| Titel: | Ueber den Widerstand der Zapfenreibung; von Oberbaurath F. A. v. Pauli. | 
| Fundstelle: | Band 114, Jahrgang 1849, Nr. XXXI., S. 172 | 
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                        XXXI.
                        Ueber den Widerstand der Zapfenreibung; von
                           Oberbaurath F. A. v.
                              Pauli.
                        Aus dem Kunst- und Gewerbeblatt des polytechn. Vereins für
                                 Bayern, Sept. 1849.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Pauli, über den Widerstand der Zapfenreibung.
                        
                     
                        
                           Bei jedem rationellen Industriebetriebe ist es nothwendig jene Ausgaben genau in das
                              Auge zu fassen, welche für die Fabricationsmittel und nicht für Rohstoffe erlaufen.
                              Indessen diese ihrer Natur nach als mehr oder weniger constant zu betrachten sind,
                              hängen die Ausgaben für die Erzeugungsmittel von den gewählten Einrichtungen oder
                              Verfahrungsweisen ab.
                              Die Ersparungen, welche unbeschadet des Zweckes in diesem Theile der Ausgaben sich
                              alljährlich machen lassen, repräsentiren zu Capital erhoben dem Gewerbtreibenden den
                              Betrag, um welchen das Geschäft mehr werth ist, indem ihm die Zinsen dieses Capitals
                              in den Ersparungen zufließen.
                           In der mechanischen Industrie, wo Werkzeuge oder Maschinentheile in tausendfachen
                              Formen täglich in Bewegung sind, spielt die Reibung eine
                              sehr beachtenswerthe Rolle. Nicht nur hängt von der guten Erhaltung der Zapfen und
                              Lager oft der Erfolg der Maschinen ab, und ist der gute Bestand dieser Theile durch
                              die anhaltende Reibung gefährdet; sondern es verschlingt auch nicht selten die
                              Ueberwindung des durch die Reibung hervorgerufenen Widerstandes einen sehr
                              beträchtlichen Theil der bewegenden Kraft. – In dieser zweifachen Hinsicht
                              erscheint daher die Reibung als ein zehrendes Uebel, welches zwar vermindert, aber
                              nie ganz beseitigt werden kann, und man nennt die auf die Zapfenreibung bei
                              Maschinen verwendete Kraft eine verlorne Arbeit.
                           Bei dem Eisenbahntransport zerfällt bekanntlich der Gesammtwiderstand nach seinen
                              veranlassenden Ursachen in drei Hauptabtheilungen, in den der Schwere, den der Luft
                              und den Widerstand der Reibung. Bei gleichen Verkehrsmassen nach beiden Richtungen
                              und wenn die Steigungen der Bahn gewisse Gränzen nicht überschreiten, kann man bei
                              der Erwägung des Gesammtdienstes von dem Widerstand der Schwere ganz Umgang nehmen.
                              In diesem Fall beträgt nach den bisherigen Erfahrungen der Reibungswiderstand aller
                              Zapfen 2/3 bis 3/4 der reinen Zugkraft.
                           Dieses Verhältniß gab Veranlassung zu einer Reihe von Versuchen über Zapfenreibung,
                              die den Gegenstand nachstehender Mittheilung bilden. Diese Versuche wurden in den
                              Jahren 1847/48 in der k. Eisenbahnwagenbau-Anstalt zu Nürnberg unter der
                              Leitung der beiden Maschinenmeister Werder und Hävel ausgeführt, welche sich mit großer Ausdauer
                              denselben hingaben.
                           Bekanntlich bestehen viele Recepte zu Legirungen für Metalllager, welche theils wegen
                              ihres geringen Reibungswiderstandes, theils wegen ihrer Dauer von verschiedenen
                              Seiten empfohlen worden sind. Der Zweck der angestellten
                              Versuche nun war zu ermitteln:
                           a) welche Lagerlegirung bei schmiedeisernen Zapfen den
                              geringsten Widerstand erzeuge, und
                           b) bei welcher Legirung am frühesten eine zerstörende
                              Erwärmung eintrete.
                           
                           Im Verlaufe der bisherigen Betriebserfahrungen hatte die Vermuthung Raum gewonnen, es
                              möchte die geringe Ausdehnung der in Angriff stehenden Lagerflächen an der zuweilen
                              vorgekommenen Erhitzung der Zapfen einigen Antheil haben. Es wurde darum auch dieser
                              Punkt in die Versuchsreihe gezogen, und zwar in der Weise, daß alle Versuche mit
                              zwei Achsen angestellt wurden, deren eine einen größeren, deren andere dagegen einen
                              kleineren Zapfen hatte, indessen alle anderen Verhältnisse gleich waren. Es war eine
                              weitere Aufgabe der Versuche:
                           c) zu ermitteln, ob durch eine geringe Vermehrung der
                              gedrückten und sich reibenden Flächen wirklich eine Verminderung des
                              Reibungswiderstandes herbeizuführen sey.
                           Das erste Erforderniß zu diesen Versuchen war ein geeigneter Kraftmesser (Dynamometer). Der bis jetzt am meisten bekannte Dynamometer
                              ist der Zaum von Prony. Mit diesem Instrumente wird die
                              Arbeitsfähigkeit einer bewegenden Kraft gemessen, indem
                              man sie durch die meßbare Arbeit eines Widerstandes ganz absorbirt. Im vorliegenden
                              Falle sollte aber bei stunden- und tagelanger Andauer die Arbeit eines Widerstandes gemessen werden, welche möglicherweise sehr
                              wechseln konnte. Der Prony'sche Zaum war deßhalb hier
                              nicht anwendbar. Als schicklichste Vorrichtung erschien der
                              Spiralfeder-Dynamometer von White.
                           Das Princip dieses, wie es scheint, nicht sehr bekanntenIn der Eisenbahn-Zeitung von 1848 S. 317 (daraus mitgetheilt im
                                    polytechnischen Journal Bd. CX S.
                                       242) beschreibt Hr. Ed. Schinz den von
                                    ihm erfundenen Dynamometer und bemerkt im Eingange, daß es bisher noch an
                                    einer einfachen Vorrichtung gefehlt habe die Kraft zu ermitteln, welche
                                    jeder einzelne Maschine einer größeren Fabrik absorbirt. – Hrn. Schinz scheinen die beiden dazu ganz geeigneten
                                    Dynamometer des White unbekannt geblieben zu
                                    seyn, welche derselbe in seinem New Century of
                                       Inventions, Manchester 1822, beschrieben hat. Der Dynamometer des
                                    Schinz hat sehr viele Aehnlickkeit mit dem
                                    Gewichtsdynamometer des White. Dynamometers beruht in Folgendem:
                           Man denke sich eine Spiralfeder, gleich der einer Uhr, mit ihrem einen Ende an einer
                              Achse, mit ihrem andern im Innern einer Rolle befestigt, welche concentrisch auf der
                              Achse sich frei drehen kann. Steht nun einerseits mit der Achse irgend eine
                              bewegende Kraft in Verbindung und andererseits mit der Rolle durch einen Treibriemen
                              der Widerstand (hier die Versuchsachse mit dem belasteten Zapfen), so ist klar, daß
                              wenn die Achse ihre Bewegung beginnt, zuvörderst die Spiralfeder sich aufwickeln und
                              spannen muß, bis der Grad ihrer Spannung und beziehungsweise die Spannung des Treibriemens der Kraft des Widerstandes gleich ist. Es ist ferner klar,
                              daß während der ganzen Dauer der Bewegung die Spannung des Treibriemens und
                              beziehungsweise der Feder einen Maaßstab abgibt für die momentane Größe der Widerstandskraft, und daß, wenn man die Geschwindigkeit des Treibriemens aus der Anzahl der Umdrehungen der
                              Rolle in der Zeiteinheit kennt, man sofort durch die Multiplication der Ziffern für
                              Kraft und Geschwindigkeit, als Product den Ausdruck für die in Thätigkeit stehende
                              Arbeit erhält. – Nach dem Satze, daß die Arbeit der bewegenden Kraft stets der Arbeit des Widerstandes gleich ist, können wir auch von
                              der auf diesem Wege ermittelten Arbeit der bewegenden Kraft auf die Größe der
                              Widerstandskraft schließen. Im vorliegenden Falle ist nämlich aus dem Durchmesser
                              und beziehungsweise dem Umfange des Zapfens und der Anzahl seiner Umdrehungen in der
                              Zeiteinheit bekannt, welchen Weg jeder Punkt seiner Oberfläche in derselben Zeit
                              zurücklegt. Wird nun der Ausdruck für die Arbeit durch die Ziffer für den Weg
                              dividirt, so erhalten wir die Größe der Widerstandskraft an der Oberfläche des
                              Zapfens.
                           Alles kömmt bei diesem Apparate darauf an, die Spannung der Spiralfeder während des
                              Ganges der Vorrichtung stets kenntlich zu machen. – Jede Veränderung in der
                              Spannung der Feder setzt eine Verrückung ihrer Endpunkte in deren gegenseitigen
                              Stellung voraus oder, da diese an der Achse und der Rolle befestiget sind, eine
                              Veränderung in der Stellung der Rolle zur Achse. Zur ruhigen Beobachtung dieser
                              Veränderungen ist es nothwendig, dieselben bis außerhalb der rotirenden Theile
                              fortzupflanzen. Dieses geschieht am einfachsten durch die Mitte der Drehungsachse.
                              Zu diesem Ende ist in der Hauptachse und zusammenfallend mit der Drehungsachse eine
                              kleine Oeffnung angebracht und in diese ein Stab eingepaßt, der sich leicht
                              hinein- und herausschieben, jedoch nicht drehen läßt, sey es, indem man die
                              Oeffnung und den Stab viereckig macht, oder einfacher noch, indem man dem Stab einen
                              Führungsstift gibt, der sich in einem Längenschlitz der über das Lager hinaus
                              verlängerten Achse bewegt. Umgibt man nun diese Achsenverlängerung mit einem
                              Cylinder, der an seinem einen Ende an der Spiral- oder Treibrolle befestigt,
                              einen spiralförmigen Schlitz enthält, in welchen der Führungsstift gleichfalls
                              eingreift, so muß dieser Stift und mit ihm der Stab sich vor- oder rückwärts
                              bewegen, sobald eine Veränderung in der Stellung der Spiralrolle zur Achse vor sich
                              geht. Läßt man das spitze oder mit einer kleinen Kugel versehene Ende des
                              eingeschobenen Stabes auf den kurzen Arm eines Fühlhebels wirken, der vermöge seines Gewichtes sich immer
                              an das Ende des Stabes anlegt, oder mit demselben durch ein Hohlkugelgelenk
                              verbunden ist, so kann man jede Veränderung in der Stellung oder Spannung der Feder
                              in beliebig großem Maaßstabe an einem Gradbogen des Fühlhebels beobachten.
                           Der spiralförmige Schlitz im Cylinder muß nicht gleichförmig steigend seyn; zur
                              sicheren Beobachtung größerer Spannkräfte ist es vielmehr besser, wenn die Steigung
                              im Anfang der Federspannung schwach und später steiler angenommen wird.
                           Um den Gradbogen des Fühlhebels einzutheilen, stellt man die Hauptachse fest, hängt
                              nach und nach eine Reihe von Gewichten an den Riemen der Federrolle und macht
                              correspondirende Marken auf den Gradbogen.
                           Nach dieser Auseinandersetzung des Princips bedarf die Abbildung des
                              Versuchsapparates nur wenige Worte zur Erläuterung.
                           Fig. 9 und
                              10 sind
                              Längendurchschnitt und Endansicht des Dynamometers an sich, und
                           Fig. 11, dann
                              Fig. 12
                              Längen- und Endansicht des ganzen Versuchsapparates zur Messung der
                              Zapfenreibung;
                           Fig. 13 zeigt
                              die Spiralfeder;
                           Fig. 14 die
                              beiden Zapfen der Versuchsachsen.
                           Es ist Eingangs schon bemerkt worden, daß zwei Achsen mit Zapfen von verschiedener
                              Größe den Versuchen unterzogen wurden. Dieses geschah gleichzeitig. Aus diesem Grunde wurden auf einer Dynamometerachse zwei Spiralrollen a, a mit
                              Gradbogen b, b an den beiden Enden aufgezogen, deren
                              eine die vornliegende Versuchsachse bewegte, die andere aber die rückwärtsliegende
                              c, c. – Mittelst der festen und leeren Rolle
                              d und e wurde die
                              Bewegung von einer Transmissionsachse auf die Dynamometerachse übertragen. f, f sind die beiden Hebel, mittelst welchen die beiden
                              Versuchsachsen c gleichmäßig belastet wurden, wie dieses
                              später erörtert werden wird. Jede Versuchsachse hatte eigentlich drei Lager; die an
                              dem Belastungshebel f und jene nicht daran liegende
                              waren es indessen, welche der Computation unterstellt wurden, da ein verhältnißmäßig
                              höchst unbedeutender Druck das dritte Lager traf.
                           Wir gehen nun über zur speciellen Angabe der Dimensionen und Versuchsgegenstände.
                           Die beiden belasteten Zapfen der einen Versuchsachse, welche wir mit K bezeichnet, hatte einen Durchmesser von 0,207 Fuß
                              bayer. und von einem Rande der beiden Endhohlkehlen zum anderen, eine Länge von
                              0,412; die Zapfen der anderen Versuchsachse, welche wir mit G
                              bezeichnen, hatte einen
                              Durchmesser von 0,232' und eine Länge von 0,5'. Die Lager waren alle so construirt,
                              daß sie nicht die volle Hälfte des Zapfens oder 180° umschlossen, sondern nur
                              120°; man kann daher die in reibender Berührung befindliche Fläche eines
                              Lagers nach ihrer Projection auf eine Ebene, welche normal steht auf der Richtung
                              des Druckes, bei der Achse K zu 7,386, bei der Achse G zu 10,046 bayer. Decimal-Quadratzoll
                              annehmen.
                           Es ist bereits oben bemerkt worden, daß bei Anfertigung der verschiedenen Metalllager
                              nicht eine systematische Folge von Legirungen eingehalten wurde; es dienten vielmehr
                              mannichfaltige Recepte zu Anhaltspunkten. Die weiter unten folgenden Angaben werden
                              indessen zeigen, daß das Zinn in den vorwürfigen Fragen
                              eine wesentliche Rolle spielt. Wir werden daher die Legirungen nach ihrem
                              Zinngehalte ordnen und beziffern.
                           Bestandtheile der Lager.
                           
                              
                                 Nummer derLegirung.
                                 Nach Gewichtstheilen.
                                 Nach Procenten des Gesammtgewichts.
                                 
                              
                                 
                                 Zinn.
                                 Kupfer.
                                 Antimon.
                                 Zink.
                                 Blei.
                                 Wismuth.
                                 Gußeisen.
                                 Zinn.
                                 Kupfer.
                                 Antimon.
                                 Zink.
                                 Blei.
                                 Wismuth.
                                 Gußeisen.
                                 
                              
                                 
                                 192
                                   8
                                 1
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 95,5
                                   4,0
                                   0,5
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                   2
                                   30
                                   2
                                 –
                                 1
                                 –
                                 –
                                 –
                                 90,9
                                   6,1
                                 –
                                   3,0
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                   3
                                   48
                                   1
                                 4
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 90,4
                                   1,9
                                   7,7
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                   4
                                   50
                                   1
                                 5
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 89,3
                                   1,8
                                   8,9
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                   5
                                   24
                                   1
                                 2
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 88,9
                                   3,7
                                   7,4
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                   6
                                   20
                                   1
                                 2
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 87,0
                                   4,3
                                   8,7
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                   7
                                   21
                                   5
                                 1
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 77,8
                                 18,5
                                   3,7
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                   8
                                   29
                                 11
                                 –
                                 5
                                 –
                                 –
                                 –
                                 64,5
                                 24,4
                                 –
                                 11,1
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                   9
                                     8
                                   1
                                 4
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 61,6
                                   7,7
                                 30,7
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 10
                                     1
                                   5
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 16,7
                                 83,3
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 11
                                   18
                                 –
                                 –
                                 –
                                 2
                                 4
                                 –
                                 75,0
                                 –
                                 –
                                 –
                                   8,3
                                 16,7
                                 –
                                 
                              
                                 12
                                 –
                                 –
                                 2
                                 –
                                 1
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 66,7
                                 –
                                 33,3
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 13
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 1
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 100
                                 
                              
                           
                           Die durch die Dampfmaschine getriebene Achse, auf welcher die Spiraldynamometer
                              befestiget waren, machten 153 1/3 Umdrehungen in einer Minute. Die Rollen der
                              Dynamometer hatten 1,5' im Durchmesser, jene auf den Versuchsachsen 1,0', so daß diese sich nahe 230mal in der Minute umdrehten.
                              Diese Umdrehungsgeschwindigkeit entspricht bei der allgemein üblichen Größe der
                              Eisenbahnwagenräder einer Fahrgeschwindigkeit von 11 Poststunden oder 5 1/2
                              deutschen Meilen in der Zeitstunde, umfaßt daher die gewöhnlichen Vorkommnisse auf
                              Eisenbahnen vollkommen.
                           Die stärkste Belastung, welcher ein Radzapfen ausgesetzt ist, kommt bei den
                              vierrädrigen Güterwagen vor. Sie kann, wenn man 1/10 für ungleiche Vertheilung der
                              Ladung hinzurechnet, im höchsten Falle 33 Zollcentner betragen. Die Hebel der
                              Versuchsmaschine wurden daher so belastet, daß auf jedem
                                 Zapfen ein Gewicht von 33 Centnern ruhte.
                           Als Zapfenschmiere wurde gewöhnliches Maschinenöl
                              genommen, um die Resultate der wirklichen Anwendung möglichst anpassend zu
                              halten.
                           Wir werden sogleich sehen, daß die schädliche Erwärmung bei manchen Lagern ziemlich
                              bald eintrat. Um überzeugt zu seyn, daß hieran nicht etwa ein Constructionsfehler
                              die Schuld trug, wurden solche Lager aufs Neue ausgeschliffen, und der Versuch
                              wiederholt, wie denn überhaupt die ganze Reihe der Versuche mehrmals durchgeführt
                              wurde. Bei diesen Gelegenheiten stellte sich heraus, daß das Zinn möglichst rein seyn muß, weßhalb zu empfehlen ist, zu den Lagern nur
                              bestes englisches Blockzinn zu verwenden. Gewöhnliches käufliches Zinn wird stets
                              ungünstigere Resultate liefern.
                           Nachdem diese Cautelen nach Thunlichkeit berücksichtiget worden, stellten sich die
                              Resultate fest, wie folgt: 
                              
                           
                              
                                 NummerdesLagers.
                                 Zugkraft amDynamometerbei dem
                                    Zapfen
                                 Zeit in Stundenbis zur
                                    schädlichenErhitzungdes Zapfens
                                 Bemerkung.
                                 
                              
                                 
                                 
                                    G.
                                    
                                 
                                    K.
                                    
                                 
                                    G.
                                    
                                 
                                    K.
                                    
                                 
                                 
                              
                                   1
                                   22
                                   48
                                 2
                                 1
                                 Bei den Versuchen G Nr. 2, 3, 4 und
                                    6    wurden die Zapfen und Lager gar nie
                                    warm,
                                 
                              
                                   2
                                     5
                                   45
                                 –
                                         1/6
                                     obschon während einer 11stündigen
                                    Arbeitszeit    im Gange gehalten.
                                 
                              
                                   3
                                     7
                                   35
                                 –
                                 2
                                 
                                 
                              
                                   4
                                     7
                                   38
                                 –
                                 1
                                 
                                 
                              
                                   5
                                   40
                                   75
                                       1
                                    1/2
                                         2/3
                                 
                                 
                              
                                   6
                                   12
                                   12
                                 –
                                       1
                                    1/2
                                 
                                 
                              
                                   7
                                   22
                                   57
                                       1
                                    1/2
                                 1
                                 
                                 
                              
                                   8
                                   38
                                   62
                                 1
                                         1/2
                                 
                                 
                              
                                   9
                                 150
                                 175
                                          1/6
                                         1/6
                                 Wurden sehr heiß und auf der
                                    Oberfläche    angegriffen.
                                 
                              
                                 10
                                 120
                                 125
                                          1/6
                                         1/6
                                 Die Zapfen sehr heiß und rauh.
                                 
                              
                                 11
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 Nachdem die Zapfen in sehr wenigen
                                    Minuten    heiß geworden, sind die Lager
                                    geschmolzen.
                                 
                              
                                 12
                                   60
                                   75
                                          1/6
                                         1/6
                                 Die Lager sind wegen Sprödigkeit leicht
                                    zerbrechlich    und darum unsicher.
                                 
                              
                                 13
                                 115
                                 125
                                          1/6
                                         1/6
                                 Zapfen und Lager stark angegriffen und erhitzt.
                                 
                              
                           Es ist bekannt, daß bei Versuchen in so großem Maaßstabe selten eine Stetigkeit in
                              den Resultaten der Beobachtungen erzielt wird, selbst wenn ein mathematisches Gesetz
                              denselben zu Grunde liegt. Hier machte sich jeder Moment am Fühlhebel des
                              Dynamometers kenntlich, wo das Oel nicht in hinreichender Menge auf die gleitenden
                              Flächen sich verbreiten konnte; insbesondere schwankte der Dynamometerzeiger für die
                              Achse K, so daß die vorgetragenen Zahlen nur dem
                              geschätzten Mittel der Zeigerbewegungen entsprechen. Man konnte, während der Apparat
                              im Gange war, die lebhafteste Ueberzeugung gewinnen, daß die größere Reibung bei den
                              Zapfen K einzig daher rührte, daß das Oel durch den
                              großen Druck von der verhältnißmäßig kleinen Berührungsfläche verdrängt wurde.
                           
                           Zur wissenschaftlichen Erschöpfung des Gegenstandes, zur
                              Lösung aller Fragen erübriget noch ein weites Versuchsfeld. – Denn
                           1) sind die Einzelmetalle bezüglich ihrer Reinheit, oder die Legirungen im Ganzen
                              chemisch nicht weiter untersucht worden, indessen hierauf ziemlich viel anzukommen
                              scheint;
                           2) wurden die Versuche nur bei einerlei Druck und Geschwindigkeit gemacht.
                           3) Zur Bestimmung der Gränze und beziehungsweise des Druckes auf den Quadratzoll
                              Lagerfläche, bei welchem das Schmiermittel nicht mehr entsprechend auf der
                              Reibungsfläche sich erhalten kann, wäre es nothwendig, eine größere Anzahl von
                              Achsen mit verschiedenen Zapfengrößen in den Kreis der Versuche zu ziehen.
                           4) Hier wurde nur einerlei Schmiermittel angewendet,
                              nämlich Oel; möglich ist es, daß andere bereits vorgeschlagene oder angewendete
                              Mittel ganz abweichende Resultate ergeben würden.
                           5) Um bei schwankenden Zugkräften die wahre mittlere Kraft, oder die gesammte Arbeit des Widerstandes in einer gegebenen
                              Zeit zu erheben, müßte der Apparat etwas anders construirt werden.
                           Unvollständig, wie diese Versuche sonach auch sind, so geben sie doch für die Praxis
                              schätzbare Andeutungen. Hier begnügt man sich in den meisten Fällen mit der
                              Ueberzeugung, daß unter den ungünstigsten Voraussetzungen ein gewisses Mittel sich
                              am besten bewährt hat, und zweifelt nicht, daß gleiches auch bei günstigeren
                              Verhältnissen der Fall seyn wird, wenn auch der Grad des Vorzuges sich ändert.
                           Um eine vergleichende Uebersicht von Versuchsergebnissen zu bilden, ist es am
                              zweckmäßigsten, dieselben graphisch darzustellen, was in Fig. 15 geschehen. Die
                              waagrechte Linie ab ist in 100 Theile getheilt,
                              und immer an jenen Punkten von senkrechten Linien durchschnitten, welche dem
                              Zinngehalte der Legirungen nach Procenten des Gesamtgewichtes entsprechen. Auf diese
                              Perpendikel sind der Ordnung nach die Versuchsergebnisse nach einem beliebigen
                              Maaßstabe aufgetragen, und zwar oberhalb der Waagrechten
                              die Zugkräfte am Dynamometer wie sie vorstehende Tabelle gab, und unterhalb die Bestandtheile der Legirung nach Procenten,
                              zuerst Zinn, dann Kupfer, dann Antimon oder Zink. – Verbindet man die
                              zusammengehörigen Punkte der einzelnen Perpendikel, so wird das Feld unterhalb der
                              Waagrechten, also das der Legirungsbestandtheile, in drei Streifen getheilt; der
                              erste, der des Zinnes, nimmt gleichmäßig ab, weil auch
                              die Entfernungen der Perpendikel im Verhältniß zum Zinngehalte stehen; der zweite
                              und dritte Streifen wechseln in der Dicke, weil, wie bereits Eingangs erwähnt, nicht ein stetig sich
                              änderndes Verhältniß, sondern mehr zufällige Recepte den Mischungen zum Grunde
                              lagen.
                           Das obere Feld drückt, wenn die dem großen Zapfen angehörigen Punkte untereinander
                              verbunden sind und ebenso die des kleinen, zwar bildlich nur dasselbe aus, was auf
                              der zuletzt gegebenen Tabelle in Ziffern zu lesen ist; allein folgen die
                              dargestellten Zahlenwerthe irgend einem Gesetze, so spricht sich dieses
                              auffallender, lebendiger in der graphischen Darstellung aus. Uebersehen darf in dem
                              vorliegenden Falle nicht werden, daß, wie bei allen Darstellungen von Versuchsergebnissen, von Beobachtungen, die möglichen Beobachtungsfehler das Bild verzerren. Wo es
                              nicht darauf ankommt, die Gesetze in mathematische Ausdrücke zu fassen, nach welchen
                              die Ergebnisse sich ordnen, begnügt man sich damit, zwischen den zusammengehörigen
                              Beobachtungspunkten hindurch eine möglichst stetige vermittelnde Linie zu ziehen,
                              wie wir dieses durch die Linie gg für den großen
                              Zapfen, und durch kk für den kleinen Zapfen gethan
                              haben.
                           Außer den Beobachtungsfehlern mögen hier noch andere Umstände auf die Verzerrung des
                              Bildes gewirkt haben. Wir haben oben bemerkt, daß das Zinn den Haupteinfluß auf die
                              Größe des Widerstandes gehabt zu haben scheine; unmöglich können wir aber die
                              übrigen Bestandtheile als indifferent betrachten. Da nun, wie aus dem die Mischung
                              darstellenden Felde zu ersehen, die Menge von Kupfer und Antimon oder Zink nicht nur
                              im Verhältniß zum Ganzen, sondern auch im gegenseitigen Verhältnisse der beiden
                              genannten Metalle sehr abweichend ist, so dürfte auch dieser Umstand eine Verzerrung
                              des Bildes veranlassen. Ob die Metalle, aus welchen die Legirungen angefertigt,
                              stets gleich rein waren, müssen wir ebenfalls dahin gestellt seyn lassen, da sie
                              nicht chemisch geprüft wurden. Auch ist es endlich denkbar, daß von Seiten des
                              Gießers ein Versehen in der Composition stattgefunden.
                           Nehmen wir vorläufig von den Ursachen der einzelnen Abweichungen Umgang, und
                              verfolgen wir die Mittellinien gg und kk, so dürften sich als nicht zu bezweifelnde
                              Ergebnisse darstellen:
                           1) Der kleine Zapfen veranlaßte durchgehends einen größeren Reibungswiderstand als
                              der große.
                           2) Der geringste Widerstand ist bei 90 Proc. Zinngehalt; dafür sprechen die
                              Legirungen Nr. 2, 3 und 4. Beträgt das Zinn mehr als 90 Proc., wie bei der Probe Nr.
                              1, so scheint die Composition zu weich zu werden; in dem Maaße wie der Zinngehalt
                              weniger wird als 90 Proc., nimmt der Widerstand zu. Hienach blieben für Kupfer und
                              Antimon 10 Proc. übrig.
                           
                           3) Kupfer und Antimon dürfte den Legirungen Nr. 3 und 4 folgend zu 2 und 8 Proc.
                              anzunehmen seyn.
                           4) Ein starkes Vorwalten des Antimons in der ganzen Mischung, wie bei der Legirung
                              Nr. 9 mit 30 Proc., erhöht den Reibungswiderstand beträchtlich, indessen ein
                              Uebermaaß von Kupfer, wie bei den Legirungen Nr. 7 mit 18,5 Proc. und Nr. 8 mit 24,4
                              Proc. keine auffallenden Abweichungen veranlaßt.
                           5) Antimon und Zink scheinen sich gegenseitig zu vicariren, so daß das eine Metall
                              anstatt des anderen ohne wesentlichen Nachtheil genommen werden darf, wie aus den
                              Proben Nr. 2 und 8 hervorgeht.
                           6) Außer der unter 4 bereits erwähnten Abweichung der Legirung Nr. 9 kommen nur noch
                              zwei Fälle vor, wo die Messungsergebnisse mit der in der graphischen Darstellung
                              gegebenen Scala nicht harmoniren. Die Legirung Nr. 5 zeigt sowohl in der Zeit bis
                              zur schädlichen Erwärmung als auch in den Widerständen beider Zapfen sich sehr
                              ungünstig. Vielleicht daß hier ein Versehen in der Mischung vorging. – Eben
                              so auffallend ist der Widerstand des kleinen Zapfens bei der Legirung Nr. 6.
                              – Von 20 Beobachtungen stimmen die übrigen 15 so gut mit der gezeichneten
                              Scala überein, als man es unter den gegebenen Umständen nur erwarten kann.
                           Die auf den Grund dieser Resultate bei der königl. Wagenbauanstalt angenommene
                              Lagerlegirung besteht aus 90 Proc. Zinn, 2 Proc. Kupfer und 8 Proc. Antimon und hat
                              bisher bezüglich der Dauer, des leichten und kalten Ganges allen Erwartungen
                              entsprochen.
                           Die dritte Frage, deren Lösung ein Zweck der Versuche war, ob nämlich durch eine
                              Vergrößerung des Zapfens und beziehungsweise der belasteten sich reibenden Flächen,
                              die Wahrscheinlichkeit der schädlichen Erwärmung sich vermindern lasse, findet sich
                              durch das bereits Mitgetheilte vollständig bejahend beantwortet. Es ist durch diese
                              Versuche weiter auf das Ueberzeugendste nachgewiesen, daß der Reibungswiderstand
                              nicht bloß im Verhältniß steht zum Druck, wenigstens nicht außerhalb gewissen
                              Gränzen. Denn bei dem großen Zapfen war die Belastung ganz gleich mit der bei dem
                              kleinen. Wäre die durch die gleitende Reibung hervorgerufene Widerstandskraft nur
                              von dem Drucke abhängig, so hätte sie hier bei beiden Zapfen gleich seyn und vermöge
                              des längeren Hebels, an welchem sie bei dem großen Zapfen wirkte, an dem Dynamometer
                              desselben die Inanspruchnahme einer größeren bewegenden Kraft zeigen müssen. Es ist
                              aber gerade das Entgegengesetzte der Fall, und es läßt die zweite und dritte Spalte
                              der zweiten Tabelle erkennen, daß der große Zapfen im Durchschnitt um 27 Proc.
                              weniger Kraft zur Bewegung in Anspruch nahm als der kleine, bei den Compositionen, welche wir oben
                              als die günstigsten bezeichnet haben, sogar nur 1/5.
                           Die Dimensionen des Dynamometers und die relativen Geschwindigkeiten, welche wir
                              bereits oben angegeben haben, setzen uns in die Lage für jeden Versuch den
                              Reibungscoefficienten abzuleiten. Da die Arbeit (das Product aus Kraft und Weg) der
                              bewegenden Kraft, gleich der Arbeit der Widerstandskraft ist; da ferner der Riemen
                              zwischen dem Dynamometer und der Versuchsachse in der Secunde einen Weg machte von
                              12,163 Fuß, die Oberfläche des großen Zapfens aber einen Weg von 2,78 und die des
                              kleinen einen Weg von 2,48 Fuß; da endlich der Widerstand bei jeder Zapfenart
                              herrührt von dem zweimal vorkommenden Druck von 33 Zollcentnern, und man von der
                              geringen Reibung des dritten Zapfens jeder Achse abstrahiren kann, so erhält man den
                              Reibungscoefficienten in Procenten der Belastung für den großen Zapfen, indem man die zugehörigen Angaben des Dynamometers mit
                              12,163/(2,78 × 66,00) = 0,06629 multiplicirt, und jene für den kleinen, durch Multiplication mit (2,48 ×
                              66,00)/12,163 = 0,07429.
                           Auf diesem Wege erhält man nachstehende Tabelle.
                           
                              
                                 Nummerdes Lagers.
                                 Reibungscoefficient in Procenten
                                    derBelastung.
                                 
                              
                                 
                                 Zapfen
                                 
                              
                                 
                                 G.
                                 K.
                                 
                              
                                   1
                                 1,458
                                   3,566
                                 
                              
                                   2
                                 0,331
                                   3,343
                                 
                              
                                   3
                                 0,464
                                   2,600
                                 
                              
                                   4
                                 0,464
                                   2,823
                                 
                              
                                   5
                                 2,652
                                   5,572
                                 
                              
                                   6
                                 0,795
                                   0,891
                                 
                              
                                   7
                                 1,458
                                   4,234
                                 
                              
                                   8
                                 2,519
                                   4,606
                                 
                              
                                   9
                                 9,943
                                 13,000
                                 
                              
                                 10
                                 7,955
                                   9,286
                                 
                              
                           
                           Diese Zusammenstellung lehrt uns noch zweierlei, nämlich:
                           1) Versteht man unter Tragfläche die Projection der wirklich tragenden gekrümmten
                              Fläche auf eine Ebene, die normal steht auf der Richtung des Druckes, so trafen auf
                              den Decimalquadratzoll Tragfläche bei den großen Zapfen 328,6 Zollpfunde, bei den
                              kleinen 446,80 Zollpfunde. In Folge des um 36 Proc. vermehrten Druckes stieg der
                              Reibungscoefficient im Durchschnitt bei den verschiedenen Lagerlegirungen um 78
                              Proc.
                           2) Durch ein passendes Verhältniß zwischen dem Druck und der Zapfengröße läßt sich
                              die Reibung sehr beträchtlich unter die bisherigen Annahmen zurückführen. Wir
                              erinnern in dieser Beziehung, daß in dem jüngst erschienenen Buche von Weisbach S. 407–408J. Weisbach, der Ingenieur, eine Sammlung von
                                    Tafeln, Formeln etc. für Mechaniker u.s.w. Braunschweig bei Vieweg, 1848. der Reibungscoefficient bei Lagern aus Bronze, schmiedeisernen Zapfen und
                              ununterbrochener Schmiere zu 5,4 Proc. angegeben ist.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
