| Titel: | Ueber die Umwandlung des Caseins (im Käse) und des Fibrins (im mageren Fleisch) in Fett; von Hrn. Blondeau. | 
| Fundstelle: | Band 106, Jahrgang 1847, Nr. LXXXI., S. 398 | 
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                        LXXXI.
                        Ueber die Umwandlung des Caseins (im Käse) und
                           des Fibrins (im mageren Fleisch) in Fett; von Hrn. Blondeau.
                        Aus den Comptes rendus, Sept. 1847, Nr.
                              10.
                        Blondeau, über die Umwandlung des Caseins und Fibrins in
                           Fett.
                        
                     
                        
                           Da ich Gelegenheit hatte die Käsebereitung zu Roquefort selbst genau kennen zu
                              lernen, so bemühte ich mich die Veränderung zu ermitteln, welche das Casein im Käse
                              erlitt, nachdem derselbe einige Zeit in den Kellern aufbewahrt worden ist, welche
                              ihm die im Handel so geschätzten Eigenschaften ertheilen. Ich analysirte den Käse,
                              ehe man ihn in die Keller bringt und entdeckte darin eine kleine Menge Fett, wovon
                              ich durch Behandlung mit Alkohol und Aether etwa 1/200 seines Gewichts auszog.
                              Nachdem der Käse zwei Monate in den Kellern aufbewahrt worden war, fand ich, daß das
                              Casein fast gänzlich in ein Fett verwandelt war, welches die größte Aehnlichkeit mit
                              Butter zeigte und wovon ich das unveränderte Casein durch bloßes Kochen mit Wasser
                              trennen konnte. Dieses Fett, von süßem und angenehmen Geschmack, schmilzt bei
                              32° R., kommt bei 64° R. ins Kochen und zersetzt sich bei 120°
                              R. Es läßt sich leicht verseifen. Unter welchen Einflüssen geschah nun diese
                              Verwandlung des Caseins in einen fetten Stoff? Um diese Frage zu beantworten,
                              braucht man nur den Verlauf der Erscheinungen in den Kellern zu beobachten. Es
                              erzeugen sich bald auf der Oberfläche des Käses Schimmelpflanzen, welche so schnell
                              heranwachsen, daß man den Käse von Zeit zu Zeit abschaben muß; dessenungeachtet
                              erscheinen diese Pflanzen bald wieder und vermehren sich eben so schnell. Die
                              Vegetation dieser Parasitengewächse (Penicillium glaucum und
                                 globulosum, Torvula viridis und aurantiaca)
                              wird durch die Feuchtigkeit der Keller, ihre Kühle und gänzliche Dunkelheit
                              begünstigt. Alle diese Vegetabilien enthalten Stickstoff; sie bedürfen folglich zu
                              ihrer Entwickelung Ammoniak und Kohlensäure; ersteres muß ihnen den Stickstoff,
                              letzteres den Kohlenstoff liefern. Das Ammoniak kann aber nur durch das Casein
                              erzeugt werden, welches sich bei diesem Verlust an Stickstoff in eine fettähnliche
                              Materie verwandelt; die Zusammensetzung des Caseins nähert sich derjenigen der Fette
                              sehr, wenn wir Ammoniak vom Casein abziehen. Die Kohlensäure kann sowohl aus der
                              Luft als von dem Casein herrühren.
                           
                           Nachdem die Umwandlung des Caseins in Fett einmal constatirt war, untersuchte ich
                              auch, ob das Thierfibrin unter ähnlichen Umständen eine gleiche Veränderung
                              erleidet. Ein Pfund mageres, schwach eingesalzenes und mit Kleister bestrichenes
                              Rindfleisch wurde in einen der Keller gebracht, welche zur Aufbewahrung der Käse
                              dienen; nach zwei Monaten war an diesem Fleisch noch keine Fäulniß zu bemerken, wohl
                              aber hatte sich dasselbe allenthalben mit grünem Schimmel überzogen und zum größten
                              Theil in eine fette Materie verwandelt, welche dem Schweinefett sehr ähnlich ist.
                              Dieser Versuch unterstützt die Ansicht derjenigen Chemiker, welche behaupten, daß
                              sich menschliche Leichname, welche unter ähnlichen Umständen wie die oben erwähnten,
                              in der Erde oder in Grabgewölben liegen, allmählich in eine fettähnliche Substanz
                              verwandeln können.