| Titel: | Ueber die Anwendung des Zinnsalzes als Antichlor beim Bleichen der Zeuge und des Papiers; von A. Bobierre und Ed. Moride. | 
| Fundstelle: | Band 106, Jahrgang 1847, Nr. LXXIX., S. 394 | 
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                        LXXIX.
                        Ueber die Anwendung des Zinnsalzes als Antichlor
                           beim Bleichen der Zeuge und des Papiers; von A. Bobierre und Ed. Moride.
                        Aus den Comptes rendus, Oct. 1847, Nr.
                              17.
                        Anwendung des Zinnsalzes als Antichlor.
                        
                     
                        
                           Wenn beim Bleichen der Zeuge mittelst Chlorverbindungen Spuren von Chlor
                              zurückbleiben, so leidet bekanntlich die Festigkeit der Stoffe durch die
                              fortdauernde Einwirkung desselben; deßhalb war man bisher genöthigt, in manchen
                              Fällen das so schnelle und wohlfeile Bleichverfahren mittelst Chlor noch immer durch
                              das langsame und kostspielige Bleichen an der Luft zu ersetzen. Um diesem großen
                              Uebelstand abzuhelfen und die geringsten Quantitäten von unterchlorigsaurem Salz
                              gänzlich zu zerstören, welche aus den tausend Höhlungen des Gewebes oder Papiers
                              durch das Auswaschen nicht völlig beseitigt werden können, brachte man schon vor
                              einiger Zeit die Anwendung des sogenannten Antichlor in Vorschlag. Die zu lösende
                              Aufgabe bestand nämlich darin, die Gewebe oder den Papierzeug nach dem Bleichen und
                              Reinigen mit einer Verbindung zu behandeln, welche das Chlor allenthalben, wo
                              solches zurückblieb, absolut neutralisiren kann.
                           Als ein wohlfeiles Antichlor wurde bisher allgemein das schwefligsaure NatronUeber die Anwendung sowohl des schwefligsauren als des unterschwefligsauren
                                    Natrons als Antichlor vergleiche man polytechn. Journal Bd. XCIV S. 313 und Bd. C S. 76. angewandt. Bei der Zersetzung des Wassers in Gegenwart von Chlor verwandelt
                              nämlich der Sauerstoff das schwefligsaure Salz in schwefelsaures, während sich der
                              Wasserstoff des Wassers mit dem Chlor zu Salzsäure verbindet, die sich mit dem Kalk
                              des zerstörten unterchlorigsauren Salzes vereinigt und leichtauflösliches
                              Chlorcalcium bildet. – Um zu erfahren, ob die fragliche Flüssigkeit oder der
                              Zeug nach dem Zusatz einer geeigneten Menge Antichlor noch Chlor enthält, läßt man
                              einen Tropfen der Flüssigkeit mittelst eines Glasstabs auf den Fingernagel fallen
                              und setzt einen Tropfen von einer concentrirten Jodkalium-Auflösung zu. Wenn
                              die Flüssigkeit Chlor oder unterchlorigsaures Salz enthält, wird sie sogleich braun
                              und färbt sich um so stärker, je mehr Chlor sie enthält. Diese Probe ist aber nicht
                              empfindlich genug, um die geringsten Spuren von Chlor zu entdecken; man ersetze sie
                              daher durch folgende:
                              man bringt in ein Glas 8 bis 10 Kubikcentimeter von der zu prüfenden Flüssigkeit und
                              beobachtet die Entfärbung, welche sie auf einige Tropfen schwefelsaurer Indiglösung
                              (wie man sie zu den chlorometrischen Proben anwendet) hervorbringen.
                           Das schwefligsaure Natron ist jedenfalls die geeignetste bis jetzt als Antichlor
                              angewandte Substanz; es hat aber den großen Fehler, daß es so leicht Sauerstoff aus
                              der Luft anzieht und sich dadurch in schwefelsaures Natron verwandelt, welches gegen
                              Chlor ganz unwirksam und folglich für den Bleicher völlig werthlos ist. Dieß
                              veranlaßte uns ein Ersatzmittel desselben aufzusuchen, welches von dieser
                              nachtheiligen Eigenschaft frei ist.
                           Hr. Cottereau hatte bereits den
                              Gedanken, das Zinnchlorür (Zinnsalz) zu chlorometrischen Proben zu benützen, weil es
                              das Chlor so leicht aus allen Verbindungen desselben absorbirt; aus demselben Grunde
                              bringen wir es als ein höchst wirksames Antichlor in Vorschlag, welches leicht
                              aufzubewahren und nicht kostspielig ist. 7 Gramme Zinnsalz absorbiren 1 Liter (3
                              16/100 Gramme) Chlor und die saure Auflösung dieses Salzes läßt sich ohne merkliche
                              Veränderung beliebig lange aufbewahren. Die Verbindung, welche aus dem Zinnsalz nach
                              der Absorption des Chlor entsteht, ist vollkommen weiß und zart, ein für die
                              Papierfabriken wichtiger Umstand. Der Zweck dieser Notiz ist, die Praktiker zu
                              vergleichenden Versuchen über unseren Vorschlag zu veranlassen.