| Titel: | Untersuchung eines neuen gelben Farbstoffs (Wongshy). Von W. Stein in Dresden. | 
| Fundstelle: | Band 114, Jahrgang 1849, Nr. XXV., S. 136 | 
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                        XXV.
                        Untersuchung eines neuen gelben Farbstoffs (Wongshy). Von W. Stein in Dresden.
                        Aus Hülße's polytechn. Centralblatt, 1849, Lief.
                              19.
                        Stein's Untersuchung eines neuen gelben Farbstoffs.
                        
                     
                        
                           Unter der Benennung Wongshy ist am Ende des vorigen
                              Jahres ein neues Material zum Gelbfärben versuchsweise von Batavia nach Hamburg
                              gebracht worden, wovon ich der Güte des Hrn. Kaufmann Vollsack (Farbmaterialien-Grossogeschäft) eine Probe verdanke. Ob
                              und mit welchem Erfolg davon eine Anwendung zum Färben bis jetzt gemacht worden ist,
                              konnte nicht ermittelt werden; es wird daher, was ich im Folgenden darüber
                              mitzutheilen habe, vielleicht nicht unwillkommen seyn.
                           Das neue Farbmaterial besteht aus den Samenkapseln einer Pflanze, welche nach dem
                              Ausspruch des Hrn. Hofraths Reichenbach zur Familie der
                              Gentianeen gehört. Die Form der einfächerigen Kapseln ist länglich eirund, am
                              Stielende in eine Spitze ausgezogen, am entgegengesetzten stumpfern mit dem
                              vertrockneten sechslappigen Kelche gekrönt. Die Größe derselben ist verschieden,
                              doch beträgt durchschnittlich die Länge 1,5–2'' und der Durchmesser an der
                              dicksten Stelle ungefähr 0,5''. Die Farbe ist ungleichförmig röthlichgelb, an
                              einzelnen Stellen bald dunkler bald lichter. Die Beschaffenheit der Oberfläche ist
                              mehr und weniger unregelmäßig wellig mit 6–8 Längsrippen. Der Geruch ist
                              safranartig, hintennach honigähnlich. Die Schale ist ziemlich hart und spröde, wird
                              aber beim Kauen schnell schleimig, den Speichel gelb färbend und wenig bitter
                              schmeckend; im Wasser quillt sie stark auf. Im Innern der Kapseln befinden sich,
                              ohne Befestigung an den Wänden, in einer verhärteten Pulpa liegend und durch
                              dieselbe fest mit einander verbunden, kleine dunkelrothgelbe Samen mit chagrinartig
                              rauher Oberfläche, deren ich in einer derselben 108 zählte. Diese Samen sind
                              ziemlich hart, beim Kauen nur langsam erweichend, ohne auffallenden Geschmack,
                              jedoch nach einiger Zeit auf der Zungenspitze ein schwaches eigenthümlich
                              säuerlich-süßes Brennen hervorbringend, was an die Wirkung des Paragayroux erinnert. Die Pulpa dagegen, durch welche
                              sie verkittet sind, besitzt einen stark bittern Geschmack, der sich besonders im
                              hintern Theile des Gaumens bemerkbar macht.
                           
                           Der Embryo besteht aus amylumhaltigen Zellen und ist von Albumen umgeben, was sich
                              sehr deutlich durch Jod erkennen läßt, welches den Embryo durch und durch blau
                              färbt, die ihn umgebende Masse aber nicht verändert. Auspräparirt zeigt er unter dem
                              Mikroskope zwei Samenlappen; besonders deutlich zeigt sich die dikotyledonische
                              Beschaffenheit an einem Querschnitte des Samens, welcher durch den Embryo geht.
                              Zugleich bemerkt man hierbei, daß der Farbstoff vollkommen amorph, in den nach innen
                              gelegenen Zellen der Samenhülle gelb mit einem schwachen Stiche ins Grünliche, in
                              den nach außen liegenden dagegen purpurroth erscheint. Auch in den Schalen läßt sich
                              durch Jod Amylum nachweisen, und unter dem Mikroskope erkennt man neben orange und
                              roth gefärbten Zellen auch solche, am äußern Rande liegend, deren Inhalt eine
                              schwach grünliche Färbung besitzt.
                           An Wasser geben die Wongshyfrüchte, besonders zerstoßen, leicht, sowohl bei
                              gewöhnlicher Temperatur als beim Kochen, Farbstoff ab, welcher eine so bedeutende
                              Theilbarkeit besitzt, daß zwei Theile der gestoßenen Kapseln 128 Theile einer
                              Flüssigkeit liefern, die in einem cylindrischen Gefäße von weißem Glase, dessen
                              Durchmesser 3'' im Lichten beträgt, noch hoch weingelb gefärbt erscheint. Der
                              concentrirte Auszug ist sehr schleimig und besitzt eine feuerrothe Farbe, welche bei
                              starker Verdünnung, indem das Roth verschwindet, in Goldgelb übergeht.
                           Auch Spiritus von 80 Proc. Tr. ebensowohl als absoluter Alkohol nehmen, mit den
                              gestoßenen Früchten digerirt, eine feuerrothe Farbe an, die beim Verdünnen
                              gleichfalls Goldgelb wird.
                           Aether färbt sich damit bei gewöhnlicher Temperatur weingelb bis braungelb und
                              hinterläßt nach dem Verdampfen ein dickliches gelbbraunes Oel, welches den Geruch
                              der Früchte, einen milden, schwach bitterlichen Geschmack besitzt, bei 0° nur
                              eine geringe Menge festen Fettes aussondert und, mit salpetersaurem
                              Quecksilberoxydul geschüttelt, selbst nach längerem Stehen, nicht dick wird, demnach
                              zu den austrocknenden Oelen gehört. Durch Verseifen lassen sich daraus vollkommen
                              farblose Fettsäuren erhalten; die Farbe des Oeles ist sonach durch einen geringen
                              Gehalt mitausgezogenen Farbstoffs bedingt.
                           Fettes Oel nimmt weder bei gewöhnlicher Temperatur noch in der Hitze Farbstoff aus
                              den Früchten auf.
                           Der wässerige Auszug gelatinirt auf Zusatz von Alkohol und die gelblich gefärbte
                              Gallert läßt sich durch Auswaschen mit Weingeist vollkommen farblos darstellen. Sie
                              bildet getrocknet eine durchscheinende Masse (in einem Versuche, wo ich sie aus der
                              gegohrenen Farbstofflösung abschied, erhielt ich sie nicht gallertartig, sondern in
                              weichen Flocken, die nach dem Trocknen weiß und undurchsichtig blieben, im übrigen
                              jedoch sich der durchscheinenden Substanz ähnlich verhielten), die sich im Wasser zu
                              einem dicklichen Schleim langsam auflöst. Diese Lösung wird durch Säuren nicht
                              gefällt; Aetznatron bringt nur, im Ueberschusse, eine gallertartige Abscheidung
                              hervor, in geringer Menge zugesetzt, bleibt die Flüssigkeit klar; scheidet alsdann
                              aber auf Zusatz von Säure gallertartige Flocken aus. Aehnlich verhält sich
                              kohlensaures Kali, mit dem Unterschiede, daß ein Ueberschuß erst nach längerer Zeit
                              ein gallertartiges Dickwerden der Flüssigkeit bewirkt und daß durch Säuren eine
                              kleinflockige Ausscheidung erfolgt. Von Barytwasser wird die Lösung so vollständig
                              gefällt, daß die vom Niederschlage abfiltrirte Flüssigkeit beim Verdampfen auf
                              Platinblech und Glühen des Rückstandes nichts Organisches mehr erkennen läßt. Auch
                              Kalkwasser bringt eine ähnliche Fällung hervor und Bleiessig erzeugt einen
                              gallertartigen Niederschlag.
                           Das angeführte Verhalten stimmt mit dem des Pectins überein, wie es Fremy in seiner neuesten ArbeitAnnalen der Chemie und Pharm. Bd. LXVII S. 264. beschrieben hat, und es ist hiernach in den Wongshyfrüchten eine namhafte
                              Menge Pectin enthalten.
                           Wenn die durch Alkohol vom Pectin befreite Flüssigkeit mit wenig essigsaurem
                              Kupferoxyd und mit einer reichlichen Menge Aetznatron versetzt, zum Kochen erhitzt
                              wird, so scheidet sich Kupferoxydul ab. Es ist sonach auch Zucker vorhanden, dessen
                              Gegenwart sich überdieß auch dadurch zu erkennen gibt, daß die zerstoßenen Früchte,
                              mit Wasser angerührt, an einem mäßig warmen Orte leicht in Gährung übergehen. Bei
                              dieser Gährung, welche in einem Versuche länger als drei Wochen fortdauerte,
                              entwickelte sich eine große Menge Kohlensäure und anfangs ein bierähnlicher Geruch,
                              der später in den der Buttersäure und Baldriansäure überging. Als ich nun die
                              gegohrene Flüssigkeit der Destillation unterwarf, erhielt ich ein Destillat, welches
                              keinen Alkohol, sondern nur eine Spur von Essigsäure und Buttersäure enthielt. In
                              der rückständigen Flüssigkeit konnte ich weder Milchsäure noch Mannit auffinden.
                              Diese Gährungserscheinung weicht sonach wesentlich von der sogenannten
                              Schleimgährung ab, bei welcher bekanntlich der Zucker in Kohlensäure, Gummi,
                              Milchsäure und Mannit, gleichfalls ohne Bildung von Alkohol, zersetzt wird.
                           
                           Leimlösung erzeugt in dem wässerigen Auszuge eine Spur eines Niederschlages, von
                              Gerbstoff herrührend;
                           Zinnchlorür bei gewöhnlicher Temperatur auch nach längerer Zeit keine Veränderung;
                              beim Aufkochen einen dunkelorangefarbigen Niederschlag;
                           Bleizucker keine Veränderung;
                           Bleiessig bei gewöhnlicher Temperatur Trübung; beim Aufkochen einen orangefarbigen
                              Niederschlag;
                           Eisenvitriol verändert die Farbe in dunkel Braungelb, ohne daß, weder kalt, noch beim
                              Aufkochen, ein Niederschlag erfolgt;
                           Alaun,Ein Versuch, welchen ich anstellte, um zu prüfen, ob mit Alaun durch Fällung
                                    mit Pottasche eine schöne Lackfarbe erhalten werden könne, lieferte kein
                                    befriedigendes Resultat, indem überhaupt nur wenig Farbstoff auf diese Weise
                                    mit der Thonerde sich niederschlug, durch Auswaschen aber fast vollständig
                                    davon wieder getrennt wurde. essigsaure Thonerde und essigsaures Zinkoxyd bringen erst beim Aufkochen
                              gelbe Niederschläge hervor;
                           Barytwasser schon bei gewöhnlicher Temperatur einen gelben Niederschlag, der beim
                              Aufkochen einen Stich ins Röthliche annimmt;
                           Kalkwasser einen rein gelben Niederschlag, der durch Auskochen seine Farbe nicht
                              ändert. Gyps- und Chlorcalciumlösung werden dadurch, selbst kochend, nicht
                              gefällt; auch Brunnenwasser mit einem bedeutenden Gehalt an kohlensaurem Kalk
                              schlug, selbst in der Wärme, den Farbstoff nicht nieder; er ist sonach nicht im
                              Stande die Verbindungen des Kalks mit Säuren zu zersetzen.
                           Gegen die Auflösung des von Pectin vollständig befreiten Farbstoffs verhalten
                              Baryt- und Kalkwasser sich etwas anders, indem die Niederschläge erst beim
                              Aufkochen entstehen und in beiden Fällen orange gefärbt sind.
                           Aetznatron, Aetzammoniak und kohlensaures Kali machen die Farbe dunkler und nüanciren
                              sie in Braun. Diese Erscheinung gehört aber nicht dem Farbstoffe selbst an, sondern
                              rührt von der Einwirkung der Alkalien auf den vorhandenen Schleimzucker und einen
                              sehr bittern, leicht veränderlichen Stoff her, den ich nicht zu isoliren im Stande
                              war. Gleichzeitig ist beim Aufkochen der Flüssigkeit, wenn kohlensaures Kali oder
                              Aetznatron angewendet wurden, durch im obern Theil des Gefäßes angebrachtes rothes
                              Lackmuspapier die Entwickelung von Ammoniak wahrzunehmen.
                           
                           Salpetersäure, in geringer Menge und bei gewöhnlicher Temperatur, verändert die
                              Flüssigkeit nicht; in größerer Menge zugesetzt, macht sie das Roth aus der Farbe der
                              Flüssigkeit verschwinden und diese erscheint rein, obgleich nur noch schwach gelb
                              gefärbt. Jeder Tropfen Säure erzeugt, indem er die Flüssigkeit fällt, einen
                              grünlichen Schein. Hierin liegt eine entfernte Aehnlichkeit mit dem Safrangelb,
                              welches durch Salpetersäure grün gefärbt wird.
                           Englische Schwefelsäure färbt, kalt, braungelb; durch Kochen wird die Flüssigkeit
                              gelbgrün im durchgehenden, dunkelgrün im zurückgeworfenen Lichte; nach einiger Zeit
                              scheiden sich olivenfarbene Flocken ab, während die Flüssigkeit braunröthlich
                              erscheint.
                           Salzsäure bringt gleichfalls bei gewöhnlicher Temperatur keine Veränderung in der
                              Flüssigkeit hervor; beim Erhitzen wird dieselbe aber, schon ehe sie ins Kochen
                              kommt, im durchgehenden Lichte gelbgrün, im zurückgeworfenen dunkelgrün gefärbt. Es
                              scheiden sich bald dunkelgrüne Flocken ab und die Flüssigkeit zeigt eine
                              braunröthliche Färbung. Auch diese Reaction, welche den Auszug der Wongshyfrüchte
                              von den Lösungen aller übrigen bekannten gelben Farbstoffe unterscheidet, wird nicht
                              durch den reinen Farbstoff, sondern durch den eben erwähnten Bitterstoff
                              hervorgebracht und kann aus diesem Grunde nicht angewendet werden, um die auf Zeugen
                              befestigte Wongshyfarbe zu erkennen, weil der Bitterstoff sich nicht mit der Faser
                              verbindet.
                           Weinsäure und Citronensäure verändern die Farbe ins Braunroth. Metallisches Zink,
                              unter Zusatz von einigen Tropfen Salzsäure, entfärbt die Flüssigkeit bis zum
                              Blaßgelben; die Farbe wird aber an der Luft nicht wieder hergestellt und Wollenzeug
                              dadurch nur schwach gefärbt.
                           Unvollständige Entfärbung bewirken schweflige Säure und Schwefelwasserstoff; die
                              gänzliche Entfärbung aber ist, jedoch nur schwierig, durch die Einwirkung von
                              Chlorwasser zu erreichen. Um die Anwendbarkeit des Wongshyfarbstoffs in der Färberei
                              zu ermitteln, wurde 1 Theil der gestoßenen Kapseln mit 20 Theilen lauwarmen Wassers
                              während 12 Stunden und unter öfterm Umrühren stehen gelassen und hierauf die
                              Flüssigkeit abgeseiht. Auf diese Weise wird der Farbstoff am schnellsten ausgezogen,
                              ohne daß, wie es beim Aufkochen geschehen würde, die Flüssigkeit durch
                              Kleisterbildung allzuschleimig wird.
                           Mit diesem Auszuge wurde nun gehörig vorbereitetes Wollenzeug theils ohne alle Beize,
                              theils gebeizt mit Alaun, Zinnchlorür, essigsaurer Thonerde und Bleiessig, bei einer
                              Temperatur von circa 40° R. (bei höherer Temperatur fällt die Farbe
                              unrein aus) ausgefärbt.Hier muß ich bemerken, daß es mir, trotz wiederholter Versuche, nicht
                                    gelungen ist ein gutes Grün mit dem Wongshygelb darzustellen. Es ergab sich, daß das ungebeizte Zeug bei einmaligem Ausfärben schön und
                              gleichförmig orange gefärbt worden war. Von den vorgebeizten Proben war die mit
                              Alaun und essigsaurer Thonerde besser, als die mit Zinnchlorür; am wenigsten
                              zufriedenstellend aber die mit Bleiessig gebeizte ausgefallen. Der Farbenton war
                              durch die drei erstgenannten Beizmittel nicht verändert, jedoch waren sie weniger
                              intensiv gefärbt und weniger gleichförmig vom Farbstoff durchdrungen. Durch
                              nochmaliges Ausfärben gaben indessen die Proben mit Alaunbeizen ganz
                              zufriedenstellende Resultate. Auch mit Seide verbindet sich der Farbstoff leicht und
                              gleichförmig, indem er ihr eine sehr feurige goldgelbe Färbung ertheilt, so daß ich
                              auch in diesem Falle der unmittelbaren Färbung vor der durch Beizen vermittelten den
                              Vorzug gebe. Baumwolle läßt sich, wie vorauszusehen war, nur mit Hülfe von
                              Beizmitteln färben und zwar schien mir Zinnbeize die besten Resultate zu liefern;
                              die Farbe erschien orange von einem für das Auge sehr angenehmen Ton.
                           Die Farbe sowohl auf Wolle, als auch auf Seide und Baumwolle widersteht der Seife
                              ganz vollkommen, wird aber durch Alkalien gelb, durch Säuren und Zinnsalz ins Rothe
                              nüancirt. Durch dieses Verhalten unterscheidet sich dieselbe von der Farbe des
                              Orleans, mit der sie, wie später noch deutlich werden wird, im Uebrigen große
                              Aehnlichkeit besitzt – eine Aehnlichkeit, die leider auch in der Einwirkung
                              des Lichtes auf dieselbe hervortritt. Am Lichte bleicht nämlich die Farbe auf
                              Baumwolle sehr bald und zwar am schnellsten; weniger schnell auf Wolle und hier
                              wiederum zeigte sie sich haltbarer auf der ungeheizten Probe; am längsten widersteht
                              sie dem Lichte auf Seide, so zwar, daß sie hier im Vergleich mit den übrigen
                              bekannten gelben Farben wohl zu den besten wird gezählt werden können.
                           Durch Anheizen von Wollenzeug mit Kalkwasser und Ausfärben in der kochenden
                              Farbeflüssigkeit erhielt ich ein schönes Gelb mit einem schwachen Stiche ins
                              Röthliche, was der Seife vollkommen und der Einwirkung des Lichtes besser als das
                              Orange widersteht. Von Alkalien, Säuren und Zinnsalz wird es weniger als das Orange,
                              jedoch in ähnlicher Weise verändert. Verschiedene sehr schöne Nüancen von Gelb
                              lassen sich aber erhalten, wenn man der Farbeflüssigkeit Pottasche oder Aetzkali zusetzt und bei
                              gewöhnlicher Temperatur das ungeheizte Zeug ausfärbt. Die Verbindung der Farbe mit
                              der Faser erfolgt schnell, sehr gleichförmig und intensiv. Durch Zusatz von 1 Theil
                              Pottasche auf 30 Theile Farbeflüssigkeit wurde ein Gelb erhalten, welches durch eine
                              geringe Beimischung von Roth besonders feurig erschien; durch Zusatz der doppelten
                              Menge Pottasche ein lebhaftes Gelb mit einem schwachen Stiche ins Grüne. Ein noch
                              größerer Zusatz von Pottasche ist nicht anwendbar, weil dadurch die Farbe stumpf und
                              unrein wird. Aetzkali, anstatt der Pottasche angewendet, liefert im ersten Fall ein
                              reines, lebhaftes Gelb, dem weniger Roth beigemischt ist, als dem durch die
                              Mitwirkung der Pottasche erhaltenen; im letzten Falle ein schönes Canariengelb mit
                              einem Stiche ins Grüne. Ammoniak wirkt ähnlich, wie Pottasche und Aetzkali, doch
                              enthält die Farbe unter allen Umständen mehr Roth. Etwas verschieben nüancirt
                              erscheint auch die Farbe, wenn das Zeug zuerst in der unveränderten Farbeflüssigkeit
                              ausgefärbt und dann, nach dem Auswässern, in ein alkalisches Bad gebracht wird.
                           Für Seide und Baumwolle ist die Wirkung der Alkalien eine ähnliche, doch tritt sie
                              weniger auffallend hervor, weil die Seiden- und Baumwollenfaser den Farbstoff
                              überhaupt in geringerer Menge aufnehmen als die Wolle.
                           Daß diese Farbe der Seife widersteht, versteht sich von selbst; sie widersteht aber
                              auch besser als die orangen der Einwirkung des Lichtes, und wenn man die so
                              gefärbten Zeuge durch ein Essig- oder Salzsäurebad gehen läßt, so erhält man
                              ein lebhaftes Morgenroth.
                           Dieses interessante Verhalten, welches der Wongshyfarbstoff mit dem des Orleans
                              gemein hat, findet seine Erklärung in dem chemischen Charakter des erstern, der eine
                              schwache Säure darstellt. In Folge dessen ist er im Stande, sich mit den Alkalien
                              und, wie die Fällung durch Baryt- und Kalkwasser beweist, den alkalischen
                              Erden zu verbinden. Die Verbindungen mit jenen besitzen eine rein gelbe Farbe und
                              werden durch stärkere Säuren zersetzt, wobei der in Freiheit gesetzte Farbstoff mit
                              lebhaft zinnoberrother Farbe sich abscheidet.
                           Der so abgeschiedene Farbstoff ist aber nicht mehr der, welcher ursprünglich in der
                              wässerigen Auflösung sich befand, denn er ist völlig unlöslich in Wasser geworden
                              und wird nur in geringer Menge und mit goldgelber Farbe, von absolutem Alkohol,
                              Aether und von Spiritus von 80 Proc. Tr. gelöst. Seine Farbe ist feucht,
                              zinnoberroth, getrocknet, im reinsten Zustande, braunroth, ähnlich dem
                              Ratanhiaextract, leicht
                              pulverisirbar; wenn er aber noch Zucker und Fett beigemischt hält, so hat er in
                              dickeren Lagen eine schöne gelblich-rothe Farbe, in dünnen Lagen ist er gelb
                              und durchscheinend und wird an der Luft feucht. Beim Erhitzen des reinen Stoffes auf
                              Platinblech entwickelt sich zuerst ein gelber Dampf und die Farbe wird an einzelnen
                              Stellen rein gelb; später tritt Schwarzwerden, Schmelzen und Verkohlen ein. Die
                              rückbleibende Kohle ist schwer verbrennlich, die gelben Dämpfe verdichten sich, wenn
                              die Probe in einem Glasröhrchen angestellt wird, zu gelben ölartigen Tropfen. Durch
                              concentrirte Schwefelsäure wird er kaum wahrnehmbar blau und die Säure färbt sich
                              mit derselben Farbe, die schnell in Violett und Braunroth übergeht, während der
                              Farbstoff langsam sich auflöst. Durch Wasser wird nur eine schmutzig graugelbliche,
                              stockige Substanz aus dieser Lösung abgeschieden.
                           Mit dem Blauwerden des Orleans durch Schwefelsäure hat indessen das eben angeführte
                              Verhalten des Wongshyfarbstoffs durchaus keine Aehnlichkeit, denn die Flüssigkeit
                              wird nie, wie dieß beim Orleans der Fall ist, rein blau gefärbt, sondern von
                              vornherein, und nur einen Augenblick violett.
                           In Aetzammoniak und Aetznatron ist er mit goldgelber Farbe leicht löslich.
                           Um ihn rein darzustellen, muß man den durch absoluten Alkohol erhaltenen Auszug der
                              zerstoßenen Wongshykapseln durch Destillation vom Alkohol trennen und den Rückstand
                              mit Aether behandeln, um ihn vom Fett zu befreien, ihn alsdann in Wasser auflösen
                              und die Lösung durch Bleizucker unter Zusatz von Ammoniak fällen; den gut
                              ausgewaschenen Bleiniederschlag aber, mit Wasser angerührt, durch
                              Schwefelwasserstoff zersetzen.
                           Wenn man alsdann die vom Schwefelblei getrennte Flüssigkeit mit Salzsäure erhitzt, so
                              färbt sie sich grün, und dampft man sie ab, so erhält man nur eine geringe Menge
                              eines braunen, in Wasser nicht mehr auflöslichen Stoffes; jedenfalls ein
                              Zersetzungsproduct des schon erwähnten Bitterstoffes, der indessen zum größten
                              Theile neben dem Fette in den Aether übergeht.Um denselben aus der ätherischen Lösung rein darzustellen, ließ ich den
                                    Aether verdampfen, behandelte den Rückstand mit Wasser, in dem ich zur
                                    Abscheidung des Fettes Kochsalz löste, entfernte das Fett durch Filtration,
                                    dampfte die Flüssigkeit bei 40° R. ab und zog den Rückstand mit
                                    Alkohol aus. Durch Verdampfen des Alkohol erhielt ich nur einen braunen,
                                    nicht mehr bittern Rückstand, der auch in Wasser nicht mehr löslich war. Behandelt man nun das getrocknete Schwefelblei mit absolutem Alkohol, so färbt er sich gelb
                              und hinterläßt nach dem VerdampfenHierbei bemerkte ich ein einziges Mal in der durch Abdampfen concentrirten
                                    Lösung mit Hülse der Loupe einzelne weiße nadelförmige Krystalle neben dem
                                    amorphen Farbstoffe. den zinnoberrothen, endlich braunroth erscheinenden Farbstoff. Die Ausbeute
                              ist indessen so gering, daß ich mit der erhaltenen Menge leider nicht im Stande war
                              eine Elementaranalyse vorzunehmen. Unter Anwendung der Levol'schen Probe habe ich indessen keinen Stickstoff gefunden, noch durch
                              Kochen mit Aetzlauge einen Schwefelgehalt entdecken können. Die Unlöslichkeit des
                              Farbstoffs in Wasser nach seiner Abscheidung aus der Verbindung mit basischen Oxyden
                              im Gegensatze zu seiner Leichtlöslichkeit in demselben, bevor er mit Basen verbunden
                              war, veranlaßte mich, einige Versuche zur Aufklärung dieser Erscheinung anzustellen.
                              Daß weder der Zucker, noch das Pectin die Löslichkeit des Farbstoffs bedingen
                              können, bewies einestheils der Umstand, daß aus einer noch zuckerhaltigen Lösung,
                              nachdem sie mit Aetznatron aufgekocht worden war, der Farbstoff durch Essig
                              abgeschieden wurde, und daß der rein dargestellte, weder in einer reinen
                              Pectinlösung, noch in einer mit Zucker vermischten, löslich war. Es war mir indessen
                              auffällig, daß die Abscheidung durch Säuren nur nach dem Aufkochen der wässerigen
                              Farbstofflösung mit Aetznatron sogleich erfolgte, bei gewöhnlicher Temperatur aber
                              längere Zeit bedurfte. Hieraus mußte ich schließen, daß der Farbstoff sich
                              ursprünglich in einer Verbindung befinden müsse, die erst durch Kochen mit
                              Aetznatron vollständig zersetzt werde. Ich glaubte eine Ammoniakverbindung annehmen
                              zu dürfen, da ich, wie schon früher erwähnt, beim Kochen mit Aetznatron
                              Ammoniakentwickelung bemerkt hatte. Diese Entwickelung war aber bei gewöhnlicher
                              Temperatur kaum bemerkbar, und durch Zusatz von Chlorplatin wurde, selbst beim
                              Abdampfen der Flüssigkeit, kein Platinsalmiak gebildet. Dieß scheint demnach die
                              Ansicht zu rechtfertigen, daß der Wongshyfarbstoff eine Amidverbindung sey, und
                              diese Ansicht wird noch dadurch unterstützt, daß der Farbstoff nach dem Aufkochen
                              der Lösung mit Aetzammoniak nicht durch Säuren abgeschieden werden kann, dagegen aus
                              der wässerigen Lösung, die nur noch zuckerhaltig war, beim Kochen mit Salzsäure
                              abgeschieden wurde, wobei er allerdings nicht seine zinnoberrothe Färbung zeigte,
                              sondern wohl durch die Zersetzungsproducte des Zuckers braungelb gefärbt
                              erschien.
                           Die endliche Entscheidung dieser Frage durch die Elementaranalyse des löslichen, so
                              wie des unlöslichen Farbstoffs war mir für jetzt wegen Mangels an Material
                              unmöglich, doch hoffe ich später darauf zurückkommen zu können.
                           Schließlich will ich nur noch erwähnen, daß die Wongshyfrüchte 5 Proc. Asche
                              enthalten.