltige
                              									Materie, welche nur einen geringen Procentgehalt des Pflanzengebildes (0,5 bis 3,0
                              									Procent) ausmacht und daher vorsichtig ausgezogen werden muß. Schwefelsäure ist in
                              									allen Bodenarten in nicht unbedeutendem Verhältniß vorhanden, in größter Menge in
                              									den alten Mergel- und den gypsartigen Formationen. Kalk und Alkalien kommen
                              									in weit größerer Menge als irgend einer der vorhergehenden Körper vor; in reichem
                              									angeschwemmten Land sind vom erstem 10, und von den letztern 4 bis 5 Proc.
                              									enthalten. Die Menge, welche wir von diesen Stoffen bei einer
                              									Wechselbewirthschaftung ausziehen können, ist so groß wie ihre wahrscheinliche Menge
                              									im Boden, die in allgemeinen Ausdrücken zu folgendem Procentenverhältniß in einem
                              									guten Alluvialboden angenommen werden kann: Phosphorsäure 0,20; stickstoffhaltige
                              									Materie 0,25; Schwefelsäure 0,10; Alkalien 2,00; Kalk und Talkerde 5,00. Um die
                              									Konsumtion berechnen zu können, müssen wir die Menge und Art der mit jeder Ernte aus
                              									dem Boden entfernten Bestandtheile kennen. Eine Ernte von 25 Bushels Weizen, mit
                              									Stroh, entzieht dem Boden 123 Pfd. anorganischer Stoffe, welche aus etwa 12 Pfd.
                              									Phosphorsäure, 90 Pfd. Kieselerde und 15 Pfd. alkalischer Salze bestehen. Eine Ernte
                              									von Lucerne von 2 Tonnen (à 20 Cntr.) zieht 425
                              									Pfd. mineralischer Bestandtheile aus dem Boden, von welchen 250 Pfd. Kalk und 20
                              									Pfd. Schwefelsäure sind. 800 Bushels Runkelrüben ziehen ungefähr 360 Pfd. Asche aus
                              									dem Boden, von welchen 316 Pfd. Alkalisalze sind. Außerdem sind alle andern
                              									bekannten Mittel, die Reinigungs-Culturen, die grünen Brachen, die Culturen
                              									zum Abweiden, die Anwendung der Wurzeln etc. nicht außer Acht zu lassen.
                           Der Verf. zollt dem Norfolk'schen System der
                              									Wechselwirthschaft, dessen allgemeine Einführung in vielen Theilen Englands ganze
                              									Gegenden vom unfruchtbaren Zustand zu dem günstigsten erhob, gerechte Anerkennung.
                              									Es besteht in folgender Aufeinanderfolge: 1stes Jahr Düngung, darauf Rüben; 2tes
                              									Jahr Gerste mit Klee gesäet; 3tes Jahr Klee, der erste Wuchs geschnitten, dann
                              									abgeweidet und für Weizen gepflügt; 4tes Jahr Weizen, worauf Düngung und Rübe wie
                              									vorher. Bei diesem System folgt auf die Düngung diejenige Pflanze, welche der
                              									meisten stickstoffhaltigen Materie bedarf. Die Gerste, der zweite Anbau, erfordert viel weniger
                              									stickstoffhaltige Materie und entzieht dem Boden nur eine beschränkte Menge
                              									Phosphorsäure und Kali. Hierauf folgt eine Kalkpflanze, der Klee, welcher dem Boden
                              									wieder stickstoffhaltige Materie liefert und ihn durch seine langen Wurzeln
                              									auflockert. Der Weizen, welcher den Kreis schließt, ist ein Kali- und
                              									Phosphorsäure-Gewächs, das nur ein mittleres Quantum organischer Materie
                              									erfordert. Diese Wechselbewirthschaftung ist, wenn wir den Boden und die angewandten
                              									Düngmittel betrachten (der Boden ist ein kieselhaltiger, der Dünger
                              									landwirthschaftlicher Compost und Knochenerde) ein vollkommenes Beleg für
                              									vorstehende Grundsätze.
                           Es versteht sich übrigens, daß auch die mechanische Structur des Bodens hinsichtlich
                              									ihres Einflusses auf die Cultur bei der Wahl der Pflanzen berücksichtigt werden
                              									müsse.