| Titel: | Ueber Phillips' Apparat zum Feuerlöschen; Anwendung seines Princips zum Löschen eines in Brand gerathenen Steinkohlenbergwerks. | 
| Autor: | E. D. | 
| Fundstelle: | Band 112, Jahrgang 1849, Nr. LXII., S. 277 | 
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                        LXII.
                        Ueber Phillips' Apparat zum Feuerlöschen; Anwendung
                           								seines Princips zum Löschen eines in Brand gerathenen Steinkohlenbergwerks.
                        Ueber Phillips' Apparat zum Feuerlöschen.
                        
                     
                        
                           Das zerstörende Agens bei einem Brande ist die Flamme; sie verursacht den heftigen
                              									Zug, erzeugt die stets zunehmende Hitze und die erstickenden Dämpfe, welche es uns
                              									unmöglich machen in ein brennendes Zimmer einzutreten. Es sind zwei Bedingungen
                              									erforderlich, damit die Flamme entstehen und fortdauern kann – erstens, daß
                              									das brennbare Material eine hinreichend hohe Temperatur erreicht, um beständig
                              									brennbares Gas erzeugen zu können; und zweitens, daß ihm beständig reine Luft
                              									zuströmt. Das gebräuchliche Mittel gegen Feuer ist Wasser. Das Wasser kann aber nur
                              									der ersten dieser Bedingungen entgegenwirken. Wenn die brennende Substanz nicht
                              									schon in wenigen Minuten, nachdem sie in Brand gerieth, so sehr mit Wasser gesättigt
                              									wird, daß sie kein brennbares Gas mehr auszugeben vermag, so wird die Hitze der
                              									Flamme nur noch größer und entzündet dann andere brennbare Gase und Dämpfe aus
                              									verschiedenen Theilen des Zimmers, so daß sich die Flammen in demselben allenthalben
                              									verbreiten und der Inhalt eines Hauses oft verzehrt ist, bevor die Feuerspritze
                              									ankommt.
                           
                           Hr. Phillips schlägt vor, die Flamme dadurch zu
                              									bewältigen, daß man die erwähnte Bedingung ihrer Fortdauer – nämlich den
                              									Zutritt reiner Luft – ganz aufhebt. Mittelst eines Apparats (fire annihilator genannt) verbreitet er in der
                              									Atmosphäre eines in Brand gerathenen Zimmers eine Mischung von kohlensaurem Gas und
                              									Wasserdampf, in welcher die Flamme unmöglich andauern kann. Der Apparat zum Erzeugen
                              									jener Mischung (von welchem bis jetzt noch keine genaue Beschreibung veröffentlicht
                              									wurde) ist tragbar; er wiegt zum Gebrauch für Privatwohnungen nur 20–30 Pfd.;
                              									beim Berühren einer Feder entwickelt sich die gasförmige Mischung in spätestens drei
                              									Secunden. Zum Löschen von großen Magazinen, Fabriken etc. können größere Apparate
                              									angeschafft werden. Während also die Feuerspritze eine bedeutende Kraft zu ihrem
                              									Betrieb erfordert, kann man den neuen Löschapparat eben so leicht und sicher in
                              									Thätigkeit setzen, als man eine Percussionsflinte losschießt. Die das Feuer
                              									erstickende Mischung gewährt überdieß den Vortheil, daß durch sie die Möbeln nicht
                              									beschädigt werden, was beim Löschen des Feuers mittelst Wasser unvermeidlich
                              									ist.
                           Hr. Phillips hat in London durch öffentlich angestellte
                              									Versuche die Wirksamkeit seines Apparats genügend erwiesen.
                           Von seinem Princip wurde bereits in großem Maaßstabe und mit dem besten Erfolge
                              									Anwendung zum Löschen des in einem Steinkohlenbergwerk
                              									ausgebrochenen Brandes gemacht, worüber wir den Bericht
                              									des Hrn. Darlington in den Times folgen lassen.
                           
                              „Am 2. April d. J., sagt derselbe, entdeckte man, daß eine meiner
                                 										Steinkohlengruben zu Astley (bei Manchester) sich schon so weit in Brand befand,
                                 										daß jeder Zutritt durch die gewöhnlichen Schachte unmöglich war. In solchen
                                 										Fällen pflegt man vorerst alle Oeffnungen des Bergwerks zu verstopfen, damit
                                 										keine atmosphärische Luft in dasselbe eindringen kann. Ist nach einiger Zeit das
                                 										Feuer nicht erloschen, so bleibt nichts übrig als die Grube durch irgend eine
                                 										Quelle in der Nähe mit Wasser zu füllen. Bei der ersten Methode ist es sehr oft
                                 										der Fall, daß ungeachtet aller beim Absperren der Schachte angewandten Vorsicht,
                                 										dennoch etwas Luft durch die Verstopfungen und durch die Klüfte des Bodens
                                 										einzieht, welche hinreicht, um für geraume Zeit eine langsame Verbrennung zu
                                 										unterhalten. So ist in dem ausgedehnten Kohlenbergwerk des Lord Bradford zu Bolton eine Grube schon seit zwei Jahren
                                 										in Brand; als das Feuer ausbrach, sperrte man die Grube einige Monate ab, beim
                                 										Oeffnen fand man sie aber noch brennend; die Schachte wurden sogleich wieder
                                 										verstopft, brennen aber jetzt noch fort. Derselbe Fall trat in einer Kohlengrube zu Worsley
                                 										ein, welche man gegenwärtig von dem Bridgewater-Canal aus mit Wasser
                                 										füllt. Wir könnten noch viele Beispiele aufführen, um zu zeigen wie schwierig
                                 										das Löschen einer in Brand gerathenen Kohlengrube ist.
                              
                           
                              In unserem Falle wurde die Grube augenblicklich abgesperrt – nämlich alle
                                 										Oeffnungen so verstopft, daß von der äußeren Luft nichts mehr eindringen konnte;
                                 										es entwichen jedoch aus jeder Spalte im Umkreise der Verstopfungen und durch die
                                 										Oeffnungen in der Erde, schlagende Wetter in solcher Menge, daß die
                                 										Sicherheitslampen in beträchtlicher Entfernung davon ihre Flamme vergrößerten.
                                 										In dieser Verlegenheit schrieb ich an Hrn. Goldsworthy Gurney, welcher bekanntlich die Anwendung von Hochdruckdampf zum
                                 										Ventiliren der Steinkohlengruben in Vorschlag brachte; derselbe kam auch
                                 										sogleich, und nachdem er sich von der Sachlage genau unterrichtet hatte, empfahl
                                 										er die Grube mit kohlensaurem Gas, Stickgas oder einem sonstigen nicht
                                 										brennbaren Gas zu füllen. Dieß schien mir anfangs zu kostspielig, wegen der
                                 										ungeheuren Menge Gas, welche das Anfüllen der Strecken und seitlichen Baue
                                 										erforderte, da sie zusammen über drei engl. Meilen Länge haben; er beseitigte
                                 										aber diesen Einwand durch den Vorschlag, atmosphärische Luft in eine Mischung
                                 										von Kohlensäure und Stickstoff zu verwandeln, indem man sie durch brennendes
                                 										Steinkohlenklein und Kohks (mit Zuschlag von etwas Holzkohlen und Kalk) treibt,
                                 										wo dann das Product der Verbrennung aus den sogenannten stickenden Wettern
                                 										bestehen würde. Wir bauten sogleich aus Ziegeln einen Ofen von vier Fuß im
                                 										Quadrat, in sicherer Entfernung von dem Schacht in welchen die Wetter einfallen.
                                 										Mit dem Aschenfall, welcher außerdem in jeder Hinsicht dicht gemacht wurde,
                                 										verbanden wir einen eisernen Cylinder von dreizehn Zoll Durchmesser, welcher
                                 										sich mit einer knieförmigen Biegung unter Wasser in einem zum Theil gefüllten,
                                 										verschlossenen Faß (Behälter) endigte. Mit dem oberen Theil dieses Fasses, über
                                 										dem Wasser, wurde ein anderes Rohr verbunden und durch die Verstopfung des
                                 										Schachts, in welchem die Wetter einfallen, geführt. Man ließ nun einen kräftigen
                                 										Dampfstrahl zwischen dem Ofen und dem Faß wirken, welcher die Luft durch das
                                 										Feuer hinabzog, und sie durch das Wasser trieb. Ein zweiter Dampfstrahl wurde in
                                 										dem Cylinder über dem erwähnten Schacht angebracht, um die Gase aus dem Faß zu
                                 										ziehen und in den Schacht hinein zu treiben. In der Verstopfung des andern
                                 										Schachts, nämlich des Wetteraufzugs-Schachts, brachten wir ebenfalls
                                 										einen Cylinder an, in welchen wir einen Dampfstrahl leiteten, um aus demselben
                                 										die Luft auszuziehen, dadurch die Wirkung des niederdrückenden Dampfstrahls zu
                                 											unterstützen und
                                 										die künstlich erzeugten stickenden Wetter durch die zwischen beiden Schachten
                                 										befindlichen Strecken zu treiben. Sobald die Kohlen im Ofen in Gluth waren,
                                 										wurde dieser Apparat in Thätigkeit gesetzt. Um uns zu überzeugen, daß die
                                 										unverbrennlichen Gase sich gehörig gebildet hatten, senkten wir mit Terpenthinöl
                                 										getränktes und angezündetes Werg in den vom Aschenfall ausgehenden Cylinder an
                                 										einer Stelle wo die Gase noch nicht mit dem Dampfstrahl in Berührung kamen; dann
                                 										auch in das Faß und in den zweiten Cylinder. Die Flamme erlöschte
                                 										augenblicklich, ein Beweis daß die Gase keinen freien Sauerstoff mehr
                                 										enthielten. Nachdem die Dampfstrahlen beiläufig zwei Stunden lang in Thätigkeit
                                 										gewesen waren, zeigte sich an der Mündung des Wetteraufzugs-Schachts kein
                                 										explosives Gas mehr, vielmehr besaß dasselbe den schwefligen Geruch der
                                 										stickenden Wetter in hohem Grade. Als man nun eine Sicherheitslampe in den auf
                                 										diesem Schacht angebrachten Cylinder hielt, erlöschte sie augenblicklich, wie
                                 										wenn man sie in Wasser getaucht hätte. In einem mit glühenden Kohlen gefüllten
                                 										Becken, welches man in dielen Cylinder senkte, erlöschten die Kohlen sogleich.
                                 										Zu diesen Versuchen wurden die Ströme an den Mündungen beider Schachte einige
                                 										Zeit abgesperrt. Jene Thatsachen überzeugten uns, daß die unverbrennlichen Gase
                                 										durch die ganze Grube gedrungen waren und zwar in der von uns berechneten Zeit;
                                 										wir trieben von denselben ungefähr 6000 Kubikfuß per
                                 										Minute hinein. Man ließ die unverbrennlichen Gase nun noch mehrere Stunden in
                                 										der Grube, um versichert seyn zu können, daß jedes Feuer in derselben gelöscht
                                 										sey. Die Verbindung mit dem Ofen wurde dann unterbrochen und mittelst derselben
                                 										Dampfstrahlen frische Luft durch die Grube getrieben. Nach etwa zwei Stunden
                                 										verschwanden die stickenden Wetter, denn eine Sicherheitslampe brannte nun hell
                                 										im Cylinder am Wetteraufzugs-Schachte. Wir betrachteten die Grube nun als
                                 										vollkommen sicher. Ich befuhr mit mehreren Bergleuten den Förderschacht, 390 Fuß
                                 										tief, bis zu dem Tunnel, welcher zu dem Baue führt; wir fanden Alles Ordnung.
                                 										Der aussaugende Dampfstrahl wurde unterhalten und so die ganze Nacht frische
                                 										Luft durch die Grube getrieben. Am andern Tage durchwanderten mehrere Bergleute
                                 										die Baue und fanden Alles in Ordnung und sicher.“
                              
                           Pelletan hat bekanntlich zuerst auf die außerordentlichen
                              									Wirkungen aufmerksam gemacht, welche sich mit einem Dampfstrahle erzielen lassen; er
                              									fand, daß ein Dampfstrahl, welcher durch eine enge Mündung ausströmt und in einen
                              									cylindrischen Canal zieht, die Luft mit sich fortreißt, so daß hiedurch hinter ihm ein Vacuum von 20 Zoll Quecksilber und vor
                                 										ihm ein eben so starker Druck erzeugt werden kann.Pelletan gründete auf dieses Princip eine
                                    											rotirende Dampfmaschine, ein Flüssigkeits-Hebwerk und einen Apparat
                                    											zum Versieden des Zuckers im luftleeren Raume, welche im polytechn. Journal,
                                    											Jahrgang 1840, Bd. LXXV S. 453 beschrieben sind. Dieses Mittel, ein Saug- und Druckwerk zu ersetzen, hat Hr. Gurney geschickt benutzt, um durch einen höchst einfachen
                              									Apparat ein großes Resultat zu erzielen.
                           
                              E. D.