| Titel: | Ueber die Fabrication der flüssigen Kohlenwasserstoffe; von Hrn. A. Mallet. | 
| Fundstelle: | Band 106, Jahrgang 1847, Nr. XXVIII., S. 116 | 
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                        XXVIII.
                        Ueber die Fabrication der flüssigen
                           Kohlenwasserstoffe; von Hrn. A.
                              Mallet.
                        Aus dem Dictionnaire des arts et manufactures par M.
                                 Laboulaye.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. II.
                        Mallet, über die Fabrication der flüssigen
                           Kohlenwasserstoffe.
                        
                     
                        
                           Die Fabrication der flüssigen Kohlenwasserstoffe, welche wir im Artikel
                              „Beleuchtung mittelst derselben“ schon besprachenS. 416 im vorhergehenden Band des polytechn. Journals., ist etwas ganz Neues, kaum einige Jahre alt. Auch verbessert man noch
                              täglich die Verfahrungsweisen, welche Verbesserungen jedoch von mehreren Fabrikanten
                              mit der größten Sorgfalt geheim gehalten werden.
                           Die flüssigen Kohlenwasserstoffe, welche zur Beleuchtung dienen – denn nur von
                              diesen soll hier gesprochen werden – haben ziemlich dieselben Eigenschaften
                              wie die aus Pflanzen gezogenen ätherischen Oele.
                           Zweierlei Urstoffe bediente man sich bis jetzt, um flüssige Kohlenwasserstoffe zu
                              bereiten, oder vielmehr aus ihnen zu ziehen: 1) der Steinkohle, entweder der
                              natürlichen, oder des in den Gasanstalten daraus bereiteten Theers; 2) des
                              Brandschiefers (bituminösen Schieferthons). Vom Terpenthin sprechen wir nicht; denn
                              das daraus gewonnene Oel, dessen Gewinnung übrigens längst bekannt ist, vermag weder
                              mit dem Steinkohlenöl, noch mit dem Schieferöl im Preise zu concurriren. Auch
                              gestehen die Erfinder der neuen Beleuchtungssysteme offen, daß sie an jeder
                              wohlfeileren Beleuchtung verzweifeln würden, wenn sie auf das Terpenthinöl
                              beschränkt wären.
                           Folgendes ist im Wesentlichen das zur Gewinnung des flüssigen Kohlenwasserstoffs oder
                              ätherischen Oels aus dem Gastheer übliche Verfahren.
                           Der Destillir-Apparat besteht aus einem Kessel (einer Blase) von Eisenblech,
                              welcher von unten und an den Seiten durch Feuercanäle erhitzt wird, die bis zum
                              niedrigsten Niveau der Flüssigkeit hinaufreichen. Der obere, gewöhnlich
                              hauben- oder kuppelförmige Theil dieses Kessels wird mit schlechten
                              Wärmeleitern umgeben, um zu verhindern, daß die Luft durch Abkühlung der obern Wände
                              die Dämpfe condensirt, deren specifische Wärme sehr gering ist. Ein von dem Gipfel
                              der Kuppel ausgehendes Rohr leitet die Dämpfe in eine mit kaltem Wasser umgebene
                              Schlangenröhre, aus welcher sie vollkommen condensirt in dazu bestimmte Gefäße ablaufen. Vor
                              ihrem Eintritt in den Kamin erhitzen die Verbrennungs-Producte einen Kessel
                              mit beweglichem Deckel, welcher höher als der Destillirkessel angebracht ist, so daß
                              er diesen mit seinem Inhalt speisen kann. In diesen Nebenfessel gibt man den Theer
                              kalt, um ihn mittelst der verlorengehenden Wärme vorzuwärmen, vorzüglich aber, damit
                              bei seiner Erwärmung das in mehr oder weniger großer Menge in seiner Masse
                              eingeschlossene ammoniakalische Wasser sich absondern kann. Diese Trennung erklärt
                              sich sehr leicht durch den flüssigen Zustand, in welchen der erhitzte Theer versetzt
                              wird; das Wasser steigt wegen seiner geringeren Dichtigkeit leicht an die Oberfläche
                              des Theers, wo es, wenn nicht gänzlich, doch zum Theil verdampft. Wenn es nicht
                              gänzlich verdampft, so gibt man die obenschwimmende Wasserschicht nicht mit dem
                              Theer in den Destillirkessel; nach einer gewissen Anzahl von Operationen ist diese
                              Schicht jedenfalls dick genug, um auf irgend eine Weise entfernt werden zu können.
                              Diese Anordnung ist in Fig. 24 nicht angezeigt,
                              sondern eine andere sogleich zu besprechende.
                           Käme das zwischen dem Theer gelagerte Wasser mit demselben in die Destillirblase,
                              welche rasch geheizt wird, so würde es sich inmitten der Masse in Dampf verwandeln
                              und ein so starkes Aufsteigen derselben verursachen, daß die Mischung aus der Blase
                              stiege, obgleich deren Inhalt zweimal so groß als das Volum des Theers ist.
                           In der Leitung von der Blase zur Schlangenröhre vermeide man jedes Zinnloth, weil die
                              hohe Temperatur der letzten Dämpfe es unfehlbar zum Schmelzen bringen würde.
                           Die Destillirblase kann mittelst eines Ventils oder eines Hahns ausgeleert werden, um
                              den Destillationsrückstand zu entfernen. Wenn sich in dem Local, wo diese
                              Destillation vor sich geht, Feuer oder nur ein Licht befindet, so muß man den Theer
                              in der Blase auf 180° C. (144° R.) abkühlen lassen, ehe man ihn
                              abläßt, weil die in demselben zurückbleibenden Oele sich unfehlbar entzünden, und
                              mit der Luft ein detonirendes Gemisch bildend, Brand und Explosion zugleich
                              hervorbringen würden.
                           Die während der Destillation entweichenden Dämpfe haben in verschiedenen Zeitpunkten
                              des Processes verschiedene Dichtigkeiten. Das zuerst übergehende, mit Wasser
                              vermischte ätherische Oel hat, wenn man den besten Theer (crème) destillirt, 28 bis 35° an Baumé's Aräometer.
                              Allmählich wird es minder leicht, und zuletzt, wenn man 25 Procent des angewandten
                              Theers übertreibt, ist das Oel dichter als Wasser. Vorzüglich ist dieß der Fall,
                              wenn man fetten Theer (brai-gras), den Hauptbestandtheil des
                              künstlichen Erdharzes oder Asphalts, zu erhalten beabsichtigt.
                           Ehe man die flüssigen Kohlenwasserstoffe zum Beleuchten anwandte und namentlich zur
                              Zeit des Erdharz-Speculations-Fiebers, vor zehn Jahren, wo man die
                              Steinkohle lediglich zur Gewinnung des Theers destillirte und der Theer aus den
                              Gaswerken zu 10–12 Fr. per 100 Kilogr. verkauft
                              wurde, verwendete man höchstens das leichteste Oel aus demselben zum Auflösen des
                              Kautschuks; alles übrige bildete einen Rückstand, welchen der Theerfabrikant oft
                              nicht los zu werden wußte, so daß er sich glücklich schätzte ihn zu 2–5 Fr.
                              per 100 Kilogr. zur Verwendung als Brennmaterial
                              oder zur Fabrication von Kienruß verkaufen zu können.
                           Bei der Fabrication von fettem Theer werden in der Regel 17–20 Proc.
                              ätherisches Oel von der Dichtigkeit des Wassers und 2 Procent Wasser abgezogen; 75
                              Proc. beträgt der Theer, und der Verlust 5–8 Proc. Um trockenen Theer (Pech)
                              zu erhalten, müssen 30 Proc. flüchtiger Substanzen ausgetrieben werden.
                           Der fette Theer wird beim Herausnehmen aus der Blase Z
                              (Fig. 24)
                              von einem untern Kessel aufgenommen, wo er mit einer gewissen Menge Kalk oder Kreide
                              vermengt und dann der Einwirkung der Wärme ausgesetzt wird.
                           In den letztern Jahren fingen einige Fabrikanten sogar bei der Fabrication von fettem
                              Theer die Destillationsproducte gebrochen auf. So sammeln sie die zuerst
                              übergehenden Oele, welche gemischt ungefähr 16° am Baumé'schen
                              Aräometer zeigen, wo dann alles, was später übergeht, zu den schweren Oelen gehört.
                              Die leichten Oele werden, als zu Leuchtspiritus bestimmt, besonders behandelt.
                           Dieses Destillir-Verfahren ist unseres Erachtens einiger Verbesserungen fähig.
                              Die Schlangenröhre sollte statt mit Wasser, mit Theer umgeben seyn, welcher sich in
                              einer Eisenblechtonne befindet, die oben mit einer Röhre behufs des Dampfaustritts
                              versehen ist. Diese Abkühlungs-Vorrichtung würde obenerwähnten Nebenkessel
                              überflüssig und folglich die Arbeit einfacher machen. Wegen der geringen
                              specifischen Wärme der ätherischen Oele dürfte es unnöthig seyn, auf den Abkühler
                              mit Theer noch einen zweiten mit Wasser folgen zu lassen. Die aus dem Theerabkühler
                              entweichenden Dämpfe wären Wasser und das leichteste Oel. Gegen das Ende der
                              Destillation würde der am Fuße des Refrigerators ankommende kalte Theer den heißen,
                              beinahe kochenden Theer in die Blase (den Kessel) übertreiben, so daß die
                              Destillation eine ziemlich ununterbrochene wäre.
                           Die zuletzt übergehenden schweren Oele sind sehr reich an Naphthalin; ein Fabrikant fetten Theers
                              sagte uns, daß das Naphthalin sich manchmal gegen das Ende der Operation
                              verflüchtigt, in der Schlangenröhre krystallisirt und dieselbe verstopft.
                           Wir haben nun noch von der Rectification und Reinigung entweder des gesammten
                              Destillations-Productes, oder des leichten, 15° Baumé wiegenden
                              Oels zu sprechen. Abgesehen nämlich, daß diese Producte bei weitem den für die
                              Beleuchtungs-Apparate erforderlichen Grad noch nicht haben, sind sie auch
                              noch unrein und enthalten erstens eine geringe Menge ammoniakalischer Verbindungen
                              aus dem Condensationswasser, ferner einen Farbstoff, der ihnen eine braune Farbe
                              ertheilt, welche dem Licht ausgesetzt an Intensität so zunimmt, daß die beinahe weiß
                              erhaltenen Oele in durchsichtigen, bisweilen sogar in undurchsichtigen Gefäßen sich
                              sehr bald merklich färben.
                           Durch Destillation mit gebrochener Aufsammlung der Producte werden die
                              Kohlenwasserstoffe sehr leicht von der zur Beleuchtung sowie zu andern Zwecken, z.B.
                              zum Auflösen des Kautschuks, erforderlichen Dichtigkeit gewonnen; das Reinigen
                              dieser Substanzen war aber lange Zeit mit Schwierigkeiten verbunden, welche
                              gegenwärtig überwunden zu seyn scheinen.
                           Hr. Barral ist, wie ich glaube, der erste, welcher ein
                              zweckmäßiges Verfahren dazu angegeben hat. Als Ingenieur der Compagnie, welche die
                              Privilegien der HHrn. Busson und Rouen ausbeutete und dabei nicht nur die betreffenden Lampen lieferte,
                              sondern auch die Flüssigkeit bereiten, oder doch ihre Bereitung den Fabrikanten
                              angeben mußte, war er zum Studium dieses Gegenstandes veranlaßt. Folgenden
                              Verfahrens bediente er sich hiezu. Das ganze, 1000° (die Dichtigkeit des
                              Wassers) am Densimeter (Dichtigkeitsmesser) wiegende Oel von der Destillation des
                              Theers, wie wir sie bei der Fabrication des fetten Theers angegeben haben, wird mit
                              1/100 Schwefelsäure von 66° Baumé behandelt. Nachdem die Säure
                              hineingegossen ist, wird die Masse eine Stunde lang mittelst irgend eines Rührers,
                              z.B. eines Besens, stark umgerührt. Man kann auch ohne Nachtheil zwei Stunden lang
                              damit fortfahren und läßt die Masse hierauf in Ruhe; die Säure setzt sich dann ab
                              und reißt die von ihr angegriffenen und verkohlten Theile mit sich nieder. Hr. Barral setzt hierauf (nach dem Verfahren bei der
                              Reinigung der zum Brennen bestimmten Samenöle) eine gewisse Menge Wasser zu, rührt
                              ein zweites Mal um, läßt ruhen und gießt dann ab.
                           Wegen der vorhandenen ammoniakalischen Producte wäre es meines Dafürhaltens gut,
                              diese Flüssigkeit vor der Einwirkung der Säure mit einer neutralen Metallauflösung
                              zu behandeln.
                           
                           Nach der Behandlung mit Säure destillirt Hr. Barral die
                              Kohlenwasserstoffe über Kalk, wovon er 4 Proc. anwendet. Diese Destillation nimmt er
                              mit kleinen Quantitäten der Flüssigkeit in eisernen Retorten vor, welche nur einige
                              Liter fassen und in zwei parallelen Reihen in einem länglichen Ofen eingesetzt sind.
                              Bei mäßiger Feuerung hat das erste Drittel des zuerst übergehenden Oels eine
                              Dichtigkeit von 840 bis 850°; diese Dichtigkeit nimmt aber bald zu, denn das
                              zweite Drittel hat schon eine Dichtigkeit von 900 bis 950°. Das dritte
                              Drittel hat 1000° und wird bei Seite gethan, um noch einmal mit Schwefelsäure
                              behandelt zu werden, durch welche die Dichtigkeit wieder auf 970°
                              zurückgeführt wird. Der Verlust bei dieser Rectification beträgt ungefähr 20 Proc.
                              Die Mischung der beiden ersten Drittel hat etwas unter 900° Dichtigkeit, oder
                              ungefähr 26° am Baumé'schen Aräometer. Kleinere Retorten zieht Hr. B.
                              wegen des Aufstoßens bei größeren Massen vor, durch welches Aufstoßen Flüssigkeit
                              weggeschleudert werden und bei ihrer großen Brennbarkeit Feuer entstehen könnte.
                           Bei dieser Destillation gelangen die Kohlenwasserstoffe aus den Retorten in eine
                              Schlangenröhre, um sie gehörig abzukühlen. Gut ist es, wenn diese Röhre außerhalb
                              des Locals, worin sich der Ofen befindet, ausmündet, denn die nicht vollständig
                              condensirten Dämpfe könnten sich am Herde entzünden.
                           Eine zweite Destillation wird von Barral für nothwendig
                              erachtet, um ein sehr gutes Product zu erhalten; diese findet ohne Kalk statt. Der
                              Verlust bei dieser zweiten Operation ist unbedeutend. Der Rückstand der
                              Destillationen über Kalk ist eine Verbindung dieses Alkalis mit einer Fettsubstanz,
                              welche Verbindung viele Aehnlichkeit hat mit dem schwarzen Fett, welches man seit
                              mehreren Jahren aus ähnlichen Rückständen von der Destillation der Harzöle erhält.
                              Die neue fette Verbindung ist wie letzteres zum Schmieren der Wägen sehr geeignet;
                              sie riecht zwar sehr unangenehm, was aber ihrer Anwendung hiezu nicht schadet.
                           Das Verfahren des Hrn. Barral scheint uns sehr zweckmäßig
                              zu seyn; nur glauben wir, daß die Destillation in kleinen Retorten bei der
                              Fabrication im Großen ein Uebelstand ist, wegen der Menge der zur Rectification
                              einer etwas beträchtlichen Menge von Kohlenwasserstoffen erforderlichen
                              Geräthschaften; da das Aufstoßen wahrscheinlich vom Kalk herrührt, so könnte
                              demselben vielleicht durch Anwendung einer mit Rührvorrichtung versehenen
                              Destillirblase begegnet werden; auch könnte man sich statt des freien Feuers wohl
                              eines Metall- oder Oelbades bedienen, oder auch den Kohlenwasserstoffen eine
                              gesättigte Auflösung einer geeigneten Salzsubstanz zusetzen, so daß das Kochen bei
                              einer Temperatur stattfände, die den Siedepunkt der salzigen Flüssigkeit nicht
                              überstiege, während bei der Destillation der bloßen Kohlenwasserstoffe, der
                              Siedepunkt in den verschiedenen Epochen der Operation verschieden ist. Man erhielte
                              dadurch nur Kohlenwasserstoffe, deren Siedepunkt unter dem Siedepunkt der
                              Salzauflösung läge. Dieses Mittels bediente sich Selligue
                              bei seiner Fabrication von Kohlenwasserstoffen aus dem Schiefer, von welcher wir
                              sogleich sprechen werden.
                           Es wurde vorgeschlagen, den Theer mittelst Dampfs zu destilliren; dieses Verfahren
                              wäre aber kostspieliger als die Destillation über freiem Feuer und zwar ohne Nutzen;
                              man müßte, um 25 Proc. Oel zu erhalten, ungefähr bis auf 300° C. erhitzen,
                              welche Temperatur der auf gewöhnliche Weise erzeugte Dampf nicht erreicht, daher man
                              den Dampf überhitzen müßte.
                           Hr. Kuhlmann glaube ich, war es, welcher vorschlug, die
                              Rectification der Kohlenwasserstoffe im luftleeren Raum vorzunehmen; ich kann mir
                              die damit zu erreichenden Vortheile nicht wohl denken.
                           Auch muß ich die von Hrn. Payen empfohlenen Abänderungen
                              im System der Theerdestillation anführen, obgleich ich nicht weiß, ob sie von seiner
                              eigenen Erfindung sind und schon in Anwendung kamen.
                           Erstens, sagt er, können schon bei der Destillation des Theeres selbst, ohne Unkosten
                              die verschiedenen Kohlenwasserstoffe sogleich getrennt werden, indem man den
                              gewöhnlichen Condensator durch drei bis vier mit Wasser umgebene Gefäße ersetzt. Das
                              erste, von der Destillirblase am weitesten entfernte Gefäß würde durch beständig
                              erneuertes kaltes Wasser abgekühlt; das zweite Gefäß hätte kein anderes Kühlmittel
                              als das erwärmte Wasser des ersten Condensators; das durch den zweiten Condensator
                              erwärmte Wasser ginge in den dritten über u.s.f. Auf diese Weise würde eine Trennung
                              der Kohlenwasserstoffe bewerkstelligt, welche sonst einen besondern Apparat
                              erfordert.
                           Ob diese Vorrichtung sich bewährte, ist mir nicht bekannt. Da nach Hrn. Barral die Behandlung der durch die unmittelbare
                              Destillation des Theers erhaltenen Kohlenwasserstoffe mit Schwefelsäure, von sehr
                              großem Einfluß auf das quantitative Ergebniß an Oelen von geringer Dichtigkeit ist,
                              nämlich dasselbe erhöht, so dürfte die von Hrn. Payen
                              empfohlene unmittelbare Absonderung der Kohlenwasserstoffe dieses Ergebniß wohl
                              verringern.
                           Die durch die Destillation des Theers erhaltenen Producte sind bis jetzt noch nicht
                              genau untersucht und das Studium derselben ist den Chemikern sehr zu empfehlen; man
                              weiß aber, daß die einen sich bei einer 70° C. nicht übersteigenden Temperatur
                              verflüchtigen, daß andere bei 100 bis 120° C. zum Sieben kommen und wieder
                              andere erst bei 180° C. Es scheint gewiß, daß es dieser Kohlenwasserstoffe
                              sehr viele, nicht nur durch den Siedegrad, sondern auch in andern Eigenschaften von
                              einander verschiedene Arten gibt. Bekannt ist ferner, daß es nicht die
                              Kohlenwasserstoffe von der geringsten Dichtigkeit, also die bei der Rectification
                              zuerst erhaltenen sind, welche sich am besten zum Auflösen des Kautschuks eignen,
                              wogegen sie zur Beleuchtung von sehr großem Vortheil sind. Diese Bemerkung gilt
                              nicht nur für die Destillationsproducte des Theers, sondern auch für diejenigen des
                              Terpenthinöls.
                           Folgendes sind nach Hrn. Barral die Siedegrade der Oele
                              von verschiedener Dichtigkeit:
                           
                              
                                 Siedegrad.
                                 Dichtigkeit bei 
                                 8° C. Temperatur.
                                 
                              
                                   130° C.
                                 
                                 0,885
                                 
                              
                                   150°
                                 
                                 0,894
                                 
                              
                                   140°
                                 
                                 0,900
                                 
                              
                           Das bei 140° C. siedende Oel ist beinahe geruchlos und eignet sich sehr gut
                              zum Auflösen des Kautschuks.
                           Auf diese abweichenden Siedegrade der verschiedenen Kohlenwasserstoffe gründet sich
                              nach Hrn. Payen ein Apparat zur Rectification und
                              Trennung dieser Producte, welcher auf einem ähnlichen Principe beruht wie der soeben
                              beschriebene.
                           Nach dem Theer-Destillir-Apparat (Fig. 24) wird ein
                              Dampfkessel A angebracht, welcher durch die
                              verlorengehende Wärme des Feuerraums Y erhitzt wird.
                              Dieser Dampfkessel verlängert sich in eine Röhre oder Säule B von 3–4 Meter Länge, die mit einem Reservoir D endigt, in welchem man die Temperatur der Flüssigkeit
                              und des Dampfes, welchen sie etwa erzeugt, mittelst eines Ventils reguliren kann,
                              das einen constanten Druck, nämlich von 4 Atmosphären bei 140° C. unterhält.
                              Der durch eine Erhöhung des normalen Drucks etwa in Ueberschuß erzeugte Dampf
                              entweicht, nachdem er das Ventil a hob, durch einen
                              kleinen Kamin C.
                           Vom Reservoir D geht eine Röhre b aus, welche mit dem doppelten Boden oder vielmehr dem Gehäuse (Mantel)
                              eines Dampfkessels E in Verbindung steht, welcher ein
                              Fünftel der Oberfläche des Haupt-Dampfkessels A
                              hat. Zwei andere ähnliche und gleichgroße Dampfkessel F
                              und G folgen nach diesem ersten. Ihre Gehäuse und
                              dasjenige des Dampfkessels E stehen unter sich durch die
                              Röhren c und d in
                              Verbindung, so daß der Dampfkessel A, die Röhre B, das Reservoir D und die
                              Gehäuse der Dampfkessel einen zusammenhängenden, mit heißem Wasser gefüllten Raum bilden,
                              worin die Circulation von oben nach unten je nach Verschiedenheit der Temperatur
                              stattfinden kann. Die zu rectificirenden Producte kommen in den Dampfkessel E; der sich in diesem erzeugende Dampf geht durch die
                              Röhre b in den zweiten F
                              über und verdichtet sich darin zum Theil; der dieser Condensation entgehende Theil
                              enthält die flüchtigsten Kohlenwasserstoffe, welche sich dem Kessel G zuwenden, worin wieder eine Verdichtung stattfindet.
                              Die aus dem Kessel G entweichenden Dämpfe, welche die
                              Quintessenz der Kohlenwasserstoffe enthalten, gehen in einen mit sich beständig
                              erneuerndem Wasser gefüllten Schluß-Condensator H
                              über. Dieses Wasser wird von einem oben angebrachten Reservoir L geliefert und entweicht, wenn es heiß geworden, durch
                              die Röhre M. Der Kohlenwasserstoff wird in einem
                              Recipient i aufgefangen und die nicht condensirbaren
                              Gase, wenn solche vorhanden sind, entweichen durch eine über dem Dach ausmündende
                              Röhre K. Man sieht, daß nach jeder Operation die Gefäße
                              E, F, G, i je weiter sie von der Säule B, D abstehen, immer flüchtigere Kohlenwasserstoffe
                              enthalten; die beabsichtigte Trennung ist somit bewirkt.
                           Hr. Delafont, Fabrikant einer Leuchtflüssigkeit, theilt
                              folgendes Recept der dazu dienenden Mischung und des darauf folgenden
                              Reinigungsverfahrens mit:
                           
                              
                                 Kartoffelspiritus oder Weingeist von
                                    37° Baumé
                                   400 Liter
                                 
                              
                                 Holzgeist von 30° B.
                                   100   „
                                 
                              
                                 Theeröl von 26° B.
                                   400   „
                                 
                              
                                 Terpenthinöl
                                   100   „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 1000 Liter.
                                 
                              
                           Diese 1000 Liter werden mit 10 Kilogr. Schwefelsäure von 66° B. versetzt; man
                              rührt alles wohl durcheinander und läßt dann die Flüssigkeit unter zeitweisem
                              Umrühren 12 Stunden lang stehen. Hierauf wird sie mit einem Gemenge von Kalk,
                              salzsaurem und kohlensaurem Ammoniak behandelt, abgegossen, wiederholt destillirt
                              und man hat die Leuchtflüssigkeit.
                           Dieses Reinigungsverfahren hat viel Aehnlichkeit mit dem Barral'schen. Nur machen wir darauf aufmerksam, daß das Gemenge von Kalk
                              und den Ammoniaksalzen flüchtiges Alkali entbinden muß, welches sich zum Theil
                              wenigstens in der überdestillirenden Flüssigkeit vorfinden wird. Es ist uns nicht
                              genau bekannt, was dieses Gemenge für einen Zweck hat; vielleicht die Säuerung eines
                              oder mehrerer der vier Bestandtheile zu verhindern, welche die Delafont'sche Leuchtflüssigkeit ausmachen. Diese Flüssigkeit liefert er zu 1 Fr. 20 Cent.
                              per Liter, welches höchstens auf 20 Stunden zur
                              Beleuchtung ausreicht.
                           Da die gasförmigen Kohlenwasserstoffe, welche man durch Destillation der Steinkohle
                              in den Gasanstalten erhält, zum Theil wenigstens durch Zersetzung der in der
                              Steinkohle enthaltenen eigentlichen Kohlenwasserstoffe mittelst Erhitzens entstehen,
                              so werden, wenn die Zersetzung wegen zu niederer Temperatur nicht stattfinden kann,
                              die Kohlenwasserstoffe lediglich verdampft und verdichten sich beim Erkalten; in
                              diesem Falle erhält man beinahe gar kein Gas, aber viel leichten Theer, der reich
                              ist an flüchtigen Oelen, welche man, nachdem sie gehörig gereinigt und rectificirt
                              sind, zur Beleuchtung brauchen kann. Man kann also durch Destillation von
                              Steinkohlen unter gewissen Umständen flüssige Kohlenwasserstoffe in einer viel
                              größeren Menge gewinnen, als sie im Gastheer enthalten sind. Ehe ich von dem dabei
                              zu beobachtenden Verfahren spreche, muß ich bemerken, daß bei dieser Behandlung der
                              Steinkohle das werthvollste Product unstreitig die Kohks sind, deren Güte und
                              quantitatives Ergebniß man daher vorzüglich im Auge hat.
                           Unstreitig können bei der Kohksbereitung die Oefen so eingerichtet werden, daß ein
                              sehr großer Theil der gegenwärtig noch verloren gehenden flüchtigen Producte
                              verdichtet und dadurch nutzbar gemacht wird; vor Allem kommt es darauf an, den Kohks
                              ihre Eigenschaften zu erhalten und nebenbei möglichst viel von den flüchtigen
                              Producten zu gewinnen, die dann reiner Gewinn sind. Wollte man aber, um das zweite
                              Resultat zu erzielen, die Kohks in Beschaffenheit und Güte modificiren, so daß die
                              Consumenten sie nicht mehr tauglich finden, so würde man, meiner Meinung nach, einen
                              großen Fehler begehen und dieser Industriezweig, als in seiner Basis verfehlt, in
                              Gefahr gerathen.
                           Von den an Zahl und Ausdehnung täglich zunehmenden Gasanstalten lassen aber auch
                              viele Theer ausfließen, entweder weil sie ihre Kohks schwer verkaufen, oder weil sie
                              ihren Theer nicht verbrennen können oder wollen, wegen des schnellen Verderbens der
                              Oefen durch das Brennen desselben, besonders wenn diese nicht zweckmäßig construirt
                              sind. Jedenfalls ist es unbestrittene Thatsache, daß viele Gasanstalten in Paris
                              sowohl als den Departements, aus dem einen oder andern Grunde ihren Theer in Paris
                              gelegt, zu 6 Fr. per 100 Kilogr. verkaufen. Diese Theere
                              geben, wenn sie noch frisch sind, ungefähr 10 Proc. zum Beleuchten taugliche
                              KohlenwasserstoffeDiese Zahl gibt Hr. Barral an; die Dichtigkeit der
                                    Kohlenwasserstoffe ist: 0,900. Die Fabrikanten sagen, sie erhalten nur
                                    6–7 Proc. Wir sind nicht im Stand zwischen beiden Behauptungen zu
                                    entscheiden.; sind sie aber alt, so können ihre flüchtigsten Bestandtheile sich an der Luft
                              theilweise verflüchtigt haben; daher fällt auch manchmal das Ergebniß viel geringer
                              aus. Deßhalb könnte es gegenwärtig zur Gewinnung der Kohlenwasserstoffe wohl
                              vortheilhafter seyn, den Theer, dessen viele Gaswerke los zu werden suchen, zu
                              destilliren, als die Steinkohle direct in Behandlung zu nehmen.
                           Endlich erhält man bei der Fabrication der Kohlenwasserstoffe, selbst ohne die
                              Gasfabrication durchzumachen, Producte, die man ablassen muß, nämlich: 1) fetten
                              Theer (brai-gras), welcher zur Bereitung der
                              künstlichen Erdharze und Asphalte dient, bisher aber für geringer als die
                              natürlichen Erdharze und Asphalte zur Herstellung von Trottoirs und hydraulischen
                              Arbeiten betrachtet wurde. Nun erhält man beim Destilliren des Gastheers 70 bis 75
                              Proc. fetten Theers, wovon gegenwärtig 100 Kil. 8 Fr. kosten, dessen Preis aber bald
                              auf 4–5 Fr. heruntergehen würde, wenn er in großer Menge erzeugt würde; 2)
                              Kohlenwasserstoffe von einer Dichtigkeit, welche derjenigen des Wassers nahe kommt
                              (man nennt sie häufig schwere Oele), die man aber bisher noch nicht zum Beleuchten
                              verwenden konnte und deren Anwendung überhaupt sehr beschränkt ist.
                           Man sieht bei diesem Gegenstand wieder deutlich, daß neben der technischen Frage auch
                              die commercielle ein bedeutendes Gewicht hat, indem hier neben dem beabsichtigten
                              Product noch andere gewonnen werden, die hinsichtlich ihres Preises von großem
                              Belang sind, obgleich sie zur Zeit noch sehr wenig Anwendung finden. Wir wollen nun
                              noch Einiges über die bis jetzt vorgeschlagenen Verfahrungsweisen zur Gewinnung der
                              Kohlenwasserstoffe aus der Steinkohle (ohne Benutzung des bei der Gasfabrication
                              gewonnenen Theers) sagen.
                           Die HHrn. Thomas und Laurens
                              nahmen im J. 1839 ein Patent auf die Destillation von Brennstoffen mittelst
                              überhitzten Wasserdampfs (oder heißer Gase die keinen freien Sauerstoff enthalten).
                              Der überhitzte Wasserdampf dringt, nachdem er sich unter 400° C. gebildet
                              hat, unter dem Druck von 1/4 bis 1/2 Atmosphäre in einen geschlossenen Raum, in
                              welchem Brennmaterial angehäuft ist. Besondere Vorrichtungen sind nicht vorhanden;
                              doch müssen die Oeffnungen zum Eintritt und Austritt des Dampfs so angebracht seyn,
                              daß er überallhin circulirt. Die von dem Strome mitgerissenen Kohlenwasserstoffe
                              werden durch die gewöhnlichen Condensationsmittel verdichtet.
                           Alle Brennstoffe werden auf diese Weise bei kaum 300° C. verkohlt. Nichts ist
                              leichter zu leiten als dieser Proceß; man regulirt den Druck mittelst Hähnen. Der
                              Dampf wird in einem eisernen Schlangenrohr erhitzt, das sich sehr wenig abnützt und sehr lange
                              brauchbar bleibt, wenn man durch einige Vorkehrungen den nachtheiligen Einfluß der
                              Ausdehnung und Zusammenziehung aufhebt. Die Brennmaterialien werden auf diese Art
                              bei viel niedererer Temperatur verkohlt als mittelst des Erhitzens von außen.Schon im Jahr 1833 hatten die HHrn. Thomas und Laurens die Anwendung des überhitzten Dampfs bei
                                    den Dampfmaschinen in Vorschlag gebracht. Im J. 1838 wurde die erste
                                    Anwendung des überhitzten Wasserdampfs zum Wiederbeleben der Knochenkohle in
                                    Zuckerfabriken gemacht.
                              
                           Nachdem das Problem gelöst war, gaben sich die HHrn. Th. und L., durch den Erfolg
                              ihrer Anwendung der Hohofengase in den Hütten abgehalten, nicht mehr damit ab. Sie
                              sagen, daß die erhaltenen Kohks sich für Schmelzhütten und Hohöfen eignen, wenn man
                              den Proceß vorsichtig leitet.Polytechn. Journal Bd. LXXXVIII S.
                                       347. Wenn dieß der Fall ist, so scheint uns die Ausbeutung dieses Verfahrens
                              guten Erfolg zu versprechen. Die Praxis allein kann darüber entscheiden.Sie hat entschieden, daß dieses Verfahren wenigstens zum Verkohlen des Torf
                                    nicht anwendbar ist, weil einerseits eine gleichförmige Verkohlung der
                                    ganzen Torfmasse mit zu großen Schwierigkeiten verbunden ist und
                                    andererseits die Erzeugung des überhitzten Wasserdampfs die Kosten zu sehr
                                    erhöht. A. d. R.
                              
                           Dieses Heizen mit überhitztem Dampf könnte, wie wir glauben, mit Vortheil sowohl zum
                              Destilliren des Theers, als zum Rectificiren der Kohlenwasserstoffe angewandt
                              werden, umsomehr als sich dabei die Destillir-Locale von den Feuerherden
                              trennen lassen, wodurch alle Feuersgefahr verschwindet.
                           In neuerer Zeit war Hr. Rouen, welcher die Nothwendigkeit
                              einsah, wohlfeile Kohlenwasserstoffe zu liefern, um seinem Beleuchtungssystem
                              Ausdehnung zu verschaffen, darauf bedacht, diese Kohlenwasserstoffe an den Gruben
                              selbst zugleich mit den Kohks zu fabriciren. Zuerst begnügte er sich, die aus den
                              Kohksöfen entweichenden Dämpfe zu condensiren; alsdann, wenn wir recht unterrichtet
                              sind, wollte er die Destillation in Retorten bewerkstelligen; zuletzt, hörten wir,
                              kam er auf die Oefen zurück und erhielt zu St. Etienne gute Resultate. Wir kennen
                              die Details seines Verfahrens nicht; wahrscheinlich stimmen sie größtentheils mit
                              den in diesem Artikel angegebenen überein. Ich hörte nur so viel von Hrn. Rouen, daß je frischer die Steinkohle extrahirt wird,
                              desto bedeutender das Ergebniß an flüssigem Kohlenwasserstoff ist und daß ein großer
                              Unterschied obwalte zwischen dem Ergebniß frischer und alter Kohlen. Jedenfalls eine
                              nützliche Beobachtung; doch halte ich den Unterschied nicht für so groß als ihn Hr.
                              Rouen angibt.
                           
                           Uebrigens wurde diese Beobachtung schon längst gemacht, nicht hinsichtlich der
                              Kohlenwasserstoffe, sondern hinsichtlich des Ergebnisses an Leuchtgas, und es ist
                              allgemein bekannt, daß die Steinkohle durch Liegen an der Luft, durch den Einfluß
                              von Wärme und Feuchtigkeit, an Güte verliert. Hr. Rouen
                              gibt an, daß er durch sein Verfahren von 1 Hektoliter Steinkohle 10 Liter roher
                              Kohlenwasserstoffe erhalte, welche sich durch die Reinigung und Rectification im
                              Maximum auf 5 Liter reduciren. Die mir von Hrn. Barral
                              nach seinen Versuchen mitgetheilten Resultate sind folgende:
                           Durch eine ziemlich lebhafte Destillation, welche für 261 Kilogr. 8 Stunden dauerte,
                              erhielt er aus 100 Kil. Steinkohlen von Douchy:
                           
                              
                                 Kohks
                                   70
                                 
                              
                                 Wasser und Gas
                                     7
                                 
                              
                                 Theer
                                   23
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 100.
                                 
                              
                           Dieser Theer war jenem aus den Gasanstalten ähnlich, enthielt aber weniger
                              Wasser.
                           Eine langsame, für 300 Kil. 3 Tage dauernde Destillation ergab auf 100 Kilogr.
                              Steinkohlen:
                           
                              
                                 Kohks
                                   82
                                 
                              
                                 Wasser und Gas
                                     8
                                 
                              
                                 Oelige Flüssigkeit
                                   10
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 100.
                                 
                              
                           Diese ölige Flüssigkeit hatte eine Dichtigkeit von 1,050 und lieferte 5 Theile Oel
                              von 0,900 Dichtigkeit und 5 Theer oder schweres Oel.
                           Hei einer Destillation der Kohle von Anzin erhielt Hr. Barral nur 3,75 Proc. Oel von 0,900 Dichtigkeit.
                           Sollte aber auch die Destillation der flüssigen Kohlenwasserstoffe in den
                              Kohksfabriken selbst in Aufnahme kommen, so ergibt sich eine neue Schwierigkeit,
                              nämlich hinsichtlich des Transports dieser Substanzen. Kann der Transport nicht in
                              Fässern stattfinden, wegen des Verlustes an Flüssigkeit, so hat auch der in Krügen
                              Uebelstände. Der Bruch an Krügen beim Transport ist im Durchschnitt zu 3 Proc.
                              anzunehmen; ferner ist ihre Tara, wegen des Korbs und der nothwendigen Ausfüllung,
                              für einen Inhalt von 50 Kilogr. auf 25 Kilogr. anzuschlagen, was die Frachtspesen
                              der Waare um 50 Proc. vermehrt, vorausgesetzt daß die Emballage nicht wieder
                              zurückgeschickt werden muß, wodurch sie um 100 Proc. erhöht würde; letzteres ist
                              aber gerade das Wahrscheinliche, weil die Krüge, welche diese Kohlenwasserstoffe
                              enthielten, wohl zu nichts anderm mehr tauglich sind.
                           
                           Hinsichtlich der Kohlenwasserstoffe aus Steinkohlen sey noch bemerkt, daß ihr Preis
                              vorerst nicht unter 60 bis 70 Fr. per 100 Kil.
                              herabzugehen scheint, wie im Artikel über Beleuchtung mit flüssigen
                              Kohlenwasserstoffen schon gesagt wurde.
                           Wir haben nun noch von den Kohlenwasserstoffen aus dem bituminösen Thonschiefer zu
                              sprechen. Diesen Industriezweig verdankt man einzig dem verstorbenen Hrn. Selligue.
                           Bekanntlich erhielt derselbe beim Destilliren des Schiefers aus der Gegend von Autun
                              1) flüchtige ätherische Oele; 2) fixe Oele; 3) mit Paraffin verbundene Oele, womit
                              er Wagenschmiere bereitete; 4) Paraffin, welches sich nach ihm zur Fabrication von
                              Kerzen eignet; 5) einen FarbstoffEin ähnlicher ist auch im Theer enthalten.; 6) Ammoniak; 7) Theer; 8) eine kohlige Substanz, die sich zum Entfärben des
                              Syrups und zum Desinficiren der Abtrittgruben eignet und dafür bis zu einem gewissen
                              Grade die vegetabilische und thierische Kohle zu ersetzen vermag.
                           Von allen diesen Körpern haben wir es nur mit den flüchtigen Oelen zu thun, deren man
                              sich zur Beleuchtung bedienen kann.
                           Selligue destillirte anfangs den Schiefer in gußeisernen
                              cylindrischen Retorten, welche vertical eingesetzt wurden; jeder Ofen enthielt sechs
                              solcher Cylinder, welche 1 Kubikmeter faßten und war so gebaut, daß der mittelst
                              Karren an den obern Theil der Cylinder hin geführte Schiefer am Ende der Operation
                              auf einem eisernen Wagen, der ihn bei seinem Austritt am untern Theil der Retorten
                              aufnahm, wieder hinweggeführt wurde. Die Heizung der Retorten war sehr zweckmäßig
                              und gestattete die bestmögliche Benutzung des verbrauchten Brennmaterials. Die
                              Destillationsproducte entwichen oben aus den Retorten und wurden auf gewöhnliche
                              Weise verdichtet.
                           In einem neuen, etwa vor einem Jahr genommenen Patent gab Selligue einen neuen Destillir-Apparat zu diesem Zweck an. Statt in
                              Retorten, bringt er den Schiefer in den Raum zwischen zwei umgekehrten abgestumpften
                              Kegeln (Trichtern) von Eisenblech, so daß der Schiefer eine dünne Schicht bildet und
                              die Hitze die ganze Masse ziemlich gleichförmig durchdringt, was bei den Retorten
                              nicht der Fall war, wo sie schwer bis in die Mitte eindrang, weil der Schiefer ein
                              schlechter Wärmeleiter ist. Die Flamme der rings um den Apparat angebrachten Herde
                              erhitzt zuerst die äußere, dann die innere Oberfläche des doppelten Trichters. Die
                              Destillationsproducte entweichen am obern Theil des conischen Raums, um dann wie
                              gewöhnlich verdichtet zu werden.
                           
                           Da die flüchtigsten, condensirbarsten und besten Producte sich in den ersten
                              Augenblicken der Destillation entwickeln, so leitet man in einem gewissen Zeitpunkt
                              der Operation die nicht condensirbaren Gase unter die Herdroste zurück, wodurch
                              bedeutend an Brennmaterial erspart wird.
                           Die ohne alle Trennung condensirten Producte bilden das rohe Bitumen, von welchem
                              1000 Kilogr. Schiefer nur 60 bis 65 Kilogr. liefern.
                           Destillirt man dieses Bitumen, so geben 1000 Kilogr. desselben 365 Kilogr. (d. i. 2
                              Proc. vom Schiefer) eines sehr leichten flüssigen Bitumens, dessen Dichtigkeit
                              zwischen 0,760 und 0,810 wechselt und 258 Kil. (d. i. 1 bis 2 Proc. vom Schiefer)
                              eines mineralischen Oels, welches sich zum Brennen in Lampen eignet.
                           Selligue bediente sich zum Reinigen dieser Oele eines
                              ähnlichen Verfahrens wie Barral. Er behandelte sie zuerst
                              mit Schwefelsäure, dann mit Natronlauge und destillirte hierauf, um die leichtesten
                              Kohlenwasserstoffe zu verflüchtigen. Um sicher zu seyn solche Oele zu erhalten, die
                              sich bei einer gewissen Temperatur, nämlich bei 140° C., ganz verflüchtigen,
                              setzte er der zu destillirenden Portion eine Salzlösung zu, welche erst bei dem
                              gewünschten Grade ins Sieden kommt; alle condensirten Producte mußten dann
                              nothwendig einen niedrigem Siedegrad gehabt haben.
                           Bis jetzt konnten, wie gesagt, die aus dem Schiefer gewonnenen Kohlenwasserstoffe
                              keine Anwendung finden, theils wegen ihres unerträglichen Geruchs, wenn sie nicht
                              gereinigt sind; theils wegen ihres hohen Preises, wenn eine solche Reinigung
                              stattfand, nämlich 100 Fr. für 100 Kilogr. Es ist möglich, daß durch die oben
                              besprochenen, von Hrn. Selligue vorgenommenen
                              Verbesserungen dieses Verfahrens, reinere oder wohlfeilere Producte erzielt
                              werden.
                           Es ist übrigens augenscheinlich, daß die Destillation des Schiefers, den Kostenpunkt
                              anlangend, mit der Destillation der Steinkohle zur Kohksfabrication nicht zu
                              concurriren vermag, denn der feste Rückstand von der Destillation des Schiefers
                              beträgt etwa 70 Proc. desselben und hat gar keinen oder einen höchst unbedeutenden
                              Werth; die Heizung des Destillirapparats kostet überdieß Brennmaterial, während sie
                              beim Verkohlen der Kohks nichts kostet; endlich sind die Kohlenwasserstoffe im
                              Schiefer in geringerer Menge enthalten als in der Steinkohle.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
