| Titel: | Ueber Schmelzung und Verflüchtigung strengflüssiger Körper; Versuche über die gemeinschaftliche Wirkung der Volta'schen Säule, der Sonne und des Löthrohrs; von Despretz. | 
| Fundstelle: | Band 114, Jahrgang 1849, Nr. LXV., S. 342 | 
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                        LXV.
                        Ueber Schmelzung und Verflüchtigung
                           strengflüssiger Körper; Versuche über die gemeinschaftliche Wirkung der Volta'schen
                           Säule, der Sonne und des Löthrohrs; von Despretz.
                        Aus den Comptes rendus, Juli 1849. Nr.
                              3.
                        Despretz, über Schmelzung und Verflüchtigung strengflüssiger
                           Körper.
                        
                     
                        
                           Die drei mächtigsten Quellen der Wärme sind die Sonne, der elektrische Strom und die
                              Verbrennung. Durch ihre Vereinigung muß natürlich eine größere Wirkung erreicht
                              werden als bisher erzielt wurde. Wir beabsichtigen nicht zu untersuchen, in welchem
                              Verhältniß dieß geschehen muß, sondern nur ein praktisches Verfahren mitzutheilen,
                              um die Schmelzung und Verflüchtigung der Körper auf kräftigere Weise zu
                              bewerkstelligen als es bisher geschah.
                           Ich bediente mich vorderhand einer von Hrn. Deleuil
                              construirten Bunsen'schen Batterie von 120 Paaren (das
                              Zink in der Mitte). Mit dieser vereinigte ich noch weitere 45 Paare einer Bunsen'schen, von Hrn. Archereau construirten Batterie (die Kohle in der Mitte). Letztere war von
                              etwas größern Dimensionen und entsprach etwa 65 Paaren der ersteren. Die ganze Batterie
                              bestund sonach aus 185 Bunsen'schen Paaren (von
                              gewöhnlicher Dimension, die Höhe des Zinks ungefähr = 13 Centimeter).
                           Die angewandte ringförmige Linse hatte nahezu 90 Centimeter Durchmesser.
                           Das Löthrohr war für Sauerstoff- und Wasserstoffgas eingerichtet, anstatt des
                              letzteren benutzte ich aber Kohlenwasserstoff, mit oder ohne ätherischem Oel, um
                              eine noch intensivere Hitze hervorzubringen. Folgendes sind die erhaltenen
                              Resultate:
                           Die Wirkung der galvanischen Säule wird durch das Hinzuthun einer andern Wärmequelle
                              erhöht; so wurde harte, compacte Magnesia, welche durch die Batterie bloß ein
                              teigiges Ansehen erhielt, bei der vereinigten Wirkung der Batterie und der Linse
                              sogleich mit weißem Rauche verflüchtigt.
                           Ich ließ aus Anthracit, den ich von Hrn. Delafosse als
                              beinahe ganz rein erhalten hatte, nadelförmige Stäbchen schneiden. Eines derselben,
                              von etwa 1 Millimeter Durchmesser und 3 Centimeter Länge, bog sich unter der
                              Doppelwirkung der Batterie und der Linse.
                           Ein anderes Stäbchen, der Einwirkung der Batterie, der Linse und des Löthrohrs
                              unterworfen, schien ins Schmelzen zu kommen. Zwei gegenwärtige Personen und ich
                              glaubten, den Anthracit in Tropfen abfallen zu sehen.
                           Bei einem ähnlichen Versuche fand ich in einem unter das Anthracitstäbchen gestellten
                              Platinschälchen einige schwarze Tröpfchen; mehrere andere Personen sahen sie
                              ebenfalls; sie waren schwarz, wie der Anthracit. Spätere Versuche überzeugten mich
                              vollends von der Schmelzbarkeit der Kohle.
                           Die drei Wärmequellen scheinen sich zum Schmelzen oder Verflüchtigen schon oxydirter,
                              oder an der Luft schwer verbrennender Körper am besten zu eignen; für die Kohle
                              bedient man sich aber besser bloß der galvanischen Säule und der Linse im luftleeren
                              Raum oder im Stickgas. Nach meinen Versuchen zweifle ich nicht mehr, daß sehr dünne
                              Stäbchen von Anthracit oder reiner Zuckerkohle ganz darin schmelzen werden. In der
                              Luft hingegen verschwinden sehr dünne Stäbchen sehr schnell; dickere widerstehen
                              zwar der Luft, erhitzen sich aber nicht genug um zu schmelzen.
                           Vorzügliche Beachtung verdient die Verflüchtigung der Kohle, ihre Verwandlung in
                              Dunst. Als ich sah, daß der größte Theil der Kohle bei der gemeinschaftlichen
                              Einwirkung des Lichts, der galvanischen Batterie und des Löthrohrs in der Luft
                              verschwindet, aber noch keinen Apparat besaß, mit welchem ich unter Ausschluß des
                              Sauerstoffs hätte operiren können, suchte ich eine große Anzahl Bunsen'scher Elemente zusammenzubringen und erhielt deren, von den Pariser
                              Professoren unterstützt, 500. Da ich mich überzeugt hatte, daß ein flaches
                              Zink-Element ziemlich eben so wirksam ist wie ein cylindrisches, ersetzte ich
                              alle Zink-Elemente die ich erhalten hatte und welche nothwendig bald zu
                              Grunde gegangen wären, durch neue flache. (Ich muß bemerken, daß die HHrn. Pouillet und Foucault sich
                              ebenfalls schon flacher Zink-Elemente und Hr. Archereau prismatischer Kohlen-Elemente bedient hatten.) Um die
                              Wirkung der Säule für sich allein kennen zu lernen, vereinigte ich 496 Elemente in
                              vier parallelen Reihen (was etwa 124 viermal so großen Elementen gleichkommt); ich
                              brachte in den Apparat, welchen man das elektrische Ei
                              nennt, ein Stäbchen von Zuckerkohle, welches 4 Millimeter Durchmesser hatte und 5
                              Centimeter lang war, zwischen die zwei Pole, trieb das Vacuum bis auf 5 Millimeter
                              und stellte dann die Communication her. Die Kohle kam stark ins Glühen und der
                              Ballon überzog sich mit einem trockenen, krystallinischen, schwarzen Pulver. Auch in
                              einer sehr großen Krystallglocke, die in ihrem Innern durch ein Drahtgewebe vom
                              Brennpunkte getrennt war, wurde dieser Versuch angestellt; es legte sich eine
                              Schicht glänzender Kohle in Pulvergestalt oben an der Seite an, wie bei den andern
                              Versuchen. Mehrere Personen überzeugten sich mit mir von der Verflüchtigung der
                              Kohle, die keine Täuschung seyn konnte.
                           Hr. Archereau hat das elektrische Licht oft ganze Stunden
                              lang unterhalten, aber nie etwas ähnliches beobachtet. Jeder meiner Versuche dauert
                              1–2 Minuten, wo dann der Strom unterbrochen wird. Die Hülsen der Kohle
                              erhitzten sich dabei kaum. Auch Hr. Deleuil hat den
                              Versuch mit zwei Kohlen schon oft angestellt, ohne daß sich die Erscheinung gezeigt
                              hätte. Bei den Versuchen der HHrn. Archereau, Deleuil und
                              Anderer wandte man immer 60, 80 oder 100 Elemente von gewöhnlichen Dimensionen an.
                              So kann nichts beobachtet werden, denn wenn man, wie ich es that, 124, dann 248, 372
                              und zuletzt 496 Elemente in Reihen von 124 anwendet, so sieht man, wie diese Kohle
                              immer glänzender wird, aber erst, nachdem alle vier Reihen verbunden sind, die
                              Verflüchtigung beginnt.
                           Daß die Zuckerkohle frei von allen (unverkohlten) organischen Materien war, davon
                              hatte ich mich überzeugt. Ueberdieß gab die Kohle aus Gasretorten dasselbe Resultat,
                              und zwar noch auffallender, indem die Verflüchtigung, wahrscheinlich wegen der
                              höhern Temperatur, die wegen ihrer größern Cohäsion erforderlich ist, augenblicklich
                              erfolgte.
                           
                           Es ist also die Kohle leichter zu verflüchtigen, als in etwas ansehnliche Kügelchen
                              zu schmelzen. Aehnlich verhalten sich der Kalk, die Talkerde, das Zinkoxyd etc. in
                              reinem Zustande, welche nach meinen Versuchen leichter zu verflüchtigen als zu
                              schmelzen sind. Die Thonerde, der Rutil, Anatas, Nigrin, das Eisenoxyd, der Disthen
                              (Cyanit) etc., geben anfänglich Kügelchen, gehen aber dann in Dunst über.
                           Alle meine Versuche ergaben, daß man das Schmelzen der Kohle in etwas ansehnliche
                              Kügelchen weder an der Luft, noch im luftleeren Raum, sondern im Stickgas bei
                              stärkerm als dem atmosphärischen Drucke vornehmen muß. Glas- oder
                              Krystallgefäße taugen nicht für solche Versuche; sie zerspringen beinahe immer; man
                              muß durchaus metallene Gefäße anwenden.