| Titel: | Verfahren Lichtbilder auf Papier und auf Glas in sehr kurzer Zeit darzustellen; von A. Humbert de Molard. | 
| Fundstelle: | Band 118, Jahrgang 1850, Nr. VIII., S. 32 | 
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                        VIII.
                        Verfahren Lichtbilder auf Papier und auf Glas in
                           sehr kurzer Zeit darzustellen; von A. Humbert de Molard.
                        Aus den Comptes rendus, August 1850, Nr.
                              7.
                        Humbert de Molard's Verfahren Lichtbilder auf Papier und Glas
                           darzustellen.
                        
                     
                        
                           Die Anwendung der mit einer Eiweißschicht überzogenen Glasplatten war ein großer
                              Fortschritt in der Photographie; dessenungeachtet mußte man für die Photographie auf
                              Papier, damit dieselbe in jeder Hinsicht und besonders beim Abbilden von
                              Gegenständen der belebten Natur mit den Daguerre'schen Platten concurriren konnte,
                              als Zusatz zum Eiweiß eine beschleunigende Substanz entdecken, was mir auch gelang.
                              Dieses Mittel ist sehr einfach. Das Eiweiß ist ein zäher Körper, welcher durch die
                              Einwirkung der Säuren stark gerinnt und folglich den photogenischen Operationen
                              wenig günstig ist; man kann es aber für diesen Zweck vollkommen geeignet machen
                              durch Beimischung irgend einer Substanz, welche es zertheilt ohne es zu trüben und
                              die natürliche Zähigkeit desselben modificirt, indem sie ihm die Fettigkeit,
                              Weichheit und Porosität eines Papierblatts ertheilt.
                           Alle Zuckerarten, Cassonadesyrup, roher Honig, Melasse, Milchzucker, die Molken, der
                              Schleim von Quittenkernen, Leinsamen, Eibisch etc. sind ganz geeignet diesen Zweck
                              zu erfüllen. Der Zuckerstoff in den einen, der Schleim und das Gummi in den andern,
                              der Kleber oder das Stärkmehl in den meisten, besonders aber im rohen käuflichen
                              Honig (der fast immer mit Stärkmehl verfälscht ist), machen das mit ihnen versetzte
                              Eiweiß für die photographischen Operationen vollkommen geeignet. 15 bis 20 Proc.
                              Melasse, Cassonadesyrup, roher Honig oder Molken, dem Eiweiß beigemischt, geben
                              schöne und schnelle Resultate. Wenn man mit dem dicken Schleim von Quittenkernen
                              oder anderen Samen operiren will, so kehrt man die Verhältnisse um; es sind nämlich
                              20 bis 25 Gramme solchen Schleims auf 100 Eiweiß hinreichend, um eine dem Glase
                              anhaftende Schicht zu erhalten. Bei allen diesen Präparaten ist 1 Proc. Jodkalium
                              vollkommen hinreichend.
                           Ich will nun noch ein anderes Verfahren zur Photographie auf
                                 Glas beschreiben, welches von den bisher befolgten ganz verschieden ist.
                              Die schönen Resultate, welche es mir seit langer Zeit auf Papier gibt, veranlaßten mich unlängst es auf Glas anzuwenden, was mir
                              über Erwartung gelang.
                           
                           Ich überziehe die Glastafeln mit einer Schicht von reinem Eiweiß und lasse sie in
                              horizontaler Lage trocknen. Ich bringe dieselben dann zum Gerinnen durch rasches
                              Eintauchen in chemisch reine Salpetersäure von 7 bis 8° Baumé, und von
                              dieser tauche ich sie unmittelbar in ein ammoniakalisches Bad, um die Säure zu
                              neutralisiren. Diese zwei Operationen müssen in einigen Secunden und ohne die
                              geringste Verzögerung ausgeführt werden. In diesem Zustande besitzen die geronnenen
                              Glasplatten ein etwas milchiges Aussehen und eine gleichförmige Farbe; man nimmt sie
                              durch reines Wasser und läßt sie neuerdings aufrecht auf eine Ecke gestellt
                              trocknen, um das Abtropfen zu erleichtern. Wenn sie gut trocken sind, legt man sie
                              auf einen Träger und überzieht sie mittelst eines weichen Pinsels mit einer Schicht
                              flüssigen Jodsilbers (einer mit destillirtem Wasser bereiteten gesättigten Auflösung
                              von gelbem Jodsilber in Jodkalium). Nach Verlauf einer Minute wird die Glasplatte in
                              Wasser getaucht, worin sie sogleich einen goldgelben Ton annimmt, weil sich das
                              Jodsilber augenblicklich aus seinem Auflösungsmittel niederschlägt. Man wascht die
                              Platte noch mit vielem Wasser, bis auf ihrer Oberfläche kein Theilchen von losem
                              Niederschlag mehr zurückblieb, und läßt dann trocknen. (Alle diese Operationen kann
                              man bei Tageslicht anstellen.) In diesem Zustande ist die Platte fertig und man kann
                              die Sicherheit des Gelingens nach der Intensität ihrer Farbe beurtheilen, welche
                              schön goldgelb seyn muß. Die Platte läßt sich so ganze Monate ohne Veränderung
                              aufbewahren.
                           Kurz bevor man in der Camera obscura operiren will, macht
                              man die Platte wie gewöhnlich empfindlich, nämlich mittelst
                              essig-salpetersauren Silbers, welches man tropfenweise darauf gießen oder mit
                              dem Pinsel oder mittelst eines Papiers darüber verbreiten kann, ohne befürchten zu
                              müssen daß Ritzen oder Spalten entstehen. Da das Eiweiß schon vorher coagulirt
                              wurde, so wirkt die Essigsäure nicht mehr auf dasselbe und spielt bei der Operation
                              keine andere Rolle als daß sie das Jodkalium zersetzt etc.
                           (Der Verfasser hatte der französischen Akademie der Wissenschaften mit dieser Notiz
                              sehr schöne Bilder auf Papier eingesandt, welche nach den zwei beschriebenen
                              Verfahrungsarten dargestellt wurden, und zwar im Schatten in 30, 40 bis 50 Secunden,
                              mit einem Objectiv von 33 Centimeter Brennweite.)