| Titel: | Ueber Vorrichtungen um die Arbeiter gegen die Gefahren zu schützen, welchen sie an den Schleifsteinen von Sandstein ausgesetzt sind; von Morin. | 
| Fundstelle: | Band 105, Jahrgang 1847, Nr. XCVI., S. 408 | 
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                        XCVI.
                        Ueber Vorrichtungen um die Arbeiter gegen die
                           								Gefahren zu schützen, welchen sie an den Schleifsteinen von Sandstein ausgesetzt sind;
                           								von Morin.
                        Aus den Comptes rendus, Jul. 1847, Nr.
                              								1.
                        Morin, über Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter an den
                           								Schleifsteinen von Sandstein.
                        
                     
                        
                           Unter den Gewerben, welche der Gesundheit der sie Ausübenden nachtheilig sind, ist
                              									dasjenige des Schleifers in den Säbelklingen- und
                              									Quincaillerie-Waaren-Fabriken eines der tödtlichsten. Die Gefahr des
                              									Zerspringens der Schleifsteine, deren Trümmer durch die Centrifugalkraft oft weit
                              									weggeschleudert werden, ist, obgleich bedeutend, noch nicht die größte, welcher
                              									diese Arbeiter ausgesetzt sind, denn sie ist durch die allgemein eingeführten
                              									Verbesserungen in der Einrichtung der Schleifmaschinen schon sehr vermindert; es
                              									gibt aber noch eine zwar langsam, dagegen stetig und unfehlbar wirkende Ursache,
                              									welche die meisten Schleifer vor dem Alter von 40 bis 45 Jahren dem Grabe zuführt.
                              									Beständig über einen Schleifstein hingebückt, welcher bei seiner schnellen Umdrehung
                              									auf ihre Arme, in ihr Gesicht und über den ganzen Körper einen schmutzigen Regen
                              									schleudert, der mit Kiesel- und Metallstückchen vermengt ist; ferner mit
                              									Kleidern versehen, welche beständig von einer oft eiskalten Feuchtigkeit durchnäßt
                              									sind, die sie theilweise nur dadurch entfernen, daß sie sich an stark geheizte Oefen
                              									stellen, woran die Feuchtigkeit verdunstet: sind sie außerdem nicht selten dem
                              									Einathmen trockenen Kieselstaubes ausgesetzt, welchen die Schleifsteine, wenn man
                              									trocken schleift etc., von sich geben.
                           Deßhalb leiden auch diese Arbeiter gewöhnlich an Luftröhrenentzündung, Bräune,
                              									chronischen Entzündungen der Luftröhrenäste, vorzüglich aber an
                              									Luftröhrenschwindsucht. Die Register der Säbelklingen-Manufacturen ergaben,
                              									daß von 56 Schleifern, welche vom J. 1829 bis zum J. 1841 starben, 41 nicht das
                              									25ste Dienstjahr erreicht hatten. Dazu kömmt noch, daß das Bewußtseyn ihres frühen Endes zu
                              									ihrer Demoralisation beiträgt. Beinahe eben so geht es in der Privatindustrie.
                           Hr. Belmont, Director der Waffenmanufactur zu
                              									Chatellerault, machte den Vorschlag, statt der kleinen Schleifsteine von Sandstein
                              									stählerne Schleifrollen anzuwenden. Die deßhalb angestellten Versuche schienen aber
                              									nicht sehr zu befriedigen und wurden wieder aufgegeben. Ein anderer Officier schlug
                              									vor, einen Ventilator einzuführen, welcher auch von den HHrn. Péhet in Paris schon versucht worden war, um den Staub von den
                              									Schleifsteinen wegzuziehen, so daß die Arbeiter seiner Wirkung nicht mehr ausgesetzt
                              									sind. Dieser vom Kriegsminister gutgeheißene Vorschlag sollte eben versucht werden,
                              									als Hr. Malbec Schleifsteine aus Gummilack und Sand,
                              									welche heiß vermengt werden, zusammenzusetzen empfahl, weil solche beim Schleifen
                              									einen schwerern Staub geben, der niederfällt und sich nicht so in der Werkstätte
                              									verbreitet wie der Staub des Sandsteins. Der gute Erfolg dieses seit dem J. 1843
                              									eingeführten Verfahrens war allein Ursache, daß der Ventilator nicht eingeführt
                              									wurde.
                           Obwohl nun diese neue Masse sich, namentlich bei kleinen Schleifsteinen, in vielen
                              									Fällen als zweckmäßig bewährt, so dürften doch der hohe Preis des Gummilacks, die
                              									Unbekanntschaft mit ihrer Behandlung, die Nothwendigkeit mit dem Patentträger erst
                              									zu verhandeln und die Gewohnheit, die größere Verbreitung der neuen Schleifsteine
                              									noch lange verhindern, namentlich in der Nähe von Sandsteinbrüchen.
                           Hr. Peugeot bemühte sich daher, die bei den Schleifsteinen
                              									aus Sandstein mögliche Gefahr des Brechens, dann die Uebelstände, welche durch
                              									Feuchtigkeit und Staub verursacht werden, möglichst zu beseitigen.
                           Erstere anbelangend, wurde diese Aufgabe schon auf verschiedene Weise gelöstem der
                              									Regel dadurch, daß man den Schleifstein, statt ihn mittelst hölzerner oder eiserner
                              									Keile auf einem vierkantigen Wellbaum zu befestigen, auf beiden Seiten zwischen zwei
                              									gußeisernen Scheiben einpreßte, nämlich entweder mittelst eines Wulsts oder Ansatzes
                              									auf der einen Seite des Wellbaums und einer Mutter, welche über ein in den Wellbaum
                              									geschnittenes Gewinde auf der anderen Seite desselben geht, oder, wie es Hr. Peugeot machte, mittelst vier Bolzen, welche durch die in
                              									den Schleifstein gemachten Oeffnungen gehen. Beide Vorkehrungen sind gut und das
                              									Springen der Steine findet in den Etablissements, wo sie eingeführt sind, seltener
                              									statt.
                           Ein zweites Mittel zur Sicherheit sowohl, als um die Arbeiter vor Feuchtigkeit zu
                              									schützen, welches Hr. Peugeot anwandte, besteht darin,
                              									die dem Körper des Arbeiters gegenüber befindliche Oberfläche des Schleifsteins mit einer concentrischen
                              									Hülle mit breiten Seitenrändern zu umgeben, welche auf dem Boden mittelst zweier
                              									starken Ketten festgehalten und von ihm Sicherheitspanzer
                              									genannt wird. Dieser Apparat hat den Zweck, im Falle eines Bruches die Trümmer
                              									aufzuhalten, und kann diesen Zweck erfüllen, wenn sie nicht zu groß sind; dem Bruche
                              									eines Steins aber von 1 1/2 bis 2 Meter Durchmesser, welcher in 1 Secunde 200 bis
                              									300 Umdrehungen macht, vermag er vielleicht nicht zu widerstehen. Wie dem aber auch
                              									sey, so ist die Einführung dieses Panzers jedenfalls wünschenswerth; überdieß ist er
                              									unstreitig von Nutzen, um die Feuchtigkeit und den Schmutz auszuhalten, welche von
                              									dem Stein weggeschleudert werden und er muß dadurch auf den Gesundheitszustand der
                              									Arbeiter sehr wohlthätig wirken.
                           Von vorzüglichem Nutzen aber ist die von Hrn. Peugeot
                              									gemachte Anwendung des gewöhnlichen Ventilators, um den Sandsteinstaub abzuziehen.
                              									Wir wollen nun die Schleifmühle zu Valentigney (Arrondissement Hérimoncourt)
                              									mit seinen Vorkehrungen kurz beschreiben.
                           Diese Mühle enthält:
                           
                              
                                 
                                   2
                                 Schleifsteine von
                                 2,0 bis 3,3 Met.
                                 Durchm., welche
                                   90 Umg.
                                 in der
                                 See. machen
                                 
                              
                                 
                                 11
                                           „
                                 1,6            
                                    											„
                                     
                                    											„            
                                    											„
                                 140   „
                                    „
                                   „        „
                                 
                              
                                 
                                   4
                                           „
                                 1,10          
                                    											„
                                     
                                    											„            
                                    											„
                                 150   „
                                    „
                                   „        „
                                 
                              
                                 ––––––––––
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Summe
                                 17
                                 Schleifsteine in zwei parallelen
                                    											Linien.
                                 
                              
                           Die Schleifsteine sind mit ihrem untern Theil in ein Gehäuse eingesetzt und unter
                              									jedem befindet sich unter dem Boden ein kleiner, 0,35 Meter breiter Canal. Alle
                              									parallelen Canäle, welche von derselben Reihe Steine herkommen, münden durch eine
                              									kreisförmige Einfassung in einen andern 1,60 Meter davon entfernten Canal, welcher
                              									unter dem Boden parallel mit der Achse der Reihe errichtet wird. Die beiden so
                              									hergestellten langen Canäle haben 0,50 Meter Seitenlänge oder 25 Quadratdecimeter
                              									Querschnitt und vereinigen sich dann in einen einzigen, welcher mit einer
                              									Ansaugröhre von 0,30 Meter Durchmesser in Verbindung steht. Diese Saugröhre mündet
                              									in die Mitte einer Seitenwand des Ventilators, welcher 0,75 Meter Durchmesser und
                              									0,28 Meter Breite hat und in der Secunde 1200 Umgänge macht. Dieser Ventilator hat
                              									keine Umhüllung seines Umfangs und ist nur von einem Bretterkasten umgeben, welcher
                              									einer Oeffnung in der Mauer gegenüber aufgestellt ist, durch die der Staub
                              									hinauszieht.
                           Da nicht zu gleicher Zeit unter allen Schleifsteinen gesaugt zu werden braucht, indem
                              									sie größtentheils mit Wasser arbeiten, so sind jede einzelne und die Hauptleitungen
                              									mit Registern versehen, welche die Circulation der Luft herstellen oder unterbrechen; man kann folglich
                              									jeden beliebigen Schleifstein mit dem Ventilator in Verbindung setzen. Gewisse
                              									Arbeiten müssen trocken vorgenommen werden, wobei dann die Steine beständig
                              									ventilirt werden.
                           Wenn man auch vier Schleifsteine zugleich sich drehen läßt, reicht der Ventilator
                              									dennoch hin, um allen Staub abzuziehen; besser aber ist es, immer nur einen
                              									Schleifstein mit dem Ventilator communiciren zu lassen.
                           Da die Drehachsen und deren Träger bei der neuen Einrichtung durch das
                              									Sandsteinpulver nicht mehr so zerfressen und zerstört werden, so ersetzt ihre
                              									längere Dauer bald die Anschaffungskosten der Ventilireinrichtung.
                           Seitdem ein solcher Apparat in der Fabrik zu Terreblanche angewandt wird, scheint die
                              									Gesundheit der Arbeiter an den Schleifsteinen so blühend zu seyn wie diejenige aller
                              									übrigen darin beschäftigten Personen.