| Titel: | Ueber die Rolle des Kalis oder Natrons bei der Bildung des hydraulischen Kalks, der Cemente, und im allgemeinen der auf nassem Wege entstandenen Mineralspecies; von Friedrich Kuhlmann. | 
| Fundstelle: | Band 106, Jahrgang 1847, Nr. LXXXVIII., S. 426 | 
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                        LXXXVIII.
                        Ueber die Rolle des Kalis oder Natrons bei der
                           Bildung des hydraulischen Kalks, der Cemente, und im allgemeinen der auf nassem Wege
                           entstandenen Mineralspecies; von Friedrich Kuhlmann.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique, Nov. 1847, S.
                              364.
                        Kuhlmann, über hydraulischen Kalks und die Erzeugung künstlicher
                           Silicate.
                        
                     
                        
                           In Folge meiner früheren Untersuchungen über die Salpeterbildung beschäftigte ich
                              mich in der neueren Zeit mit Untersuchungen über die Natur der
                              Mauer-Auswitterungen und ihre Veranlassung. Dabei stellte sich heraus, daß
                              die meisten Kalksteine der verschiedenen geologischen Epochen Kali oder Natron
                              enthalten, wodurch sich das Vorkommen dieser Alkalien in den auf einem Kalkboden
                              wachsenden Pflanzen erklärt. Auch habe ich bei Veröffentlichung dieser Thatsache
                              auseinandergesetzt, wie man sich das Auswittern von kohlensaurem und schwefelsaurem
                              Natron erklären kann, sowie das Ausschwitzen von kohlensaurem Kali und Chlorkalium
                              oder Chlornatrium, welches man oft auf der Oberfläche frisch aufgeführter Mauern
                              bemerkt.
                           Eine Eigenthümlichkeit, welche meine Aufmerksamkeit erregte, ist, daß man durch
                              Auslaugen der hydraulischen Kalke in der Regel eine größere Menge alkalischer Salze
                              erhält, als aus den fetten Kalken, und daß die hydraulischen Cemente meistens viel
                              Alkali enthalten. Ich stellte Versuche mit den Cementen von Pouilly;,
                              Vassy-lez-Avallon und Boulogne an, auch mit dem Cement welches mit den
                              kieselerdehaltigen Kalksteinen bereitet wird, die man an den Ufern der Themse bei
                              London sammelt, und alle lieferten mir eine beträchtliche Menge Kali.
                           Diese Beobachtungen schienen mir beachtenswerth. Haben die Kali- und
                              Natronsalze einigen Einfluß auf die Eigenschaften des Kalks? Kann ihre Gegenwart in
                              den Kalksteinen einiges Licht auf die Bildung der kieselerdehaltigen Kalksteine
                              werfen? Zur Lösung dieser Fragen habe ich eine neue Reihe von Untersuchungen
                              angestellt, deren Resultat hier folgt.
                           Da der Kalk durch Calciniren sich immer direct mit der Kieselerde verbindet, wenn
                              letztere in hydratischem Zustande ist, so zweifle ich nicht, daß die Gegenwart von
                              ein wenig Kali oder Natron – welche sich bei diesem Calciniren in Silicate
                              verwandeln – viel dazu beitragen kann, dem hydraulischen Kalk seinen
                              eigenthümlichen Charakter zu geben. Um die Verwandlung einer großen Menge Kalk in
                              Silicat zu veranlassen, ist es nicht nöthig, daß der kieselerdehaltige Kalkstein
                              eine große Menge Kali enthält, da sich die Rolle des letztern wohl darauf
                              beschränkt, die allmähliche Uebertragung der Kieselerde an den Kalk zu erleichtern.
                              Jedenfalls scheint eine vorläufige Verbindung des Kalis und Natrons nicht
                              gleichgültig zu seyn; denn wenn man den Kalkstein direct mit diesen Alkalien
                              versetzt, so erhält man bei weitem nicht die Resultate, wie wenn diese Alkalien
                              schon ursprünglich in die Verbindung eingegangen sind.
                           Ich habe mich überzeugt, daß man künstlich hydraulische Kalke oder Cemente auf nassem
                              Wege bereiten kann, indem man den Kalk mit Kieselerde oder Thonerde behandelt,
                              welche mittelst Kali oder Natron in Wasser aufgelöst sind. So bilden dieselben in
                              Berührung mit zerfallenem Kalk Silicate oder Aluminate, welche alle Eigenschaften
                              sowie auch die Zusammensetzung der natürlichen hydraulischen Kalke besitzen. Hiebei
                              ist allerdings eine größere Menge Alkali nöthig, als bei der oben bezeichneten
                              stetigen Umwandlung; man kann aber auf diese Weise den Mörtel in beliebigem Grade
                              jeden Augenblick hydraulisch machen.
                           Dieß gibt auch ein Mittel an die Hand, den hydraulischen Mörtel bloß an den äußeren
                              Theilen der Arbeiten zu erzeugen, welche unter Wasser gesenkt werden müssen, indem
                              man nämlich solche Maurerarbeiten aus fettem Kalk herstellt und die äußeren Theile
                              mit einer Auflösung von Alkali-Silicat tränkt; man erhält so eine vom Wasser
                              wenig durchdringliche Hülle, welche den in der Mitte befindlichen Theilen gestattet
                              mit der Zeit Consistenz anzunehmen.
                           
                           Die Anwendung der auf nassem Wege hydraulisch gemachten Mörtel wird besonders in
                              solchen Ländern vortheilhaft seyn, wo die Potasche nicht theuer ist.
                           Endlich erzeuge ich, sowohl auf trockenem als nassem Wege, hydraulische Mörtel welche
                              wohlfeiler sind als diese letztern, indem ich den Kalk oder die Kreide mit
                              schwefelsaurer Thonerde oder Alaun versetze; dabei entsteht ein
                              Kalk-Aluminat, dessen Eigenschaften das zuerst in England ausgeführte Härten
                              des Gypses durch Brennen desselben mit Alaun erklären.
                           Wenn man Kalk oder Kreide mit 8 bis 10 Proc. Eisenvitriol oder schwefelsaurem Mangan
                              brennt, so erhalten sie ebenfalls hydraulische Eigenschaften; die mit solchen
                              Producten bereiteten Mörtel behalten aber nur in der Feuchtigkeit Consistenz.
                           Das Alkalisilicat bereitet man besser mit Kali als mit Natron, weil das kohlensaure
                              Kali nicht wie das Natronsalz krystallinische Auswitterungen an den Theilen der
                              Bauten gibt, welche der Luft ausgesetzt sind; bei den im Wasser stehenden Theilen
                              der Bauten fällt aber dieser Vorzug des Kalis weg und das Natronsilicat ist sogar
                              vorzuziehen, weil das Natron wohlfeiler ist als Kali und überdieß eine größere
                              Sättigungscapacität hat, also mehr Kieselerde auflöst.
                           Daß der Einfluß der Alkalien bei der Bildung des hydraulischen Kalks unbestreitbar
                              ist, beweist meine Beobachtung, daß wenn man den hydraulischen Kalken oder
                              natürlichen Cementen Kali oder Natron zusetzt, ihre hydraulischen Eigenschaften
                              zunehmen. So erhält man mit dem Kalk von Tournai, welcher ein wenig hydraulisch ist,
                              einen Kalk, welcher in hohem Grad die Eigenschaft besitzt unter Wasser zu erhärten,
                              wenn man ihn mit 5 bis 8 Proc. Potasche brennt. Die Potasche hat auch einen
                              günstigen Einfluß auf das Cement von London, Vassy-lez-Avallon,
                              Pouilly und Boulogne.
                           Uebrigens kann nur die Erfahrung über das Verdienst und die Nützlichkeit dieser
                              Anwendungen in ökonomischer Hinsicht entscheiden. Um über die Güte der Mörtel ein
                              richtiges Urtheil fällen zu können, reicht nicht einmal die Erfahrung einiger Wochen
                              aus, sondern es gehören dazu ganze Jahre; denn man hat dabei sehr verschiedene
                              zerstörende Einflüsse zu berücksichtigen, z.B. den Frost, die Auswitterungen, die
                              Salpeterbildung etc.
                           Obgleich ich hiemit ein neues Agens in die Bildungstheorie der hydraulischen Kalke
                              einführe, so bleibt doch das Grundprincip, wovon sich Hr. Vicat bei seinen so merkwürdigen und schätzbaren
                              Arbeiten leiten ließ, unangetastet.
                           
                           Alle Chemiker werden zugeben, daß das Vorkommen des Kalis oder Natrons in den
                              Kalksteinen mit hydraulischem Kalk weder ein zufälliges, noch ohne Einfluß auf die
                              Eigenschaften des Kalks seyn kann. Worin besteht aber ihre Rolle? Ich nehme an, daß
                              die kieselerdehaltigen Kalksteine oder der mit Thon gemengte fette Kalk beim Brennen
                              Doppelsilicate oder Doppelaluminate von Kalk und einem Alkali (Kali oder Natron)
                              geben können; daß diese künstlichen Verbindungen den natürlichen analog sind, welche
                              die Mineralogen Mesoty, Apophyllit, Stilbit nennen und
                              daß sich sogar eine dem Analcim analoge künstliche
                              Verbindung von Kieselerde, Thonerde und Natron erzeugen kann. Es ist zu bemerken,
                              daß diese verschiedenen Verbindungen Hydrate bilden und daß, wenn sie in den
                              natürlichen hydraulischen Kalken vorkommen, sie dieses Wasser beim Brennen verlieren
                              müssen, um es alsdann beim Befeuchten wieder aufzunehmen und so ein schnelles
                              Erhärten der Mörtel herbeizuführen. Wenn sich diese Doppelsalze oder analoge
                              Verbindungen während des Brennens der künstlichen Gemenge (mit oder ohne Zusatz von
                              Alkalisalzen) bilden, so sind die erzeugten Silicate wasserfrei und befinden sich
                              daher in dem Augenblick, wo man sie mit Wasser in Berührung bringt, in demselben
                              Zustand wie die natürlichen Producte nach ihrem Brennen. Es findet daher beim
                              Erhärten der hydraulischen Mörtel noch eine Wirkung statt, analog derjenigen welche
                              das Erhärten des Gypses veranlaßt, nämlich eine Hydratbildung.
                           Uebrigens möchte ich aus meinen Beobachtungen keineswegs den Schluß ziehen, daß sich
                              die hydraulischen Kalke ohne Gegenwart von Kali oder Natron gar nicht bilden können;
                              es ist möglich daß die Verbindung von Kieselerde oder Thonerde mit Kalk ebenfalls
                              die Eigenschaft besitzt Wasser zu absorbiren und in den Hydratzustand
                              überzugehen.
                           
                        
                           Cement auf nassem Wege.
                           Das kieselsaure Kali und Natron gestatten nach meiner Ansicht zahlreiche und wichtige
                              neue Anwendungen. Bringt man, selbst in der Kälte, Kreide mit Auflösungen derselben
                              in Berührung, so werden die Säuren zwischen den beiden Salzen zum Theil
                              ausgetauscht; ein Theil der Kreide verwandelt sich in kieselsauren Kalk und eine
                              entsprechende Menge Kali in kohlensaures Kali.
                           Nachdem gepulverte Kreide auf diese Art theilweise in kieselsauren Kalk verwandelt
                              worden ist, wird die Masse an der Luft nach und nach so hart und sogar noch härter
                              als die besten hydraulischen Cemente.  Man erhält auf diese Art einen künstlichen Stein,
                              welcher, wenn die Masse flüssig genug und mit der hinreichenden Menge kieselsauren
                              Alkalis bereitet worden ist, die Eigenschaft besitzt, den Körpern auf welche er
                              aufgetragen wurde, sehr stark zu adhäriren. Man kann also mit dem kieselsauren Kali
                              oder Natron Materialien herstellen, welche den Cementen analog sind, ohne daß es
                              nöthig ist die Kalksteine zu brennen. Diese Kitte werden sich unter Umständen zum
                              Restauriren öffentlicher Monumente und zur Erzeugung von geformten Artikeln benutzen
                              lassen, wenn man sich einmal die auflöslichen Alkalisilicate im Handel wohlfeil
                              verschaffen kann.
                           
                        
                           Fabrication von harten Steinen mittelst weicher und poröser
                                 Kalksteine.
                           Bringt man mit einer Auflösung von kieselsaurem Kali oder Natron die Kreide nicht in
                              Pulverform, sondern als consistenten Teig zusammen, so absorbirt sie ebenfalls
                              Kieselerde: die Kreide nimmt an Gewicht zu, erhält ein glattes Ansehen, ein dichtes
                              Korn und je nach ihrem Eisengehalt eine mehr oder weniger gelbliche Farbe.
                           Das Eintauchen kann man in der Kälte oder Wärme vornehmen und man braucht das Product
                              nur einige Tage der Luft auszusetzen, damit sich die Kreide oder jeder andere poröse
                              Kalkstein in ein Kalksilicat verwandelt, welches so hart ist, daß es einige
                              Marmorarten ritzt und dessen Härte an der Luft nach und nach noch zunimmt: 3 bis 4
                              Proc. absorbirter Kieselerde ertheilen der Kreide schon eine sehr große Härte.
                           Die so bereiteten Steine nehmen eine schöne Politur an; die Erhärtung, welche an der
                              Oberfläche beginnt, dringt aber nur dann bis in die Mitte ein, wenn der Stein porös
                              genug ist. Kreide mit dichtem Korn wird nur an der Oberfläche sehr hart, weil die
                              Luft nicht bis in die Mitte eindringen kann. Beseitigt man auf letztern Steinen die
                              erhärtete Oberfläche durch Reibung, so bildet sich eine andere harte Steinschicht,
                              welche Silicat enthält: für diese allmähliche Erhärtung erhält man bessere
                              Resultate, wenn man die Steine anstatt der trockenen Luft, einer etwas feuchten Luft
                              aussetzt.
                           Wegen ihrer Härte, ihres feinen und gleichförmigen Korns, gestattet die so präparirte
                              Kreide für Bildhauerarbeiten, verschiedene Zierrathen, selbst sehr zarte, eine
                              nützliche Anwendung; denn wenn man die Kreide im Zustand geeigneter Trockenheit
                              präparirt, was erforderlich ist um gute Resultate zu erhalten, so werden die
                              Oberflächen durchaus nicht verändert.
                           
                           Ich habe versucht diese Steine zum lithographischen Druck anzuwenden und meine ersten
                              Resultate versprechen mir einen vollständigen Erfolg. Man muß die Oberfläche nach
                              dem Abschleifen mit Bimsstein, an der Luft hinreichend erhärten lassen, ehe man die
                              Zeichnung darauf anbringt.
                           Zu letzterm Gebrauch muß man Kreide von sehr dichtem und gleichförmigem Korn
                              auswählen, denn die natürliche Kreide ist immer in allen Richtungen mit Adern von
                              Kalksilicat oder krystallisirtem kohlensauren Kalk versehen, welche nach der
                              Behandlung mit kieselsaurem Alkali sichtbar werden.
                           Meine Methode die weichen Kalksteine in kieselerdehaltige zu verwandeln, kann für die
                              Baukunst sehr wichtig werden. Man kann darnach Zierrathen, welche der Feuchtigkeit
                              widerstehen und sehr dauerhaft sind, wenigstens auf ihrer Oberfläche, mit geringen
                              Kosten herstellen, und in vielen Fällen wird man alte Monumente, welche aus Mörtel
                              und weichem Kalkstein hergestellt wurden, durch Anstreichen mit einer Auflösung von
                              kieselsaurem Kali gegen weiteres Verderben schützen können; derselbe Anstrich dürfte
                              in allgemeine Anwendung in solchen Ländern kommen, wo, wie in der Champagne, die
                              Kreide fast das einzige Baumaterial bildet.
                           Man wird natürlich fragen, was aus dem Kali oder kohlensauren Kali wird, und ob nicht
                              eine Veränderung der mit Kieselerde verbundenen Steine durch die Salpeterbildung zu
                              befürchten ist; eine solche Frage kann nur die Erfahrung beantworten. Nachdem ich
                              Kreide mit kieselsaurem Natron präparirt hatte, entstanden an der Oberfläche dieses
                              Steins reichliche Auswitterungen von kohlensaurem Natron und der Stein litt dadurch
                              nicht im geringsten, so hart war er geworden. Man erhält analoge Producte, wenn man
                              kohlensauren Baryt, Strontian, kohlensaure Bittererde, Bleiweiß etc. mit
                              kieselsaurem Alkali behandelt. Durch Anrühren von gepulvertem Bleiweiß mit solcher
                              Lösung kann man geformte Artikel von großer Schönheit erzeugen, welche sehr hart
                              sind und Politur annehmen.
                           
                        
                           Verkieselung des Gypses.
                           Der Gyps wird durch die Alkalisilicate noch schneller und viel vollständiger zersetzt
                              als die Kreide. Der krystallisirte schwefelsaure Kalk wird nur an der Oberfläche
                              angegriffen; wenn aber die Krystalle grob gepulvert wurden, verwandeln sie sich
                              schon in der Kälte in eine weiße halbdurchsichtige Gallerte. Bringt man den
                              geformten Gyps in Berührung mit einer Auflösung von kieselsaurem Kali, so wird er an
                              seiner Oberfläche
                              sehr hart und auffallend glatt. Wenn aber die Zersetzung zu schnell stattfand,
                              beschränkt sie sich rein auf die Oberfläche und schon nach einigen Tagen bekommt der
                              gekieselte Theil (in Berührung mit der Luft) Risse und läßt sich durch schwaches
                              Drücken lostrennen.
                           Um Gyps zu verkieseln (in Kalksilicat zu verwandeln), muß man ihn also mit schwachen
                              Auflösungen behandeln und ihn durch einige dazwischen gelagerte Körper, z.B. Kreide,
                              Talk, feinen Sand etc. poröser machen oder ihn direct mit dem flüssigen Silicat zu
                              einem Teig anmachen, um dann die Kieselung durch Eintauchen zu vervollständigen.
                           
                        
                           Manganhaltige künstliche Steine.
                           Die Einwirkung des mangansauren Kalis auf die Kreide und den Gyps ist merkwürdig;
                              nachdem in Folge der Zersetzung der Mangansäure verschiedene Färbungen aufeinander
                              folgten, bleibt die Kreide mit einer großen Menge Manganoxyd imprägnirt und erlangt
                              an der Luft eine beträchtliche Härte. Ein Theil des Manganoxyds bildet auf der
                              Oberfläche dieser Steine Baumzeichnungen, wie man sie auf den natürlichen Steinen
                              findet. Der geformte Gyps zeigt dasselbe Verhalten; da aber die Erhärtung nur auf
                              der Oberfläche eintritt, so muß man den Gyps mit mangansaurem Kali anrühren, um ein
                              gleichförmiges Product zu erhalten.
                           
                        
                           Verbindungen des Kalks mit verschiedenen Oxyden.
                           Die zuletzt erwähnten Versuche veranlaßten mich, die Verwandtschaft des Kalks zu den
                              schwachen Säuren, z.B. der Kieselsäure, oder zu den Oxyden, welche die Rolle einer
                              Säure spielen können, näher zu untersuchen; ich fand, daß dieselbe stark genug ist,
                              damit der Kalk die auflöslichen alkalischen Verbindungen dieser Oxyde oder Säuren
                              zersetzen kann. So entzieht zerfallener Kalk das Kupferoxyd der ammoniakalischen
                              Auflösung desselben und bildet kupfersauren Kalk, was uns den Schlüssel zur Bildung
                              des Mineralblau (Bremerblau) liefert.
                           Der Kalk entzieht die Thonerde ihrer Auflösung in Kali nur unvollkommen. Ich habe mit
                              zerfallenem Kalk und schwefelsaurer Thonerde oder anderen schwefelsauren Salzen
                              Teige bereitet, wovon einige eine ziemliche Härte erlangen, und welche wegen ihrer
                              verschiedenartigen Farben zur Erzeugung von Stuck etc. geeignet seyn dürften.
                           
                        
                           
                           Wirkung der auflöslichen Salze auf die unauflöslichen
                                 Salze.
                           So oft man ein unauflösliches Salz in Berührung mit der Auflösung eines Salzes
                              bringt, dessen Säure mit der Basis des unauflöslichen Salzes ein noch
                              unauflöslicheres Salz bilden kann, findet ein Austausch statt; meistens ist dieser
                              Austausch aber nur ein theilweiser. Diesem allgemeinen (Berthollet'schen) Gesetz gemäß, kann man nicht nur die Kreide, den Gyps,
                              kohlensauren Baryt etc., sondern auch den phosphorsauren Kalk, das kohlensaure und
                              chromsaure Blei etc. mittelst kieselsauren Kalis zum Theil zersetzen.
                           Bringt man kohlensaures Blei (es mag nun nach dem holländischen Verfahren oder durch
                              Zersetzung eines basischen Bleisalzes durch einen Strom Kohlensäure bereitet seyn)
                              in Berührung mit einer Auflösung von chromsaurem Kali, selbst in der Kälte, so
                              bildet sich eine reichliche Menge von chromsaurem Blei. Gut ausgewaschenes
                              kohlensaures Blei und doppelt-chromsaures Kali bilden
                              doppelt-kohlensaures Kali und chromsaures Blei;
                              die Flüssigkeit wird gleich anfangs alkalisch reagirend; man erhält nach diesem
                              Verfahren chromsaures Blei von herrlicher Farbe, wenn man die Einwirkung zu einer
                              Zeit aufhält, wo die Flüssigkeit noch nicht zu stark alkalisch geworden ist, denn in
                              letzterm Falle tritt das Kali die Chromsäure schwer an das Bleioxyd ab.
                           Nach demselben Gesetz verwandelt das kohlensaure Kali den Gyps in kohlensauren Kalk;
                              das chromsaure Kali verwandelt den kohlensauren Kalk zum Theil in chromsauren Kalk
                              und das kieselsaure Kali gibt mit dem chromsauren Kalk eine gewisse Menge
                              kieselsauren Kalk.
                           
                        
                           Bildung der natürlichen Kalksilicate.
                           Die Natur scheint oft zu analogen Umwandlungen gegriffen zu haben, wie ich sie zur
                              Fabrication der künstlichen Steine anwende. Muß man nach meinen Versuchen nicht
                              annehmen, daß der kieselsaure Kalk, welcher die Kreide begleitet, durch das
                              Einsickern einer Auflösung von kieselsaurem Alkali erzeugt wurde, um so mehr da die
                              Kreide ein wenig Kali enthält und Adern von kieselsaurem Kalk die Kreide oft in
                              allen Richtungen durchziehen.
                           Mit Manganoxyd imprägnirte Kalksteine, welche ähnliche Baumzeichnungen haben, wie sie
                              beim Tränken von Kreide mit mangansaurem Kali entstehen, kommen nicht selten
                              vor.
                           In der Nähe von Nontron, Confolens und Perigueux findet man Thonmergel, welcher weich
                              ist, wenn er aus dem Steinbruch kommt und durch den Nagel leicht Eindrücke erhält,
                              aber an der Luft dann so hart wird, daß er eine schöne Politur annimmt. Ich habe in diesen Steinen Kali
                              gefunden.
                           
                        
                           Ursachen des Erhärtens der künstlichen Steine.
                           Nun ist noch die Frage zu beantworten: wie wirkt die Luft beim Erhärten der
                              künstlichen Steine?
                           Da der kieselsaure Kalk, welcher durch den Säure-Austausch erzeugt wurde, im
                              Augenblick seiner Entstehung in gallertartigem Zustande ist, so kann die mit diesem
                              Silicate imprägnirte Kreide offenbar nur dadurch Härte erlangen, daß das Silicat
                              beim Austrocknen immer mehr schwindet oder durch eine entstehende innigere
                              Verbindung. Ist aber diese Ursache, welche die Eigenschaft der Kreiden im
                              Allgemeinen, nach langer Berührung mit der Luft hart zu werden, genügend erklärt,
                              auch die einzig wirksame beim Erhärten der künstlich gekieselten Kreide? Ich machte
                              Kreidekugeln von gleichem Durchmesser, kieselte sie unter denselben Umständen und
                              als sie aus der Auflösung des kieselsauren Kalis kamen, setzte ich die eine der
                              freien Luft aus, die andere aber brachte ich unter eine Glasglocke mit einigen
                              Stücken gebrannten Kalks, so daß die äußere Luft ganz abgeschlossen war; nach vier
                              Tagen war die der freien Luft ausgesetzte Kugel merklich härter geworden als die
                              unter die Glocke gebrachte.
                           Hieraus glaubte ich schließen zu können, daß die Kohlensäure der Luft beim Erhärten
                              der künstlichen Silicate eine Rolle spielt, wenn sie mit kieselsaurem Alkali
                              imprägnirt bleiben, und ich überzeugte mich unschwer davon, indem ich frisch mit
                              Silicat getränkte Kreide mit Kohlensäure in Berührung brachte. Letztere wurde in
                              großer Menge absorbirt. Ich fand bald, daß diese Absorption von Kohlensäure durch
                              das kieselsaure Kali veranlaßt wurde, welches die Kreide in Folge ihrer Porosität
                              zurückhielt; dasselbe verwandelt sich dabei in kohlensaures Kali, während in der
                              Kalkmasse ein Niederschlag von Kieselerde entsteht, der sich zusammenzieht und
                              dadurch bedeutend beiträgt, daß sie eine große Härte erlangt.
                           Setzt man eine Auflösung von kieselsaurem Kali der Luft aus, so gerinnt sie langsam
                              und ist in fünfzehn Tagen in eine vollkommen durchsichtige Gallerte verwandelt,
                              welche nach und nach einschrumpft und eine große Härte erlangt, ohne ihre
                              Durchsichtigkeit zu verlieren. Das Kali geht in kohlensaures über; nach mehreren
                              Monaten ist die so erhaltene Kieselerde hart genug um das Glas zu ritzen.
                           Die Resultate dieser Versuche beweisen wohl genügend, daß bei meiner Methode die
                              künstlichen Steine zu präpariren, einerseits das kieselsaure Kali und der
                              kohlensaure Kalk ihre Säuren theilweise austauschen und andererseits auch eine
                              langsame Zersetzung des kieselsauren Alkalis durch die Kohlensäure der Luft
                              stattfindet. Bereitet man die künstlichen Steine mit Thonerde-Kali, so
                              veranlaßt die Berührung der Luft analoge Resultate; die durch die Kohlensäure aus
                              dem Kali-Aluminat gefällte Thonerde nimmt ebenfalls durch ein langsames
                              Schwinden eine sehr große Härte an.
                           
                        
                           Bildung der kieselerdehaltigen, thonerdehaltigen etc.
                                 Gebirgsarten.
                           Durch diese merkwürdige Reaction wird es höchst wahrscheinlich, daß nicht nur alle
                              Einsickerungen und die Krystallisationen von Kieselerde im Kalkgebirg, sondern auf
                              eine unendliche Menge in der Natur vorkommender kieseliger und thoniger Massen
                              analogen Reactionen ihre Entstehung verdankt. Muß man nicht annehmen, daß der
                              Feuerstein, die Achate, das versteinerte Holz etc. keinen andern Ursprung haben,
                              nämlich bei der langsamen Zersetzung eines aufgelösten kieselsauren Alkalis durch
                              die Kohlensäure entstanden?
                           Zur Bestätigung dieser Hypothese schien es mir von Wichtigkeit zu ermitteln, ob die
                              im Mineralreich vorkommende Kieselerde noch Spuren von Kali oder Natron enthält. In
                              der That fand ich Kali in dem Feuerstein aus dem Kreidegebirg; wenn man ihn glüht,
                              pulvert und mit destillirtem Wasser behandelt, so erhält letzteres eine deutliche
                              alkalische Reaction. Dieß ließ sich auch erwarten, denn das Kalksilicat und die
                              Kreide, welche häufig die Feuersteinknollen umhüllen, sind selbst schwach
                              alkalisch.
                           Auch habe ich kleine Mengen von freiem oder kohlensaurem Alkali in dem
                              Kieselerdehydrat oder Opal von Cassella-Monte gefunden, ferner in einer
                              derben Masse thonerdehaltiger Kieselerde von weißer Farbe, welche sich sanft
                              anfühlt, vom Wasser nicht durchdrungen wird und in der Kreide an den Ufern des
                              Briare-Canals bei Montargis vorkommt.
                           Kali und Natron dürften also bei der Bildung der meisten Kieselerde und Thonerde
                              enthaltenden Gebirgsarten vorhanden gewesen seyn.
                           Der kieselerdehaltige Niederschlag, welchen einige Mineralwasser, besonders die des
                              Geyser in Island bilden, dann das Vorkommen kleiner Mengen aufgelöster Kieselerde in
                              vielen Wässern, selbst dem Flußwasser, besonders aber den Springwässern, lassen sich
                              nur auf analoge Weise erklären; sie beruhen auf der Zersetzung der kohlensauren
                              Erden durch das kieselsaure Kali oder Natron, wobei kieselsaure Erden entstehen, welche durch die
                              langsame Einwirkung von Wasser, das viel Kohlensäure oder Alkali-Bicarbonat
                              enthält, unter Umständen ihre Kalkerde oder Bittererde verlieren können.
                           Im Verlauf meiner Versuche fand ich, daß das mangansaure Alkali eine ähnliche Rolle
                              spielt, wie das Silicat und Aluminat desselben. Man muß daher die Enstehung vieler
                              manganhaltigen Mineralien auf ähnliche Weise erklären. In dieser Ansicht bin ich
                              noch dadurch bestärkt worden, daß ich bei Behandlung vieler Proben krystallisirten
                              Braunsteins mit destillirtem Wasser ein wenig Kali erhielt.
                           Da es eine dem mangansauren Kali analoge Verbindung gibt, worin das Eisenoxyd die
                              Rolle einer Säure spielt, so läßt sich vielleicht auch die Entstehung des Eisenglanz
                              auf analoge Weise erklären. Wenigstens spricht dafür der Umstand, daß ich in dem
                              Eisenglanz von der Insel Elba und anderen Fundorten ein wenig Alkali entdeckt
                              habe.
                           Man muß in Zukunft das Kali und Natron, welche bei den meisten Formationen auf nassem
                              Wege thätig gewesen zu seyn scheinen, in allen Mineralspecies aufsuchen, besonders
                              solchen, welche Metalle enthalten, deren Oxyde die Rolle einer Säure spielen können.
                              Man wird sich dann leicht die Entstehung des Zinkspaths, Zinnsteins und selbst des
                              sibirischen Rothbleierzes erklären können; das chromsaure Blei ist in einem
                              Ueberschuß von chromsaurem Alkali auflöslich und scheidet sich allmählich aus dieser
                              Auflösung krystallinisch ab.
                           Aber nicht nur in den porösen oder derben und in den krystallisirten Kalksteinen, in
                              den Dolomiten und verschiedenen kieselerdehaltigen derben Massen, habe ich ein wenig
                              Alkali aufgefunden, sondern auch im Talk, Asbest, Smirgel, Smaragd, Antimonglanz,
                              Molybdänglanz etc.
                           
                        
                           Bemerkungen zu Kuhlmann's Abhandlung.
                           Hr. Kuhlmann will abermals der
                              Welt glauben machen, daß er in Betreff dieses Gegenstandes etwas Originelles zu Tage
                              gefördert habe; und so müssen wir ihm denn abermals sagen, daß dieses nicht der Fall
                              ist, und das Wesentliche seiner Production in den Abhandlungen von Fuchs
                              „über Kalk und Mörtel“ (Erdmann's Journal für technische und ökonomische
                              Chemie Bd. VI), in der von der holländischen Gesellschaft der Wissenschaften in
                              Haarlem gekrönten Preisschrift „über die Eigenschaften und Bestandtheile
                                 der hydraulischen Mörtel“ (polytechn. Journal Bd. XLIX S. 271) und zum Theil auch in seiner
                              Abhandlung „über ein nutzbares Product aus Kieselerde und Kali, das Wasserglas“ (polytechn. Journal Bd. XVII S. 465) sich findet. Da Hr. 
                              Kuhlmann dieses völlig ignorirt, als ein Elsasser aber
                              der deutschen Sprache so weit mächtig ist, daß er die deutsche Literatur benutzen
                              kann, so muß man annehmen, daß er absichtlich ein Plagiat beging.
                           Er spricht immer von kieselsaurem Kali, Alkali-Silicat, ohne das Wasserglas
                              (verre soluble, wie es Dumas genannt hat) zu nennen, wohl nur um die Quelle zu verheimlichen, aus
                              welcher er geschöpft hat. Oder gibt es, kann man mit Recht fragen, ein anderes
                              Alkali-Silicat, was zu denselben Zwecken gleich brauchbar ist? Und wenn Hr.
                              Kuhlmann zu seinen
                              Versuchen ein anderes verwendet hat, warum sagt er es nicht und läßt den Leser in
                              Ungewißheit? Wer immer mit diesem Gegenstand vertraut ist, wird annehmen, daß sich
                              Hr. K. bei seinen Versuchen durchgängig des Fuchs'schen
                              Wasserglases bedient habe.
                           Sowie hinsichtlich des Wasserglases eignet sich Hr. Kuhlmann auch in Betreff des hydraulischen
                              Kalkes die Entdeckungen von Fuchs an. Er will den Leser
                              glauben machen, daß er das Kali im hydraulischen Kalk ausfindig gemacht habe,
                              während Fuchs dasselbe schon vor 18 Jahren darin entdeckt
                              und zugleich die wichtige Erfahrung gemacht hat, daß es daraus sowie auch aus andern
                              Silicaten frei gemacht und ausgeschieden wird. Hr. Prof. von Liebig sagt hierüber: „Diese
                                 schönen Beobachtungen sind zuerst von Fuchs in
                                 München gemacht worden; sie haben nicht allein zu Aufschlüssen über die Natur
                                 und Eigenschaften der hydraulischen Kalke geführt, sondern, was für weit
                                 wichtiger gehalten werden muß, sie haben die Wirkung des ätzenden gelöschten
                                 Kalkes auf die Ackerkrume erklärt und der Agricultur ein unschätzbares Mittel
                                 geliefert, um den Boden aufzuschließen und die den Pflanzen unentbehrlichen
                                 Alkalien in Freiheit zu setzen.“ (Die Chemie in ihrer Anwendung auf
                              Agricultur und Physiologie von J. Liebig, 1846, S.
                              173.)
                           Dieses Verhalten des Kalks zu den Silicaten, welche ein Alkali enthalten, beweist
                              deutlich, daß das Erhärten des hydraulischen Kalks auf einem chemischen Proceß
                              beruht, indem dabei die Alkalien gegen den vorhandenen freien Kalk ausgetauscht
                              werden, welcher sich mit dem Thonerde-Silicat verbindet. Es ist daher
                              begreiflich, daß die Alkalien beim Erhärten des hydraulischen Kalks vortheilhaft
                              wirken können, wie auch Fuchs ausdrücklich gesagt hat.
                              Man würde aber sehr irren, wenn man glaubte, ohne die Gegenwart von Alkalien könne
                              kein hydraulischer Kalk gebildet werden. Wenn Hr. Kuhlmann dieses Vortheils wegen, welchen die
                              Alkalien gewähren, glaubt, daß sie zu den wesentlichen Bestandtheilen des
                              hydraulischen Kalks gehören, so gibt er zu erkennen, daß er hierüber noch lange
                              nicht im Klaren ist, und nicht zu unterscheiden weiß zwischen dem, was während des
                              Erhärtens des hydraulischen Kalks vorgeht, wobei die Alkalien ganz oder
                              größtentheils ausgeschieden werden, und dem, was das vollendete Product enthält,
                              welchem nur mehr wenig oder gar kein Alkali beigemischt seyn kann.
                           Hr. Kuhlmann ermangelt nicht
                              sich gegen Hrn. Vicat zu
                              entschuldigen, daß er ein neues Agens in die Bildungstheorie der hydraulischen Kalke
                              einführe – unbeschadet des Grundprincips von Hrn. Vicat. Dieser hatte aber früher gar kein Princip, sondern arbeitete immer nur aufs
                              Gerathewohl hin, wie jeder finden wird, der sich die Mühe nehmen will, seine
                              confusen Arbeiten durchzugehen.Hr. Dr. F. Knapp sagt
                                    in seinem schätzbaren Lehrbuch der chemischen Technologie Bd. I S. 632:
                                    „Obgleich sich dieser Techniker (Hr. Vicat) in Frankreich einen
                                       bedeutenden Namen erworben und unter den Herolden seines Ruhmes die
                                       ersten Männer der Wissenschaft zählt, so erscheinen doch seine
                                       Leistungen keineswegs damit im Gleichgewichte. Wenn man auch anerkennen
                                       muß, daß ihm die Ausübung viele werthvolle Beobachtungen verdankt, so
                                       hat ihn doch seine unverantwortliche Unkenntniß fremdländischer
                                       Literatur zu vieles Ueberflüssige thun und veröffentlichen lassen; sowie
                                       sein Unvermögen, von der Oberfläche der
                                          Beobachtung auf den wahren wissenschaftlichen Boden
                                          niederzudringen, die Schuld ist, daß er in der unklaren Mitte
                                       zwischen Theorie und Empirie schweben blieb, und seine weitschweifigen
                                       Abhandlungen außer ihm nur Wenigen verständlich seyn
                                       möchten.“
                                     Was er später auf eine obscure Weise von einer Theorie vorbrachte, hat er
                              unzweifelhaft plagiarisch unserm Fuchs entnommen.
                           Das Mittel, welches Hr. Kuhlmann angibt, eine Art hydraulischen Mörtels bloß an den äußern
                              Theilen der Arbeiten zu erzeugen, möchten wir bei Wasserbauten keinem Baumeister
                              anrathen; denn dieses Mittel kann nur dazu dienen, den Kalk hinter der Kruste,
                              welche durch das Wasserglas auf der Oberfläche gebildet wird, eine lange Reihe von
                              Jahren in weichem Zustande zu conserviren, aber nicht dem Mauerwerk Festigkeit zu
                              geben, welche nur durch den hydraulischen Kalk erreicht werden kann. Und wenn dieser
                              nicht schnell genug anzieht, so kann man dabei mit Vortheil vom Wasserglas Gebrauch
                              machen, wie Fuchs dargethan hat, indem er sagt:
                              „Ein sehr gutes Mittel, den hydraulischen Mörtel vor dem Zerfallen zu
                                 schützen und in kurzer Zeit zu einer großen Festigkeit zu bringen, ist die
                                 Glasauflösung (Wasserglas). Ueberstreicht man ihn damit, nachdem er zuvor etwas
                                 angezogen hat, und bevor man das Wasser darauf wirken läßt, so kann ihm das
                                 Wasser nicht das mindeste mehr anhaben. Er bekommt eine harte Kruste, hinter
                                 welcher der Kalk und das Cement ruhig und ungestört ihre gegenseitige Einwirkung
                                 fortsetzen können. Kleine Proben, welche ich in sehr verdünnte Glasauflösung
                                 legte, wurden in 2–3 Tagen auf der Oberfläche so hart, daß sie sich nicht
                                 mehr mit dem Fingernagel ritzen ließen.“
                              
                           
                           Hr. Kuhlmann sagt:
                              „Das kieselsaure Kali und Natron gestatten nach meiner Ansicht
                                 zahlreiche und wichtige neue Anwendungen.“ Dasselbe hat Fuchs schon vor 22 Jahren in Betreff des Wasserglases
                              gesagt und auf vieles hingewiesen, wozu es mit geeignetem Zuschlage verwendet werden
                              kann. Er hat das Verhalten desselben zu verschiedenen auflöslichen und
                              unauflöslichen Salzen untersucht, namentlich zum schwefelsauren, kohlensauren,
                              phosphorsauren Bleioxyd, phosphorsaurer Thonerde, Gyps, kohlensaurem und
                              phosphorsaurem Kalk etc., und gefunden, daß einige durch doppelte Verwandtschaft
                              zersetzt werden, andere nicht, wohl aber zu steinharten Massen damit eintrocknen. Zu
                              den letzteren rechnet er auch den kohlensauren Kalk, von welchem Kuhlmann behauptet, daß die Säuren zwischen den beiden
                              Salzen, nämlich des kieselsauren Kalis und des kohlensauren Kalks, zum Theil
                              ausgetauscht werden und ein Theil des kohlensauren Kalks (Kreide) sich in
                              kieselsauren Kalk und eine entsprechende Menge Kali in kohlensaures Kali verwandelt.
                              Es ist aber noch zu beweisen, daß dieser Proceß wirklich statt hat. Dem sey nun wie
                              ihm wolle; der kohlensaure und phosphorsaure Kalk ziehen, wie Fuchs sagt, das Wasserglas so an, daß es, wenn es damit eingetrocknet
                              wird, seine Auflöslichkeit im Wasser ganz oder größtentheils verliert.
                           Obwohl man demnach Hrn. Kuhlmann hinsichtlich der Benützung und Werthschätzung des
                              Wasserglases wenig Eigenthümliches zugestehen kann, so darf man doch seine
                              lobenswerthen Bemühungen nicht verkennen, dem so lange vernachlässigten und beinahe
                              in Vergessenheit gerathenen Wasserglase Geltung zu verschaffen und es in Aufnahme zu
                              bringen.
                           Wir dürfen nun hoffen, daß es endlich auch in Deutschland Anerkennung finden und der
                              Wunsch des Erfinders in Erfüllung gehen werde, welchen er am Schluß seiner vor 22
                              Jahren gedruckten Abhandlung ausspricht. „Möge unterdessen diese junge
                                 Pflanze auf dem Felde der Technik von welcher manche gute Frucht zu erwarten
                                 ist, auch durch andere Hände gepflegt und durch keinen giftigen Hauch in ihrem
                                 Wachsthume gehemmt werden!“
                              
                           
                              E. D.