| Titel: | Ueber die Anwendbarkeit des Elektromagnetismus als Triebkraft; von Robert Hunt. | 
| Fundstelle: | Band 118, Jahrgang 1850, Nr. VI., S. 26 | 
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                        VI.
                        Ueber die Anwendbarkeit des Elektromagnetismus
                           als Triebkraft; von Robert
                              Hunt.
                        Aus dem Philosophical Magazine, Juli 1850
                              (Supplementheft Nr. 246) S. 550.
                        Hunt, über die Anwendbarkeit des Elektromagnetismus als
                           Triebkraft.
                        
                     
                        
                           In einem Vortrag über diesen Gegenstand vor der Society of
                                 arts machte der Verfasser zuerst auf die zahlreichen Versuche aufmerksam,
                              welche bereits gemacht worden sind, um den Elektromagnetismus als Kraft zum Treiben
                              von Maschinen anzuwenden, und beschrieb die Apparate welche hiezu von Jacobi, Dal Negro, M'Gauley, Wheatstone, Hjorth und anderen angewendet wurden. Da wir ungeachtet
                              des Talents, welches diesem interessanten Gegenstand gewidmet und der bedeutenden
                              Summen, welche bei der Construction solcher Maschinen verausgabt wurden, bis jetzt
                              noch keine elektromagnetische Maschine besitzen, die als einigermaßen ökonomischer
                              Motor betrachtet werden könnte, da überdieß der geschickte Experimentator Jacobi trotz der ihm von der russischen Regierung gewährten
                              Unterstützung seine deßfallsigen Versuche aufgegeben hat, so fand sich der Verfasser
                              veranlaßt, die Grundprincipien, durch welche die Kraft regulirt wird, näher zu
                              untersuchen, in der Hoffnung dadurch die ganze Frage auf eine genügende Basis
                              zurückführen zu können.
                           Bekanntlich kann ein galvanischer Strom, welcher durch die Störung (Auflösung) der
                              Elemente irgend einer Batterie hervorgebracht wird, im weichen Eisen durch Induction
                              eine magnetische Kraft erzeugen, welche immer in genauem
                                 Verhältniß mit dem Betrag des in der Batterie verzehrten Metalls (Zink, Eisen
                                 etc.) steht. Der Verfasser hat sich durch eine ausgedehnte Reihe von
                              Versuchen überzeugt, daß der größte Betrag von magnetischer Kraft dann erzeugt wird,
                              wenn die chemische Wirkung die schnellste ist. Es ist daher bei allen magnetischen
                              Maschinen hinsichtlich des Kostenpunkts vortheilhafter eine Batterie mit intensiver
                              Wirkung anzuwenden, anstatt einer solchen worin die chemische Wirkung langsam
                              stattfindet. Hr. Joule hat gezeigt, und der Verf. fand
                              dieses vollkommen bestätigt, daß man in einer elektromagnetischen Maschine, welche
                              zur Vermeidung von Kraftverlust so günstig als möglich construirt ist, eine
                              Pferdekraft erhalten kann durch Verzehrung von 45 Pfd. Zink in einer Grove'schen Batterie innerhalb vierundzwanzig Stunden;
                              während 75 Pfd. in derselben Zeit verzehrt werden, um dieselbe Kraft in einer
                              Batterie nach Daniell's Construction hervorzubringen. Der
                              Grund davon ist die Nothwendigkeit einen hohen Grad von Erregung hervorzubringen, um
                              den Widerstand zu überwinden welchen die Molecularkräfte den chemischen Störungen
                              darbieten, von denen die magnetische Kraft abhängt.
                           Obgleich wir vielleicht noch nicht zur besten Form der galvanischen Batterie gelangt
                              sind, so kennen wir doch das Gesetz der elektromagnetischen Kräfte bereits genügend,
                              um behaupten zu können, daß unter allen Umständen der Betrag der magnetischen Kraft
                              von der Zustandsveränderung (Verzehrung) eines Elements in der Batterie abhängt, und
                              daß sich die Frage in folgende auflöst: welchen Betrag magnetischer Kraft kann ein
                              Aequivalent von irgend einem Material, das verzehrt wurde, liefern? Unter den bis
                              jetzt erhaltenen Resultaten sind folgende als die genügendsten zu betrachten: a) Wenn die Stärke des galvanischen Stroms gleich 678
                              war, wurden stündlich 151 Gran Zink verzehrt, welche 9000 Pfd. 1 Fuß hoch in dieser
                              Zeit hoben. b) Wenn die Stromstärke respective 1300 war,
                              wurden in einer Stunde 291 Gran Zink verzehrt, welche 10,030 Pfd. durch den Raum von 1 Fuß hoben. c) Wenn die Stromstärke 1000 war, betrug das verzehrte
                              Zink 223 Gran und das 1 Fuß gehobene Gewicht 12,672 Pfd.
                           Die Schätzungen der HHrn. Scoresby und Joule, und die Resultate welche Oersted erhielt, und in der neuesten Zeit Hr. Hunt stimmen sehr nahe überein; während 1 Gran Steinkohlen, welcher in dem
                              Ofen einer Cornwalliser Dampfmaschine verzehrt wird, 143 Pfd. 1 Fuß hoch hebt, wird
                              hienach 1 Gran in der Batterie verzehrten Zinks nur 80 Pfd. heben. Nun kostet aber 1
                              Centner Steinkohlen weniger als 9 Pence, während 1 Cntr. Zink über 216 Pence kostet.
                              Daher muß unter den günstigsten Umständen die magnetische Kraft fast 25mal theurer
                              als die Dampfkraft seyn. Der Verf. zeigte aber, daß es beinahe eine Unmöglichkeit
                              ist, selbst nur diesen Fall zu erreichen, und zwar erstens wegen des Verhältnisses,
                              in welchem die Kraft mit der Entfernung des Ankers abnimmt. Als das Resultat
                              zahlreicher Versuche mit Magneten von der verschiedensten Form und
                              Constructionsweise, theilte er folgende Resultate mit:
                           
                              
                                    Wenn der Magnet
                                    und der Anker in Berührung waren, betrug
                                 
                              
                                 die Hebkraft
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 220
                                 Pfund 
                                 
                              
                                     wenn
                                    sie
                                 1/250
                                 Zoll
                                 entfernt
                                 waren
                                   90,6
                                     „
                                 
                              
                                         
                                    „
                                 1/125
                                   „
                                     „
                                     „
                                   50,7
                                     „
                                 
                              
                                         
                                    „
                                 1/63
                                   „
                                     „
                                     „
                                   50,1
                                     „
                                 
                              
                                         
                                    „
                                 1/50
                                   „
                                     „
                                     „
                                   40,5
                                     „
                                 
                              
                           Bei einem Fünfzigstel Zoll Entfernung gehen also vier Fünftel der Kraft verloren.
                              Diese große Verminderung der Kraft findet statt wenn die Magnete stationär sind. Der
                              Verf. zeigte dann, daß in dem Augenblick wo sie in Bewegung gesetzt werden, sogleich
                              eine große Verminderung der ursprünglichen Kraft stattfindet; daß in der That jede
                              in der Nähe der Pole eines Magnets hervorgebrachte Störung seine Anziehungskraft
                              während der Dauer der Bewegung vermindert; die Anziehungskraft eines Magnets, welche
                              150 Pfd. betrug, während er frei von Störung war, sank auf die Hälfte herab, als man
                              einen Anker nahe an seinen Polen rotiren ließ. Wenn man also ein System von
                              Magneten, welches zur Erzeugung einer bestimmten Kraft construirt worden ist, in
                              Umdrehung versetzt, so erleidet sogleich jeder Magnet einen ungeheuren Kraftverlust,
                              und ihre gemeinschaftliche Wirkung sinkt daher in der Praxis sehr weit unter die
                              erwartete herab. Diese Thatsache wurde bisher noch nie klar nachgewiesen (sie wurde
                              jedoch von Jacobi beobachtet). Es verliert aber nicht nur
                              jeder Magnet hiebei wirklich an Kraft, sondern die so verlorene Kraft wird überdieß zu
                              einem elektrischen Strom, welcher dem ursprünglichen Strom, durch den der
                              Magnetismus inducirt ist, entgegenwirkt.
                           Nach allen diesen Resultaten betrachtet Hr. Hunt die
                              elektromagnetische Kraft als nicht anwendbar, weil sie unter den günstigsten
                              Umständen 50mal theurer seyn muß als Dampfkraft.
                           Der Vorsitzende der Gesellschaft bemerkte, er müsse Hrn. Hunt in seinem Schlusse beistimmen, daß keine Wahrscheinlichkeit vorhanden
                              sey, den Elektromagnetismus jemals mit dem Dampf als Triebkraft concurriren zu
                              sehen. Jedenfalls hätten die Ingenieure und Experimentatoren ihre Aufmerksamkeit
                              jetzt nicht auf die Construction vollkommener Maschinen zur Anwendung der
                              elektromagnetischen Kraft zu richten, sondern auf die Entdeckung der wirksamsten
                              Mittel um diese Kraft selbst aus den Zuständen (Körpern), worin sie in der Natur
                              aufgespeichert vorhanden ist, in Freiheit zu setzen. Faraday versicherte uns, daß ein einziger Tropfen Wasser so viel
                              Elektricität enthält als bei einem Gewittersturm frei wird. Der Antheil derselben,
                              welchen wir durch die bisherigen Batterien frei zu machen vermögen, ist sehr klein,
                              so klein, daß, wie Hr. Hunt gezeigt hat, seine praktische
                              Anwendung keinen Vortheil gewähren kann. Das Studium der Elektrochemie sey nach
                              seiner Meinung ein mehr versprechendes Feld, aus welchem in Zukunft eine Kraft
                              hervorgehen dürfte, die sogar den Dampf übertrifft.
                           
                        
                           Zusatz.Die elektromagnetische Kraftmaschine von Professor
                                 Page.
                           Im Septemberheft des Philosophical Magazine ist S. 238
                              aus der amerikanischen Zeitschrift National
                                 Intelligencer folgende, sehr der Bestätigung bedürfende Notiz
                              mitgetheilt:
                           
                              „Professor Page, welcher gegenwärtig an der Smithsonian Institution Vorträge über Physik hält,
                                 behauptet daß die Anwendbarkeit des Elektromagnetismus als Ersatzmittel der
                                 Dampfkraft nicht mehr zu bezweifeln ist, und stellte in dieser Hinsicht vor
                                 seinen Zuhörern großartige Versuche an. Er ließ eine ungeheure Eisenstange,
                                 welche 160 Pfd. wog, durch die magnetische Wirkung aufspringen und sich rasch
                                 auf und nieder bewegen, wobei sie wie eine Feder in der Luft tanzte. Die auf die
                                 Stange wirkende Kraft schätzte er zu 300 Pfd. durch zehn Zoll ihrer Bewegung,
                                 und er zweifelt nicht diese Stange eben so leicht 100 Fuß als zehn Zoll heben
                                 zu können. Der schönste Versuch war der pistolenartige Knall und das glänzende
                                 Licht des galvanischen Funkens, wenn derselbe an einem gewissen Punkt des großen
                                 Magnets entlockt wurde; wurde der Funke in geringer Entfernung von diesem Punkt
                                 erzeugt, so machte er durchaus kein Geräusch. Prof. Page zeigte dann seine elektromagnetische Kraftmaschine von vier bis
                                 fünf Pferdekräften, welche durch eine Batterie, die in einem Raum von 3 Kubikfuß
                                 enthalten ist, in Thätigkeit gesetzt wird. Die Kraftmaschine hatte zwei Fuß Hub
                                 und wog sammt der Batterie beiläufig 1 Tonne (20 Cntr.). Als man die Kraft durch
                                 die Bewegung eines Hebels übertrug, kam die Maschine regelmäßig in Gang und
                                 machte 114 Hube in der Minute; als sie jedoch eine Kreissäge von zehn Zoll
                                 Durchmesser trieb, welche 1 1/4 Zoll dicke Bretter in Latten zersägte, machte
                                 die Maschine nur etwa 80 Hube per Minute. Die Kraft,
                                 welche auf den großen Cylinder während seiner ganzen Bewegung von zwei Fuß
                                 wirkt, schätzt er zu 600 Pfd. wenn sich die Maschine sehr langsam bewegt; wie
                                 groß die Kraft war, wenn die Maschine mit einer arbeitenden Geschwindigkeit
                                 lief, konnte er nicht bestimmen, sie war jedoch bedeutend geringer. Professor
                                 Page behauptet die Kosten so vermindert zu haben,
                                 daß sie in vielen oder in den meisten Fällen wenigstens nicht größer als
                                 diejenigen der Dampfkraft sind; bei allen Unvollkommenheiten der Maschine könne
                                 man durch Verzehrung von 3 Pfd. Zink per Tag eine
                                 Pferdekraft erzeugen, und im Gegensatz mit der bisherigen Ansicht würden die
                                 Kosten verhältnißmäßig um so geringer, je größer diese Kraftmaschinen ausgeführt
                                 werden.“