| Titel: | Weitere Mittheilungen über den galvanischen Lichtbogen und seine Wirkung auf die Kohle; von Despretz. | 
| Fundstelle: | Band 118, Jahrgang 1850, Nr. XXVIII., S. 121 | 
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                        XXVIII.
                        Weitere Mittheilungen über den galvanischen
                           Lichtbogen und seine Wirkung auf die Kohle; von Despretz.
                        Im Auszug aus den Comptes rendus, 1850, 1er semest.
                              Nr. 13.
                        Despretz, über den galvanischen Lichtbogen und seine Wirkung auf
                           die Kohle.
                        
                     
                        
                           In meinen früheren MittheilungenPolytechn. Journal Bd. CXIV S. 342;
                                    Bd. CXV S. 203 und 271. zeigte ich, daß alle Körper schmelzbar und flüchtig
                                 sind. Ich sollte nun die Abstufungen in der Schmelzbarkeit der bisher für
                              unschmelzbar gehaltenen Körper und wo möglich auch die Temperaturen, bei welchen sie
                              schmelzen, folgen lassen. Es ist aber nicht rathsam, ohne Unterbrechung mit so
                              starken Lichtern, wie dem Feuer der galvanischen Säule, dem Focus ringförmiger
                              Linsen und selbst des Löthrohrs zu arbeiten; bis zur Wiederaufnahme dieser Versuche
                              beschäftigte ich mich daher mit Untersuchungen über das Hauptagens meiner früheren
                              Experimente, dem galvanischen Lichtbogen und stellte auch einige neue Versuche mit
                              der Kohle an.
                           Ich brachte die Bunsen'sche Batterie von 600 Elementen mit
                              der Munke'schen mit großen Elementen zugleich in
                              Anwendung. Letztere, von Hrn. Ruhmkorff construirt,
                              besteht aus drei Theilen: jeder Theil enthält 45 Elemente von 35 Zentimeter Höhe und
                              50 Zentimeter Breite. Das Zink ist amalgamirt, und die Platten sind 3 Millimeter von
                              einander entfernt.
                           Wenn diese Batterie so angeordnet wird, daß die drei Zinkenden mittelst einer breiten
                              und dicken Kupferplatte, und die drei entgegengesetzten Enden ebenso vereinigt sind,
                              hat sie beiläufig die Intensität der Säule von 600 Bunsen'schen Elementen, die in 24
                              Reihen, jede von 25 Elementen, Pol mit Pol vereinigt, angeordnet sind. Eine
                              Kohlenplatte, welche so angebracht wird, daß sie jeden der Ströme in umgekehrtem
                              Sinne empfängt, erhitzt sich kaum.
                           Jede dieser drei Abtheilungen wird in einen Trog getaucht, der zum Theil mit Wasser
                              gefüllt ist, welchem 1/40 Salpetersäure und 1/40 Schwefelsäure zugesetzt wurde. Die
                              Kraft dieser Batterie ist sehr bedeutend, aber von kurzer Dauer, so daß, wenn man
                              jede der drei Abtheilungen nacheinander in ihren Trog brächte, die Kraft der beiden
                              ersten beim Eintauchen der dritten schon auffallend geschwächt wäre, was an der Kohlenplatte, durch
                              welche der Strom geht, leicht wahrzunehmen ist; dieselbe wird beim Eintauchen der
                              ersten Abtheilung weißglühend und beim Eintauchen der zweiten Abtheilung schon
                              blasser. Um die ganze Kraft der Vorrichtung zu benützen, setzt man jede Batterie auf
                              ein Brett über ihren Trog; man bringt alle Leiter an; zwei Personen stehen an jeder
                              Batterie, zwei andere halten die Leitungsdrähte, eine Person zieht die Bretter in
                              einem verabredeten Augenblicke hinweg, eine letzte richtet das Licht. Im ganzen sind
                              also zehn Personen erforderlich, um diesen Versuch gehörig anzustellen. Solche
                              Batterien, die aber keine so umständliche Behandlung erheischen, werden in mehreren
                              Anstalten zu Paris angewandt; sie bestehen aus 50 bis 60 Elementen, die durch eine
                              einzige Querstange verbunden sind, und haben kein großes Gewicht.
                           Einige, die Umwandlung der Kohle in Graphit betreffende
                              Versuche will ich hier ausführlich mittheilen. Man bediente sich zu denselben der
                              beiden erwähnten Batterien; die Munke'sche Batterie hatte
                              ihre 135 Elemente auf angegebene Weise vereinigt; die Bunsen'sche war in sechs Reihen von je 100 Elementen aufgestellt. Die
                              beiden positiven Pole waren mit einer 1 Centim. dicken, 4 Centim. breiten und 6
                              Cent. langen Platte von Kandiszuckerkohle verbunden. Das Kohlenstäbchen, in welches
                              sich die beiden negativen Pole endigten, wurde über diese Platte gehalten. In
                              wenigen Minuten erzeugte sich eine ziemlich tiefe Höhlung in der Platte, wovon ein
                              Theil mit einem dünnen Blättchen geschmolzener und gespaltener Kohle von mehr als 1
                              Centimeter Durchmesser bedeckt war. Dieses Blättchen war von schwärzlich grauer
                              Farbe und wurde, mit einem Papierstreifen sanft gerieben, augenblicklich glänzend
                              wie der ächte Graphit. Die HHrn. Balard, Quatrefage, Barruel,
                                 Bary und Lefebvre erklärten die Bildung dieses
                              Blättchens ohne Anstand als einen neuen Beweis für die Schmelzbarkeit der Kohle. Ich
                              finde es nothwendig, diese gelehrten Zeugen meiner schlagenden Versuche, deren
                              Wiederholung mit so großer Mühe und so vielen Umständen verknüpft ist,
                              anzuführen.
                           Die Verflüchtigung der Kohle vermittelst des directen
                              Durchgangs des Stroms durch ein nadelförmiges Kohlenstäbchen gelingt nur, wenn sich
                              die Batterie im besten Zustand befindet. Nach mehrmaligem Mißlingen, einmal weil die
                              Salpetersäure nur 30° Baumé stark war, ein anderesmal wegen Ableitung
                              des Stroms aus den durch einen ziemlich langen Hof gehenden Leitungen, ist mir der
                              Versuch, nachdem ich ihn so anstellte als wollte ich das elektrische Licht im
                              luftleeren Raume zeigen,
                              vollkommen gelungen. Die Glocke füllte sich fast augenblicklich mit schwarzen
                              Kohlendämpfen und die Ablagerung fand an den Wänden statt, welche wie bei allen
                              frühern, mit demselben Apparat angestellten ähnlichen Versuchen, zersprangen. Dieser
                              Apparat ist, wie schon gesagt, zu eng.
                           Auch folgende Erscheinung dürfte Interesse gewähren. Nadelförmige Stäbchen aus
                              Retortenkohle verwandeln sich am Feuer der Emailleurlampe in einigen Minuten in
                              Graphit. Uebrigens ist bekannt, daß diese Kohle in den Retorten, worin sie erzeugt
                              wird, unter manchen Umständen vollkommen in Graphit verwandelt wird. Wahrscheinlich
                              würde in längerer Zeit dieselbe Verwandlung sogar bei noch niedrigerer Temperatur
                              als derjenigen der Gasretorten erfolgen.
                           Ich gehe nun zum galvanischen Lichtbogen über, ein
                              Gegenstand, mit welchem sich Davy, Brand, Gassiot und Grove in England, Bunsen und
                              Casselmann in Deutschland, Fizeau und Foucault in Paris, de la Rive in Genf, Matteucci
                              in Pisa u.a. schon beschäftigt haben.
                           Folgende Vorkehrungen habe ich mit der Batterie und hinsichtlich der Richtung und
                              Stellung der Pole behufs dieser Versuche getroffen.
                           Unter Länge des Bogens verstehe ich hier den Abstand
                              zwischen den Kohlenspitzen im Augenblick des Erlöschens in Folge der allmählichen
                              Trennung der Kohlen. Es ist dieß meines Erachtens die wahre Länge, und derjenige
                              Theil der Flamme, welcher, wenn die Kohlen vertical gestellt sind, manchmal die
                              obere Zange und obere Kohle über 5–6 Centimeter Länge bedeckt, ist nicht dazu
                              zu rechnen. Ich messe diesen Abstand, wenn die Verbindung zwischen der Batterie und
                              den Kohlen unterbrochen ist, bis auf 1/4 Millimeter mittelst eines Zirkels mit
                              feinen Spitzen.
                           Alle Versuche wurden bei gewöhnlichem Druck in einem viereckigen Kasten von 80
                              Centimeter Seitenlänge angestellt; anfangs geschah es in freier Luft; da der Bogen
                              aber durch den Luftzug oft gebrochen wurde, so schloß ich später, um dieß zu
                              vermeiden, die Kohlen in den erwähnten Kasten ein. Zwei isolirte Kupferstängchen von
                              etwa 1 Centimeter Durchmesser werden in diesem Kasten angebracht, das eine fest, das
                              andere mittelst einer Zahnstange beweglich. Wenn die Richtung der Kohlen vertical
                              ist, so ist das obere Stängchen fest und kann sich weder auf- noch abwärts
                              bewegen, wohl aber sich in einer Nuß drehen, was durchaus nöthig ist, um die
                              Kohlenspitzen leicht in Berührung zu bringen. Man bringt diesen Kasten in die Nähe
                              von zum Theil mit Quecksilber gefüllten Gefäßen, in welche die Enden der dicken Leiter der Batterie
                              tauchen. Die Stängchen des Apparats setzt man mit diesen Gefäßen durch biegsame, aus
                              12 Kupferblechen bestehende Bündel in Verbindung. Alle Leiter zusammen repräsentiren
                              nicht den hundertsten Theil des Widerstands der kleinsten Batterie (von 25
                              Elementen), welche ich zu diesen Versuchen benutzte. Ich bin also der
                              Reductionsberechnungen überhoben.
                           An der einen Seite des Kastens befindet sich eine Thür, um die Kohlen befestigen und
                              reinigen zu können; an einer andern Seite ist ein blaues Glas, durch welches man den
                              Lichtbogen beobachtet, während man die Kohlen vermittelst der Zahnstange von
                              einander entfernt; kein Leiter berührt das Holz unmittelbar.
                           Ich habe die Kohlen vertical und horizontal, parallel und Perpendiculär zum
                              magnetischen Meridian angebracht.
                           Wir wollen zuerst von den verticalen Kohlen sprechen. Das elektrische Licht ist im
                              Augenblick, wo der Bogen entsteht, lebhaft, weiß, gleichförmig. Das Licht nimmt in
                              dem Maaße ab, als sich die Spitzen weiter von einander entfernen, und wenn diese
                              Entfernung eine gewisse Anzahl Millimeter erreicht, so scheint der Bogen oder
                              Lichtbündel aus einem von der untern Spitze ausgehenden weißlichen Streifen zu
                              bestehen, welcher gerade zu der obern Spitze emporsteigt; ferner aus zwei den
                              Mittlern Streifen umgebenden, minder glänzenden Streifen, endlich aus zwei äußern
                              Streifen von der Farbe des Mittlern.
                           Wenn ein Luftstrom auf den wie eine Flamme aussehenden Bogen störend einwirkt, so
                              entfernt sich der obere Theil manchmal ganz von der Kohle; es muß aber immer ein
                              wenig sichtbarer Strom zurückbleiben, welcher die Verbindung unterhält. Nur zu oft
                              tritt jedoch der Fall ein, daß der Bogen plötzlich erlischt, besonders wenn er sich
                              2 Decimetern nähert.
                           Ist der negative Pol unten, so bemerkt man auf demselben einen einzigen glänzenden
                              Punkt am Ende, welcher sich bisweilen zu verrücken scheint.
                           Wenn hingegen der positive Pol unten ist, so ist die immer als zuunterst befindlich
                              vorausgesetzte Spitze glänzender und zwar in einer etwas größern Ausdehnung. Dieser
                              Unterschied ist noch nach dem Erlöschen zu bemerken. Da das obere Stäbchen von der
                              Flamme umgeben ist, so muß es mehr Glanz haben und hat ihn auch in größerer
                              Ausdehnung, welches die Richtung des Stroms auch seyn mag.
                           
                           Wenn die Kohlen horizontal angebracht sind, so ist immer der positive Pol der
                              glänzendere, wie schon von mehreren Experimentatoren beobachtet wurde.
                           Ich gehe hier nicht auf die Frage ein, ob das Licht vom negativen Pol ausgeht, welche
                              Dr. Neef in einer neueren
                              Arbeit erörterte, sondern ich berichte nur über meine Messungen des galvanischen
                              Bozens unter verschiedenen mir wichtig erscheinenden Umständen.
                           Die Richtung der Kohlen vertical vorausgesetzt, habe ich folgende Resultate
                              erhalten:
                           1) bei einer Batterie mit hintereinander vereinigten Elementen nimmt die Länge des
                              Bogens mehr als proportional der Anzahl der Elemente zu;
                           2) die Zunahme ist bei kleinen Bögen rascher als bei großen.
                           So ist der von 100 Elementen erzeugte Bogen beinahe 4mal so groß als derjenige von
                              50; derjenige von 200 aber nicht 3mal so groß als derjenige von 100; derjenige von
                              600 ist 7 bis 8mal so groß als derjenige von 100.
                           Der positive Pol ist hier als oben vorausgesetzt; ich erhielt in diesem Fall Bögen
                              bis zu 2 Centimetern mit der Batterie aus 600 hinter einander vereinigten
                              Elementen.
                           3) Wenn die Batterie aber so angeordnet wird, daß die gleichnamigen Pole vereinigt
                              sind, so wächst die Länge des Bogens weniger als proportional der Anzahl der
                              Säulen.
                           Wenn z.B. der Bogen von 100 Elementen 25,2 Millimeter beträgt, so mißt er bei 600, in
                              sechs parallelen Reihen von je 100 aufgestellten Elementen, nur 69,2 Millimet.,
                              während die 600 Elemente, hinter einander zur Säule vereinigt, einen Bogen von 183,5
                              Millimeter geben.
                           Ich habe 25 Elementen nacheinander immer weitere 25 Elemente beigefügt, bis 24 solche
                              Batterien zu einer einzigen Säule vereinigt waren.
                           Mein Verfahren gestattet nicht den 25 Elementen entsprechenden Bogen zu messen, weil
                              er sogleich nach seiner Bildung wieder erlischt.
                           Auch für zweimal 25 ist der Abstand der Kohlen noch unmeßbar, obwohl die Flamme
                              mehrere Centimeter hoch an der obern Kohle hinaussteigt.
                           
                           Bei dreimal 25 ist der Bogen ungefähr 1 Millimeter lang; bei 24mal 25 erreichte diese
                              Länge 11,5 Millimeter.
                           4) Wenn der positive Pol unten ist, so ist der Bogen nicht so lang. Eine aus 600
                              Elementen bestehende Batterie, die in sechs parallelen Reihen von je 100 vereinigt
                              sind, gibt, wenn der positive Pol oben ist, einen Bogen von 74 Millimeter, und wenn
                              er unten ist, nur von 56 Millimeter.
                           5) Wenn die Kohlen in horizontaler Linie stehen, muß der Bogen nothwendig schneller
                              brechen. Hier ist die mit vereinigten gleichnamigen Polen angeordnete Batterie m Vortheil; sechs Reihen von je 100 Elementen z.B.,
                              parallel angeordnet, geben einen Bogen von 40,5 Millimeter; hinter einander
                              vereinigt geben sie nur einen Bogen von 27,6 Millimet.
                           Bei dieser Stellung der Kohlen erhält man einen wahrhaften Bogen. Das Licht geht
                              anfangs direct in gerader Linie über; hierauf bildet sich unterhalb und oberhalb der
                              Kohlenlinie ein dunkler leerer Raum, und das Licht endigt am untern Theil mit einem
                              kreisförmigen Bogen. Je mehr man die Kohlen auseinander bringt, desto mehr erhebt
                              sich diese Art von Wölbung und nimmt sehr bald die Form eines spitzen Winkels an;
                              alsdann bricht der Bogen oder ist doch am Punkt zu brechen. Während der Dauer des
                              Versuchs steigt die Flamme je nach der Stärke der Batterie eine gewisse Anzahl
                              Centimeter über die Wölbung in Form eines Kegels mit oben befindlicher Spitze.
                           6) In einer zum magnetischen Meridian senkrechten Ebene ist der Bogen größer, wenn
                              der positive Pol sich östlich befindet als wenn westlich. Bei 100 Elementen sind die
                              Zahlen 13,4 und 11,35 Millim.; bei 200 Elementen, in zwei Reihen von je 100
                              angeordnet, steigen diese Zahlen auf 20,8 und 16,5 Millimeter. Folglich erhöht oder
                              vermindert der als von Osten nach Westen gehend angenommene Erdstrom die Stärke des
                              Stroms der Batterie, je nach dem Sinn der Richtung dieses letztern.