| Titel: | Geschichtliche Notizen über die Buchdruckerei in China; Auszüge aus chinesischen Büchern von Stanislaus Julien. | 
| Fundstelle: | Band 105, Jahrgang 1847, Nr. LXXII., S. 282 | 
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                        LXXII.
                        Geschichtliche Notizen über die Buchdruckerei in
                           								China; Auszüge aus chinesischen Büchern von Stanislaus Julien.
                        Aus den Comptes rendus, Jun. 1847, Nr.
                              								23.
                        Geschichtliche Notizen über die Buchdruckerei in China.
                        
                     
                        
                           Stereotypplatten von Holz. – Nach Klaproth
                              									Mémoire sur la boussole, p. 129) schlugen schon
                              									im J. 932 n. Ch. die chinesischen Minister vor, eine Revision der canonischen Bücher
                              									vorzunehmen, sie in Holz zu schneiden, und behufs des Verkaufs drucken zu lassen.
                              									Vollendet wurde dieses Werk erst im J. 952.
                           Das ungeheure persische Werk Djemma'a et-tevarikh von
                              									Râchid-Eddin, im J. 1310 vollendet, enthielt schon eine deutliche
                              									Beschreibung der Buchdruckerei, und sonach hätte diese ursprünglich chinesische
                              									Kunst schon 150 Jahre früher bekannt werden können, wenn die Europäer der persischen
                              									Sprache mächtig gewesen wären.
                           Wäre Europa am Anfang des sechsten Jahrhunderts mit China in Verbindung gestanden, so
                              									hätte es den Druck mittelst gravirter Holzplatten um 860 Jahre früher, schon im Jahr
                              									593 kennen lernen, wie aus einer Stelle der chinesischen Encyklopädie,
                              									Ke-tchi-king-youen, Buch XXXIX Fol. 2 und andern ähnlichen
                              									Werken zu entnehmen ist; diese Kunst verbreitete sich immer mehr und erhielt in den
                              									Jahren 960 bis 1278 ihre größte Ausbildung.
                           Druck mit vertieft gravirten Steinplatten. – Schon
                              									in der Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Ch. wurde in China in Stein gravirt, jedoch
                              									nicht behufs der Vervielfältigung, sondern um bleibende Correcturen zu besitzen,
                              									wonach jeder Gelehrte seine fehlerhaften Copien verbessern konnte. Erst im J. 904
                              									wurde in Stein verkehrt gravirt, um auf schwarzen Grund weiße Abdrücke davon zu
                              									machen. Im J. 993 ordnete der Kaiser Thaï-tsong den Abdruck aller
                              									wichtigen Manuscripte auf diese Weise an. „Sie wurden, sagt das Werk
                                 										Tsi-kou-lo, von Hand gedruckt, ohne daß diese durch die Schwärze
                                 										beschmutzt wurde.“
                              									Es soll damit gesagt seyn, daß nachdem die Schwärze auf den Stein aufgetragen
                                    											war, man mit der Hand über die Rückseite des Papiers hinfuhr, damit es die
                                    											Farbe gleichmäßig aufnehme. Heutzutage bedienen sich die Chinesen einer
                                    											weichen Bürste und erhalten auf diese Weise regelmäßigere Abdrücke.
                              								
                           Druck mit beweglichen Typen. – In den Jahren 1041
                              									bis 1048 erfand ein Mann aus dem Volke, ein Schmied, Namens Piching, eine Art zu drucken mit aus
                              									beweglichen Lettern gebildeten Platten, Ho-pan. Er nahm eine aus feiner,
                              									zäher Erde bestehende Masse, bildete regelmäßige Platten von der Dicke der
                              										„Tsien“ genannten Münzstücke daraus und gravirte in
                              									dieselben die gebräuchlichsten Schriftzeichen, machte für jedes Schriftzeichen ein
                              									Pettschaft (eine Type) und brannte dann diese Typen, um sie zu Härten. Nun legte er
                              									auf einen Tisch eine eiserne Platte und überzog diese mit einem leicht schmelzbaren
                              									Kitt von Wachs, Harz und Kalk. Um zu drucken, legte er einen eisernen Rahmen,
                              									welcher innerlich in der senkrechten Richtung (da die Chinesen bekanntlich von oben
                              									nach unten schreiben) mit ebenfalls eisernen Linien abgetheilt war, auf die eiserne
                              									Platte und reihte hier die Typen fest aneinander an. Jeder mit solchen Typen
                              									angefüllte Rahmen bildete eine Druckplatte. Diese brachte er an das Feuer, um den
                              									Kitt zu erweichen und drückte dann mit einer recht flachen Holzplatte (unserm
                              									Klopfholz) stark darauf, wodurch die Typen tiefer in den Kitt eindrangen und sich
                              									gleichstellten. Während man mit der einen Platte druckte, wurde die andere so
                              									zubereitet, und so wurde abgewechselt.Die Chinesen drucken auf einmal nur zwei Seiten auf eine einzige Seite des
                                    											Papiers, welches sie vor dem Heften zweifach zusammenlegen. Auf den zwischen
                                    											den beiden Blattseiten befindlichen weißen Raum kömmt gewöhnlich der Titel
                                    											des Werks, die Nummer und Abtheilung des Buchs und die Seitenzahl zu
                                    											stehen. – Für jedes Schriftzeichen waren immer mehrere Typen vorhanden, bis
                              									zu 20 von den am häufigsten vorhandenen, um die etwa auf einer Platte öfters
                              									vorkommenden Wörter mehrmals setzen zu können. Die Schriftzeichen wurden nach
                              									Tonreihen geordnet (ordre tonique) und alle zu einem Ton
                              									gehörigen in ein Fach gebracht. Kam zufällig ein seltenes Schriftzeichen vor,
                              									welches nicht vorräthig war, so wurde es sogleich gravirt und mittelst Strohfeuers
                              									gebrannt, wo man sich dann desselben sogleich bedienen konnte.
                           Holz nahm der Erfinder aus dem Grunde zu seinen Typen nicht, weil das Gefüge
                              									desselben bald porös, bald dicht ist, und sie daher, einmal mit Wasser imprägnirt,
                              									ungleich geworben wären, und weil sie sich auch an den Kitt so fest angeklebt
                              									hätten, daß man sie gar nicht hätte herausnehmen können, um eine andere Schrift
                              									damit zu setzen. Nach dem Gebrauch einer aus Thontypen verfertigten Platte wurde sie
                              									wieder erwärmt, um den Kitt zu schmelzen, worauf man mit der Hand die Typen
                              									herausnahm, die sich von selbst ablösten, ohne daß etwas von der Masse daran hängen
                              									blieb.
                           Nach Pi-ching's Tod wurde indessen sein Druckverfahren nicht fortgesetzt, sondern nach wie vor mit
                              									gravirten Holzplatten gedruckt. Die Ursache davon liegt in der Natur der
                              									chinesischen Sprache, die kein, aus einer kleinen Anzahl von Buchstaben bestehendes
                              									Alphabet besitzt, aus welchem alle möglichen Bücher gesetzt werden können, weßhalb
                              									der Drucker gezwungen war, mehreremal ebenso viele Typen zu graviren, als es
                              									verschiedene Worte gibt und, der Eintheilung der Laute in 106 Classen gemäß, 106
                              									besondere Fächer zu haben, wovon jedes eine ungeheure Anzahl öfters vorhandener
                              									Typen enthielt, deren Aufsuchen, Setzen und Ablegen sehr viel Zeit erforderte. Es
                              									war daher viel leichter, den zu druckenden Text schreiben zu lassen, ihn auf eine
                              									Holzplatte zu pappen und die weißen Theile mittelst des Stichels herausnehmen zu
                              									lassen. Mit solchen Platten oder in Relief gravirten kupfernen Stereotypplatten wird
                              									heutzutage in China noch gedruckt. Doch ließ Kaiser Khang-hi, welcher 1662
                              									den Thron bestieg, sich durch die Missionäre bewegen 250,000 kupferne bewegliche
                              									Typen graviren zu lassen, mit welchen Kou-kin-thou-chau, eine
                              									Sammlung älterer und neuerer Werke von 6000 Bänden in 8., gedruckt wurde. Diese
                              									Lettern wurden einige Jahre später leider wieder vernichtet. Diese Ausgabe soll mit
                              									den schönsten europäischen Werken concurriren können.
                           Im kaiserlichen Palast zu Peking ist ein Gebäude, Wou-nig-teen, in
                              									welchem seit dem J. 1776 jährlich eine große Menge, im Ganzen 10,412 Werke auf den
                              									Antrag des damaligen Finanzministers mit beweglichen Typen auf Staatskosten gedruckt
                              									werden; diesen Typen gab der Kaiser den Namen zusammengereihte
                                 										Perlen.
                           Folgende Bemerkung dürfte in Europa großes technisches Interesse gewähren. Unsere
                              									stählernen Patrizen und kupfernen Matrizen sind sehr kostspielig und verderben sehr
                              									leicht durch Oxydation. Die Chinesen begegnen diesem doppelten Uebelstand, indem sie
                              									ihre Patrizen in hartes, feinkörniges Holz graviren (wo jede Type auf 5 bis 10
                              									Centimes zu stehen kömmt), und mit diesen ihre Matrizen in eine Art Porzellanmasse
                              									schlagen, die dann im Ofen gebrannt wird, endlich werden die Schriftzeichen mittelst
                              									einer Legirung von Blei und Zink mit einander verschmolzen. Es frägt sich nur noch,
                              									wie diese Matrizen justirtwerden; doch scheinen dieß die Chinesen nach den auf der
                              									Pariser Bibliothek vorhandenen Werken zu schließen, meisterlich zu verstehen.
                           In der neuern Zeit machte der Bücherdruck mit beweglichen Lettern, Paï-thou (zusammengesetzte Schriftzeichen)
                              									in China große Fortschritte. Die Werke, welche außer der kaiserlichen Druckerei
                              									erscheinen, erreichen zwar die Leistungen der letztern nicht, sind aber recht sauber
                              									und viel correcter als die im Holzplattendruck erscheinenden.