| Titel: | Ueber die Bereitung von Kalisalpeter aus Natronsalpeter; von J. G. Gentele, Fabrikant in Stockholm. | 
| Autor: | Johan G. Gentele [GND] | 
| Fundstelle: | Band 118, Jahrgang 1850, Nr. XLV., S. 201 | 
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                        XLV.
                        Ueber die Bereitung von Kalisalpeter aus
                           Natronsalpeter; von J. G.
                              Gentele, Fabrikant in Stockholm.
                        Gentele, über die Bereitung von Kalisalpeter aus
                           Natronsalpeter.
                        
                     
                        
                           Bisweilen sind die Preise von Natronsalpeter und Potasche sowie von Kalisalpeter der
                              Art, daß es lohnend ist letzteren aus ersterem herzustellen, und in einigen Ländern,
                              z.B. in Rußland ist dieß ein regelmäßiges Geschäft, weil der Natronsalpeter zu
                              niedrigem Zoll eingeführt wird, Soda aber und Kalisalpeter theuer sind.
                           Ich habe mich mit Versuchen beschäftigt, um eine kurze und zweckmäßige
                              Darstellungsweise des Kalisalpeters auszumitteln. Die ersten Versuche gingen darauf
                              aus, den Kalisalpeter in einem Ueberschusse von Aetzkalilauge zu lösen; dampf man auf 28° bis 32°
                              Baumé ein, so krystallisirt der meiste Salpeter, durch niedergeschlagene
                              Magnesia und ein wenig kohlensauren Kalk verunreinigt, heraus; um allen Salpeter zu
                              erhalten, ist eine Concentration auf 45–50° Baumé nothwendig,
                              wobei aber die Schwierigkeit eintritt, daß die gußeisernen Krystallisirgefäße für
                              eine solche Lauge nicht mehr dicht halten. Noch so dicke gußeiserne Kessel lassen
                              tropfenweise Aetzlauge hindurch sickern, wodurch ein Verlust entsteht.
                           Den Salpeter, welcher noch in einer Lauge von 30° Baumé nach dem
                              Krystallisiren gelöst bleibt, kann man nicht gewinnen; kocht man z.B. mit dieser
                              Lauge Seife, so bleibt sie so salpeterhaltig, daß nach einigen Tagen lange Spieße
                              auswittern; noch weniger geht es an, Kaliseife mit salpetersaurem Natron
                              auszusalzen, weil sich der Kalisalpeter leicht in dem Wasser der Seife auflöst und folglich in
                              derselben zurückbleibt.
                           Eine andere Methode lernte ich in russischen Fabriken kennen. Man löst zuerst
                              raffinirte Potasche und dann Natronsalpeter, in dem
                              Verhältniß worin sie sich zersetzen, doch besser mit einem Ueberschusse von
                              Potasche, in so viel Wasser auf, als nöthig ist, damit der Salpeter und die Soda
                              welche in Folge der gegenseitigen Zersetzung entstehen, bei 50° R. aufgelöst
                              bleiben. Man läßt dann absetzen, weil kohlensaurer Kalk und Bittererde gefällt
                              werden, und zapft die klare Flüssigkeit in hölzerne Krystallisirgefäße ab. Nach
                              ihrem Erkalten unter 50° R. krystallisirt zuerst Salpeter und zwar der größte
                              Theil heraus. Man muß nun die Krystallisation genau beaufsichtigen; sobald auch Soda
                              zu krystallisiren anfangt, muß man die Mutterlauge in ein anderes Gefäß auslaufen
                              lassen, wo nun noch etwas Salpeter, hauptsächlich aber Soda krystallisirt. Der
                              Salpeter sowohl als die Soda müssen nun durch Umkrystallisiren gereinigt werden. Die
                              Salze der Mutterlaugen werden entweder mit Salpeter oder mit Soda wieder aufgelöst,
                              je nachdem das eine oder andere Salz vorwiegend wird. Diese Zersetzungsweise ist
                              kostspielig und langwierig, wegen der häufigen Umkrystallisirungen; überdieß bleibt
                              die Soda immer salpeterhaltig, wodurch die Ausbeute um 5–6 Proc.
                              beeinträchtigt wird.
                           Folgende Methode habe ich als schnell und sicher zum Ziele führend befunden, sie
                              liefert auch die meiste Ausbeute.
                           Man mauert einen eisernen Kessel mit Auslauf nach meiner im polytechn. Journal Bd. CXVII S. 411 beschriebenen Methode ein,
                              so daß das Feuer nur die Seiten desselben bespült. Ueber diesem Kessel mauert man
                              einen andern, gleichfalls mit Auslauf versehenen ein, welcher mit gewöhnlicher
                              Heizung versehen seyn kann. Mittelst der Auslaufsröhre des unteren Kessels muß man
                              seinen Inhalt in die niedriger stehenden Krystallisirgefäße auslaufen lassen können.
                              Auf je 100 Pfd. Natronsalpeter, den man anwenden will, sind 40 Pfd. Wasser
                              erforderlich, unter welcher Voraussetzung man nach dem Inhalt des niedrigeren
                              Kessels die Menge des anzuwendenden Natronsalpeters berechnet und dann die der
                              Potasche, deren Quantum beinahe immer gleich demjenigen des Natronsalpeters ist. Man
                              füllt nun die eine Hälfte des Wassers in den oberen und die andere Hälfte desselben
                              in den unteren Kessel, und löst dann mittelst Wärme im oberen Kessel den Natronsalpeter und im unteren
                              die Potasche auf. Sobald beide Flüssigkeiten kochen, läßt man unter Ablöschen des
                              Feuers im oberen Kessel, dessen Inhalt dabei umgerührt wird, in den untern Kessel fließen.
                              Die Flüssigkeit darin verdickt sich bald, und in einigen Minuten ist ein sehr
                              starker Niederschlag entstanden, welcher einfach gewässertes kohlensaures Natron
                              ist. Man erhält das Ganze im Kochen, und schöpft nun mit einem Sieblöffel dieses
                              Salz in eine neben dem unteren Kessel stehende Stande, aus welcher die mitgenommene
                              Lauge größtentheils in den Kessel zurückfließt.
                           Man dampft die Flüssigkeit im untern Kessel dann noch etwas ein, und sucht dabei
                              alles Salz herauszuschaffen, was wegen der nadelförmigen und körnigen Beschaffenheit
                              desselben leicht angeht. Dann füllt man den (unteren) Kessel mit reinem Wasser,
                              verdünnt also die darin enthaltene Flüssigkeit, erhitzt zum Kochen, läßt dann
                              absetzen, und zapft nach einigen Stunden in die Krystallisirgefäße ab; darin schießt
                              reiner Salpeter in großen Krystallen an, den man, wenn man umrührt, in Mehlform
                              erhält. Wäscht man dieses Mehl mit Wasser aus, so wird der Salpeter hinreichend
                              rein.
                           Man befaßt sich nicht damit, die Mutterlauge einzukochen, um wieder Soda daraus zu
                              fällen und nachher Salpeter krystallisiren zu lassen, sondern verwendet sie anstatt
                              Wasser bei einer neuen Zersetzung von Natronsalpeter mittelst Potasche.
                           Da dem ausgeschöpften kohlensauren Natron Salpeterlösung mitfolgt, so nimmt man, um
                              diesen Kalisalpeter noch zu gewinnen, mit dem gefällten kohlensauren Natron, nachdem
                              eine hinreichende Quantität davon gesammelt ist, eine besondere Operation vor,
                              welche in folgendem besteht. Man füllt den untern oder sonst einen von der Seite zu
                              heizenden Kessel zur Hälfte mit Wasser an, und wirft gefälltes Natronsalz hinein bis
                              er voll ist. Man erhitzt nun zum Kochen, damit sich Salz auflöst bis dieß Wasser
                              gesättigt ist; den ungelöst gebliebenen Rückstand schöpft man dann in eine Stande
                              zum Abtropfen aus, wie früher. Man wirft nun wieder frisches Salz in den Kessel und
                              so fort; die Folge davon ist, daß jetzt nur der Kalisalpeter, aber nichts mehr vom
                              kohlensauren Natron gelöst wird. Hält man nach längerer Zeit die Lauge für
                              salpeterreich, so dampft man sie ab, worauf noch kohlensaures Natron niederfällt,
                              und behandelt die Flüssigkeit nachher wie eine frische Lösung von Natronsalpeter und
                              Potasche.
                           Nach dem beschriebenen Verfahren erhält man von 100 Th. Natronsalpeter 100 Th. und
                              mehr Kalisalpeter; das Sodasalz kann als solches verwerthet, oder umkrystallisirt
                              werden. Eigentlich sollte man mehr Kalisalpeter erhalten, da aber der im Handel
                              vorkommende Natronsalpeter nie rein und überdieß feucht ist, so ist dieß die höchste
                              Ausbeute.
                           Ein Zusatz von Leimlösung zur Salpeterlösung, ehe man sie absetzen läßt, ist sehr
                              zweckmäßig um den suspensirten Niederschlag von kohlensaurem Kalk und Bittererde
                              einzuhüllen und seine Ablagerung zu begünstigen.
                           In fast allen Lehrbüchern der Chemie findet man die Angabe daß der Natronsalpeter
                              Feuchtigkeit anzieht; der reine Natronsalpeter besitzt aber diese Eigenschaft so
                              wenig als irgend ein anderes Natronsalz, welche bekanntlich, wenn sie Krystallwasser
                              enthalten, gerne verwittern. Der Natronsalpeter des Handels verdankt seine
                              Zerfließlichkeit wie das gewöhnliche Kochsalz beigemengten Kalk- und
                              Magnesiasalzen, namentlich salpetersaurem Kalk, salpetersaurer Bittererde,
                              Chlorcalcium und Chlormagnesium. Diese Salze zerfließen und in dem von ihnen
                              angezogenen Wasser löst sich das salpetersaure Natron auf. Wenn man den
                              Chilisalpeter in kochendem Wasser auflöst und kohlensaures Natron hinzusetzt, so
                              werden kohlensaurer Kalk und Bittererde gefällt; schlägt man diese Erden vollständig
                              nieder und krystallisirt dann den Natronsalpeter einigemale um, so erhält man einen
                              Natronsalpeter, der selbst in einem Keller trocken bleibt und keine Spur von
                              Zerfließen zeigt. Ueber die Anwendbarkeit des Natronsalpeters zu Schießpulver habe
                              ich nur einen Versuch im Kleinen angestellt; ich laugte nämlich ein Schießpulver
                              aus, mit welchem ich den Vergleich anstellen wollte, setzte dem Rückstand von
                              Schwefel und Kohle das Aequivalent des ausgelaugten Kalisalpeters an Natronsalpeter
                              zu, und suchte ihm dann die Form des verwendeten Schießpulvers zu geben. Dieses
                              Pulver blieb trocken, zeigte aber ein langsameres Abbrennen im Gewehre. Jedenfalls
                              wäre die leichtere Löslichkeit des Natronsalpeters bei der Schießpulverfabrication
                              eine Schwierigkeit, weil das Gemisch beim Trocknen dadurch ungleich werden kann.
                           Immerhin ist zu wünschen, daß in einer Schießpulverfabrik mit reinem Natronsalpeter
                              Versuche gemacht würden; die bisher angestellten sind ungenügend, weil man mit einem
                              unreinen Salze operirte.