| Titel: | Ueber Barrat's Dampfkarst zum Bearbeiten der Felder. | 
| Fundstelle: | Band 106, Jahrgang 1847, Nr. LXX., S. 345 | 
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                        LXX.
                        Ueber Barrat's Dampfkarst zum Bearbeiten der
                           Felder.
                        Aus dem Agriculteur-Praticien, Sept. 1847, S.
                              353.
                        Ueber Barrat's Dampfkarst zum Bearbeiten der Felder.
                        
                     
                        
                           Es fehlte bisher nicht an Versuchen, die Kraft des Dampfes auch zur Bestellung der
                              Felder anzuwenden; da man sich aber die Aufgabe dabei nicht richtig gestellt hatte,
                              so war auch ihre Lösung nie befriedigend. Die in England und Amerika erfundenen
                              Dampfapparate zum Ackerbau waren ohne allen Erfolg und kamen daher bald wieder in
                              Vergessenheit. So brachten Einige an ihren Maschinen den gewöhnlichen Pflug an,
                              welcher hinsichtlich der Art seiner Arbeit und des passiven Widerstandes, welchen er
                              dem Motor entgegensetzt, das unvollkommenste Ackergeräth ist; bald wurde derselbe an
                              eine fortschaffende Dampfmaschine gespannt, bald an eine oder mehrere feststehende
                              Maschinen, die das umgrabende Geräth mittelst Seilen oder Ketten von einem Ende des
                              Feldes zum andern zogen. Andere wieder betrachteten die Operation bloß als ein
                              Erdwallgraben, wozu sie Spitzhauen oder Hacken an Wellbäumen oder Hebeln mit
                              abwechselnder Bewegung befestigten und so mit großem Aufwand an mechanischer Kraft
                              eine armselige Furche öffneten, ohne wirklich damit etwas dem Feldbau Nützliches zu
                              verrichten. Gleich schlechten Erfolg dürften alle noch in Vorschlag zu bringenden
                              Maschinen haben, wobei Pflugschaaren, Exstirpatorfüße etc. auf solche Weise
                              fortgezogen, die Erde zwar öffnen aber nicht umarbeiten würben.
                           Hr. Barrat löste nun mit einem
                              Mal das Problem. Seine Erfindung beruht auf folgenden Principien. Die Bearbeitung,
                              welche die Erde möglichst locker macht, sie den atmosphärischen Einflüssen am besten
                              öffnet, ihr jene Elasticität und Durchdringlichkeit für das Wasser ertheilt, welche
                              der Keimung und Entwickelung der Pflanzen am besten zusagt, ist unstreitig diejenige
                              mit dem Grabscheit oder mit der Hacke. Da die Arbeit mit dem erstern zu viel
                              Schwierigkeiten darbietet, um sie in eine große mechanische Kombination eingehen zu
                              lassen, so mußte die des Karsts (Hacke mit Zähnen) gewählt werden, welche gehörig ausgeführt, eben so gute
                              Resultate liefert. Es galt daher die Bewegung der Menschenhand mit demselben
                              nachzuahmen, ihn nämlich rasch niederzuführen, damit die Zähne gehörig tief
                              eindringen und ihn rasch rückwärts wieder herausziehen, um die Erde in die
                              vorhergehende Furche zurück zu werfen und eine neue zu graben. Folgendes ist die
                              nähere Beschreibung des neuen Apparats.
                           Man denke sich eine Locomotive kleiner Art mit oscillirenden Cylindern an den Seiten,
                              mit vier eisernen Rädern mit sehr breiten Felgen, welche mittelst Zahnrädern sich
                              leicht rechts und links wenden und nach Belieben vorwärts und rückwärts laufen kann.
                              An dieser Maschine ist in einer gewissen Höhe ein Rahmen angebracht, welcher über
                              das Hintere oder Heiz-Ende der Maschine hinausgeht und nahe an seinem Ende
                              eine Welle mit 12 bis 16 zweizahnigen Karsten trägt, wovon jeder an einem starken, 3
                              Fuß langen, hölzernen Stiele steckt, welche Stiele an dem Wellbaum gut befestigt
                              sind. Durch die Schiebstange der Locomotive in Bewegung gesetzte Rollen greifen
                              nacheinander in die Däumlinge dieser Welle ein, heben gleichzeitig alle Karste in
                              die Höhe und lassen sie dann schnell wieder fallen, so daß sie bis zu einer gewissen
                              Tiefe in den Boden eindringen; andere Theile der Locomotive führen dann den Wellbaum
                              und alle in dem Boden steckenden Karste wieder zurück, welche letztere den Streifen
                              Erde, in welche sie eingehauen haben, mit sich fortnehmen, sie umkehren und in die
                              vorhergehende Furche Hinüberwerfen. Hierauf erheben sich die Karste wieder;
                              unterdessen ist die Locomotive eine gewisse Strecke vorwärts gefahren, der
                              Karstwellbaum rückte um die doppelte Streck vorwärts, die Karste fallen wieder
                              nieder und hauen in einen neuen Streifen des Bodens ein, der ebenfalls umgeworfen
                              wird und so geht es ohne Unterbrechung fort.
                           Diese Maschine ist also der gewöhnlichen Locomotive ähnlich, aber mit Vorrichtungen
                              versehen um beliebig umgedreht werden zu können, und treibt ein System von Karsten,
                              welche ziemlich eben so arbeiten als wären sie von Menschenhänden geführt.
                           Die Maschine ist leicht zu handhaben, geht mit beliebiger Geschwindigkeit vor-
                              und rückwärts, drückt das schon umgearbeitete Land nicht nieder, geht nur auf der
                              Stoppel voran, wendet sich am Ende des Feldes leicht und schnell um und läßt keine
                              größere Spur zurück, als ein mit zwei Pferden bespannter Pflug. Sie kann nach
                              Belieben augenblicklich aufgehalten werden, und man kann sie, einmal geheizt,
                              unaufgehalten fortgehen lassen, die Kraft der einhauenden Karste nach Belieben mäßigen oder
                              verstärken, und einen mehr oder weniger breiten Streifen Erde bearbeiten lassen;
                              endlich läßt sie sich allen Erfordernissen zum Bearbeiten der verschiedensten
                              Bodenarten anpassen.
                           Es versteht sich, daß die Maschine in ihrem jetzigen Zustande nur auf ebenem Felde
                              umzuackern im Stande ist.
                           Zu den Versuchen, welchen wir beiwohnten, diente die von Hrn. Barrat nach seiner ersten Idee construirte, noch
                              sehr unvollkommene Maschine; sie gab aber dennoch die befriedigendsten Resultate.
                              Der Boden, wo diese Versuche angestellt wurden, hat ein Unterlager von fester
                              Tuferde und wäre von dem Pflug leichter umgeackert worden als von Karsten, die hier
                              nicht so leicht eindrangen wie in lockere Erde. Die Maschine hatte 3 1/2 bis 4
                              Pferdekräfte und arbeitete nicht mit ihrer vollen Kraft; sie gieng mit jedem
                              Karsthieb oder Kolbenhub 0,15 Meter vorwärts und machte 32–40 Kolbenhube in
                              der Minute, rückte also per Minute wenigstens um 4,90
                              Meter vorwärts; und da die Karste eine Breite von 2 Meter einnehmen, so wurden in
                              der Minute 9,8, oder sagen wir 10 Quadratmeter Fläche 0,10 Meter tief umgearbeitet.
                              Nach dieser Berechnung würde sie 600 Quadratmeter in der Stunde und im Tag zu 10
                              Stunden 6000 Quadratmeter umarbeiten, welche Arbeit aber durch Anwendung der vollen
                              Kraft und etwas größerer Heizfläche verdoppelt werden könnte. Die Erde war
                              vollkommen gleichförmig und gut aufgelockert und durchgearbeitet.
                           Wir wollten über diese Maschine nur in mechanischer Beziehung berichten, und begnügen
                              uns in ökonomischer Hinsicht auf Folgendes aufmerksam zu machen. Zu
                              10–12stündiger Arbeit braucht die Maschine (zu Paris) für 5–6 Fr.
                              Steinkohlen und einen kundigen Heizer mit 5–6 Fr. Taglohn. Mit diesen Kosten,
                              welchen noch die Zinsen der Anschaffungskosten der Maschine, die Tilgung derselben
                              und die Reparaturen hinzuzurechnen sind, wird ungefähr 1 Hektare Landes bestellt.
                              Die damit vollbrachte Arbeit erseht die des Pflugs, der Walze und der Egge und
                              geschieht in vier- bis fünfmal kürzerer Zeit.
                           Der Einwand gegen diese Maschine, daß sie einen Boden nicht bearbeiten könne, auf
                              welchem langer Strohdünger verbreitet wurde, ist nicht stichhaltig; denn man braucht
                              nur einen besser gefaulten pulverigen oder flüssigen Dünger anzuwenden, was der
                              Landwirthschaft gewiß keinen Nachtheil brächte. – Die im Boden steckenden
                              Wurzeln der Luzerne und anderer Pflanzen werden durch die Karste, wenn solche am
                              Rande gestählt und gut geschliffen werden, sehr leicht abgeschnitten.
                           Uebrigens entspricht, wie der Erfinder selbst sagt, die Maschine noch nicht allen
                              Anforderungen, und es müssen, wie beim Pflug und andern Ackergeräthschaften, je nach
                              Verschiedenheit des Bodens Veränderungen damit vorgenommen werden. Vorzüglich eignet
                              sie sich für Güter mit großen Feldstücken.