| Titel: | Ueber ein neues Verfahren Bleiweiß zu fabriciren; von Gannal. | 
| Fundstelle: | Band 106, Jahrgang 1847, Nr. LVII., S. 273 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LVII.
                        Ueber ein neues Verfahren Bleiweiß zu fabriciren;
                           von Gannal.
                        Aus dem Journal of the Franklin Institute, Jul.
                              1847.
                        Gannal, über ein Verfahren Bleiweiß zu fabriciren.
                        
                     
                        
                           Ich habe eine Reihe von Versuchen angestellt, um ein Verfahren zur
                              Bleiweißfabrication auszumitteln, welches einfacher und für die Arbeiter weniger
                              gefährlich als die gebräuchlichen Methoden ist. Dieß ist mir auch gelungen, so daß
                              ich jetzt auf eine einfache Weise, in sehr kurzer Zeit und ohne alle Gefahr, das
                              schönste Product erziele.
                           Im Jahr 1834 ließ sich Walker Wood in England eine Methode
                              patentiren, welche mehreres Neue enthielt; die Beschreibung derselben ist aber so
                              dunkel und enthält so viele Unrichtigkeiten, daß ich mich dabei nicht verweilen
                              will.Wood (polytechn. Journal Bd. LIV S. 127) empfahl das Blei in
                                    Form von Schroten mit Wasser in einen Trog zu bringen, welcher an einer
                                    horizontalen Welle in Bewegung gesetzt wird, damit sich
                                    die Bleistückchen durch Reibung an einander in Pulver verwandeln; das
                                    Gemenge von Bleipulver und Wasser soll man dann der Luft aussetzen, wodurch
                                    sich das Blei oxydirt und mit Kohlensäure verbindet. Dasselbe Verfahren
                                    hatte übrigens schon einige Jahre früher Hr. Director Prechtl in seiner technologischen
                                    Encyklopädie (Bd. II S. 466) in Vorschlag gebracht und noch folgende Methode
                                    zur Beschleunigung des Processes beigefügt: Man granulirt das Blei, indem
                                    man es durch einen heißen Löffel gießt, der in Gestalt eines Seihers
                                    durchbrochen ist, so daß es von einiger Höhe in kaltes Wasser fällt; dieses
                                    Bleischrot wird mit Wasser, worin etwa 1/10 Potasche aufgelöst ist, in ein
                                    cylindrisches Bleigefäß gebracht, worin ein Rührkreuz angebracht ist,
                                    welches durch einen Mechanismus umgedreht wird. Beim Umrühren wird die
                                    Flüssigkeit bald milchig, so daß sie von dem Blei abgegossen werden kann und
                                    in der Ruhe ein schönes Bleiweiß absetzt, von dem die Flüssigkeit abgegossen
                                    und neuerdings über das granulirte Blei geschüttet wird, mit welchem man
                                    dann das Zusammenrühren fortsetzt. In diesem Processe oxydirt sich das Blei
                                    auf Kosten der im Wasser enthaltenen Luft und das Oxyd verbindet sich im
                                    Augenblick seiner Entstehung mit der Kohlensäure der Potasche, die diese
                                    wieder in dem Maaße, als sie sie an das Bleioxyd abgibt, aus der Atmosphäre
                                    anzieht.
                              
                           
                           Meine Methode ist folgende.
                           Man verschafft sich einen sechs- oder achtseitigen bleiernen Cylinder von 2
                              Meter (6 Fuß) Länge und 30 bis 40 Centimeter (11 bis 15 Zoll) Durchmesser; das Blei
                              desselben soll 5 bis 8 Millimeter (2 1/2 bis 3 1/2 Pariser Linien) dick seyn. Dieser
                              Cylinder wird in ein Gehäuse aus Stangeneisen eingeschlossen, an dessen einem Ende
                              eine Kurbel angebracht ist, damit man ihm auf einem Gestell leicht eine rotirende
                              Bewegung ertheilen kann. Am Centrum des Cylinders befindet sich eine Oeffnung, durch
                              welche man die Materialien hineinbringt, worauf man sie mit einem Spund verschließt.
                              An dem der Kurbel entgegengesetzten Ende des Cylinders und in der Achse desselben
                              ist eine Oeffnung von nur 3 bis 4 Centimeter (1 bis 1 1/2 Zoll) Weite angebracht, in
                              welche ein elastisches Rohr paßt, das mit einem Blasebalg verbunden ist. Dieses Rohr
                              muß bis auf den Boden des Cylinders hinabreichen. Man bringt in den Cylinder 100
                              Kilogr. granulirtes Blei und verschließt das Spundloch wieder. Läßt man nun den
                              Cylinder bei geschlossener Seitenöffnung fünf Stunden lang drehen, so daß er 45 bis
                              50 Umgänge in der Minute macht, so werden nach Verlauf dieser Zeit beiläufig zwei
                              Drittel des Bleies in ein unfühlbares Pulver verwandelt seyn, welches noch die
                              Bleifarbe besitzt. Bleibt hingegen die Seitenöffnung offen, so oxydirt sich das
                              zertheilte Blei und man erhält Bleioxyd-Hydrat. Versieht man endlich den
                              Apparat mit einem elastischen Rohr, welches bis auf den Boden des Cylinders reicht
                              und dessen anderes Ende mit einem Blasebalg verbunden ist, welcher mit Luft aus
                              einer geschlossenen Kammer gespeist wird, worin Holzkohle verbrennt, so verwandelt
                              sich das fein zertheilte Blei in Berührung mit der Luft und Kohlensäure, welche der
                              Blasebalg in den Apparat treibt, in Oxyd und endlich in kohlensaures Blei oder
                              Bleiweiß.
                           Nach diesem Princip habe ich ein beträchtliches Quantum Bleiweiß fabricirt, welches
                              mit dem besten im Handel vorkommenden den Vergleich besteht.
                           Wenn der Cylinder lange genug umgedreht worden ist, öffnet man den Spund und läßt die
                              Flüssigkeit auslaufen; man bringt dann ebensoviel Wasser hinein wie anfangs, dreht
                              den Cylinder fünf Minuten lang und läßt nun die zweite Portion Flüssigkeit
                              auslaufen, worauf man den Apparat sogleich für eine zweite Operation beschicken
                              kann, wofür man jedoch nur 75 Kilogr. Blei hineinbringt, weil 25 bis 30 Kilogr.
                              nicht fein zertheilt zurückbleiben.
                           Um die Bleiweißbildung zu beschleunigen, habe ich zweierlei Methoden angewandt; die
                              erste besteht darin, daß ich beim Beschicken des Apparats in das Wasser ein halbes
                              Kilogr. Salpetersäure gieße; bei der zweiten Methode ersetze ich die Säure durch 1
                              Kilogr. salpetersaures Blei. Während der Operation entwickelt sich ein wenig
                              Salpetergas, nach beendigter Operation bleibt aber kaum eine Spur von salpetriger
                              Säure in der Mischung zurück; die Säure oder das Bleisalz wird also vollständig
                              zersetzt. Wahrscheinlich bildet sich anfangs basisches untersalpetersaures Blei,
                              welches dann durch die Kohlensäure zersetzt wird.
                           Das aus dem Cylinder abgezogene flüssige Product von bläulicher Nüance schüttet man
                              in ein Gefäß, welches acht- bis zehnmal so viel Wasser enthält als zur
                              Operation angewandt wurde. Durch starkes Umrühren wird die Mischung bedeutend
                              weißer, weil eine Spur zurückgebliebenen metallischen Bleies sich in Bleiweiß
                              verwandelt. Nachdem man das Waschen zwei Tage lang fortgesetzt hat, ist das ganze
                              Product von blendender Weiße. (Ich will jedoch hier bemerken daß, als ich einmal
                              etwas Bleiweiß, welches noch beiläufig den achten Theil seines Gewichts zertheilten
                              und nicht oxydirten Bleies enthielt, unmittelbar trocknete, nach Verlauf von zwei
                              Monaten die ganze Masse eine gleichförmige Nüance hatte.) Da aber bei dieser
                              Operation auch granulirtes und sonst unvollkommen, zertheiltes Blei aus dem Apparat
                              entweicht, so ist es nöthig dasselbe in Gefäßen absetzen zu lassen, welche in
                              verschiedenen Höhen mit Oeffnungen versehen sind. Zuerst wird das klare über dem
                              Niederschlag stehende Wasser abgezogen und dann durch eine etwas niedrigere Oeffnung
                              der teigartige Niederschlag, welcher sich über den unvollkommen zertheilten
                              Bleipartikeln befindet. Die teigartige Masse bringt man auf Filter von dicht
                              gewobenem Zeug, welche
                              vorher auf Rahmen befestigt worden sind; es tropft viel Wasser davon ab und es
                              bleibt eine plastische Masse zurück. Nun nimmt man die Filter ab, faltet die Enden
                              des Zeugs über einander und setzt das Ganze in einer Presse einem starken Druck aus.
                              Nachdem so viel Wasser als möglich ausgepreßt worden ist, nimmt man die Packete
                              heraus, zieht den Zeug ab und zertheilt die Masse in Stücke von der verlangten Form,
                              welche man in einer geheizten Stube trocknet.