| Titel: | Ueber Schimmelerzeugung, besonders auf Papier und Pergament, und Versuche über Sättigung des Holzes am Stamme mit Fäulniß verhindernden Flüssigkeiten; von Alfred Gyde. | 
| Fundstelle: | Band 118, Jahrgang 1850, Nr. XV., S. 52 | 
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                        XV.
                        Ueber Schimmelerzeugung, besonders auf Papier und
                           Pergament, und Versuche über Sättigung des Holzes am Stamme mit Fäulniß verhindernden
                           Flüssigkeiten; von Alfred
                              Gyde.
                        Aus der Chemical Gazette, 1850, Nr.
                              185.
                        Gyde, über Schimmelerzeugung auf Papier und Pergament.
                        
                     
                        
                           Die Pilze unterscheiden sich von den Flechten und Algen dadurch, daß sie ihre Nahrung
                              aus den Substanzen ziehen auf welchen sie wachsen, anstatt aus dem Medium in welchem
                              sie leben. Sie enthalten mehr Stickstoff als im Allgemeinen die andern Pflanzen, und
                              das sogenannte Fungin (aus denselben) hat mit der thierischen Materie viele
                              Aehnlichkeit. Ihr Wachsthum ist vorzüglich von Feuchtigkeit, Wärme und dem
                              Vorhandenseyn von Sauerstoff und Elektricität bedingt. In trockener organischer
                              Materie entwickeln sich keine Pilze (altes Bauholz, Mumiengehäuse etc. liefern dafür
                              den Beweis).
                           Die Wirkung, welche eintritt, wenn feuchte Pflanzenkörper dem Sauerstoff ausgesetzt
                              sind, ist eine langsame Verbrennung; der Sauerstoff verbindet sich nämlich mit dem
                              Kohlenstoff des Holzes und macht sein gleiches Volum Kohlensäure frei, während ein
                              anderer Theil Sauerstoff sich mit dem Wasserstoff des Holzes zu Wasser verbindet.
                              Auch bei der thierischen Materie tritt bei Gegenwart von Feuchtigkeit durch den
                              Sauerstoff der Luft eine ähnliche Zersetzung ein, nur erzeugen sich dabei wegen
                              ihres Stickstoffgehalts zahlreichere Producte, unter welchen die Ammoniaksalze die
                              Bildung der Pilze sehr begünstigen.
                           Das Papier besteht hauptsächlich aus Holzfaser, hat aber
                              thierische Materie als Leimung auf seiner Oberfläche. Das erste mikroskopische Anzeichen des Verderbens
                              des Papiers ist die Unregelmäßigkeit seiner Oberfläche, verbunden mit einer kleinen
                              Veränderung seiner Farbe; bei der dabei stattfindenden Zersetzung desselben bilden
                              sich neben Kohlensäure noch mehrere organische Säuren, wie Quellsäure und
                              Ulminsäure, welche, wenn das Papier durch einen Farbstoff gefärbt ist, rothe Flecken
                              auf ihm hervorbringen. Aehnliche Flecken entstehen auf gefärbtem Leder. Wenn die
                              Pilze nicht zu tief eingewurzelt sind, kann die Farbe durch Ammoniak oder sonst ein
                              Alkali wieder hergestellt werden. Derselbe Proceß wie im Papier, geht auch im
                              Pergament vor, nur wegen seines Stickstoffgehalts schneller. Wenn diese Zersetzung
                              eingetreten ist, erzeugen sich Pilze – die gewöhnlichste Species ist Penicilium glaucum. Sie setzen sich zwischen der Faser
                              fest, veranlassen dadurch einen freiern Luftzutritt und beschleunigen so deren
                              Zersetzung.
                           Als Schutz gegen diese Zersetzung haben sich die Quecksilber-, Kupfer-
                              und Zinksalze am besten bewährt. Quecksilbersublimat wird bekanntlich zum Kyanisiren
                              des Bauholzes angewandt und wirkt wahrscheinlich dadurch, daß er sich mit dem
                              Eiweißstoff des Holzes verbindet, welche unlösliche Verbindung der freiwilligen
                              Zersetzung nicht fähig ist und folglich keine Gährung erregen kann. Die
                              fäulnißverhindernde Kraft des Aetzsublimats läßt sich leicht dadurch nachweisen, daß
                              man ein wenig davon mit Mehlteig vermischt, wodurch dessen Zersetzung und die
                              Pilzbildung auf demselben gänzlich verhindert wird. Dem Aetzsublimat stehen in ihrem
                              antiseptischen Werth die Kupfer- und Zinksalze am nächsten.
                           Das Zinkchlorid als Mittel zum Conserviren des Holzes, Segeltuchs etc. ließ sich Hr.
                              W. Burnett patentiren, und es scheint sich vortrefflich
                              zu bewähren. Zum Conserviren des Papiers ist schwefelsaures Zink geeigneter als
                              Zinkchlorid, welches etwas zerfließlich ist.
                           Im Sommer 1840 wurde eine Reihe von Versuchen über die Tauglichkeit verschiedener
                              Metall- und anderer Lösungen zum Conserviren des Holzes angestellt. An
                              einigen noch auf dem Stamme stehenden Bäumen wurde nahe ihrem Fuße rundum ein tiefer
                              Sägeschnitt gemacht, in welchen man die Lösungen dadurch einführte, daß man
                              unterhalb des Einschnittes ein thönernes Becken bildete; die Lösung nahm so die
                              Stelle des aufsteigenden Saftes ein und hatte nach Verlauf von 1 bis 3 Tagen die
                              höchsten Blätter 50 Fuß hoher Bäume durchdrungen. Es waren größtentheils
                              Buchen- und Lärchenbäume. Nach ihrer Imprägnirung wurden sie gefällt, Proben
                              von 5 Fuß Länge und 2
                              Zoll im Gevierte herausgeschnitten und in vermodernde Sägespäne in einem warmen,
                              feuchten Keller gepackt, wo sie sieben Jahre lang gelassen wurden. Aus den in einer
                              Tabelle zusammengestellten Details der Versuche ergeben sich folgende allgemeine
                              Resultate.
                           Die Holzstücke, welche mit schwefelsaurem Kupfer (Kupfervitriol) im Verhältnis von 1
                              Pfd. auf 10 Pfd. Wasser, oder mit essigsaurem Kupfer im Verhältniß von 1 Pfd. auf 1
                              1/4 Pfd. Essig und 10 Pfd. Wasser gesättigt worden waren, zeigten sich vollkommen
                              gut erhalten, rein, trocken und frei von Pilzen; die übrigen Stücke aber, welche mit
                              salpetersaurem Natron, eisenblausaurem Kali, essigsaurem Eisen, schwefelsaurem
                              Eisen, Kochsalz und Kreosot gesättigt worden waren, zeigten sich stark zersetzt und
                              mit Pilsen bewachsen.
                           Die mit Aetzsublimat-Lösungen, 1/18 Pfd. auf 10 Pfd. Wasser (Kyan's Verhältniß) erhaltenen Resultate zeigten keine
                              Uebereinstimmung unter einander.